Filmspiegel Nr. 13/1976 (Juni) |
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Lieder der LiebeZum ersten Mal erlebte ich Dean Reed 1971 in Leipzig während eines antiimperialistischen Solidaritäts-Meetings anlässlich der XIV. Internationalen Dokumentar- und Kurzfilmwoche. Das war sein erster DDR-Aufenthalt. Mit seinen Protestsongs riss er die in- und ausländischen Gäste im Leipziger Filmtheater "Capitol" von den Stühlen hoch. Seine Lieder waren Bekenntnisse für die Sache des Friedens und eine Kampfansage an all diejenigen, die die gerechteste Sache der Welt - die Freiheit und Gleichheit aller Menschen - mit Füßen treten. Und er widmete seine Lieder der Liebe. Damals sagte er: "In unserer Welt, in der es soviel Hass und Unfreiheit gibt, in der das Leben ständig von Krieg und Zerstörung bedroht ist, sind Lieder über die Liebe ein Protest!" Als Mitglied des Weltfriedensrates und wegen seiner Überzeugung und politischen Einstellung wurde er mehrfach verhaftet, war Repressalien ausgesetzt, wurde verfolgt. Seit unserer ersten Begegnung sind fast fünf Jahre vergangen. Dean Reed lebt inzwischen in der DDR. Seine Lieder haben weder an kraftvoller Frische noch an emotionaler Ausstrahlung eingebüßt. Zahlreiche Solidaritätskonzerte im In- und Ausland unterstreichen sein offenes politisches Bekenntnis. Das amerikanische Chilekomitee organisierte eine fünfwöchige Konzert-Tournee durch die USA. Der Erlös all dieser Veranstaltungen kam und kommt somit dem Solidaritäts-Konto zugute. Bei seinen Gastspielen in den sozialistischen Ländern vergrößerte sich die Zahl seiner Anhänger beträchtlich, erhielt er zahlreiche Auszeichnungen (zur Erinnerung noch einmal: Friedenspreis in Ungarn, Julius-Fučik-Medaille in der ČSSR, Dimitroff- und Friedenspreis in Bulgarien) für sein kämpferisches und solidarisches Auftreten, als Sänger, dem das Lied als Waffe für seine progressive Überzeugung und humanistischen Lebensideale dient. In die Millionen geht seine Anhängerschaft in der Sowjetunion, mit der er 1965 das erste Mal Bekanntschaft schloss. Kürzlich beendete er mit der Gruppe Dieter Janik eine Gastspielreise (39 Veranstaltungen, die ihn kreuz und quer durch die DDR führten). Viele Erlebnisse und Erfahrungen hat er mit nach Hause gebracht, die ihn in seiner weiteren Arbeit bestärkten. Aber auch Anekdotisches lässt sich rückblickend von seinen Auftritten erzählen: In Eisenhüttenstadt kam ein Fünfjähriger zu ihm auf die Bühne und wollte partout sein Alter wissen. Auf Deans Frage warum, wusste er keine Antwort, nur, dass seine Mutti es unbedingt wissen müsse... Wer Dean Reed einmal in einer öffentlichen Veranstaltung erlebt hat, weiß dass er bei jedem seiner Auftritte sein ganzen Ich hineingibt. Wer ihn aus dem persönlichen Gespräch kennt, wird bestätigen, dass da keine Koketterie, keine Pseudo-Haltung zur Schau gestellt wird. Und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass der Sänger Dean Reed zwischenzeitlich dem Schauspieler den Vorrang gibt. Ursprünglich hatte er sich nach großen sportlichen Erfolgen der Schauspielerei zugewandt und in zahlreichen, zumeist Italo-Western-Streifen, Rollen gespielt, aber sich dann doch immer mehr dem Gesang gewidmet. Die DEFA gewann ihn für Hauptrollen in "Aus dem Leben eines Taugenichts", "Kit & Co." und "Blutsbrüder" (zu dem er auch das Buch schrieb). Nach seiner letzten Konzert-Tournee erklärte er: Ich muss erst einmal Schluss machen mit dem Singen. Die physische und psychische Belastung und Verausgabung waren sehr groß. Ich möchte kein Routinier werden... Eine Fernseh-Show-Sendung ist in Vorbereitung. Dean Reed wird darin als Gastgeber und Moderator auftreten. Vorläufiger Arbeitstitel: "Deans Freunde". Zur Zeit arbeitet er mit Wolfgang Ebeling an dem Buch zu dem Fernsehfilm "El cantor" (Der Sänger). Dieser Film ist dem von der Militärjunta ermordeten chilenischen Volkssänger Victor Jara sowie allen aufrechten Kämpfern gewidmet. Die beiden Sänger kannten sich persönlich, waren Freunde. Chile war die zweite Heimat des auf einer Ranch in Colorado geborenen Dean Reed. Mit 20 trat er das erste Mal als Rock-'n'-Roll-Sänger in Chile auf. Dort wandte er sich dann auch erstmals dem Volks- und politischen Lied zu. Dean wird selbst die Hauptrolle in "El cantor" gestalten - aber er betonte, dass es nicht seine Absicht sei, Victor Jara zu spielen, weil das nach seiner Meinung weder legitim noch möglich sei. Joan Jara, die Frau des Ermordeten, unterstützt das Projekt. Bei diesem Film wird Dean Reed sein Debüt als Regisseur geben, weil er - aus gemachter Erfahrung heraus - glaubt, nur so sein Anliegen als Autor voll verwirklichen, den geistigen und emotionalen Gehalt in richtige Akzente setzen zu können. Bekannte chilenische Persönlichkeiten und Künstler - u.a. Hortensia Allende, die Sängerinnen Violeta und Isabel Parra, die Gruppen Quilapayun und Inti-Illimani - werden in dem Film auftreten. Auch darin sieht der Künster Dean Reed eine Möglichkeit, dass das Gewissen aller friedliebenden Menschen wachgehalten wird, allen und sich selbst zur Mahnung. Ingeborg Zimmerling |
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www.DeanReed.de
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