Junge Welt 09.11.1984 (Zeitung der Freien Deutschen Jugend) |
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Diktatur erreichte nichtsJW-Interview mit US-amerikanischem Sänger Dean Reed nach seiner Rückkehr aus UruguayEnde Oktober hielt sich der amerikanische Sänger und Schauspieler Dean Reed in Uruguay auf und wurde von den dortigen Behörden verhaftet. Nach seiner Rückkehr sprachen wir mit ihm. Dean, aus welchem Anlass bist du nach Uruguay gefahren? Ich hatte eine Einladung der "Frente Amplio" (fortschrittliches Parteibündnis - d.R.) und bin ihr gefolgt, um den Kampf dieser Volksbewegung gegen das Militärregime mit meinen Liedern zu unterstützen. Du bist mit vielen Uruguayern und auch mit dem Präsidenten der Frente Amplio, General Liber Seregni, zusammengetroffen, der in diesem Jahr nach neunjähriger Haft freigelassen werden musste. Welchen Eindruck hast du in dieser Begegnung gewonnen? Bei Liber Seregni habe ich mit Freude gespürt, dass neun Jahre Gefängnis nicht vermocht haben, ihn zu brechen. Er spricht nach wie vor voller Feuer, jedes Wort strahlt Optimismus aus, Optimismus für den Kampf zur Befreiung des uruguayischen Volkes. Ich habe auch viele andere Menschen getroffen, die ebenfalls im Gefängnis waren, gefoltert wurden und trotzdem keine Furcht haben. Die Frente Amplio ist stärker geworden, die Diktatur hat nichts erreicht. Was geschah am 27. Oktober an der US-Botschaft, als du festgenommen worden bist? Gemeinsam mit etwa 100 Menschen ging ich zur USA-Botschaft. Dort sangen wir das vor 13 Jahren von mir für die Volksbewegung geschriebene offizielle Lied der Frente Amplio "No nos moveran". Anschließend wollte ich ein Schreiben an den USA-Botschafter Thomas Aranda verlesen bzw. übergeben. Was stand in dem Schreiben? Ich fragte u.a. darin, warum die USA die Länder Lateinamerikas nach wie vor als Kolonien betrachten und warum sie die Völker unterdrücken. Ich forderte vom Botschafter und der Regierung der Vereinigten Staaten, die Unterstützung für die Diktaturen in Lateinamerika endlich aufzugeben und die Aggressionspolitik gegen die Völker Mittelamerikas einzustellen. Hast du dein Anliegen verwirklichen können? Nein. Als ich durch das Botschaftstor gegangen war, wurde ich von uruguayischen Sicherheitsbeamten zu Boden geworfen und geschlagen. Anschließend brachten sie mich zum Verhör in ein Privathaus, ohne Namen, ohne Hausnummer. Es ist in Uruguay seit langem üblich, Menschen in solche Gebäude zu verschleppen. Was wollten sie dort von dir wissen? Sie fragten, wer mich eingeladen hat, warum ich in der DDR wohne, von wem die Idee des Schreibens kam, ob ich mit Yasser Arafat befreundet bin, wen ich in Uruguay getroffen habe. Wie bist du wieder freigekommen? Spät am Abend kam der amerikanische Konsul und sagte, der Botschafter will keinen Skandal und demzufolge auch keine Anklage. Daraufhin bin ich freigelassen worden. Gerade noch rechtzeitig, um zu einer Veranstaltung der Frente Amplio zu gehen und dort zu singen. Das Gespräch führte Wolfgang Kohrt |
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www.DeanReed.de
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