Fiete Jensen
Hannah Bruhns kehrt der PdL den Rücken
Bemerkenswerte Austrittserklärung der 22-jährigen Gonossin
„Die Revolution war für mich ein spontaner Aufstand der zu Bewusstsein gekommenen Massen. Ich weiß heute, die Revolution ist der Kampf des Proletariats um die politische Macht. Dieser Kampf wird militärisch geführt und braucht entsprechende Werkzeuge. Es gibt das schwammige Gelaber der reformistischen Politiker und ihrer pseudorevolutionären Helfer, die unsere Sehnsucht und unseren Hass missbrauchen. Sie sprechen vom Aufstand und dem richtigen Zeitpunkt in vielleicht 5000 Jahren, ohne eine konkrete Strategie zu haben. (…) Niemand der sogenannten „Kommunisten“ in der Linkspartei bereitet sich darauf vor, oder arbeitet darauf hin.“ Schreibt die bekannte Bochumer Genossen Hannah Bruhns, die sich bisher in der PdL engagierte. Nachfolgend ihre Bemerkenswerten Überlegungen.
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Februar 2018
Die Austrittserklärung von Hannah Bruns aus der PdL
„In den letzten 6 Jahren meines politischen Lebens ist viel passiert. Gerade das letzte Jahr hat mich an einen Punkt gebracht, an dem ich grundsätzlich umdenken muss. Hiermit gebe ich meinen Austritt aus der Partei „Die Linke“ bekannt. Im Folgenden will ich begründen wie es dazu kommt und wie es für mich weitergeht: Ich bin Ende 2012 mit Enthusiasmus und Tatendrang in die Linkspartei eingetreten. Ich wollte „raus aus der linken Szene“ und „rein ins Proletariat“. Ich hatte keine Lust mehr auf die Selbstbespaßung der linken Szene. Auf Debatten und Diskurse, die so meilenweit von der Realität der arbeitenden Menschen weg sind, das sie sich bloß um die Diskutierenden selbst drehen. Ich wollte dahin, wo die arbeitenden Menschen sind. Zu den Volksmassen. Zu den ganz normalen, kleinen Leuten. Ich erhoffte mir, in der Parteibasis der Linken die Menschen zu finden, an denen ich meine Politik ausrichten wollte. Ich trat also bei und begann in der Linkspartei zu arbeiten.
Ich muss dazu sagen, dass ich von Anfang an – wie viele, die in dieser Partei arbeiten – ein ehrlich revolutionäres Anliegen hatte. Ich hatte nie die Illusion auf parlamentarischem und legalem Wege eine Veränderung in Richtung Sozialismus erwirken zu können. Das mag in den Ohren vieler naiv klingen, doch die Linke war für mich ein Werkzeug für die Revolution. Es war der Ort, an dem ich meinte das Proletariat vorfinden zu können. Eine Organisation, in der es zusammenkommen und sich vernetzen kann. Eine Plattform für die Organisierung und eine Bühne um zu ihnen sprechen zu können. Ich glaubte, diese Plattform nur noch nutzen zu müssen.
Meine Aufgabe sei es, die Massen in der Linken zu politisieren und somit im richtigen Moment zur spontanen Aktion zu bewegen. Die Revolution, oder das was ich unter ihr verstand, war für mich etwas sehr spontanes, eine Erhebung und ein Aufstand der zu Bewusstsein gekommenen Massen in den sozialdemokratischen Parteien und Organisationen wie der Linkspartei.
Ich hatte vor meinem Parteieintritt ein sehr diffuses Verständnis von Marxismus und Revolution. In der Partei kam ich das erste mal so richtig in Berührung mit Versatzstücken marxistischer Theorie. Das hatte einen doppelten Charakter, wie so vieles, was meine Parteiarbeit betraf: Einerseits hat es mein Bewusstsein geschliffen und mir den Marxismus näher gebracht, andererseits, und das war die Hauptseite, hat es meine Illusionen in den Apparat noch bekräftigt und angefeuert.
