Zur Broschüre „Der Ukrainekrieg und die offene Krise des imperialistischen Weltsystems“

>>> Der imperialistische Krieg um die Ukraine ist die Politik des internationalen Finanzkapitals und dessen Realpolitik. Ihre brutalste Ausprägung, der Einsatz von taktischen und strategischen Nuklearwaffen ist die logische Schlussfolgerung! <<<

Im Juni 2022, in einer Zeit, in der die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock einen Hurrikan an Krisen herannahen sieht, erschien im MLPD eigenen Verlag Neuer Weg eine 74 Seiten umfassende Broschüre von Stefan Engel, Gabi Fechtner und Monika Gärtner-Engel mit dem Titel: ‘Der Ukrainekrieg und die offene Krise des imperialistischen Weltsystems‘. Wir haben diese Broschüre auf ihnen Schwächen und Stärken geprüft und sind zum nachfolgenden Ergebnis gekommen:

Anlass zur Herausgabe dieser Broschüre ist also der am 24. Februar 2022 ausgebrochene imperialistische Krieg um die Ukraine zwischen den US-Imperialisten, der NATO, der EU und der von Korruption und Ausplünderung durch Oligarchen zerfressenen Ukraine, deren politische Elite sich offen als faschistisch geoutet hat, auf der einen Seite, und dem ebenfalls kapitalistischen Russland auf der anderen Seite, dessen Regierungsclique nur teilweise verdeckt mit faschistischen Organisationen zusammenarbeitet.  Seitdem haben sich die Wörter ‘Krise‘ und ‘Krieg‘ rasant mit sich selbst multipliziert. Es sieht so aus, als seien sie schon 2022 die Wörter des 21. Jahrhunderts, nur das Wort ‘Überproduktionskrise‘ wird, auffällig genug, nicht erwähnt. Völlig untergegangen ist in der imperialistischen Kriegshysterie, dass es auch gerechte Kriege gibt. Die imperialistischen Massenmedien haben alles platt gemacht. Auch sie wittern im imperialistischen Krieg eine Goldquelle par excellence. Roter Morgen berichtete mehrfach über den imperialistischen Charakter dieses Krieges.

Über diesem ganzen Krieg modert der Geruch des Faschismus. Auch auf deutscher Seite, oder ist etwa nicht wahr, dass der deutsche Finanzminister Lindner, Katar als Wertepartner bezeichnet hat. Wertepartner allerdings: Wie die noch feudal geprägte Bourgeoisie Katars den IS und die Taliban unterstützt, so wies und weist die deutsche Bourgeoisie immer eine enge Affinität zum Faschismus auf. Für die proletarische Revolution bedeutet das, dass sich das faschistische Milieu im Vorfeld des dritten Weltkrieges verdichtet, Russland wird von westlichen kleinbürgerlichen und bürgerlichen Klassen zwar als alleiniger Aggressor bezeichnet, was nur bedingt stimmt und letztendlich unerheblich ist. Es handelt sich um einen imperialistischen Krieg von beiden Seiten und in einem Krieg unter Räubern und Kriegsverbrechern ist es egal, wer angefangen hat. Lenin wies uns 1922 darauf hin, dass es extrem schwierig ist, einen Krieg richtig zu lesen1.

Das arbeitet die neue Broschüre der MLPD nicht in ihrer ganzen, markanten Tiefe heraus. Es ist Konsens in revolutionären Kreisen, dass es ein imperialistischer Krieg von beiden Seiten ist, wir können das leicht mit Hilfe von Lenins Imperialismusanalyse theoretisch herausfinden, aber was besagt das schon, entscheidend ist doch die Praxis, die aktive Teilnahme, ohne die man einen Krieg nicht richtig lesen kann.

