Neues Deutschland 15.06.1982 |
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Taufik, Mohammed und Gihed - sie kämpfen auch für dich und michVon Dean Reed In Libanon regnen israelische Bomben auf die Köpfe palästinensischer Kinder - von denen viele bereits durch die vorangegangen israelischen Überfälle zu Waisen geworden waren. In diesem Moment zermalmen Tel Avivs Panzer, made in USA, die Häuser friedlicher libanesischer Familien - Häuser, die noch teilweise durch die letzten Überfälle der Zionisten zerstöt sind. Gegenwärtig versuchen reaktionäre libanesische Kräfte gemeinsam mit den zionistischen Machthabern Israels, alle fortschrittlichen Kräfte in Libanon niederzumachen und zu vernichten. Ihre Bomben und Granaten lassen niemanden aus, weder Mütter noch ihre Kinder. Ihre Kugeln unterscheiden nicht nach Alter. Sie sind auch auf Taufik, Mohammed, Kommandeur Gihed und David gezielt. In den Kerker geworfen, weil er für die Kinder schriebÜber diese Menschen möchte ich etwas erzählen. Taufik ist einer der gütigsten Menschen, die ich je kennenlernte - ein Dichter aus Palästina. Ein Dichter, der für Kinder schrieb. Acht Jahre mußte er in einem Gefängnis der Zionisten in Palästina schmachten. Keine Anklage wurde gegen ihn erhoben. Kein Prozeß fand statt, es gab kein Urteil. Acht Jahre Tortur - lediglich, weil er für palästinensische Kinder gedichtet hatte. Schließlich entließ man ihn aus dem Gefängnis nicht weit von Jerusalem. Er wurde aus seinem Land getrieben und emigrierte nach Libanon. Dort fand er die große Liebe seines Lebens, Nina, eine Libanesin. Sie heirateten und hatten einen Sohn. In Beirut schrieb er weiter Bücher für Kinder. Voriges Jahr, als er mit seiner Frau und seinem Kind auf dem Balkon ihrer Beiruter Wohnung stand, traf die Kugel eines faschistischen Heckenschützen ihr Ziel. Nina ist tot. Ein Kind mehr ist ohne Mutter. Und Taufik? Er verbrachte viele Nächte schlaflos und schrieb weiter Gedichte für mutterlose, palästinensische Kinder - und für Nina. Seine künftige Frau wurde von Faschisten ermordetMohammed ist ein palästinensischer Student. Seine Familie wohnte in Jaffa, das für seine Apfelsinen bekannt war und wo Hunderte von Jahren Araber und Juden gemeinsam in Freundschaft lebten und arbeiteten, bevor die Zionisten kamen und die Häuser der arabischen Palästinenser in die Luft sprengten. Mohammed verlor durch eine Kugel der Zionisten seinen Bruder. Seine Mutter, sein Vater und seine drei Brüder verloren ihre Heimat. Und Mohammed? Mohammed fand ebenfalls seine erste Liebe. Sie verlobten sich. Einen Monat vor der Hochzeit ließen die Faschisten in Libanon in einem geparkten Wagen in einer friedlichen Straße Beiruts eine Bombe hochgehen. Mehr als 80 unschuldige Menschen wurden getötet. Eine der 80 war die künftige Frau Mohammeds. In einem Flüchtlingslager für Kinder in Nabatiye im Süden Libanons, das israelische Bomben bereits zerstört hatten, saßen eines Nachts Mohammed und ich beim Schein einer Kerze und malten zwei Herzen auf ein Stück Beton. Ich schrieb - DR/RB. Er schrieb seine Initialen und die Initialen der von ihm Geliebten. Mohammed blieb in Nabatiye, um das libanesische Volk zu verteidigen. Laßt mich nun von Kommandeur Gihed sprechen. Er ist ein großer, schlanker Mann, der einem gerade ins Auge schaut, wenn man mit ihm spricht, und er spricht mit soviel Tiefe, daß