Fiete Jensen

17. Juni 1953

Konterrevolutionärer Putschversuch gescheitert – die Kluft zur Arbeiterklasse vergrößert
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Fiete Jensen

Am 17. Juni 1953 wurde in der DDR sichtbar, dass sich die Kluft zwischen der SED und der Regierung einerseits und den werktätigen Massen andererseits vergrößert hatte. Der 17. Juni war zwar, wie aus seiner Durchführung, seinen Zielen und seiner Planmäßigkeit eindeutig hervorging, ein von den Imperialisten und ihren Agenten gelenkter konterrevolutionärer Putschversuch. Aber er hätte niemals seine relative Breite auch im Proletariat erreichen können, wenn er nicht auf die Unzufriedenheit großer Teile der Werktätigen gestoßen wäre, die sahen, dass, während sie aufopferungsvoll, unter Entbehrungen und voller Elan den Sozialismus aufgebaut hatten, sich eine neue bevorzugte Schicht herausgebildet hatte. Ein Teil der höheren Partei- und Staatsfunktionäre, bürgerliche Spezialisten und Intellektuelle genossen zunehmende Privilegien, während für das werktätige Volk die Normen erhöht wurden.

Demonstration am 17. Juni 1953, Ort unbekannt

Gegen den Widerstand der Marxisten-Leninisten in der SED, die nach dem 17. Juni verstärkt forderten, Kritik und Selbstkritik zu entfalten, das Steuer herumzureißen und die Volksmassen gegen den Imperialismus und für die Verteidigung des Sozialismus zu mobilisieren, hielt die Ulbricht-Clique am revisionistischen Kurs fest, administrierte und dekreditierte weiter, blockte berechtigte Kritik von unten ab. Die hohen Lohnunterschiede wurden nicht abgebaut, sondern vergrößert, die Politik des materiellen Anreizes verstärkt, Bürokratie und Korruption wurden nicht nur weiterhin geduldet, sondern dehnten sich aus. Krasser Ausdruck dieser Politik war die Erklärung der Ulbricht- Administration nach dem 17. Juni, „das Volk habe das Vertrauen der Regierung verloren“. Der konterrevolutionäre Putsch der Chruschtschow-Clique 1956 in der Sowjetunion beschleunigte die Entartung in der DDR. Jetzt kamen die vorher noch versteckten revisionistischen Tendenzen an die Oberfläche. In der Zeit danach übernahm Ulbricht voll und ganz die konterrevolutionären Thesen des Chruschtschow-Revisionismus. Wie Chruschtschow propagierte Ulbricht die Theorie des „friedlichen Wettbewerbs“, das wirtschaftliche Ein- und Überholen der Bundesrepublik in wenigen Jahren, die Theorie der Produktivkräfte, nach der nicht der Klassenkampf, sondern nur die Steigerung der Produktion durch technischen Fortschritt das Hauptkettenglied beim Aufbau des Sozialismus sein soll. Wie Chruschtschow propagierte Ulbricht den Gulaschkommunismus, nach dem nicht die Frage, welche Klasse die Diktatur ausübt, sondern nur die Menge der zur individuellen Konsumtion zur Verfügung stehenden Waren das entscheidende Kriterium für die sozialistische Entwicklung sein soll.

Diese Erkenntnisse beweisen das die revisionistische Entartung der SED schon lange vor 1953 begonnen hat was heute von sehr vielen  Kommunisten bestritten wird. Deshalb werde ich in Kürze versuchen näher darauf ein zu gehen und mit einer kleinen Reihe von Beiträgen unter dem Haupttitel »Sozialismus geht anders« die Erkenntnisse und Standpunkte der revolutionären Marxisten-Leninisten in Deutschland zu erläutern. Meinen aufrichtigen Dank gilt dabei den Magdeburger Genossen, die für jeden verständlich zusammengefasst und formuliert haben, was wir uns in Jahren erarbeitet haben und was ich denke.
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Heute möchte ich Euch einen sehr interessanten und spannenden Bericht der Genossin Waltraud Aust vorstellen, der sich mit den Vorgängen am 17. Juni 1953 in Berlin befasst. (Quelle: »Kommunistische Hefte”, theoretisches Organ der KPD 1983).