Aus: Karl Marx und Friedrich Engels in Manchester Lichtdruck nach einer Zeichnung von N. N. Shukow

Zwei Beispiele aus der Geschichte der Arbeiterbewegung mögen belegen, was genau gemeint ist: Engels verließ in Manchester die feine bürgerliche Gesellschaft, er wollte ein Buch über die Lage der arbeitenden Klassen in England schreiben und begab sich für einige Wochen unter diese Klassen selbst, er wohnte mit ihnen zusammen. Hätte er die Lage der arbeitenden Klassen nur aus Büchern entnommen, wäre die in praktischer Hinsicht wohl wichtigste Erkenntnis der modernen Arbeiterbewegung nicht schon Anfang der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts ans Licht der Welt gekommen, alle kommunistischen und sozialistischen Theoretiker grübelten darüber nach, wie sie den arbeitenden Klassen helfen können, erst Engels sah durch das wochenlange Zusammenleben mit den arbeitenden Klassen in Manchesters Stadtteil Bolton, dass das Proletariat sich selbst befreien wird. Zweitens: Rosa Luxemburg hatte im Gefängnis eine verfehlte Kritik an der Oktoberrevolution geschrieben, nach ihrer Entlassung erkannte sie den Schund und ging auf Distanz zu diesem reinen Kopfprodukt. Sitzt die große Masse des deutschen Volkes nicht heute auch im Nachrichtengefängnis der Massenmedien wie ARD und ZDF? Diese Sender sind keine wissenschaftlichen Akademien mit gesichertem und geprüftem Tatsachenmaterial, sondern sie stellen eine Zusammenrottung von Kreaturen dar, die ihre Seelen den Imperialisten verkauft haben. Wir müssen uns also bei der Lektüre der „Kriegsbroschüre“ der MLPD stets vergegenwärtigen, dass ihre Autoren nicht eine Sekunde an dem Krieg teilgenommen haben, über den sie schreiben. Dieser zentrale Punkt darf nicht übersehen werden. Heute schreiben alle „Hinz-und-Kunz-Marxisten“ über den Ukrainekrieg aus dem überschwänglichen Bewusstsein heraus, im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte zu sein. Das mag auch sein, nur das reicht eben nicht aus. Nur wenige scheinen sich der Theorie-Praxis-Problematik bewusst zu sein. Den drei Autoren der MLPD-Broschüre hätte etwas mehr Bescheidenheit gutgetan, gleich am Anfang der Broschüre hätten sie betonen sollen, dass es für sie extrem schwierig ist, über einen Krieg zu schreiben, an dem sie selbst nicht teilnehmen oder teilgenommen haben und warum sie nicht Lenins Anweisung gefolgt sind, dass Kommunisten in jeden reaktionären Krieg ziehen, müssen2. Die deutsche und die internationale Arbeiterbewegung wären schlecht beraten, das Papier auf Grund seiner Praxisferne als Leitfaden zu nehmen. Es ist ein Beispiel, einer schiefen Stellung zum Thema. Das Kriterium der Praxis ist es, welches Pseudosozialisten von den klassenkämpferischen Sozialisten, trennt.   

Ohne Praxis bleibt aber nur Gehirnakrobatik übrig, was aber wohl auch mit ihrem Weltbild übereinstimmt: Entscheidend für sie ist anscheinend Ihr ‘marxistisch-leninistischer‘ Zauberschlüssel, die „proletarische Denkweise‘‘, mögen sich die von den Imperialisten aufgehetzten Völker in der Ukraine auch blutig die Köpfe einschlagen. Da sie nicht in den reaktionären Ukrainekrieg ziehen, sind sie auf digitale Nachrichtenmedien, auf private Briefe, auf Verlautbarungen in den Nachrichtendiensten aus Russland und der Ukraine und auf nationale und internationale, zumeist bürgerliche Zeitungen angewiesen, um Stoff für ihre proletarische Denkweise zu bekommen. Somit Stoff aus zweiter Hand. Engels warnte vor Zeitungen als massive Fehlerquellen, weil sie in der Eile des Gefechts – eine Nacht Zeit – oberflächlich bleiben müssen und nicht in der Lage sind, ihre Artikel aus dem entscheidenden ökonomischen Hintergrund heraus zu verfassen. Wir denken auch nicht, das es angebracht ist, einen russischen Drang nach ehemaligen Sowjetrepubliken sich ausgerechnet durch eine Type wie den ehemaligen US-Sicherheitsberater Brzezinski bestätigen zu lassen (S. 8), qualitätsfördernd ist das allemal nicht.

