Berliner Zeitung 07.01.1973

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Deutsche Romantik in neuer Lesart

Eichendorffs "Leben eines Taugenichts" als Farbfilm der DEFA

Wer an Joseph von Eichendorff denkt, denkt an "O Täler weit, o Höhen!", "In einem kühlen Grunde" und "Es schienen so golden die Sterne", und er denkt an den "Taugenichts", jene "wundersam hoch und frei und lieblich erträumte Novelle", wie Thomas Mann sagte, "von der uns allen all die Zeit her ein feiner Saitenschlag und Glockenklang im Herzen nachgeschwungen hat". Diese Erzählung - vor einem halben Jahrhundert schon einmal ein Stummfilm - wird gegenwärtig bei der DEFA verfilmt. Der junge Regisseur Celino Bleiweiß setzt diesen Farbfilm in Szene; Claus und Wera Küchenmeister schrieben das Drehbuch. Es entstand frei nach Motiven der Novelle; viele Szenen wurden für die Leinwand neu gestaltet.

Regisseur Bleiweiß: "Nach dem Lesen der Novelle hatte ich den Eindruck, dass sie völlig statisch abläuft. Der junge Mann bei Eichendorff begreift nichts, er lernt nichts, er verändert sich nicht. Er ist am Ende nicht weiter als am Anfang. Er hat zwar einiges gesehen, begriffen aber hat er nichts. Szenen und Lieder sind sogar austauschbar. Alles endet bei Eichendorff in einer Idylle." Das aber ist nicht Ziel und Absicht der Filmschöpfer. Sie benutzen die Novelle, bei Bewahrung ihres spezifischen Stils, um eine Geschichte für unser heutiges Publikum zu erzählen. Das bedingt einige grundlegende Änderungen. Die wichtigste: Die Gestalt des Taugenichts wurde profiliert. Er ist nicht mehr, wie in der Novelle, der junge Bursche, der zu "nichts taugt": im Film gewinnt er Persönlichkeit. Er lernt Zusammenhänge begreifen. Er zieht Schlüsse aus dem, was ihm begegnet. Er meistert Situationen, in die er gerät. Er trifft Entscheidungen, durch die sich sein Leben verändert. Er wird zu einem Mann, der bewusst zu handeln versteht. Dadurch erhält auch die Fabel eine andere Struktur und höhere Qualität. Sie wird gestrafft, geschlossener. Die Szenen stehen in enger Korrelation zueinander. Die Abfolge ist nicht mehr veränderbar. Auch die Lieder erhalten eine dramaturgische Funktion. Sie werden unmittelbar in die Handlung einbezogen. Sie widerspiegeln die geistige Situation des "Helden". Sie treiben die Handlung voran. Das hat auch ihre Auswahl bestimmt. Neben Liedern von Eichendorff werden Volkslieder, bekannte und unbekannte, in dem Film gesungen. Auch mit einigen neuen Liedern wird uns der Film bekannt machen, die Wera Küchenmeister schrieb.

Die Landschaft, ein beherrschendes Motiv der deutschen Romantik, nimmt in Eichendorffs Novelle einen zentralen Platz ein. Welcher Rang kommt ihr zu? Regisseur Bleiweiß: "Die Landschaft ist für diesen Film von herausragender Bedeutung, ja, sie ist sozusagen der zweite Hauptdarsteller; denn wir meinen: Gerade in unserer Zeit, wo die Technik und ihre Folgen allgegenwärtig sind, sollten unsere Menschen ein besonders enges Verhältnis zur Natur haben. Dazu will unser Fim beitragen." Eichendorffs Novelle erweise sich dafür als besonders geeignet. Die Reisen des Taugenichts bieten Gelegenheit, viele landschaftliche Motive zu zeigen. Bei ihrer Auswahl sei man weniger davon ausgegangen, seltene, nie gesehene Landschaften ins Bild zu bringen, man habe vielmehr versucht, "alltägliche" Landschaften zu finden, um dem Zuschauer die Augen zu öffnen für landschaftliche Schönheiten, die gewissermaßen vor der Tür liegen.

Wichtige Aufnahmen dieses Films entstanden im Bezirk Dresden, im Barockschloss Ramenau. Es erwies sich, wie der Regisseur hervorhebt, geradezu als ein idealer Schausplatz für diese Verfilmung. Auch die landschaftliche Umgebung entsprach genau den Vorstellungen der Filmschöpfer, so dass entscheidende Passagen hier gedreht wurden. Die Reise des Taugenichts nach Italien hingegen wurde in rumänischen Bergen aufgenommen, in den Karpaten, vor allem in der Nähe der Stadt Brasov.

Dean Reed, der amerikanische Schauspieler und Sänger, verkörpert den Taugenichts. Es ist seine dreizehnte Filmrolle, doch wie er meint, seine bisher anspruchvollste: "Eichendorff wollte Phantasie, Träume und Wirklichkeit miteinander vereinen. Darin unterschied er sich von anderen Romantikern, die ihre Leser nur in eine imaginäre Welt führen wollten. Dafür bewundere ich ihn." Seine Partnerin ist die junge polnische Schauspielerin Anna Dziadyk. Noch Studentin, hat sie bereits in mehreren Filmen mitgewirkt, zuletzt in Egon Günthers neuem Film "Die Schlüssel". In dem "Taugenichts"-Film wird sie nicht weniger als vier Frauenrollen darstellen. An ihrer Seite agieren Hannelore Elsner, Monika Woytowicz, Christel Bodenstein, den sagenhaften Räuber Rinaldo Rinaldini spielt Gerry Wolff, den Portier verkörpert Hannes Fischer und Arno Wyzniewski gibt - neben anderen - einen Maler in diesem Film, dessen Aufführung wir schon heute mit besonderer Erwartung entgegensehen.

W. N. Berger

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Letzte Änderung: 2012-07-16