Unterhaltungskunst 05/1983 | ||||
Dean Reed - Country (Übernahme von Supraphon)Die Verpackungstechnologen des VEB Deutsche Schallplatten lassen sich immer wieder etwas einfallen. Nachdem bereits seit längerem eine leichte Schräge in der inneren Papierhülle zu beobachten war, wurde nun konsequent durchgegriffen und alle 4 Ecken abgeschnippelt. Das macht einschließlich des dadurch kürzeren Klebefalzes rund 70 cm2 Papierersparnis pro Platte. Da kommt bei einer hunderttausender Auflage eine ganze Menge zusammen. Eine ökonomisch durchaus sinnvolle Lösung, und leichter in die Papphülle einschieben lassen sich die Tüten nun auch. Ob aber Reißfestigkeit und Staubschutz gleichermaßen optimiert wurden? Das ist wichtig, wenn eine Musik verpackt wird, die im staubigen Süden und Mittelwesten der USA zur Schlager- und Filmmusik heranreifte und unter dem irreführenden Namen Country von europäischen Tanzstreichorchestern gespielt wird. Wünschen Sie indonesische Musik? Kein Problem. Fahren Sie nach Prag. Vaclav Kucera setzt sich mit seiner Combo ins Studio, behängt sich mit Blumengirlanden und intoniert Fernöstliches mit der frischen Unbefangenheit eines Mannes, der über kleinliche stilistische Bedenken erhaben ist. Oder soll es südafrikanische Folklore sein? Oder afrikanische, chinesische, schottische, spanische - aber bitte sehr, wird alles gemacht. Was aber herauskommt, Schwamm drüber. Aber so etwas macht Schule. Vor einiger Zeit brachte Supraphon eine Platte heraus, gespielt vom Prager Radiotanzorchester mit dem verheißungsvollen Titel "Famous Western Film Melodies", arrangiert von Bob Ondracek. Aber da gibt es noch Jiri Svoboda. Der kann auch Westernsongs arrangieren. Das hat sicher Dean Reed in Erfahrung gebracht. Darum sattelte er sein Pferd, mimikryierte seine Augen ins verkniffene eiskalte Stahlblau, drückte den Hut fest ins Gesicht und ritt gen Prag. Jiri Svoboda wird bei der Ankunft gesagt haben: "Western und Country-Sound? - kein Problem, Mister Reed!" Da seufzte unser Held erleichtert auf, zog ein paar neue Songs aus dem Gurt, setzte sich mit J&K Svoboda ins Einvernehmen und schon gings los. Eine bunte Mischung aus berühmten C&W Songs wie "High Noon", "Riders in the sky", "Lucille" und Selbstgemachtem wurde gemixt. Es entstand ein sinfonisches Klischee des Nashville-C&W-Klischees der ursprünglichen C&W-Volksmusik. Man darf nicht kleinlich sein. Dean Reed hat eine angenehme Stimme und singt hübsche Songs. Ich glaube aber schon, dass so mancher Käufer durch die Aufschrift "Country" zum Kauf angeregt, etwas anderes erwartet hat, als englisch (amerikanisch) gesungene Schlager. Die Klassiker wie "High Noon" sind nicht tot zu arrangieren. Etwas von dem sehr typischen Sound schimmert da immer noch durch. Aber die Eigenkompositionen Dean Reeds sind farblose Ware, die auch nicht durch gelegentliches männliches Knarren der Stimme zu Country-Songs werden. Doch Grund zur Beschwerde hat kein Käufer. Das Cover-Foto verrät recht genau den Inhalt: Unser Cowboy ist zu glatt rasiert, auf "golden voice of Prague" frisiert. Aber wie gesagt, wenn Sie C&W-Musik wünschen, dann fahren Sie nach Prag, suchen Herrn Svoboda oder Herrn Ondracek auf und sprechen die Zauberformel: Sing Dean sing oder auf echt amerikanisch: ßing, Dean ßing. |
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Dean Reed - Country | ||||
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www.DeanReed.de
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