Karl-Heinz-Schulze
Stalin und Gorbatschow historisch betrachtet
Mit uns zog die neue Zeit
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10 Jahre nach 1945 wurde eine neue Generation deutscher Menschen geboren. Unsere Eltern waren die Kriegskinder von Hitlers letztem Aufgebot. Unsere Eltern waren durch den Faschismus und seiner Propaganda geprägt. Sie erlebten noch den Bau der sogenannten Hitlersiedlungen in vielen Städten und dass es vielen Arbeitern besser als vor der großen Krise ging. Es ist glaubhaft das viele von ihnen nicht die Greul der -industriemäßigen Vernichtung der Andersdenkenden kannten. Sie waren Kinder in ihrer Zeit, so wie wir Kinder in unserer Zeit waren. In dieser Zeit werden und werden Kinder für ein Leben lang geprägt.
Für Viele des letzten Aufgebotes war die Niederlage des faschistischen Deutschlands auch eine persönliche Tragödie. Im Osten von Deutschland, der sowjetischen Besatzungszone, musste eine Polarisierung der gesellschaftlichen Sichtweisen auch neue Widersprüche aufbrechen lassen. Da das Ansehen des Sozialismus zu diesem Zeitpunkt recht hoch war, wollten sich gerade die damals inzwischen Jugendlichen aktiv beim Aufbau der Neuen Zeit einbringen. Ich erinnere an die „Hennicke-Bewegung“, „Max-braucht-Wasser“ oder das Klamotten (Steine) sammeln für den Rostocker Überseehafen. Diese Aufbruchstimmung hatte tatsächlich die bewusste Initiative auch vieler Jugendlichen ergriffen.
Jedoch 1956 überschlugen sich viele Dinge im gespaltenen Deutschland. Im Westen wurde die KPD verboten und die Remilitarisierung begann. Im Osten musste man aus eigener Kraft viele der zerstörten Städte und Industrieanlagen wieder aufbauen. Dann kam der XX. Parteitag der KPdSU welcher wieder alles über den Haufen warf.
Erneute Verunsicherung und Fragestellungen wie es mit den Sozialismus weitergehen soll?
Wir wissen um die vielen Probleme, Ungereimtheiten und Verdrehungen aus dieser Zeit in welcher nun meine Generation geboren und aufgewachsen war.
In der Schule war Stalin inzwischen ein Tabu, die Staatsgrenze wurde inzwischen militärisch anders gesichert und wer keine Westtante hatte war irgendwie auch an geschissen. Funktionärskinder hatten oft das was wir nicht hatten. Angefangen vom Westkaugummi bis hin zur Jeans und Filzstiften welche es bei uns noch nicht gab. So wurden gesellschaftliche Konflikte auf uns Kinder wirksam übertragen.
Schließlich begeisterten die X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin auch einen großen Teil meiner Generation welche inzwischen als Jungfacharbeiter in die Produktion und anderen gesellschaftlich notwendige Arbeiten und Tätigkeiten eingezogen war. Ja, die DDR war unser Staat und wir waren stolz auf das erreichte.
Jedoch es kamen auch bald die ersten Brüche und Fragen über das Wohin und wie weiter? Aus vielen Aktivisten wurden mit den Jahren Bremser, Schönredner und selbstgefällige Mitwanderer.
Dann kam das gottverdammte Jahr 1989 welches alles in Frage und auf den Kopf stellte. Jeder wusste, so kann es nicht weitergehen. Es musste sich etwas ändern damit der Sozialismus seine Lebenskraft neu entfalten konnte. Die inneren und äußeren Widersprüche erforderten eine revolutionäre, aber keine konterrevolutionäre Lösung.
Ich für meine Person lernte in dieser Situation Stalin neu kennen und bekam dadurch Antworten auf viele meiner Fragen. Antworten auf das: Warum konnte dies passieren?
Warum war der Gorbatschow der Lieblingskommunist der äußerst reaktionären Kräfte des Kapitals geworden und ausgerechnet Stalin der Hitler das Genick zum größten Verbrecher sogar vor Hitler auserkoren worden? Mein Klasseninstinkt ließ mich gesellschaftlich und politisch aktiv bleiben, wo andere kapituliert hatten und scharenweise zum Klassenfeind überliefen.
Seit vielen, vielen Jahren bin ich nun schon aktiv beim Neuaufbau der revolutionären Bewegung, weil es notwendig ist einen neuen welthistorischen Anlauf des Sozialismus zum Erhalt der Menschheit und des Lebens vorzubereiten. Dieser Aufgabe müssen sich heute alle Revolutionäre der Welt gemeinsam stellen, darin sehe ich auch meine Aufgabe. Sozialismus bedeutet für mich auch an die Zukunft zu denken und zu lernen.
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Über den Autor: Karl-Heinz Schulze, geboren 1955 in Burg bei Magdeburg, lebt heute in Sassnitz auf der Insel Rügen. Mit 15 Jahren Mitglied des FDGB, mit 21 Mitglied der SED. Gesellschaftlich immer aktiv, arbeitete sein halbes Leben lang bei den Städtischen Gewächshäusern Magdeburg als Gärtner für Tropenpflanzen, verdiente sein Brot auch als Fliesenleger, Bürokaufmann und bei der NVA. Sein Lebensmotto lautet: „Lieber aufrecht durch das Leben gehen als kniend zu sterben oder wie eine Schnecke den Herrschaften zu Füße kriechen“. Er kandidierte im September 2017 als Direktkandidat der MLPD für den Deutschen Bundestag.