Weitere Informationen über die derzeitige politische Lage in Brasilien
Wir haben bereits am 9. November über die politische Lage in Brasilien nach der Wahl des faschistischen Präsident Bolsonaro berichtet. Auf der Suche nach weiteren Einschätzungen erhielten wir einen Artikel der am 16. November in der Zeitschrift »La Forge, der Zeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs) erschienen ist. Der Artikel wurde von Arbeit-Zukunft ins Deutsche übersetzt.
.
Brasilien: Die Mehrheit der Wähler hat nicht für den faschistischen Millionär gestimmt
Wie unsere Überschrift so lautet der lange Artikel des Chefredakteurs Luis Falcoa der Zeitung „»A VERDADE«, des Zentralkomitees der Revolutionären Kommunistischen Partei (PCR), von dem wir lange Auszüge wiedergeben. Die PCR hat im zweiten Wahlgang dazu aufgerufen, durch die Wahl Haddads den Faschisten Bolsonaro zu blockieren.
„Die Zahlen: Von 147 Millionen potenziellen Wählern haben 57,7 für Bolsonaro, 47 für Haddad, den Kandidaten der Koalition PT, PcdoB und PROS gestimmt, das heißt, dass 89 Millionen (Enthaltungen und Stimmen für Haddad) Bolsonaro nicht gewählt haben. Aber wie kann sich ein Hauptmann mit mittelmäßiger Karriere, sei es in der Armee oder im Kongress, der die Folter verteidigt, 33 Jahre, nachdem das brasilianische Volk, das einem faschistisches Regime ein Ende bereitet hat, bei Wahlen, die durch einen Staatsstreich erzwungen wurden, zum Präsidenten wählen lassen? Wie kann es geschehen, dass es dem Kandidaten der PT nicht gelungen ist, die 42 Millionen Wähler zu mobilisieren, die nicht Bolsonaro gewählt haben?“
Zu diesen Fragen führt Falcoa an, dass unter dem kapitalistischen System die Wahlen nie demokratisch sind, besonders wegen der Beherrschung der Kommunikationsmittel durch die großen Konzerne. „Darüber hinaus haben die Kapitalisten enormen Druck gemacht und den Arbeitern gedroht, sie auf die Straße zu setzen, wenn ihr Kandidat nicht gewinnen würde. So hat der Chef der Kaufhauskette Havan sich zum Sprecher von Hunderten von Arbeitgebern gemacht und behauptet, dass, wenn Bolsonaro nicht gewählt würde, würde er 15.000 Arbeiter seines Unternehmens entlassen. Ein anderes, vom Wahltribunal aufgedecktes Beispiel: mehrere Firmen haben Verträge von mehreren Millionen Real mit Kommunikationsfirmen geschlossen, um via Whatsapp SMS pro Bolsonaro zu verschicken.“
Aber das ist natürlich nicht die einzige Erklärung für die Niederlage der PT. „Es ist Tatsache, dass seit die Korruptionsvorwürfe gegen Lula, Dilma 1) und die PT erhoben wurden, letztere nicht in der Lage war, fundierte Antworten zu jede dieser Anklagen zu geben.“ Und nicht zu vergessen, die ersten Anklagen wegen Korruption gab es schon 2014 gegen Verantwortliche von Petrobras und Odebrecht, welche die Kassen der PT, der MDB, der PP und anderer bedienten. „Bei jeder Anschuldigung war die PT immer in der Defensive und verlor an Glaubwürdigkeit und einen guten Teil ihrer Wählerschaft.“
Von 2008 an nahm auch die Wirtschaftskrise Brasilien hart in den Griff. „2015 führte Dilma eine Kampagne und prangerte die Banken und die volksfeindlichen finanzpolitischen Maßnahmen an, aber der starke Mann der Privatbank Bradesco wurde zum Finanzminister ernannt und setzte eine Politik der neoliberalen Anpassung um. Zwischen 2013 und 2016 schlossen 13.800 Firmen, Tausende Arbeiter wurden arbeitslos.“ Dazu kamen noch die Summen, die durch den Bau der Einrichtungen für die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 verschlungen wurden. Und als Tausende von Demonstranten die Preissteigerungen bei den Transportmitteln anprangerten, „griff die Regierung Dilma zur Repression, anstatt sich an die tiefen Gründe der Staatsschulden zu machen.“ Die Mittelschichten waren ebenfalls von den Folgen der Krise stark betroffen und so wurden die Reihen der immer radikaleren Gegner der PT größer.