Ich traf auf sogenannte „Marxisten-Leninisten“, die in der Lage waren ihre bürgerliche Politik mit proletarischen Phrasen zu rechtfertigen. Das führte dazu, dass ich mir in meiner Sache sehr sicher war. Und das ist auch das gefährliche an den sogenannten „Marxisten – Leninisten“ in der Linkspartei. Ich fühlte mich verstanden und mit meinem Zorn, meiner Energie und meinem Tatendrang an der richtigen Adresse. Unter vermeintlichen Gleichgesinnten.
Doch auch in der Praxis hatte ich das Gefühl innerhalb der Linkspartei nun endlich wirklich revolutionäre Politik machen zu können. Ich begann mit Stadtteilarbeit in Langendreer West, einem proletarischen Viertel in Bochum. Es gelang uns relativ schnell an Räumlichkeiten für Treffen und Veranstaltungen zu kommen, wir schafften es uns mit den Massen zu vernetzen, sie zu politisieren, wir organisierten Kundgebungen und Demonstrationen, wir wurden zu einem politischen Faktor in Langendreer West. Doch während die Massen in meinem Viertel teilweise anfingen mich als „die Politikerin, der man vertrauen kann“ zu sehen, machte ich auf der anderen Seite viele Dinge, die mir zutiefst widerstrebten und von denen ich wusste, dass sie falsch, reaktionär und schädlich waren.
Ein Beispiel von vielen dafür ist das KandidatInnen – Interview, das ich dem WDR als Bundestagskandidatin für die LINKE gab. Schon im Vorhinein wurde mir von der Partei klargemacht, dass ich keine „revolutionären Phrasen“ dreschen dürfe, weil das einen bundesweiten Skandal auslösen könnte. Ich solle bitte so „professionell“ und „politiker-mässig“ wie möglich auftreten. Das tat ich dann auch. Ich erzählte etwas von einer sich brutalisierenden Gesellschaft, gegen die „gute Polizei- und Gerichtsarbeit“, aber „vor allem Sozialarbeiter“ helfen würden. Ich wusste, dass diese Sätze nicht stimmten, ich wusste, dass sie verräterisch waren. Ich sagte sie trotzdem. Als ich aus diesem Interview ging, war mir klar: Wenn einer „Kommunistin“, die sich so verhält wie ich und so ein Zeug redet wie ich, die Massen vertrauen, dann ist das schlecht und nicht gut. Jede Lüge, die sie erzählen, jeden kleinen wie großen Verrat erklären und rechtfertigen die Politiker mit dem Wörtchen „Taktik“.
Taktik bedeutet in einer konkreten Situation die richtige Entscheidung zu treffen um im kleinen Rahmen eine Strategie zu verwirklichen. Eine Strategie ist „die Kunst Macht zu schaffen“, also so etwas wie ein langfristiger Plan. Ein Plan, der bei sogenannten Revolutionären also darauf hinauslaufen soll, dass das Proletariat die politische Macht erobert. Doch all diese Taktiken, von denen ständig die Rede ist, entbehren jeglicher Strategie solcher Art. Ihre kurzfristigen Ziele sind Facebooklikes und Reichweite, Aufmerksamkeit und den Bekanntheitsgrad zu steigern. Das langfristigste Ziel sind Wahlsiege und – je nach Grad des Rechtsopportunismus – Ministerposten.
Niemand konnte jemals glaubwürdig erklären, wie all die Lügen und all das Geschacher eine reale Veränderung hin zum Kampf um die politische Macht erwirken können.
Mir war klar, ich musste etwas ändern. Wenn ich mit Jugendlichen im Viertel zu tun hatte, die längst jedes Vertrauen in die bürgerliche Demokratie verloren hatten, reden und sie für die Wahlen agitieren sollte, merkte ich, wie widersprüchlich meine „Taktik“ war. Die Massen meines Viertels hatten mich links überholt. Während ich versuchte Gründe dafür darzulegen die Linkspartei zu wählen, erklärten mir die Jugendlichen, dass sie einfach kämpfen wollten und es ihnen egal sei wer sie da oben gerade verarscht. Es war absurd.