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Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt

Der 17. Juni 1953 aus der Sicht einer Kommunistin
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„Schreib‘ uns Deine Erlebnisse vom 17. Juni und wie es dazu kam, Du warst doch damals dabei“, bat mich der Redakteur der `Kommunistischen Hefte‘. – Ja, wie war die Lage damals konkret? Am 17. Juni und davor? In Jena, Ostberlin, in Magdeburg, Leuna oder Bitterfeld? Was waren die Ursachen dafür, dass sich in diesen Städten und in vielen anderen Orten der DDR zwar nicht die Masse, doch immerhin über 300.000 von fünf Millionen Arbeitern und Angestellten an den Streiks, Aktionen und Protestdemonstrationen beteiligten? – Ich lebte damals in Ostberlin, war 18 Jahre alt und politisch in der DDR erzogen worden, in den Jungen Pionieren, der FDJ, der Volkspolizei, der SED. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, möchte ich versuchen, anhand eigener Erlebnisse in Ostberlin die Situation von damals, vor und während des 17. Juni zu schildern.
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Die äußere Situation
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Wie sah es damals aus in der DDR, als sie noch ein sozialistischer Staat war, auf den sich die Hoffnungen und Blicke nicht nur der Werktätigen in Westdeutschland, sondern ganz Europas richteten? Das Eigentum der Kriegsverbrecher war beschlagnahmt worden, die Monopole restlos beseitigt. Die Verkehrsmittel, die Banken, 70 Prozent der Industrie waren vergesellschaftet. Die Bodenreform begann schon im Herbst 1946. An die 7. 000 Güter und 3. 000 Besitzungen wurden enteignet. 2 Millionen Hektar Land wurden an über 500. 000 landlose und landarme Bauern verteilt und 1. 000 volkseigene Güter geschaffen. – Das alles waren Maßnahmen, die noch im Potsdamer Abkommen beschlossen waren und ein guter Start für den Aufbau des Sozialismus. Die spalterische Politik der amerikanischen und britischen Besatzungsmächte, die im September 1949 die Bonner Republik ausriefen, führte im Oktober 1949 zur Gründung der DDR. Dieser Schritt wurde von vielen Menschen begrüßt. Es war ein neuer Anfang in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, dass erstmals die Arbeiter die Macht hatten.

Die Jahre nach dem Krieg waren harte Jahre für die DDR. Die vor der Roten Armee zurückweichenden Faschisten hatten Industrieanlagen, Verkehrswege und Werke zerstört. Die Amerikaner warfen angesichts des Vormarsches der Roten Armee auf Leuna und andere Betriebe ihre Bomben. Die Imperialisten hatten Industrieanlagen, Unterlagen und selbst Personal aus der DDR nach Westen verlagert. Ein schwerer Schlag für die DDR, die keine eigene Schwerindustrie besaß, war es, dass die Imperialisten das Ruhrgebiet und das Saarland von der DDR abschnitten. Aus den Trümmern, aus dem Stand Null musste die DDR die Betriebe aufbauen. Und nicht nur die Betriebe. Viele kommunale Probleme mussten gelöst werden, die Schulen, die Behörden und Verwaltungen, alles musste wieder in die Gänge kommen. Doch wer konnte leiten, lehren, planen, organisieren? Eigene, in sozialistischer Planwirtschaft ausgebildete Fachkräfte gab es noch nicht. Die DDR musste sich in erster Linie auf die vorhandene bürgerliche technische Intelligenz stützen. Politisch war die Führung ebenso schwierig. Nur wenige Kommunisten und revolutionäre Sozialdemokraten waren der faschistischen Verfolgung entkommen. Die meisten Kader der KPD und SPD hatten die Nazis in Konzentrationslagern und Gefängnissen ermordet. So mussten viele andere fortschrittliche Menschen Aufgaben übernehmen, auch wenn sie nicht ideologisch geschult oder noch sehr jung waren. In vielen Positionen wurden auch sogenannte Antifaschüler eingesetzt. Das waren ehemalige deutsche Soldaten, die in der sowjetischen Kriegsgefangenschaft antifaschistische Schulen besucht hatten. Die meisten allerdings hatten sich nicht aus Überzeugung zu dieser antifaschistischen Schulung gemeldet, sondern aus opportunistischen Gründen, einfach, um durch die Teilnahme nicht arbeiten zu müssen, um mehr Essen zu erhalten, um früher entlassen zu werden. Nicht wenige dieser Antifaschüler wurden später in ihren Funktionen schnell zu Karrieristen und Bonzen.