man das Gefühl hat, er sei ein gütiger Prophet des Friedens. Seine Familie stammt aus Nablus in Palästina. Dort wurden sie geboren. Dann kamen die Zionisten. Seine Eltern wurden eingesperrt, weil sie an einer Demonstration gegen die israelische Okkupation teilgenommen hatten. Sein Vater starb unter der Folter. Seine Mutter starb an gebrochenen Herzen. Ein Bruder schmachtet noch im Gefängnis. Er selbst wurde Kommandeur einer Formation der Gemeinsamen Streitkräfte im Süden Libanons. Wahrscheinlich ist er jetzt tot. Ich möchte auch etwas über David sagen. Ein junger Bursche in der Schule für palästinensische Waisen in Beirut. Ein schöner Knabe mit einem ansteckenden Lächeln. Er verkörpert Leben. Er strahlt Hoffnung und Optimismus aus. Seine Augen zeigen nicht die Tragödie, daß er ein palästinensisches Waisenkind ist. Wir trafen uns vor etwa vier Jahren. Er war der Kleinste in der Klasse. Er kletterte auf meine Schultern, und ich trug ihn über den Spielplatz der Schule. Voriges Jahr sah ich ihn wieder. Jetzt war er schon der Sportlichste in seiner Klasse, und wir gingen Hand in Hand zu den Wettkämpfen, die er stets gewann, zur Freude seiner Klassenkameraden. Jetzt, mit elf Jahren, zeigte er Stolz, ein Palästinenser zu sein. Er war stolz auf seine toten Eltern und Brüder, stolz auf seine Zukunft und sich der großen Verantwortung bewußt, die auf seinen Schultern ruht. Seiner Verantwortung, zu einem guten starken Menschen zu werden, der seine Stärke und Güte seinem Volk und allen fortschrittlichen Menschen weiht. Zionisten im Dienste der imperialistischen StrategenIch weiß nicht, was David und den 120 anderen Waisen in dieser Palästinenserschule in Beirut zugestoßen ist. Ihre Schule befindet sich in jenem Teil Beiruts, der von israelischen Flugzeugen bombardiert wurde. Taufik, Mohammed, Gihed und David. Ein Dichter, ein Student, ein Kommandeur und ein Kind. Alle mit dem gleichen Schicksal zerstörten Lebens und unsagbarer Leiden, die ihnen und ihrem Volk die rassistische, aggressive Politik des Zionismus gebracht hat. Diese Politik und Ideologie bringen heute wieder Tausenden Menschen in Libanon Tod, Leiden und Zerstörung. Sie richten sich nicht nur gegen die Palästinenser und fortschrittlichen Libanesen, sondern im Grunde genommen gegen das israelische Volk selbst. Es ist eine Politik und Ideologie, die der amerikanische Imperialismus für seine Strategie benutzt, die progressiven Kräfte im Nahen Osten zu schlagen und sich diese bedeutsame Region zu unterwerfen. Es darf keinen geben, der das nicht versteht! Keinen, der das nur einen Moment vergißt! Die Frau Taufiks, die Frau, die Mohammed heiraten wollte, Kommandeur Ghideds Vater und die Eltern Davids starben als Opfer dieser Pläne. Und wenn in diesem Moment Taufik, Mohammed, Gihed und David schon tot sind, so starben sie für dich und mich, weil sie sich diesen Plänen, die die ganze Welt bedrohen, widersetzten. Wenn sie aber noch leben und kämpfen, kämpfen sie für dich und mich - denn die Frontlinie gegen den Imperialismus, gegen Reaktion, gegen Rassismus liegt heute auch in Libanon. Heute stehen die Palästinenser und die Libanesen in vorderster Front des Kampfes gegen die Imperialisten und ihre zionistischen Handlanger. Taufik, Mohammed, Kommandeur Gihed und David brauchen unsere Hilfe. |
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