Als Reaktion auf diese Widersprüche, die sich während des Bundestagswahlkampfs in Bochum aufgetan hatten, fing ich an mich auf die Suche nach der revolutionären Bewegung zu machen. Ich traf Marxisten aus verschiedensten Organisationen und Parteien, ich führte Diskussionen im Internet, ich las einiges an marxistischer Theorie und versuchte es mal konkret auf meine Situation anzuwenden. Die Essenz, die ich aus den Debatten zog, brachte mich zum Nachdenken über die Positionen meiner Genossen:
War es wirklich das, was Lenin als „Linksradikalismus“ bezeichnet hatte, wenn Kommunisten sich ausserhalb der Linkspartei organisieren? Sowieso, woraus resultierte diese panische Angst vor dem Gespenst des „linken Radikalismus“, bei diesen sogenannten Revolutionären in der Linkspartei? Es ist doch irgendwie absurd: Ist das größte Hindernis für das Gelingen der Revolution in Deutschland die individualterroristische Herangehensweise isolierter Verbände? Ist das Problem unserer Zeit, dass es zu viele kopflose Abenteurer gibt, die in ihrem blinden Hass den Staat auf dilettantische Art und Weise angreifen? Nein.
Das Problem ist doch viel mehr, dass nicht gekämpft wird. Dass ein Warnstreik mit der Trillerpfeife, bei dem der Ausgang für Chefetage und Gewerkschaftsvorstand vorher schon klar ist, von diesen Leuten in den Himmel gelobt wird, während sie jede Form der spontanen Gewalt verteufeln und verurteilen. Sie haben Angst vor den Massen in Rage. Sie haben Angst vor der Revolution und sie spielen den Puffer zwischen Staat und Volk, wenn sie jede militante Aktion aus dem Volk verurteilen. Sie sind damit ein Teil des Problems und kein Teil der Lösung. Um auf meinen Punkt zurück zu kommen. Das Problem unser Zeit ist nicht der linke Radikalismus, sondern der rechte Opportunismus. Es wird nicht zu viel gekämpft, sondern zu wenig. In der Praxis hat man wütende Menschen besänftigt anstatt sie anzuführen und zur Tat zu schreiten.
Als ich mich dieses Jahr auf der LLL Demonstration befand, fühlte ich mich nicht mehr an die „Taktik“ der Linkspartei Funktionäre gebunden den Massen gegenüber beschwichtigend und politikermässig aufzutreten. Als ich sah wie die kurdischen Genossen von den Bullen aus der Demonstration herausgezogen und malträtiert wurden, setzte ich kurze Zeit danach einen Post auf Facebook ab, der meine Wut und meinen Hass zum Ausdruck brachte. Mir war klar, es würde Konsequenzen seitens der Parteibürokratie geben, aber es war mir egal geworden.
Ich bin damals in die Linkspartei eingetreten um zum Proletariat zu gehen. Das Proletariat hab ich in Langendreer West gefunden und nicht in der Linkspartei.
Ich wollte die PdL als Werkzeug für die Revolution benutzen. Die PdL hat meine revolutionäre Energie als Werkzeug für Wählerstimmen benutzt.
Die Revolution war für mich ein spontaner Aufstand der zu Bewusstsein gekommenen Massen. Ich weiß heute, die Revolution ist der Kampf des Proletariats um die politische Macht. Dieser Kampf wird militärisch geführt und braucht entsprechende Werkzeuge. Es gibt das schwammige Gelaber der reformistischen Politiker und ihrer pseudorevolutionären Helfer, die unsere Sehnsucht und unseren Hass missbrauchen. Sie sprechen vom Aufstand und dem richtigen Zeitpunkt in vielleicht 5000 Jahren, ohne eine konkrete Strategie zu haben. Und es gibt den langandauernden Volkskrieg als einzige Strategie, die konkret ist und die Aufgabe die Revolution zu machen annimmt und nicht vor sich wegschiebt. Niemand der sogenannten „Kommunisten“ in der Linkspartei bereitet sich darauf vor, oder arbeitet darauf hin.