Anstich in der Maxhütte

Sofort, nach der Teilung Deutschlands durch die Westmächte wurde in der Nähe von Frankfurt/Oder das Hüttenwerk J. W. Stalin errichtet. Der erste Hochofen wurde 1951 angeblasen. Im gleichen Jahr entstand das Eisenhüttenwerk West an der Saale. In Stralsund, Wismar und Warnemünde wurden große Werften erbaut. Neue Walzstraßen in Riesa, Hennigsdorf, der Maxhütte. Die Textil- und Leichtindustrie wurde wieder aufgebaut, der Braunkohlenabbau wiederaufgenommen. Trotz der vielen Engpässe, die es überall gab, trotz der schlechten Ernährungslage – die Rationen auf den Lebensmittelkarten waren so knapp bemessen, dass für 1 1/2 Millionen Betriebsarbeiter täglich ein zusätzliches Mittagessen ausgegeben werden musste -, ging es aufwärts. Und große Teile der Bevölkerung nahmen mit Schwung am Aufbau teil, und auch am politischen Leben. Der erste deutsche Volkskongress Ende 1947, der unter der Losung „Für Einheit und gerechten Frieden“ stattfand und die anschließende Volkskongressbewegung erfassten fast die gesamte Bevölkerung. In den Betrieben, Städten und Dörfern der sowjetischen Besatzungszone wurden ständige Komitees der Volkskongressbewegung gebildet. Die Mitarbeit in diesen Komitees, die Diskussionen in den Versammlungen und die Teilnahmen waren rege und lebendig. Ich erinnere mich an Gespräche im Elternhaus und in der Nachbarschaft, wo man positiv über die neue Entwicklung diskutierte, obwohl man kurz nach Kriegsende noch sehr skeptisch war. Kampagnen und Ereignisse wurden von der Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen.

Eine gewaltige Leistung anlässlich der Weltfestspiele der Jugend und Studenten 1951 war zum Beispiel die Unterbringung und Versorgung der rund 2 Millionen Gäste in Ostberlin. Hier zeigte sich besonders anschaulich die damals noch vorhandene breite Solidarisierung der Ostberliner Bevölkerung mit ihrem sozialistischen Staat. Hunderttausende nahmen trotz zumeist eigener beengter Wohnverhältnisse die jungen Gäste auf. Auch an politischen Kampagnen beteiligte sich die Bevölkerung aktiv, so am Kampf um den Abschluss eines Friedensvertrages mit Deutschland. Das war äußerst günstig für die junge DDR, denn immerhin hatte das Volk ja keine Revolution gemacht, sondern war befreit worden. Wie konnte es also kommen, dass zwei Jahre später, am 17. Juni 1953, wenigstens ein Teil derer, die damals noch für den Aufbau des Sozialismus waren, sich von der Konterrevolution missbrauchen ließen?
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Berlin
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Den 17. Juni muss man im Zusammenhang mit der besonderen Situation in Berlin sehen. Berlin, eine Stadt, aufgeteilt von den Besatzungsmächten in vier Sektoren, den englischen, den französischen, den amerikanischen und den sowjetischen. Besetzt von den jeweiligen Truppen. Eine Stadt also, in der in den drei Westsektoren, in Westberlin, die kapitalistischen Interessenvertreter – eng verbunden mit den Konzernherren, Großgrundbesitzern und Monopolisten, die sich kurz vor Kriegsende nach Westdeutschland abgesetzt hatten – herrschten. Und auf der anderen Seite, in Ostberlin unter sowjetischer Verwaltung, die Arbeiterklasse, die Werktätigen, selbständig und unter den schwierigsten Bedingungen, großen Entbehrungen und Opfer den Sozialismus aufbauend. Vom ersten Tag nach der Niederlage des Faschismus an arbeiteten die Interessenvertreter der Großgrundbesitzer und Konzernherren – wie beispielsweise in Westdeutschland Adenauer, Kaiser und Blank – darauf hin, die volkseigenen Betriebe und den enteigneten Boden der Großgrundbesitzer in der DDR wieder in ihren Besitz zu bekommen. Dazu schien ihnen Ostberlin als Hebel geeignet zu sein. Denn man konnte leicht, ungehindert und zu jeder Zeit aus dem amerikanischen, französischen oder englischen Sektor in den sowjetischen Sektor, also nach Ostberlin fahren oder gehen. Es gab keine „Mauer“, Passierscheine brauchte man nicht. Eine Ausweiskontrolle fand nur ab und zu statt. Der kontinuierliche Wiederaufbau der Betriebe, der Landwirtschaft, die Erfolge im Aufbau einer eigenen Schwerindustrie und andere positive Entwicklungen waren den Imperialisten im Westen ein Dorn im Auge. Den Zweijahresplan hatte die DDR-Bevölkerung vorfristig erfüllt. Nun ging es an den ersten Fünfjahrplan, der von 1951 bis 1955 eine enorme Weiterentwicklung auf allen Ebenen bringen sollte. So wie der zweite Fünfjahresplan der Sowjetunion 1929 den Imperialismus zum Zittern und die Börse in New York sogar mit zum Krachen brachte, so fuhr nun der erste Fünfjahresplan der DDR den Imperialisten im Westen in die Knochen. Von nun an hieß es, verstärkt den Aufbau der DDR zu stören. Ein sozialistisches Land durften sie nicht dulden. Dazu benutzten sie Westberlin.