Aber die Abweichungen vom Leninismus, in der besagten Broschüre, werden noch auffälliger. Die Frage des Geheimnisses des Krieges wird gar nicht berührt. Lenin stellt uns folgende Aufgabe: “Wie groß ist das Geheimnis, in dem der Krieg geboren wird?3 In der Broschüre kann das Geheimnis nicht gelöst werden, denn es liegt ja noch nicht mal die Frage vor. Eine Schrift kann nicht zur Primärliteratur gezählt werden, deren Autoren nach dem Prinzip verfahren: ‘Den Seinen gibts der Herr im Schlaf‘ – ja sie muss überhaupt aus dem Bereich marxistisch-leninistischer Literatur ausgestoßen werden. Die Seinen, das sind die Anhänger des angeblich wissenschaftlichen Sozialisten Stefan Engel, der sich mit dem Gummiargument, Schriften gegen seine Verballhornung des Leninismus seien unsachlich, oder entsprechen nicht der von ihm festgelegten Streitkultur, sich vor jeglicher dialektischen Auseinandersetzung drückt, obwohl er doch über eine „Schreibstube“ von Anhängern verfügt, die auf die sog. ‘proletarische Denkweise‘ eingeschworen sind, und schon deshalb  das Geheimnis des Ukrainekrieges nicht herausbekommen können. Denn die Quelle des aktuellen Krieges ist nicht die großbürgerliche Denkweise der Imperialisten und auch nicht die kleinbürgerliche Denkweise der Wagnersöldner, sondern die im Hintergrund von Kriegen stehen ökonomische Interessen. Die Menschen machen Geschichte aus dem Bestreben heraus, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und nicht aus dem Bestreben heraus, ihr Denken weiser zu machen.  Das müsste allerdings im Fall der MLPD der Fall sein, denn die „Denkweise-Apostel“, die Dialektiker sein wollen, verhalten sich in einem imperialistischen Krieg von beiden Seiten neutral, als schwebte ihre reine proletarische Denkweise über dem tobenden, aufpeitschenden Ozean des unreinen imperialistischen Krieges. Mit der Dialektik lässt sich eine Neutralität im Krieg nicht vereinbaren, mit einer wie auch immer gearteten Denkweise schon, insbesondere wohl mit einer proletarischen. „Die US-Imperialisten waren und sind zur Zeit der Hauptfeind der Völker“, so fällt der Würfel bedingt auf die andere Seite. Ein vorübergehender Pakt mit Moskauer Faschisten, so wie Stalin einen Pakt mit deutschen Faschisten einging, wovon weiter unten, wo die Frage aufgeworfen werden wird, ob es angehen kann, in diesem Krieg neutral und zugleich Leninist zu bleiben?  Marxisten wissen, dass sie sich besonders in Zeiten des Krieges die Hände schmutzig machen müssen, nur die Pazifismusapostel und die „Denkweiseapostel“ wollen clean bleiben, aber vielleicht sind sie am allerwenigsten unschuldig. Imperialistische Habgier und imperialistische Herrschsucht sind vorantreibende Faktoren der Geschichte, sind Hebel des Fortschritts, da sie den historisch vorbestimmten Untergang des Imperialismus beschleunigen. Auch der imperialistische Krieg ist ein Regisseur der Weltgeschichte, einer ihrer Beschleuniger. Das ist ja das Positive am imperialistischen Krieg, er kitzelt die faschistischen Seelen aus den bürgerlichen Bälgern heraus. Aus der Grünen Baerbock, aus dem Grünen Anton Hofreiter, aus der Liberalen Strack-Zimmermann, aus dem Christen Friedrich Merz, der durch die Sanktionspolitik den industriell-militärischen Komplex Russlands das Rückgrat brechen möchte. (S. 32f.). Man bedenke, dass das Millionen Menschen in Russland an den Hungerstab bringen würde, allein in Moskau sind durch die Schließung ausländischer Firmen 200.000 Menschen aufs Pflaster geworfen worden. Bereits im März stieg die Inflation in Russland auf 17,3 %. Es gibt gegen Russland gezielte Ausfuhrverbote in Bereichen der Hochtechnologie in einer Größenordnung von 10 Milliarden Euro.