Die Revolution ist kein schwammiger Begriff am Firmament, mit dessen Benutzung sich die Politiker der Sozialdemokratie radikal fühlen dürfen. Die Revolution ist etwas ganz greifbares und konkretes. Sie stellt uns vor ganz reelle und unbequeme Aufgaben. Die Revolution diktiert uns den Kampf um die politische Macht. Sie hat uns durch die Geschichte hindurch die Ideologie des Proletariats in die Hände gegeben um diese Welt „nicht nur zu interpretieren, sondern zu verändern“. Diese Ideologie heißt heute Marxismus Leninismus Maoismus. Sie lehrt uns, dass das Proletariat siegt, wenn es kämpft, unter Führung seiner Partei, welche eine militarisierte Kriegsmaschine und Kaderpartei ist und kein Wahlverein.
Die Ideologie des Proletariats gibt uns keine komfortablen Antworten und es ist ihr egal ob die Revolution in die Lebensentwürfe und Karrieren meiner ehemaligen Parteigenossen passt. Sie setzt uns die Politik als Befehl. Diese Politik bedeutet für uns hier in Deutschland aktuell dem Wiederaufbau einer wahren kommunistischen Partei zu dienen, damit wir wieder ein Hirn und ein Herz haben.
Meine Arbeit in den Massen bestätigt: Die Massen dürsten nach Führung und Macht und nicht nach demokratischer Vertretung. Diese kommunistische Partei wird dann hier in Deutschland dem BRD Imperialismus den Dolch ins Herz rammen und diesen Staat, mit all seinen Verteidigern und Helfern, wie rot sie sich auch lackieren mögen, dorthin werfen wo er hingehört: Auf den Müllhaufen der Geschichte. Das ist die aktuell anstehende Aufgabe. Ihr will ich mich zukünftig widmen.
An die ehrlichen Herzen, die noch in der Linkspartei sind, behaftet mit denselben Illusionen wie ich in den letzten Jahren:
1. Man kann in dieser Partei nicht einfach „sein Ding machen“. Alles was man macht, jede Stunde Arbeit, jedes bisschen Kraft das man investiert, macht man im Endeffekt für die Linkspartei.
2. Die Arbeit in der Linkspartei läuft nicht auf die Gründung einer kommunistischen Partei hinaus, sondern geht ihr entgegen. Der Reformismus spielt mit den Hoffnungen und dem Zorn der Massen.
3. Wer in der Linkspartei arbeitet, verarscht das Proletariat und bindet es an dieses System. Ob er will oder nicht. Ich fordere euch auf es mir gleich zu tun, diese Partei zu verlassen und euch der revolutionären Bewegung anzuschließen.
Tretet in Kontakt mit den richtigen proletarischen Revolutionären und werdet aktiv in eurer Stadt. Studiert die Ideologie des Proletariats und überlegt euch wie ihr an der Hauptaufgabe, dem Wiederaufbau der Kommunistischen Partei Deutschlands mitarbeiten könnt.
Ich glaube nicht, dass mein Austritt eine Welle des Massenaustritts mit sich bringen wird und ich weiß, dass meine Feinde sich darüber freuen. Aber ich weiß auch, dass der Sieg der Revolution ein geschichtliches Gesetz ist. Ich weiß, dass die politische Überlegenheit meiner Gegner daraus resultiert, dass sie mit diesem Staat verknüpft sind. Doch ich stelle meine Arbeit in den Dienst der wütenden und desillusionierten Volksmassen. Lassen wir die Zeit entscheiden, wer am Ende gewinnt.
Wehrt euch und kämpft!
Für die Rekonstitution der KPD!
Nieder mit der Linkspartei und allen Illusionen!“
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