Durch angeworbene Agenten und Provokateure, „Rias“ -Hetze und -Lügen, Bestechung und Korruption, versuchte man von Westberlin aus Stimmung unter der Ostberliner Bevölkerung zu machen und Einfluss zu gewinnen. Hatten die diversen von Bonn ausgehaltenen Geheimdienste und Agentenorganisationen Ostberliner Bürger für ihre Zwecke gewonnen, so schickten sie diese, die ja ohne besondere Genehmigung von Ostberlin aus in die DDR einreisen konnten, nach Mecklenburg, Sachsen, usw., um hier Wühlarbeit gegen die DDR und den Aufbau des Sozialismus zu betreiben. Aber es gab auch noch andere Schwierigkeiten. Da war einmal das große Problem des sogenannten Schwindelkurses, Westgeld wurde 1 zu 5, 1 zu 6, 1 zu 7, ja zeitweise 1 zu 8 gegen Ostgeld umgetauscht. Nicht wenige Ostberliner arbeiteten damals legal in Westberlin, erhielten einen Teil ihres Lohnes in Ostmark und einen Teil in Westmark. Das Westgeld wurde zum jeweiligen Kurs umgetauscht, und man lebte in Ostberlin gut davon. Lehrstellen waren in Ostberlin damals noch rar, auch in Westberlin. Aber Ostberliner Jungen und Mädchen wurden in Westberlin bevorzugt als Lehrlinge eingestellt. Andere Ostberliner arbeiteten am Wochenende schwarz in Westberlin. Dies waren in erster Linie Facharbeiter, die dort benötigt wurden. Auch viele Westberliner tauschten ihr Geld in Ostgeld um, fuhren nach Ostberlin und kauften dort, was sie ohne Lebensmittelkarten erhielten. Viele Familien in Ostberlin, besonders in den Randgebieten, hatten Hühner und Kleinvieh. Eier und auch nicht selten Kaninchen wurden auf Westberliner Märkten für Westgeld verkauft, dieses dann umgetauscht, und zurück ging es nach Ostberlin. Und nicht nur dies. Im Herbst 1952 wurden zum Beispiel im Bezirk Köpenick zentnerweise Fleisch- und Wurstwaren bei einer Ostberliner Familie beschlagnahmt, die aus mecklenburger Bauernhöfen stammten und in Westberlin verscheuert werden sollten. Und das war nur ein Fall von vielen. Westberlin galt als das Schaufenster des Westens. Viele Waren waren wesentlich billiger als in Westdeutschland. Der Preisunterschied wurde durch die Steuern der westdeutschen Werktätigen getragen. Um an Westgeld ran zukommen, gingen einige verbrecherische Elemente sogar soweit, von öffentlichen Einrichtungen in Ostberlin Kupfer und andere brauchbare Metalle zu stehlen und ebenfalls nach Westberlin zu verscheuern. Sabotageakte und Diebstähle in den volkseigenen Betrieben nahmen ab 1951 im erheblichen Maße zu.
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Agenten und Provokateure
