BZA 13.03.1979

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"Alex-Bummel" um den Spatzenbaum

Die Straßenbahn 1 rollt noch einmal übern Alex, und Fotos von 1946 schimmern auf der Leinwand, während Trenchcoat-Gestalten geradezu choreographisch geführt sind. Die heutige Weltzeituhr trägt mal das Spruchband "Jedes Los gewinnt", wenn die Losverkäuferin (Ingeborg Naß) monologisiert, oder ist mal ein Spatzenbaum. Wie denn überhaupt Spatzen und Blüten die Bühnenausstattung sowie die vielen gezeichneten Projektionen bzw. die Kommentare zu Fotos zieren (Prof. Werner Klemke). Zur Losverkäuferin kommen Würstchenmaxe und Souvenirhändler hinzu. Diese drei zentralen Gestalten der Revue sind doppelt zu erleben, Original und per Filmtrick - der Lutz Stückrath aus seinem Würstchenkessel empor tauchen lässt. So können sie mit sich selbst Gespräche führen.

Ideenreiches

Vieles im Text von Hans Krause, in der Regie des neuen Palast-Chefregisseur Frieder Kranz und den Neukompositionen von Martin Möhle und Rolf Zimmermann (z.B. "O, Alexander" mit dem klangvoll-sympathischen Cantus-Chor) ist höchst ideenreich, sehens- und hörenswert. Alte Schlager sinnvoll einfunktioniert - per Quodlibet mit satirischen neuen Texten oder original als Erinnerung an Helga Brauers große Zeiten.

Organisch ist auch ein leistungsfähiges Laienensemble, die Tanzgruppe des Hermann-Duncker-Ensembles mit Altberliner-Reminiszenzen, einbezogen.

Faden reißt ab

Anderes kommt für den roten Faden der Revue kaum zum Tragen. Das Fernsehballett - höchst ansehnlich - wirkt mit Ausnahme der "Enthüllung" der Berolina wenig programmbezogen, auch nicht mit hiesiger Musik. Ähnliches gilt für den "Gruß an Berlin" von Ivica Serfezi (mit recht merkwürdiger Eigenconference) und Ljupka Dimitrovska aus Jugoslawien sowie für "Berlin ist eine Reise wert" als Motto für einen Auftritt des Könners Jiri Korn mit Hana Bustikova (CSSR).

Bei Dean Reed schließlich merkt man endgültig, dass ein Teil der für dieses Programm engagierten wohl unter anderem Vorzeichen kam: zum Frauentag.

Kuddel sieht doppelt

Man spürt auch genau, wo Hans Krauses Texte schon mehrfach (ab)genutzt sind und wo neu. Neu z.B. bei Kuddeldaddeldus Vorausträumen zum 60. Jahrestag der DDR. Er sieht nämlich nach manchem Schluck schon doppelt, hat erst zum Schluss wieder den notwendigen nüchternen Blick. Heinz Draehn in Hochform!

Weiter sind sehr intensiv Regina Thoss und als Souvenirverkäufer der Rahmenhandlung Walter Plathe dabei. Unter Sonnenschirmen erklingen Jürgen Hermanns Geigen vom Rundfunk-Tanzstreichorchester. Ein Pluspunkt, ebenso wie die verblüffende Bühnentechnik.

Klaus Klingbeil

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Letzte Änderung: 2006-12-11