Gastbeitrag von Janka Kluge und der Red. »Beobachter News« – 21. Okt. 2021
Stecher macht vor Gericht keinen Stich
Der rechte Youtube-Aktivist aus Fellbach erhält in Waiblingen eine Geldauflage
Vor dem Amtsgericht Waiblingen musste sich am Mittwoch, 22. September, Michael Stecher aus Fellbach verantworten. Der rechte Facebook- und Youtube-Aktivist war angeklagt, den Herausgeber und Chefredakteur der Beobachter News Alfred Denzinger in mehreren Veröffentlichungen beleidigt zu haben. Da das Gericht keinen Zweifel an einer Verurteilung Stechers ließ, schlug sein Anwalt vor, das Verfahren gegen ihn einzustellen. Er darf nicht mehr behaupten, dass Alfred Denzinger ein „linksextremer Terrorgruppenführer“ sei und dass er Fotos von Personen aufgenommen hätte, um sie als rechtsextrem „bei ihren Arbeitgebern“ zu outen. Außerdem muss Stecher 500 Euro an die Organisation SOS Kinderdorf überweisen und sich bei Denzinger entschuldigen.
Michael Stecher,. Archivbild. Beobachter News
Bei der Bekanntgabe der Entscheidung machte Alfred Denzinger seinen Unmut deutlich. Eine Entschuldigung Stechers lehnte er ab. Er betonte nach dem Prozess, dass er fest mit einem Urteil gerechnet hatte. „Für Rechte, die einer Straftat überführt werden, wird es offenbar sehr leicht gemacht. Ein paar Euros und eine „Entschuldigung“ scheinen zu genügen, um eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Danach kann man dann ja weiter seine rechte Hetze verbreiten“, erklärte Denzinger und kündigte weitere juristische Schritte gegen Stecher an.
Michael Stecher hat auf verschiedenen sozialen Medien über Monate immer wieder die gleichen falschen Behauptungen aufgestellt. Vom Richter befragt, wie er zu seiner Behauptung gekommen sei, setzte der Angeklagte zu einem langen Vortrag darüber an, wie gut vernetzt „die Antifa“ sei. Sein Anwalt reichte ihm dabei aus Unterlagen zu einem anderen Prozess, der parallel vor dem Landgericht verhandelt wird, zwei Bilder, mit denen er seine These zu untermauern versuchte. Das eine zeigte eine Kundgebung in Rudersberg, wahrscheinlich nach einem Anschlag auf das Wohnhaus von Denzinger. Stecher betonte, dass hier Fahnen der Grünen, Banner von Gewerkschafen und Fahnen der Antifa zu sehen sind. Außerdem sei, so Stecher, Denzinger zu sehen, wie er mit erhobener Faust dasteht.
Michael Stecher. Archivbild, Beobachter News
Die Interpretation von Stecher macht seine Sicht auf die Welt deutlich. Sowohl die Grünen als auch die Gewerkschaften und erst recht „die Antifa“ würden von Denzinger gelenkt und gesteuert. Die Stuttgarter Gruppe Fridays for Future werde, so Stecher, stark von der Antifa geprägt. Wahrscheinlich wollte er mit dem Hinweis untermauern, wie weit nach seiner Überzeugung der Einfluss von Denzinger reicht.
Der Journalist und Teile der Antifa waren bei einem Prozess anwesend, bei dem ein Überfall auf Stecher verhandelt wurde. Das sieht der Fellbacher als weiteren Beleg dafür, dass Denzinger eine leitende Figur der Antifa sei. Auf die Frage des Richters, wie die Reihe der Antifa und Denzinger ausgesehen habe, musste Stecher einräumen, dass Denzinger vor der Reihe der AntifaschistInnen saß. Als Reihe konstruierte er dann eine Linie von vorne nach hinten.
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Personenkontrolle – Symbolbild, Beobachter News
Ähnlich scharfsinnig war seine Aussage, dass Denzinger bei einer antifaschistischen Solidaritätsdemo im April dieses Jahres vor einem Transparent mit der Aufschrift „Wir sind alle 129 a“ zu sehen war. Auf Nachfrage des Richters musste er zugeben, dass Denzinger bei der Arbeit war. Als weiteren Beleg für den Einfluss von Denzinger führte Stecher an, dass der Journalist bei jeder Aktion der Antifa dabei sei.
Das Gericht stellte die Aussage in Frage, dass das von Stecher verbreitete Foto von der Personenkontrolle wirklich bei der Kundgebung vor dem SWR in Baden-Baden aufgenommen wurde. Eine Recherche hat ergeben, dass es sich dabei um eine antifaschistische Demonstration in Karlsruhe gehandelt hat, bei der die Polizei nach der Demo einzelne Teilnehmer gezielt herausgriff.
Die Verhandlung hat deutlich gemacht, dass der angebliche „Journalismus“ von Michael Stecher mit Seriosität nicht viel zu tun hat. Eine Überraschung ist diese Erkenntnis nicht.
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Geldstrafe auch für Berlinerin
Alfred Denzinger vor dem Amtsgericht Tiergarten. Bild: Beobachter News
Auch die 57 Jahre alte Berlinerin Solveig P. erhielt einen Strafbefehl wegen Beleidigung Alfred Denzingers. Dagegen legte sie Widerspruch ein und landete am 21. September vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten. Bis jetzt habe sie nicht verstanden, was man von ihr wolle, erklärte sie als erstes in der Verhandlung. Der Vorwurf: Die Angeklagte habe auf Facebook den Steckbrief mit dem Foto Denzingers weiterverbreitet – dazu der Kommentar: „was für ein alter dummer widerlicher Sack“ (sie auch „Rechte dürfen Pressefreiheit nicht länger bedrohen„).
Solveig P. bestritt, den Post abgesetzt zu haben. Sie kenne „den Mann ja auch gar nicht“. Zudem sei „ja nicht klar, ob das überhaupt ihr Facebook-Profil“ sei. Hier müsse ein „Profildieb“ unterwegs gewesen sein. Schließlich sei es sehr einfach, solche Fakes einzurichten. Es gebe genügend Betrüger-Programme.
Das Gericht sah dagegen „keinen Anhaltspunkt“, dass es sich bei dem Profil mit dem Foto der Angeklagten und weiteren Posts von ihr um einen Fake handelte. Nach einigem Hin und Her (das bereits mit der 40-minütigen Verspätung der Frau begonnen hatte) legte das Gericht der Angeklagten nahe, sich nochmals mit ihrem Anwalt zu beraten, wie es weitergehen soll.
Eindeutige Botschaft: Es ist an der Zeit, Einsicht zu zeigen. Das geschah dann auch und veranlasste Gericht und Staatsanwältin, die Geldstrafe des Strafbefehls auf 40 Tagessätze zu je 12 Euro zu beschränken. Die Richterin sah sich „zutiefst überzeugt“, dass sich die Angeklagte der „Beleidigung schuldig gemacht“ hat. Mit der Höhe der Geldstrafe wurde offenbar auch auf die Situation von Solveig P. Rücksicht genommen, die von Hartz IV lebt. Die Zeugen Alfred Denzinger und ein Vertreter der Ermittlungsbehörden waren umsonst gekommen. Sie wurden nicht gehört.
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Erstveröffentlichung am 17. Oktober 2021 auf »beobachter News«. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
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