Rui Filipe Gutschmidt
Die Macht der privaten Monopole – Wenn das Kapital den Staat ersetzt
Die „öffentliche Hand“ sollte eigentlich die Steuergelder so verteilen, dass alle Bürger die grundlegenden Bedürfnisse erhalten: Wohnraum, Wasser, Wärme, Hygiene, Nahrung und auch Strom, Telekommunikation, Gesundheit, Bildung, Transportwesen… Doch immer mehr dieser Leistungen werden von privaten Konzernen übernommen und profitorientiert geführt. Die Menschen haben in der Regel keinen Einfluss darauf und müssen darunter leiden, wie auch das Beispiel des Autors dieses Beitrags zeigt.
„Wieso haben wir kein Wasser?“ Die Frage eines Untermieters kam überraschend, wenn auch nicht ganz unerwartet. Denn schon vor Monaten hatte ein anderer Untermieter (mit schlechter Zahlungsmoral, hohem Aggressionspotential und viel krimineller Energie) die Wasserkosten nicht wie vereinbart bezahlt und nach Abstellung einfach das Siegel verletzt und das Wasser wieder angestellt. Nachdem das herauskam und nach unzähligen weiteren Lügen, Betrügereien und Drohungen (selbst die Polizei ließ sich beschimpfen), kam nun die „Rechnung“ vom Wasserwerk. Der Zähler wurde ausgebaut und der Vertrag gekündigt. Ein neuer Vertrag wurde für einen eigentlich unzumutbaren Preis geschlossen.
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Konzession statt Verkauf – Es bleibt de Facto eine Privatisierung
In der portugiesischen Stadt Santa Maria da Feira wurde die Wasserversorgung an das private Unternehmen Indaqua auf 50 Jahre konzessioniert. Dieses Unternehmen hat auch in mehreren anderen Städten ähnliche Konzessionierungsverträge, die in meinen Augen (schon lang vor den jetzigen Problemen) nichts anderes sind als verkappte Privatisierungen. So hat die Indaqua eine Stellung, die ein privates Unternehmen normalerweise nie haben dürfte: Ein Monopol!
Wie sich das auf die Bürger auswirkt? Vor allem kann man nicht zu einem anderen Anbieter wechseln. So muss man sich so ziemlich alles gefallen lassen, jeden Preis akzeptieren und alles schlucken, was einem vorgesetzt wird. Die Indaqua hat das teuerste Wasser des Landes und auch in Europa gibt es nur wenige Orte in denen das Wasser noch teurer ist als hier. Dabei ist der Verdienst der Portugiesen auch noch viel niedriger als in den meisten Ländern Europas, wodurch der Anteil der Wasserrechnung im Privathaushalt oder auch bei Unternehmen aller Art besonders gross ist.
WASSER ist ein öffentliches Gut. Ein Menschenrecht, das hier aufs schwerste verletzt wird. Die Indaqua verlangt Unsummen für die Wiederherstellung der Wasserversorgung nach einer Unterbrechung wegen fehlender Zahlungen. Ein neuer Wasseranschluss ist ebenfalls nicht bezahlbar für Leute die den Mindestlohn (600€) oder knapp darüber verdienen. Rentner mit etwa 200 € im Monat haben es ebenso schwer wie Leute mit 189,44 € Grundsicherung.
In meinem Fall haben die Monopolisten eine Ratenzahlung von 6 x 91,50 € vereinbart, was anscheinend das Minimum darstellt. NEIN sagen ist nicht, egal ob die alte Schuld auf meinen Namen läuft oder nicht. Auch eine Anzeige gegen den Autor des Siegelbruchs ist nichts Wert, da sie wissen, dass ICH zahle und der andere eher nicht. Aber das schlimmste ist, dass nach der Zahlung am Freitag immer noch (Dienstag) kein neuer Wasseranschluss erolgte! Bei Temperaturen von fast 30º C ist es unmenschlich und unmoralisch ohne Wasser zu sein!
Aber so ist der Kapitalismus neuer Prägung nun einmal. Neoliberalismus bedeutet: Der Markt macht was er will, wobei keinerlei Rücksicht auf die Menschen genommen wird. Private Monopole oder stumme Kartelle (Benzin, Diesel usw), nehmen uns aus und zwingen uns alles zu akzeptieren um genug Geld für die ganze Bande zu haben. Die Armut ist gewollt. Sie verleiht Macht an die Großaktionäre, Eigentümer und Raubtierkapitalisten. Ihrer Macht gilt es einen Riegel vorzuschieben und dem Staat – und damit dem Volk – die Kontrolle über die Schlüsselsektoren zurückzugeben. Einem Staat, versteht sich, der frei von der Kontrolle der Wirtschaftsbosse ist und endlich im Interesse der Menschen handelt.
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Erstveröffentlichung am 23. Juli 2019 in unserer Partnerzeitung INFO-WELT.
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