Wenn die drei MLPD-Autoren über den Ukrainekrieg schreiben, so geschieht dies lediglich von theoretischer Seite, sanft lebend, und da allerdings legen sie die Imperialismusanalyse Lenins zugrunde, ohne die man überhaupt nichts von den Kriegen im 20. und 21. Jahrhundert verstehen würde. So ist es für sie leicht, die Begründungen bürgerlicher Politschranzen für den Ausbruch des Krieges ins Lächerliche zu ziehen, Annalena Baerbock hat sich in ihrer Einfalt “Wahnvorstellungen Putins“ zurechtgelegt, was wohl kaum noch zu unterbieten ist, und die Frage aufwirft, ob sie je schulischen Geschichtsunterricht genossen hat? Nur dürfen dann die drei Broschürenautoren nach der Kritik an Baerbock nicht in dieselbe Kerbe hauen und Putin “völkisch-nationalistischen Wahn“ andichten (Seite 51) bzw. unterstellen, was natürlich die Frage aufwerfen muss, ob Stefan Engel je schulischen Geschichtsunterricht genossen hat bzw. von welcher Qualität der war?  Zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Ursache dieses Krieges habe Willi Dickhut das Entscheidende aufgedeckt: Die Ursache liegt “in der ungleichmäßigen ökonomischen und politischen Entwicklung der imperialistischen Staaten, die nach einer Neuverteilung der Einflussgebiete drängt.“ (S. 7f.). Hier hätte man nicht den Singular gebrauchen dürfen, eine monokausale Erklärung reicht bei einem Krieg, der das Potential eines Weltkrieges in sich birgt, nicht aus. Im Original stammt der Satz natürlich, wie jeder weiß, von Lenin und man musste ja in dieser Broschüre gleich am Anfang irgendwie den Namen Dickhut unterbringen. Gleich danach wird ja dann auch der Vater des Gedankens von Dickhut zitiert: man müsse “die Gesamtheit der Daten über die Grundlagen des Wirtschaftslebens aller kriegführenden Mächte und der ganzen Welt“4 untersuchen. Tatsächlich ein Schlüsselzitat und es gehört auch gleich an den Anfang einer Broschüre über den Krieg. Die Broschüre weist auch Stärken auf. Mit Vehemenz warnt sie vor einer Verharmlosung der Gefahr eines Ausbruchs des dritten Weltkrieges, auch das verdankt sie der  Leninschen Imperialismusanalyse, die zwei fundamentale Wahrheiten und in ihnen eine richtige Handlungsanweisung offenlegt, a) dass die Politik des Finanzkapitals extrem kriegsaffin ist und b) dass nur eine proletarisch-bäuerliche Revolution den Weg aus der Hölle des imperialistischen Krieges weist. Russland droht mit taktischen Atomwaffen, der NATO-Generalsekretär Stoltenberg auf dem Wirtschaftsform 2022 in Davos teilte mit, dass Hunderttausende von Truppen sich in höchster Alarmbereitschaft befinden und damit, dass vom Ostseeraum bis zum Schwarzen Meer EU Battlegroups stationiert sind. Stoltenberg hat die NATO-Russland-Akte aufgelöst, die den Einsatz von Atomwaffen verbot. Die Bundeswehr besorgt sich F-35-Kampfflugzeuge, die Atomwaffen transportieren können. (S. 43).

