Allgemeine Zeitung/Rhein Main Presse 12.04.2016 |
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Punk-Poet Attila mit Band "Barnstormer" noch immer kämpferisch und trotzigMAINZ - "Attila the Stockbroker" nennt sich selbst einen alten Punkrock-Sack aus dem britischen Brighton. In 38 Jahren hat der Folkpunk-Pionier 3.000 Gigs in 24 Ländern absolviert. Fünfzig davon spielte der überzeugte Marxist in der DDR vor der Maueröffnung. Alle zwei Jahre macht der eigentlich als John Baine geborene Rebell einen Abstecher ins Mainzer Hafeneck. Auch diesmal kommt er mit seiner Band "Barnstormer" und liest aus seiner Autobiographie "Argument's Yard". Sprachrohr der LinkenDer aus der Labour-Party ausgeschlossene Linke nennt sich selbst "social surrealist", den die politischen Kämpfe der britischen Gesellschaft zum linken Sprachrohr gemacht haben: Bergarbeiterstreiks, Red Wedge, Poll Tax, Rock against Racism und Anti Nazi-League sind Stationen, an denen er aktiv beteiligt war. New Model Army und Billy Bragg spielten damals im Vorprogramm. Die Lesung beginnt mit seinem 1899 geborenen Vater, der dem Knaben Dichter wie Wilfried Owen nahebrachte und bald verstarb. In "A soul survivor soldiers son" setzt er dem Veteran des 1. Weltkriegs ein lebendiges Denkmal. Sein ebenfalls früh verstorbener Stiefvater war Gewerkschafter und Minenarbeiter. Attilas musikalisches Erweckungskonzert waren "The Clash" 1977 im Rainbow Theatre London. Sogleich suchte er Musiker für seine erste Band "Brighton Riot Squad", bei der nichts stimmte und die damit den Idealen des Punk-Rock entsprach: Ein rechtsradikaler Teddyboy, der den Beat nicht halten konnte, spielte Schlagzeug. Als einziger mit Auto war er unentbehrlich. Gitarrist und Sänger Max traf keinen einzigen Ton, Attila spielte Bass. Sie wurden vom Publikum bespuckt und ausgebuht. Aktionen gegen die DDRSeine nächste Band mit ungarischem Drummer spielte bereits mit Größen wie "King Kurt" und "Peter & the test-tube-babies". Schlägereien mit Rechten kulminierten in einem Kampf mit Ian Stewart von der Nazipunkband "Skrewdriver" während eines "Black Flag"-Konzertes. 1986 wurde Attila zum ersten Mal zum Festival des politischen Liedes in Ost-Berlin eingeladen. Fünf DDR-Tourneen bis 1989 folgten, sein anarchischer Protestsong "Airstrip 1" erschien auf einer Amiga-LP und trug damit zur Destabilisierung der DDR bei. Seine "Newtime Neurotics" waren die erste englische Punkband, die in der DDR tourte. "Airstrip 1" gab es denn auch beim "Barnstormer"-Konzert in deutscher Sprache. Die vierköpfige Band spielt einen abenteuerlichen Mix aus Folkpunk, Joe Strummer-Ska und mittelalterlichen Klängen mit Fiedel, Bassblockflöte und elektrischer Mandola neben Gitarre, Bass und Drums. In "Looters" nehmen sie die aktuellen Offshore-Bankgeschäfte des britischen Premierministers aufs Korn. Dabei nehmen s ie nicht nur Banker, Ausbeuter und Anzugträger aufs Korn. Auch Leben und Selbstmord des singenden DDR-Cowboys Dean Reed aus Colorado widmen sie ein Lied über dessen Heimatlosigkeit zwischen zwei Welten und Systemen. |
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www.DeanReed.de
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