Michael Hillerband

Marl, 18. Januar 2020:
Protest gegen den Landesparteitag der AfD

Michael Hillerband

Für den 18. Januar hatte die AfD ihren Landesparteitag NRW angekündigt. Er fand statt in Marl-Sinsen im nördlichen Ruhrgebiet. Tagungsort war das “Event-Zentrum NRW”, dessen Betreiber offenbar wenig Skrupel haben, woher das Geld in ihre Kasse kommt.

Die AfD hat in NRW und vor allem im Ruhrgebiet so ihre Probleme. Bei den Europawahlen nur einstellige Ergebnisse, nach eigenen Angaben 5600 Mitglieder (das sind 5600 zu viel – AZ), davon 80 Prozent Männer, die meisten von denen alte Opas. Das soll bis zu den Kommunalwahlen im Herbst anders werden, auch dazu der Parteitag jetzt. Eine “Marler Erklärung” gegen die internen Lagerkämpfe sollte verabschiedet werden und eine “Abschiebe-Initiative” gestartet werden, doch dazu kam es gar nicht: Laut Bericht der lokalen Presse erstickte der neunstündige Parteitag vor allem am Bürokratismus. 540 Delegierte (bei 5600 Gesamtmitgliedern also fast jeder Zehnte!) beschäftigten sich mit der Tagesordnung, mit der Wahl von Konvents-Delegierten bzw. für Schiedsgerichte, prüften Rechnungen… Da zittern uns nicht gerade “die morschen Knochen”, aber wir halten es mit dem verstorbenen Husumer Sänger Hans Hartz: “… denn einer ist mehr als genug!”

Teilnehmer der Gegendemonstration stehen vor einer Bühne des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Foto: Fabian Strauch/dpa. Quelle: YouTube screenshot

Natürlich gab es Proteste gegen das Treffen der AfD. Im Kreis Recklinghausen hatte ein breites Bündnis von vor allem Gewerkschaften, Kirchen und selbsternannten Volksparteien für den 18.Januar zu einer Kundgebung in unmittelbarer Nähe des Event-Zentrums aufgerufen – Beginn schon früh ab 7.30 Uhr. Und es kamen nach Polizeiangaben etwa 500 Menschen und brachten optisch und akustisch ihren Protest zum Ausdruck. Der Inhalt der Redebeiträge entsprach überwiegend dem, was die Organisatoren der Kundgebung seit vielen Jahrzehnten immer wieder sagen. Eine (nur?) Ausnahme machte die Rede des Marler Bürgermeisters Werner Arndt (SPD), der die Ursache für den geringen Erfolg der AfD vor allem im Ruhrgebiet aufzeigte. Er ging auf die Bergarbeiter ein, deren Überleben untertage seit jeher davon abhing, dass sie sich “blind” aufeinander verlassen mussten und konnten. Da spielte es keine Rolle, ob jemand Deutscher war oder Pole, ob er aus der Türkei oder einem anderen Land kam, welche Religion er hatte oder… – das war alles egal im lebensgefährlichen Kampf um die Kohle.

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Marl, 18. Januar 2020. Bild: Arbeit-Zukunft

Wir ergänzen das noch ein bisschen und erinnern an den Kampf der “Roten Ruhrarmee” gegen den Kapp-Putsch 1920 – er jährt sich in diesem März zum hundertsten Mal; nicht nur im Kreis Recklinghausen erinnern zahlreiche Gedenksteine an die Opfer, die die Arbeiter damals im Kampf gegen den Faschismus brachten. Und wir erinnern an den Widerstand während der zwölfjährigen Nazi-Herrschaft: in die Zechensiedlung Marl-Brassert trauten sich die Nazis bis zum Ende ihrer Herrschaft nicht hinein – sie hat im Volksmund den Ehrennamen “Klein-Moskau” bekommen. Auch in anderen Städten des Ruhrgebiets gab es solche Arbeiterviertel. In Gelsenkirchen fand man noch vor etwa 40 Jahren an Ziegelwänden von einzelnen Mietskasernen die postkartengroß aufgesprühte Aufforderung: “Wählt KPD! Wählt Ernst Thälmann!” – und die ist ja sogar schon vor 1933 gesprüht worden, hat also auch die Adenauer-Zeit überstanden… Heute ist sie nicht mehr da – wegrenoviert.

Die Lokalpresse hebt übrigens bei der Kundgebung lobend hervor, dass sie “friedlich und bunt” war, nur das bekannte italienische Partisanenlied “Bella Ciao” wurde als “radikal” eingestuft. Da greifen wir doch das Versprechen der Jugendlichen von Fridays-for-Future” auf:
“Das können wir noch schneller! Das können wir noch lauter!”

 

Erstveröffentlichung heute oder vor wenigen Tagen in Arbeit Zukunft online. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
Bilder und Bildunterschriften wurden komplett oder zum Teil von der Redaktion AmericanRebel hinzu gefügt.
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