Nico Diener

Seenot

Ein erschütterner Text von Ella Schwarz
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Nico Diener

Anlässlich des 12. Dean-Reed-Festivals, in Leipzig, im September 2019, hatte ich die Gelegenheit, die Liedermacherin Ella Schwarz, näher kennen und schätzen zu lernen. Ihr Konzert, was über zwei Stunden andauerte, beinhaltete nicht nur ihre erschütternden und liebevollen Songs, sondern auch ein Gedicht, das es wert ist an dieser Stelle einmal gesondert vorgestellt zu werden.

Seenot“ beschreibt die Situationen der Ärmsten der Ärmsten in allergrößter Not und soll uns alle wachrütteln, dem bewusst einkalkulierten Mord an Flüchtlingen, die bei uns Schutz suchen entgegenzutreten. Ich fragte Ella nach der Entstehung des Textes und erfuhr:

Nico: Dein Gedicht „Seenot“ hat uns alle sehr nachdenklich gestimmt. Du hast im Konzert schon kurz angesprochen, das es in einer Zeit entstanden ist, in der Du selber von den Ereignissen auf dem Mittelmeer überrascht wurdest. Wie kam es dazu?

Ella: Was heißt überrascht. Erschüttert trifft es eher. Es überrascht mich traurigerweise nicht, dass Menschen qualvoll sterben müssen. Es ist ja schließlich die Realität. Es erschüttert mich viel mehr. Jedes mal aufs Neue.

Als ich vor einiger Zeit einen Bericht über die immer schlimmer werdenden Zustände im Mittelmeer, dem politischen Versagen und der Festnahme von Carola Rakete las, war das Gefühl in mir so verletzend, dass ich es jetzt nicht in Worte fassen könnte. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie verletzt und hängengelassen sich all die Menschen da draußen fühlen müssen.

Ich habe mich an diesem Tag zurückgezogen und darüber nachgedacht. Während ich mich zur gleichen Zeit betroffen, wütend, traurig und hilflos gefühlt habe, schrieb ich diesen Text. Ich konnte diese unwürdigen Ungerechtigkeiten nicht hinnehmen und schrieb meine Frustration auf ein Blatt Papier.

Nico: Zwischenzeitlich hast Du den Text aufgenommen und Wolfgang Pasa hat ein eindrucksvolles Video daraus gemacht. Welche Pläne hast Du für die Zukunft?

Ella: Pläne und Ziele habe ich im Einzelnen sehr viele. Im Großen und Ganzen möchte ich Menschen in meine Gedankenwelt einladen. Oft denken wir gute Dinge, die viel bewegen könnten. Es gibt viele großartige Menschen auf dieser Welt, die ihre Gedanken auf individuelle Art und Weise umsetzen und somit etwas bewegen. Menschen, die sich miteinander verbinden. Damals wie heute. Ich fühle mich von diesem Fakt dazu inspiriert, meine Gedanken einzufangen und hoffe, dass sie andere Menschen bewegen, vielleicht auch inspirieren und sie gestärkt werden. Eine Traumvorstellung wäre natürlich eine friedliche Revolution.

Nico: Vielen Dank für dieses kleine Interview Ella. Wir wünschen Dir weiterhin so viel Kraft und Kreativität wie wir es von Dir kennen. ElCantor und AmericanRebel werden helfen deine Songs und Texte zu verbreiten, damit immer mehr Menschen ein Licht aufgeht.

……………..Seenot

Liedtext »

Ich sehe das du traurig bist,
Doch weiß ich nicht warum.
Ich frage dich wo Papa ist,
Doch lächelst du nur stumm.

Mama kannst du mir erklären,
Warum er bluten muss und weint?
Warum wir unsrem Heim den Rücken kehrn
Und die Sonne weiter scheint?

Das Kind folgt seiner Mutter
Still, doch kreidebleich.
Unzählig viele Menschen
Soweit das Auge reicht.

Sie steigen in das Boot,
Mit letzter Kraft und Mut
Die Mutter hält das Mädchen fest,
,,Schatz jetzt wird alles gut“

Die Kapitänin fromm und stark
Sitzt scheinbar schon im Knast
Das Mittelmeer gleicht einem Sarg
Weil Rettung nicht ins Raster passt

Was ist das für ne kranke Welt
In der man Kopf und Herz verliert
In der man Habgier über Leben stellt
Weil’s die Regierung nicht tangiert

Seit Wochen voller Leid und Qual
Stecken sie hier fest
Weil kein Friedensnobelpreis
Menschen flüchten lässt

100te von Menschen
Das Kind nun ganz allein
Denn die liebe Mutter
Schlief für immer ein.

Obwohl der Atem langsam still steht
Könn wir echt verdammt gut schlafen.
Während sich Krawatte nochmal umdreht
Verlassen Boote nicht den Hafen

Erreichen Boote nicht den Hafen
Artikel 3 wird Schall und Rauch
Weil Monster die Entscheidung trafen
Doch die Wähler leider auch.

Menschenleben stecken bis zum Hals im Wasser
Menschenrechte werden langsam immer blasser
Ein Mensch verliert sein Leben
Als Teil der blanken Reihen

Menschen verliern ihr Leben
Und tausend Kinder schrein.
Auf unserem Marktplatz steht ein Boot
Steht als Symbol für diese Welt

Steht dort für Trauma, Angst und Tod
Steht im Kontrast zu Krieg und Geld
An diesem Boot da hängen Namen
Als Symbol für dich und mich

Für Menschen die ums Leben kamen
Ob du’s hörn willst oder nicht
Auf unserem Marktplatz steht ein Boot
Steht einfach da – genau wie du

Fernab von Hunger, Krieg und Not
Schaun nur von Weitem zu
Schaun nur zu wie die Regierung
Die doch Schuld an allem hat

Doch leben deren Gesetzt und Gruppierung
In dir,
in ihr,
in ihm,
in mir,
in unserer Stadt.

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Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.

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