taz NRW 17.04.2007 |
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Eine Stunde für ein LebenEin US-Amerikaner wurde Popstar des Sozialismus, zog sogar in die DDR. Nach der Wende blieb ein Lächeln über Dean Reed. Das Theater im Pumpenhaus Münster zeigt eine Hommage, die Distanz hältAUS MÜNSTER HEIKO OSTENDORF Der US-Amerikaner Dean Reed hat den größten Teil seines Lebens (1938-1986) eine marxistisch-sozialistische Überzeugung vertreten, ist damals sogar freiwillig in die DDR gezogen. Er verteidigte die Mauer, verglich Reagan mit Stalin und schüttelte den Parteioberen regelmäßig die Pfote. Der singende Cowboy, der "rote Elvis" muss rückblickend in seiner blinden Verehrung des Sozialismus lächerlich erscheinen. Zumindest legt der Theaterstück-Rockrevue-Mix "OstCowboy" im Münsteraner Theater im Pumpenhaus diese Sicht auf seine Biografie nahe. Roger Trash, Rio-Reiser-Interpret und Rock-Literat, mimt im legeren braunen Anzug und mit langen, fast noch blonden Haaren den Country-Star, den in seiner Heimat Colorado niemand kennt. Er joggt auf der Stelle, eilt in 60 Minuten durch das Leben des Sängers, der sich dank der Beliebtheit bei Ost-Politikern auch als Schauspieler und Regisseur versuchen durfte. Anekdoten werden im Text von Harald Redmer aneinander gereiht. Von der US-amerikanischen Flagge, die Reed im Film zerbricht und von der Freundschaft zum chilenischen Präsidenten Salvador Allende. So puzzelt RedArt-Regisseurin Paula Artkamp Stück für Stück zusammen. Trash grinst dabei verschmitzt, hält so ironische Distanz zu den Zitaten des US-amerikanischen Marxisten. Als Schauspieler wirkt er zwar steif, gleicht das aber singend mit Akustikklampfe und einem wildem Sprung auf die übergroße Bank in 1950er-Jahre-Ästhetik wieder aus. Die auffordernde Geste ans Publikum nach einem Song ruhig mehr Applaus zu spenden, zeigt dagegen eher den Frontmann. Aber gerade deshalb passt Trash in diese Rolle. Denn Reed brauchte den Zuspruch der Menschen. Und so sieht man ihn auf der Leinwand im Auto durch Leipzig fahren und aus dem offenen Fenster heraus zahllose Hände schütteln. Man spürt die kindliche Freude auf seinem Gesicht. Trashs E-Gitarre spielender Mitstreiter Serge Corteyn illustriert musikalisch die Erzähl-Kollage. Streut bei dem Wort Flagge die ersten Noten von "Star-Spangeld Banner" ein und wechselt zu "Auferstanden aus Ruinen" als Reeds Wohnortwechsel in die DDR an die Reihe kommt. Auch der Abschiedsbrief des 1986 im Zeuthener See am Rande Ost-Berlins tot Aufgefundenen klärt nicht auf, wer der Mensch Reed gewesen ist. In einer Schleife wiederholt Trash immer wieder die entscheidenden Stellen des erst nach der Wende veröffentlichten Schreibens. "Sozialismus ist noch nicht erwachsen", wird der Oststar daraus zitiert. "Meine Grüße auch an Erich." Dass an dieser Stelle das Konterfei des Staatsratsvorsitzenden auf der Leinwand erscheint, ist wenig überraschend. Das Publikum findet es aber witzig. Dann ist die romantische Reise durch linke Erinnerungen an den ehemaligen Ostblock zu Ende. Auf Sentimentalitäten wurde glücklicherweise verzichtet.
18. bis 21. April, 20:00 Uhr Theater im Pumpenhaus,
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www.DeanReed.de
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