Die Grenze zwischen Krieg und Frieden ist keine starre, sondern eine äußerst bewegliche. Die MLPD geht davon aus, dass der dritte Weltkrieg vorliegt (S. 62). Die Rüstungsausgaben der Ukraine sind in neun Jahren von 2012 bis 2021 um 142 % gestiegen. Der Ukrainekrieg ist ausgebrochen, nachdem die europäische Diplomatie in eine Sackgasse geraten war. Die gegensätzlichen imperialistischen Interessen drangen auf eine gewaltsame Lösung. Es wird richtig beschrieben, dass am 24. Februar 2022 ein qualitativer Sprung stattgefunden hat, nur ein Sprung? Es war doch auch noch mehr: Ein Umschlag der Gegensätze ineinander. Der Frieden ging in sein Gegenteil über. Für tugendhafte Pazifisten, die die Völker mit ihren honigsüßen Reden hinters Licht führen, ist der Friede etwas vom Krieg grundsätzlich Verschiedenes, der Krieg ist für sie nicht die Fortsetzung der Politik der Friedenszeit, der Frieden nicht die Fortsetzung der Politik der Kriegszeit.

“Unter dem Kapitalismus ist ein gleichmäßiges Wachstum in der ökonomischen Entwicklung einzelner Wirtschaften und einzelner Staaten unmöglich. Unter dem Kapitalismus gibt es kein anderes Mittel, das Gleichgewicht wieder herzustellen als Krisen in der Industrie und Kriege in der Politik“.5 Derzeit ist kein Ende des Ukrainekrieges in Sicht und es kann der Broschüre nur zugestimmt werden, dass die Eskalation des Ukrainekrieges die Imperialismen der Welt zu einer latenten Weltkriegseskalation entfesselt hat (S. 21f.), auch wieder, wie in den 80er Jahren mit der Konzeption eines begrenzbaren Atomkrieges (S. 44) und mit dem Hervorkramen von ‘Mini-Nukes‘ (S. 45), kleinen Atombomben.  Beide großen imperialistische Seiten bereiten einen Atomkrieg offen vor. Aufschlussreich ist das in der Broschüre ausgefaltete Zahlenmaterial: Die westlichen Imperialisten, also auch die Weltbank, haben bis Juni 2022 insgesamt 67 Milliarden € in die marode Ukraine hineingepumpt, in der seit 2015 alle kommunistischen Symbole verboten sind, aber SS-Totenköpfe auf offiziellen Uniformen auftauchen. Noch nie war seit dem 9. August 1945 die Gefahr einer thermonuklearen Weltkatastrophe größer als heute. Sie muss nicht kommen, aber alle Zeiger der Weltpolitik deuten mit Vehemenz darauf hin. Die Imperialisten sind auf ihre Bahn eingeschworen, sie können nicht heraus, sie müssen die Gefahr eines dritten Weltkrieges an die Wand malen, diese ständig erhöhen. Mit dieser steigt für sie die Gefahr einer proletarischen Revolution und die Dialektiker in dieser wissen, dass aus Krisen auch eine Heilkraft, die Empörung der modernen Produktivkräfte gegen die modernen Produktionsverhältnisse zugleich aufsteigen kann. Eine revolutionäre Weltkrise bahnt sich an (S. 58).

Wertvolle, in der Broschüre wiedergegebene Informationen enthält der Bericht des Koordinierungsrates der Arbeiterbewegung der Ukraine (KSRD), gerade weil er auf wirtschaftliche Hintergründe eingeht: Entlassungen aus einem Arbeitsverhältnis sind unter dem Kriegsrecht einfacher geworden, die Wochenarbeitszeit ist von 40 auf 60 Stunden erhöht worden, die staatlichen Feiertage sind abgeschafft, es herrscht völliges Streikverbot (S. 29). Sehr wichtig ist auch die in der Broschüre auf Seite 36 angeführte Information aus dem Internetportal Telepolis, die widerlegt, dass die zunehmende Inflation auf den Krieg zurückgehe. Die Inflation lag schon vor, noch bevor der Krieg auf den Feldern der kriegführenden Länder einen Getreidehalm umgeknickt hatte. “Die Preisbildung … wird eben nicht, wie meist unterstellt, durch die derzeitigen Kosten bestimmt, sondern richtet sich auf zukünftige Gewinnerwartungen.“6 Die Inflation bedeutet zugleich eine zunehmende Überproduktionskrise.

