Reisch beschreibt, wie der Prozess ihm und der Crew einerseits zwar Anfeindung einbringt, andererseits jedoch auch die Möglichkeit, einer breiteren Öffentlichkeit die Wichtigkeit der Seenotrettung zu erläutern. In diesem Kontext spielen Gespräche mit Politikern ebenso eine Rolle wie Berichte über die Schicksale der Geflüchteten, die Reisch persönlich nahegehen und ihn von Freunden reden lassen, mit denen er immer noch Kontakt pflegt. Er beschreibt aber auch bildlich, wie die Flüchtenden von libyschen Schleppern über den Tisch gezogen werden und in Booten aufs Meer gehen, die die Fahrt wohl niemals aushalten werden: „Eigentlich ist das Wort ‚Boot‘ für das, worin die Flüchtlinge sitzen müssen, ein beschönigender Ausdruck. Spanplatten mit einer durch Autoabgase aufgepusteten LKW-Plane als Gummirand beschreibt es besser. Der Boden besteht aus wasserabweisendem Sperrholz. In einem deutschen Baumarkt erhält man für ähnliche Qualität mit ein bisschen Glück den Quadratmeter für 10 Euro.“
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Flüchtlingsbekämpfung als Geschäft
Immer wieder kommt in dem Buch die Sprache auf die libysche Küstenwache – ein Haufen Banditen, die Geld von der EU dafür bekommen, dass Menschen nicht nach Europa flüchten. Eigentlich mit dem Auftrag, sie auch vor dem Ertrinken zu retten, doch dafür sind sie meist nicht ausgerüstet und haben auch wenig Interesse daran. Im Gegenteil: Sie bekämpfen die Seenotretterinnen und Seenotretter, die die Flüchtenden vor dem Tod retten. So müssen Reisch und seine Crew mitanhören, wie ein Mitglied der libyschen Küstenwache mehrmals sagt, dass er sie umbringen will.
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Das Versagen der europäischen Politik
Ein anderes, ebenfalls unvermeidbares Thema, wenn es um Seenotrettung geht, ist die Politik, zumindest seit Teile der Politik der Meinung sind, dass es ein Verbrechen ist, Menschen vor dem Tod zu retten. Reisch sieht den Ausgang dabei schon in den 80er Jahren und der Cap Anamur, dem wohl ersten deutschen Flüchtlingsrettungsboot. Und auch damals wurden die Crewmitglieder schon als Schleuser und ähnliches diffamiert.
Reisch macht dies aber auch an der Ausbeutung Afrikas durch europäische Konzerne deutlich. Gespickt mit persönlichen Erfahrung verdeutlicht er, wie die europäische Wirtschafts- und Handelspolitik immer mehr Menschen zur Flucht treibt. Auch die zunehmende Rolle des Klimawandels findet ihre Erwähnung, noch stärker allerdings die Unterstützung von Diktatoren und Mördern durch die europäischen Staaten.
Neben all den persönlichen Einschätzungen, den Berichten, die einem die Dringlichkeit der Seenotrettung noch einmal vor Augen führen und deutlich machen, dass es Irrsinn ist, auch nur darüber nachzudenken, ob es irgendwie falsch sein könnte, Menschen zu retten, bleibt das Wissen, dass dieses Versagen kein Naturphänomen ist, sondern Folge der Politik. Eine im Buch zitierte Gedenktafel für auf dem Meer gestorbene Geflüchtete verdeutlicht dies: „An der Schwelle zur Ewigkeit wiegt alle Menschlichkeit ebengleich. Hier liegen 24 jener vielen Menschen, weil sie durch unsere Gleichgültigkeit ihr Leben grausam an das Meer verlieren mussten. Mögen sie als unsere Mütter, Väter, Brüder, Schwestern und Kinder in Erinnerung bleiben.“
Dieses Buch ist nicht nur eine eindrucksvolle Beschreibung des Alltags eines Menschen, der Leben rettet, es ist auch eine implizite Aufforderung, niemals zu schweigen, wenn das Recht auf Leben in Frage gestellt wird, und deutlich zu fordern, dass niemand mehr auf dem Mittelmeer ertrinken muss, sondern sichere Wege geschaffen werden.
Das Buch ist allen ans Herz gelegt, die wissen wollen, wie der Alltag auf einem Rettungsschiff und die Arbeit für die Seenotrettung aussieht. Noch mehr ist aber jenen ans Herz gelegt, die anzweifeln, dass man Menschen retten sollte.
Bestellen kann man es hier.
Erstveröffentlichung in „Die Freiheitsliebe“ vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors. Bilder und Bildunterschriften wurden von der Redaktion American Rebel hinzugefügt.
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Julius Jamal hat 2009 aus dem Wunsch, einen Ort zu schaffen, wo es keine Grenzen gibt zwischen Menschen, den Blog „Die Freiheitsliebe“ gegründet. Einen Ort an dem man sich mitteilen kann, unabhängig von Religion, Herkunft, sexuelle Orientierung und Geschlecht. Freiheit bedeutet immer die Freiheit von Ausbeutung. Als Autor dieser Webseite streitet er für eine Gesellschaft, in der nicht mehr die Mehrheit der Menschen das Umsetzen muss, was nur dem Wohlstand einiger Weniger dient.
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