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Dean über Paton Price:Obwohl uns ein großer Altersunterschied trennte, wurde Paton Price mein erster wirklicher Freund. Ich kann auch sagen, mein zweiter Vater. Und das nicht nur, weil ich zwei Jahre in seinem Hause gelebt habe, nicht nur als Gast, sondern als Mitglied der Familie. Paton war für mich von Anfang an ein Mensch, der mir bewußt werden ließ, was mir fehlte: Reife. Und das nicht, weil er mein Vater hätte sein können. Reife ist nicht allein eine Frage des Alters. Paton hat mit vieles beigebracht, was zum Handwerk des Auftretens vor der Kamera gehört, ob man als Sänger oder Schauspieler agiert. Aber nicht das war das Wertvollste, was er für meine Entwicklung getan hat. Zuerst und vor allem betrachtete er es als seine Aufgabe, seinen Schülern eine humanistische Auffassung vom Beruf des Schauspielers zu vermitteln. Er, der die Verlogenheit im US-amerikanischen Kunstbetrieb kannte, sagte immer wieder: "Wie willst du ein Haus bauen, wenn das Fundament nicht unerschütterlich ist? Wie willst du beim Publikum Gefühle erwecken, die du selbst nicht hast? Wie willst du Wahrheit vermitteln, wenn du selbst nicht an die Wahrheit glaubst und sie vertrittst, wenn du ein Lügner bist?" Patons Meinung war unumstößlich. "Ein Mensch kann nichts von Wert schaffen, wenn er nicht selbst ein wertvoller Mensch ist." Wenn man diesen wunderbaren Menschen überhaupt in eine der gängigen Schablonen einpassen wollte, könnte man sagen, daß er ein Gegner jeder Gewalt, ein Pazifist war. Für diese seine Überzeugung wurde er zwei Jahre im Gefängnis festgehalten. Er hatte sich geweigert, Soldat zu werden. Seine Tragik war, daß er gerade in diesem Fall geirrt hat. Er tat diesen Schritt zu einer Zeit, als sich die Vereinigten Staaten am Kampf gegen den Faschismus beteiligten. Doch ich möchte darüber nicht rechten. Ich weiß heute, wie lange seinerzeit das Naziregime in meinem Heimatland als durchaus akzeptabel galt. Und Kalifornien war weit weg von Deutschland mit seinen Greueln, kaum einer wußte, welch Terror dort tobte. Für Paton war der zweite Weltkrieg ein Krieg der Großen, der auf dem Rücken der Kleinen ausgetragen wurde. Damals wußte er nicht, was Faschismus ist. Später weiß er es. Wenn ich an Paton denke, kenne ich nur ein Gefühl: das der Dankbarkeit. Denn er hat mich gelehrt, über den Sinn des Lebens nachzudenken, die Wahrheit zu lieben und stets für sie einzustehen. Hollywood, das ist für mich nicht nur die Traumfabrik, der Flitter, der falsche Zauber. Nicht der Jahrmarkt der Eitelkeit war es, der mich in den Jahren in Hollywood geprägt hat, was eigentlich zu erwarten gewesen wäre, sondern ein kluger, gütiger, schlichter Mensch. Paton Price und ich hatten auch in den letzten Jahren seines Lebens unterschiedliche weltanschauliche Positionen. Er war ein bürgerlicher Demokrat, ich fühle mich als Marxist. Als ich ihm im Herbst 1978 begegnet bin, haben wir häufig gestritten. Aber es war ein Streit unter Menschen, die sich achten. Paton hat damals gesagt: "Ich bin ja selbst daran schuld, daß wir uns streiten. Ich habe immer gesagt und sage es heute noch, daß jeder Mensch seine eigene Wahrheit finden muß, die er dann mit aller Konsequenz verfechten muß. Du hast eine andere Wahrheit gefunden, als ich sie gefunden habe. Aber du mußt immer so zu ihr stehen, wie du das heute tust. Nur wenn du das auch in Zukunft tust, bleibst du mein Freund." Quelle: Dean Reed Aus meinem Leben, H.-D. Bräuer, Berlin 1980, S. 19 ff. |
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