Durch den Kriegsausbruch hat sich weltweit die Dominanz der Sicherheitspolitik gegenüber der Klimapolitik ergeben. Dieses Heulen mit den Wölfen zwingt heute alle Grünen mit doppelter Zunge zu sprechen, vorzugeben, eine Partei des Friedens zu sein und wie Anton Hofreiter gegen die russischen Völker „eine Realpolitik in ihrer brutalsten Ausprägung“ zu fordern. Der imperialistische Krieg ist die Politik des internationalen Finanzkapitals und dessen Realpolitik in ihrer brutalsten Ausprägung ist eben der Einsatz von Nuklearwaffen, seien es nun taktische- oder strategische-. Der Grüne Hofreiter erweist sich als feines Früchtchen, er ist aber auch ein Beleg, dass die Grünen ein Sammelbecken von Unfähigen sind, unfähig, den Krieg gegen die Umweltzerstörung mit dem Krieg gegen den imperialistischen Krieg zu verbinden. Aus der mit Pfaffenkindern durchseuchten  kleinbürgerlichen Meute der 68er Bewegung, die sich als unfähig erwies, die Klassenkämpfe in der BRD zur Zeit des Vietnamkrieges in den großen Städten bürgerkriegsmäßig zu lösen, ist eine widerliche, kleinbürgerliche grüne Plärre hochgekocht, die zu Bäumen in der Dunkelheit der Wälder Zuflucht nahm, Wotan anruft, und der ein muslimischer Ziegenbauer in der ‘Äußeren Mongolei‘ mental viel näher steht, als ihr Wohnungsnachbar, der sich bei VW durch Schichtarbeit seine Gesundheit ruiniert.   Wer wie die Grünen und andere kleinbürgerliche und bürgerliche Parteien dem Finanzkapital den kleinen Finger reicht, den frisst das Finanzkapital mit Haut und Haaren, der wird innerhalb kurzer Zeit einer Gehirnwäsche unterzogen, die darauf hinausläuft, aus Menschen Wölfe zu machen und die Dinge mit den Augen der Imperialisten zu sehen. Eine entmenschte Welt, eine sich ausschließlich aus Wölfen bildende.  Stalin pflegte zu sagen, die kapitalistischen Wölfe schlafen nicht. Das ist ja wie gesagt, das Positive am imperialistischen Krieg, er kitzelt die faschistischen Seelen aus den bürgerlichen Bälgern heraus. Die US-Regierung hat schon die Priorität vom Klimaschutz auf die nationale Sicherheit umgelegt, wie die New York Times schon am 12. April 2022 konstatierte. In ihr heißt es, Biden habe seine ehrgeizigen Pläne zur Bekämpfung des Klimawandels aufgegeben und habe das Pumpen von Öl und Gas favorisiert.

Weltweit sind die Rüstungsausgaben 2021 auf über 2 Billionen US-Dollar gestiegen.7 Die Menschheit schwebt heute auch und vor allem durch die Klassenkasten bürgerlicher Politiker in großer Lebensgefahr. Die Bankiers bleiben im Hintergrund, die Politiker, die nicht sagen, was sie denken, führen aus. Man darf bürgerliche Politiker nicht nach ihren Worten beurteilen, sondern nach ihren Taten. Sie schwebt in einer thermonuklearen Lebensgefahr. Auf eine Frage eines Journalisten im Mai 1950, ob er es (Hiroschima) noch einmal tun würde, antworte der Präsident der USA Truman in Pocatello: “Ich habe es getan. Und ich muss ihnen sagen, dass ich es wieder tun würde, wenn es noch einmal sein müsste8 Biden denkt nicht anders, er kann gar nicht anders denken. Er kann auch nicht anders handeln. Es sind Menschen, die sich morgens die Unterhose mit einem Flaschenzug anziehen, die an die Vernunft der Imperialisten appellieren.

