neues leben 6/1975

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Blutsbrüder

Ein klarer Wintermorgen, Hundegebell, das Indianerdorf erwacht. Auf einem Tipi weht eine US-Flagge.

Eine amerikanische Schwadron jagt heran, ganz vorn mit wehender Fahne ein junger Soldat. Harmonika genannt, weil er immer eine Mundharmonika bei sich hat.

Vor seinem Tipi steht Häptling Grauer Elch. "Hierher", ruft er den verstört umherlaufenden Frauen und Kindern zu. "Wenn ihr unter der Fahne der Weißen Männer steht, können sie euch nichts tun." Schüsse fallen, und Brandfackeln lassen die Tipis in Rauch und Asche zurück. In Harmonikas Augen spiegelt sich Entsetzen, als er sieht, wie Männer, Frauen und Kinder sterben. Impulsiv zerbricht er die Fahne über seinem Knie.

Ein Pferdestall im Fort. Harmonika hockt auf dem Stroh, in den gefesselten Händen sein Instrument. Joe, einer der beiden Mitgefangenen, ein kleiner Gauner, stößt ihn an: "Du, wir haben die Absicht, heute nacht zu verduften. Du mußt nicht. Aber wenn du denkst, die binden dir morgen früh nicht 'nen hübschen Strick um den Hals..."

Die drei Flüchtlinge treffen auf Indianer, die im Bach Gold waschen. Big Fred schießt wild los. Die alte Frau und das Kind sind getroffen; mit dem Messer wirft er nach dem flüchtenden Mädchen. Harmonika brennt ihr die Wunde aus, legt sich neben die Ohnmächtige schlafen. Als er erwacht, ist das Mädchen verschwunden. Ein Lasso zieht sich über seinem Körper zusammen.

Harter Felsen, ein junger Indianer, fordert: "Er soll sterben." Grauer Elch schüttelt den Kopf: "Er hat das Leben deiner Schwester gerettet. Er soll nicht sterben wie ein Mörder. Du, Harter Felsen, wirst mit ihm das Todesrennen austragen."

Die beiden Gegner haben das Plateau erreicht. Kein Ausweg, steile Felswände ringsum führen in den Abgrund. Sie müssen kämpfen. Harter Felsen ist wendig und todesmutig. Doch er verliert sein Messer. Harmonika könnte ihn töten, er tut es nicht. Grauer Elch spricht das Urteil: "Die Berggeister haben entschieden, daß ihr beide leben sollt."

Als Besiegter zu leben ist schmachvoller für Harter Felsen als tot zu sein. Er fragt seinen Todfeind: "Ist dir mein Leben so wenig wert, daß du es mir gelassen hast?" Harmonika: "Es gibt nichts Wertvolleres als das Leben. Warum sollte ich es dir nehmen?" Sie verstehen einander nicht.

Harmonika bleibt bei den Cheyennes. Er lernt, mit Pfeil und Bogen zu schießen, sich mit Vogelrufen zu verständigen, und er lernt, zu denken wie ein Indianer. Rehkitz, seine Frau, wird ein Kind von ihm haben. Zur Hochzeit hatte ihm Harter Felsen seinen weißen Hengst geschenkt: "Es ist ein indianisches Pferd, noch nicht gebrochen. Sein Geist wird nie gebrochen werden, so wie der Geist der Cheyennes nicht zu brechen ist. Aber du solltest versuchen, ihn zu überzeugen, daß er sich von dir reiten läßt." Harmonika reitet den weißen Hengst.

Rauch schwelt über dem niedergebrannten Indianerdorf. Man hört den Schrei eines Mannes: "Nein!" Auf dem Boden liegt eine tote Frau, Rehkitz, in der Hand eine abgerissene Halskette. Harmonika sucht den Mörder. "Ja, genau so eine Kette hat Bill Simmons", sagt der bärtige Alte in der Pferdestation.

Harmonika lauert hinter einem Busch, das Gewehr entsichert. Im Visir hat er Simmons, der seine Frau und seine Kinder begrüßt. Die Frau ist schwanger. Schweiß bedeckt Harmonikas Stirn. Er läßt das Gewehr sinken.

Der verräucherte Saloon. Vor einem Whiskyglas sitzt Harmonika, wie seit Tagen und Wochen. Sein Bart ist verwildert, sein Blick stier. Joe, der einstige Mitgefangene, verkündet lauthals die Greuel, die seinem wiedergefundenen Kumpan bei den Rothäuten widerfahren seien. Ein Reporter vom "Boston-Spectator" bohrt: "Was war es, was Sie dies alles ertragen ließ? Der Glaube an unsere Zivilisation?" Harmonika erwacht aus seiner Lethargie, Haß in den Augen: "IHR seid die Barbaren!"

Zwei Männer stehen auf dem Felsenhügel. In der aufgehenden Sonne blitzt ein Messer, ritzt in die Haut. Harter Felsen blickt Harmonika fest an: "Von nun an sind wir Blutsbrüder. Mein Leben ist dein Leben, und dein Leben ist meines. Gemeinsam werden wir unsere Brüder befreien, Tag für Tag mehr..."

Der Saloon stand in einem Babelsberger Filmatelier, das Indianerdorf in den Bergen von Rumänien. Harmonika und Harter Felsen sind normalerweise unter den Namen Dean Reed und Gojko Mitic bekannt, und das ganze Spectaculum ist ein neuer DEFA-Film, den Regisseur Werner W. Wallroth mit Kameramann Jürgen Heinrich drehte und der zu den diesjährigen Sommerfilmtagen Premiere haben wird.

Es ist der zehnte seines Genres, ein Jubiläum also für Alt-Indianer Gojko, ein Debüt für Dean Reed, der sich erstmals, in Zusammenarbeit mit dem bewährten Drehbuchschreiber Wolfgang Ebeling, als Autor versuchte.

Er sagt dazu: "Es sind meine Gedanken, meine Emotionen, die ich aufgeschrieben habe und die ich spiele. Insofern ist es meine einfachste Rolle bisher. Harmonika - das ist beinahe Dean. Und es ist auch eine schöne Rolle, weil ich jemanden darstelle, der alle Gefühle durchlebt, traurige, glückliche, revolutionäre.

Eine Persönlichkeit, die sich eigentlich aus zwei Menschen zusammensetzt. Die Handlung spielt zwar in Amerika, vor 100 Jahren. Aber es könnte heute sein. Der Film erzählt von einem Pazifisten, der anfangs ganz naiv ist und dann zum Kämpfer wird. Genauso, wie es auch in meinem Leben geschah. Denn ein Mensch wird nicht als Kommunist oder Revolutionär geboren. Er wächst mit jedem Tag, mit jeder Erfahrung."

Marlis Linke

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Letzte Änderung: 2016-01-05