Berliner Zeitung 19.07.1972 |
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AUF DEM BILDSCHIRMGroßer Frohsinn und kleiner StaubUm mit dem Schluss zu beginnen: das war diesmal keiner. Hätte Einst-Star Johannes Heesters seine rührende alte Erinnerungs-Mühle in der Programm-Mitte klappern lassen dürfen, wär's denkbar eine durchaus originelle Überraschung zu nennen gewesen. So aber des Langen und Lauen aufgetragen, lief's leider schließlich in ein einziges Montagsfilm-Memorial aus - und das hinterließ denn doch ein wenig Tristesse. Denn zu behaupten, über den Auftritt des vorgestrigen Unterhaltungsasses sei nun doch wieder die gute alte Operettentradition in den "Bunten Kessel" eingeschmuggelt worden, hieße, diese zu verleumden: hier ging's wohl weniger um Lehar als ums bei allem Altherrencharme doch schon leicht angestaubte Heesterssche Selbstzitat. Mehr war gewiss auch nicht beabsichtigt, doch solches - falls man uns künftig mit ähnlichen Engagements erstaunen möchte - dann bitte nicht zum Höhepunkt hochquälen! Der nämlich war längst gegeben. Der amerikanische Sänger Dean Reed wusste sich in seinen Liedern tief mitzuteilen und auf diese Weise wahrhaft mitzureißen. Welch große Palette steht ihm zur Verfügung! Das ging vom heißen Mode-Sound über den tiefempfundenen Song bis zum leidenschaftlichen Kampflied seiner schwarzen Brüder. Rhythmisches Gefühl und Timbre bedurften beim Lied für alle Mütter keiner Orchesterstimulanz: diese Stimmung ließ sich erfühlen. Ansonsten gäbe es nur wieder die schon fast vorauszusetzenden Vorzüge dieser großen Direktübertragung zu vermerken. Bunte Vielfalt, auf Abwechslung, Spannung und Steigerung zusammengestellt, eine Regie, die zwischen Bühne und Zuschauerraum keine Grenze zulässt und die von gepflegter Zurückhaltung bis zur pfiffigen Momentaufnahme bewegte Kamera. Wer befürchtete, die artistische Glanzeinlage der letzten Folge würde so schnell nicht zu überbieten sein, wurde hier von Toby Rix eines Besseren belehrt. Sein artistisch-musikalisches Hupenkonzert wies ihn als hochmodernen Meister des altbeliebten Musicalclown-Fachs aus. Die Dialektiker Köbbert, Stückrath und Uhlig versuchten sich hier ebenfalls auf dem aufsteigenden Weg: sie hielten sich nach leider verzetteltem Start nicht mehr nur bei der kleinen Abwäsche auf, sondern griffen zuweilen schon sehr erfolgreich auch zu größeren Stücken. Auch die "Distel"-Truppe glänzte durch einen guten Griff. Der kleine Solisten-Sketch kam bisher nur schwer über die große Rampe. Das große Ensemblespiel dagegen traf diesmal voll ins Schwarze. Im Ohr blieb das vorzügliche Flötisten-Solo eines ausgezeichneten südamerikanischen Quartetts. Willst du was gelten, mach dich selten, war die glückliche Devise des Fernsehballetts - sein brillanter Girltanz fiel um so bestechender ins Auge. Die Reihe in- und ausländischer Schlagerkünstler begann für meinen Geschmack mit der ausdrucksvollen Nadia Urbankova (ČSSR) und Regina Thoss (DDR), ferner lieferten noch Victor Sodoma (ČSSR), Peggy March (England) und Paola (Schweiz) Töne und Tönchen zur Abwechslung zu. Gisela Herrmann |
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www.DeanReed.de
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