Im stark exportabhängigen Deutschland war das Papier, auf dem der Koalitionsvertrag mit seiner ohnehin geheuchelten Friedenspolitik stand, über Nacht wertlos geworden. Der berüchtigte deutsche Sozialdemokrat Noske hatte in der Weimarer Republik von sich gegeben, Deutschland müsse bestgerüstet dastehen, und Olaf Scholz, ein ganz übler politischer Rosstäuscher, ist in seine Fußstapfen getreten, er bewilligte für das reaktionäre Offizierskorps der Bundeswehr ein Sondervermögen von 100 Milliarden € und intendiert, die Bundeswehr zur stärksten Armee Europas auszubauen. Man sieht, in was für Kategorien in Berlin gedacht wird, es kann nicht anders sein, es sind eindeutig imperialistische: Deutschland, Deutschland über alles.

Der Krieg um die Ukraine ist kein Stellungskrieg, sondern ein schwankender. Die erste Absicht der Moskauer Oligarchen, die Ukraine durch einen raschen Vorstoß auf die Hauptstadt zwecks ihrer Einnahme, um die Ukraine zu enthaupten, ist gescheitert. Sie verlagerten den Schwerpunkt des Krieges auf die rohstoffreiche Ostukraine mit ihrer relativ hoch entwickelten Industrie. Aber auch auf Seiten der westlichen Imperialisten fand ein Kurswechsel statt: Riefen sie zunächst zur Einstellung aller Kriegshandlungen auf, so wandelte sich durch den ersten strategischen Misserfolg der russischen Armee ihre defensive Einstellung: Sie fingen an, gen Osten zu rüsten, was sie schon länger taten, nun auch gen Osten zu ziehen. 

Eine weitere Stärke der Broschüre liegt in ihrer Polemik gegen die DKP. Russland hat sich aus einem roten Land in ein braunes verwandelt, doch die DKP bleibt sich treu, an ihr erkennt man, wie Recht Marx und Engels hatten, als sie die Tradition als einen Hemmschuh gesellschaftlichen Fortschritts bezeichneten. Lenin sprach vom Schwergewicht der Gewohnheit. Wir leben halt nicht mehr in Zeiten des Warschauer Paktes. Die Broschüre weist das Fehlverhalten der DKP überzeugend nach, indem sie auf Putins verleumderischen Ausfälle gegen Lenin und Stalin in seiner Rede an die Nation vom 21. Februar 2022 verweist, weil beide der Ukraine das Recht auf Abspaltung zubilligten. Putin wörtlich: Beide seien “äußerst rücksichtslos gegen Russland“ vorgegangen. Bei der Traditionspflege der DKP kommt die offene Unterstützung der Moskauer Oligarchen mit der Überzeugung heraus, sie würden eine gerechte Sache des Fortschritts und des Friedens verfechten. Zwar lässt Lenin eine Zusammenarbeit mit Klassenfeinden in Kriegszeiten zu, wovon weiter unten, aber bei der Zusammenarbeit darf man nie vergessen, dass es sich um einen Klassenfeind handelt, dem man am liebsten an die Gurgel möchte. Sehr aufschlussreich ist in dieser Beziehung Lenins Brief an die amerikanischen Arbeiter.9 Aber auch die MLPD ist traditionsverhaftet, der Ukrainekrieg hat nach eigener Forschungsarbeit eine völlig neue Weltlage geschaffen, aber die Partei sieht sich nicht genötigt, eine grundlegende Änderung ihrer Gesamttätigkeit vorzunehmen, die neue Lage hat die unmittelbar bevorstehende sozialistische Revolution auf die Tagesordnung gesetzt. Das Volk sei dazu nicht vorbereitet.10 Aber die Inflation wird es aufwühlen. Akut ist, dass die Not mehr und mehr über das gewöhnliche Maß hinausgeht und eine revolutionäre Situation herbeizwingen kann, auf die man gefasst und gerüstet sein muss, denn auch der Klassenfeind von rechts kann sie ausnutzen. Er scheint zurzeit die besseren Karten zu haben.