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Parallel zu solchen und ähnlichen Schiebereien, die die Ostberliner und darüber hinaus die gesamte DDR-Wirtschaft erheblich schwächten, kam die organisierte Hetze durch den Rias (Rundfunk im amerikanischen Sektor) und die durch den amerikanischen CIA und andere Agentenorganisationen massenhaft verbreiteten Hetzbroschüren und Flugblätter, die zur Sabotage gegen die DDR Wirtschaft, zum Sturz der Regierung aufriefen und antikommunistische Hetze verbreiteten. Axel Springer war schon damals, wenn auch noch in den Anfängen, kein Verleger im üblichen Sinne. Sein fester Platz im Zeitungs- und Zeitschriftenwesen war ihm durch die Bourgeoisie zugewiesen: Hetze, Lüge, Verleumdung des Kommunismus, brutal, primitiv, zügellos. Die persönliche und direkte Anwerbung von Agenten und Provokateuren spielte ebenfalls eine große Rolle. Solche Anwerbungen wurden besonders unter den Jugendlichen versucht. In den Ostberliner Tanzlokalen und Restaurants hielten sich haufenweise Westberliner Agenten auf. Es wurden hier kostenlos Karten für Kinoveranstaltungen in Westberlin verschenkt oder Einladungen für andere Vergnügen in Westberlin, die zu besuchen Jugendliche, waren sie noch Lehrlinge und verfügten sie über wenig Geld, nicht abgeneigt waren, natürlich wurde nicht jeder Agent oder Spion, aber es war ein Weg, leichter an empfängliche Personen heranzukommen und andere unsicher zu machen. Eine andere wesentliche Methode der Anwerbung von Agenten war die der amerikanischen „Lebensmittelhilfe“. Das waren die sogenannten Care-Pakete. Hier erhielten Ostberliner per Post oder auch persönlich in den Briefkasten gesteckt, die Mitteilung, sich dort und dort in Westberlin ein Lebensmittelpaket abzuholen. Die meisten taten dies, schon wegen der Luxus-Artikel wie Kaffee, Schokolade, die damals in der DDR neben der allgemeinen Lebensmittelknappheit gar nicht zu kaufen waren. Und man brauchte ja keine Weltreise zu machen. Für 20 Pfennig Fahrgeld ein paar U-Bahn-Stationen bis nach Westberlin, dafür dann umsonst ein Paket mit Lebensmitteln, Kaffee und Schokolade und sicher Zigaretten. Das lohnte sich. Nur wenige sehen, dass hiermit eine Agentenwerbung verbunden war. Und auch hier pickte man sich natürlich nur einige, nutzbare Elemente heraus.

Es kam dem amerikanischen CIA auch darauf an, mit diesen Paket-Aktionen Stimmung gegen die DDR-Regierung zu machen. So sollte zum Beispiel die Jugend mit Care-Paketen von ihrem Pfingsttreffen 1950 abgehalten werden. Am 27. Mai 1950 veröffentlichte das offizielle Blatt der amerikanischen Militärverwaltung in Westberlin, „Neue Zeitung“, folgende Meldung: „New York (DPA). Alle Amerikaner werden aufgefordert, noch heute insgesamt 100 000 Dollar zu spenden, damit die Hilfsorganisation (gemeint ist die Care-Organisation) dem Berliner Oberbürgermeister Prof. Ernst Reuter noch vor dem FDJ-Pfingstaufmarsch über den Erfolg berichten kann.“

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Über den Autor: Fiete Jensen, Tischler, Kommunist in der Roten Garde und der KPD/ML (KPD), Jugendvertreter, Betriebsrat, Werftarbeiter, Berufs-Verbotener, Zwangsselbständiger, leitender Mitarbeiter in der linken außerschulische Jugendbildung, Redakteur und Webdesigner ist heute im Vorruhestand und fordert Andere mit seinen Texten und Aktionen immer wieder aus der Reserve.

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