Thies Gleiss
Links ist nicht links und rechts ist nicht rechts…
Facebookpost vom 4. September, 12:54 Uhr
Die Pressekonferenz zum Start der Initiative „Aufstehen“ hat auch noch einmal versucht, das zentrale Problem dieser Initiative aufzuknacken. Die Ausgangsthesen, in Deutschland gibt es einerseits eine breite Mehrheit für linke Politik, aber andererseits auch einen breiten Rechtsruck, dem eine gemeinsame politische Front aller fortschrittlichen Kräfte entgegenstellt werden muss, passen ja irgendwie nicht zusammen. Und das ist die Lösung: Rechts ist gar nicht rechts, sondern unverstandenes Volk, dass eigentlich gegen den Kapitalismus protestieren möchte. Man müsste beim rechten Pöbel also ein wenig in die Köpfe und hinter die Fassade schauen, dann kämen sie zur Bewegung. Gleichzeitig ist links nicht links. Die Partei, die sich DIE LINKE nennt, würde die breite Mehrheit für linke Politik nicht ansprechen, das liegt auch ihrer Flüchtlingspolitik, aber vor allem an dem progressiven Neoliberalismus, der sich dort festgesetzt hätte.
So weit, so irreal, so Unsinn, aber es war wohl nichts anderes zu erwarten.
Den interessantesten Teil hatte Kommunikationsexperte Albers. Er pries die neue Software Pol.is, die all das an liquid democracy noch viel besser machen würde, was von Piratenpartei, LINKE, France Insoumise und Podemos schon ausprobiert wurde und wird. Der einheitliche Prozess von digitaler und analoger Parteidemokratie, mit echten Strukturen von echten Menschen, ist bei der LINKEN vielleicht nicht optimal, aber immerhin im Ansatz gut vorhanden. Die Piratenpartei sind an ihrem Projekt der ausschließlich digitalen Demokratie und Meinungsfindung komplett gescheitert, Podemos auch weitgehend – beide suchen jetzt ihr Heil im Aufbau von realen kollektiven Parteistrukturen und bekommen dann den demokratischen Ärger ins Haus, ohne den es nicht geht: Politische Strömungen, Mehrheiten und Minderheiten, Fegefeuer der Eitelkeiten unter den Funktionär*innen, Dialektik der partiellen Errungenschaften usw.
Der „demokratische Ärger“ ist nicht durch weniger Demokratie und Topdown-Entscheidungsprozesse, aber auch nicht durch 140-Zeichen-Beteiligung einer individualisierten Basis zu umgehen. Auch France Insoumise lernt das gerade.
Die Lösung für diese Problem heißt mehr Demokratie: Befristung von Ämtern, keine Ämterhäufung, Rotation, keine materiellen Privilegien, kein Promi-Kult, sondern egalitäre Kultur – eben eine echte, demokratische, sozialistische Partei, die sich in den Lebensbereichen der Menschen organisiert, für die sie Politik machen möchte.
Und wenn das erledigt ist, wächst die andere große politische Voraussetzung einer linken Partei fast von allein: Die programmatische Klarheit und politische Prinzipienfestigkeit…
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Erstveröffentlichung als Facebookpost am 4. September 2018. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Bild und Bildunterschrift hinzugefügt von der Redaktion AmericanRebel.
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Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.
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