Anmerkungen:
1) Dilma Roussef: Nachfolgerin von Lula da Silva als Staatspräsidentin, wegen Korruption angeklagt. Ihr Nachfolger wurde der Neoliberale Temer.
2) Die Frauenorganisationen haben bei diesen Demonstrationen, die zehntausende Personen in den großen Städten Brasiliens zusammenbrachten, eine treibende Rolle gespielt. Das erinnert an die ersten Demonstrationen in den USA nach dem Sieg Trumps, der übrigens einer der ersten Staatschefs war, der Bolsonaro gratulierte.
.
Übersetzt ind Deutsche von Arbeit-Zukunft
Bilder und Bildunterschriften wurden von der Redaktion AmericanRebel hinzu gefügt.
.
Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung –
Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz.Auch linker Journalismus ist nicht kostenlos
und auch kleine Spenden können helfen Großes zu veröffentlichen!
(…) Mit der Überschrift dieses Beitrags beginnt die Hetze und setzt sich mit der Zwischenüberschrift – “Der Faschismus wird geschlagen werden“ – fort. Auch die Fußnote 1), in der es heißt, dass Dilama Roussef wegen Korruption angeklagt wurde, entspricht nicht der Wahrheit. Sie wurde mit einem Impeachment (Amtsenthebungsverfahren), das unter juristisch und politisch völlig fragwürdigen Gründen erfolgte, ihres Amtes enthoben, das von ihrem Nachfolger Michel Temer inszeniert wurde.
Seltsam mutet die Formulierung – “Zu diesen Fragen führt Falcona an,…“ -, dass dem Beitrag nicht zu entnehmen ist, wer Falcona ist, was wichtig ist, um ihn politisch einordnen zu können. Wie viele haben den ursprünglichen Artikel durch Streichungen und eigenen Ergänzungen entstellt?
Besser wäre, sich mit dem Artikel auseinanderzusetzen. Auf die im ersten Absatz enthaltenen Fragen – “Aber wie kann sich ein Hauptmann mit mittelmäßiger Karriere, sei es in der Armee oder im Kongress, der die Folter verteidigt, 33 Jahre, nachdem das brasilianische Volk, das einem faschistisches Regime ein Ende bereitet hat, bei Wahlen, die durch einen Staatsstreich erzwungen wurden, zum Präsidenten wählen lassen? Wie kann es geschehen, dass es dem Kandidaten der PT nicht gelungen ist, die 42 Millionen Wähler zu mobilisieren, die nicht Bolsonaro gewählt haben?“ – gibt es keine Antworten.
Die erste Frage drängt doch direkt nach einer Beantwortung, weil sie nicht konkret formuliert wurde. Die nicht konkrete Fragestellung besteht darin, dass gefragt wird, warum Bolsonaro sich zum Präsidentschaftskandidat nominieren lassen konnte. Das ist für das Wahlergebnis und auch für die weitere politische Arbeit völlig unbedeutend. Richtig wäre die Frage zu stellen, wie es geschehen konnte, dass Bolsonaro die Wahl für sich entscheiden konnte, um aus den Antworten die richtigen Schlüsse für die weitere politische Arbeit zu ziehen. Das Gleiche gilt auch für nächste Frage. Ich vermute, dass die brasilianischen Kommunisten die Antworten in ihrem Artikel schrieben, nur gab es wohl einige Europäer, die der Auffassung waren, dass sie ihrer politischen Zielstellung nicht entsprechen und sie den Artikel entstellten.
Auffallend ist bei den Fragen auch, dass die brasilianischen Kommunisten Bolsonaro nicht als Faschist bezeichneten.