Hier haben wir in der Entwicklung der Kritik der Broschüre die Stufe erreicht, auf der auf die große Schwäche der Broschüre eingegangen werden muss, was im bisherigen Verlauf schon hier und da angeschnitten worden war: Lenin sagt, dass man im Kriegsfall auch mit dem Klassenfeind zusammenarbeiten muss. Der Hauptfeind ist der US-Imperialismus – das wird in der Broschüre der MLPD zum Ukrainekrieg richtig herausgearbeitet. (S. 59). Die US-Imperialistischen Soldaten müssen in Europa und weltweit in Revolutionen und Volksaufständen totgeknüppelt werden. Im Fokus des Krieges auf dem Territorium der Ukraine bleibt aber der Hauptfeind der Völker der Welt in der Broschüre außen vor. Objektiv erweist sich die im Haifischbecken der Imperialisten neutral bleiben wollende MLPD als Helfershelfer des US-Imperialismus, den sie selbst als “weltweit Kriegstreiber Nr. 1“ bezeichnet. Sie bemerkt nicht, dass sich die Interessen der Völker und der russischen Oligarchie zeitweise decken, um zunächst den Hauptfeind Nr. 1 zu schlagen, der Reihe nach, dann die zweitgrößte Atommacht: Russlands Imperialisten. 

Zwar wird in der Broschüre der US-Imperialismus als der Hauptfeind angegeben, aber nur in der Theorie, auf dem Papier. In der Praxis sprechen sich die Verfasser für einen Zweifrontenkrieg aus, es fragt sich nur, für welchen? Auf Seite 29 lesen wir: “Die Arbeiterklasse und die breiten Massen in der Ukraine haben jedes Recht, sich gegen die imperialistische Aggression Russlands mit der Waffe in der Hand zu wehren. Doch im Kampf um sofortigen Frieden ist diese Regierung (Selenskyj/DRKollektiv) kein ehrlicher Partner. Erst recht im Kampf für soziale Befreiung muss auch ein Sieg über die eigene Regierung, der Sturz des reaktionären Selenskyj-Regimes errungen werden. Diesem komplizierten Zweifrontenkrieg der ukrainischen Massen gehört die volle Solidarität des proletarischen Internationalismus“. Im Fokus des Krieges bleibt, wie gesagt, der weltweite Kriegstreiber Nr. 1, die USA, außen vor. Kontraproduktiv in weltrevolutionärer Hinsicht wird der Kriegstreiber Nr. 2 zur Nr. 1 vertauscht. Es muss auch zum Krieg gegen die mit den Faschisten zusammenarbeitenden CIA-Agenten in der Ukraine aufgerufen werden, gegen alle US-Institutionen in der Ukraine, gegen jeglichen US-Amerikanismus im Lande, auch kulturell, auch ideologisch.  Objektiv erweist sich die MLPD als Helfershelfer des US-Imperialismus. Das ist umso schlimmer, als sie davon ausgeht, dass der dritte Weltkrieg da ist (S. 63). Sie denkt noch in den Bahnen bürgerlicher Politik und bürgerlicher Diplomatie. Russland ist der Aggressor und der Bösewicht, geht er hinter die Grenze zurück, ist alles wieder in der Butter des Friedens. So verläuft die Geschichte nicht mehr. Hegel schreibt in der Phänomenologie des Geistes: Seine Grenze wissen, heißt sich aufzuopfern wissen. Aus dem Ukrainekrieg ist die proletarische Weltrevolution zu entwickeln, die alle Ländergrenzen aufhebt. Bei der MLPD reicht es nur zu einer Forderung nach einer entmilitarisierten Zone zwischen Russland und der Ukraine (so ihre Forderung am Ende der Broschüre (S. 71)).

Wir arbeiten heute wie schon nach dem zweiten Weltkrieg wieder mit russischen Soldatinnen und Soldaten zusammen, aber nicht in alter Weise wie zu DDR-Zeiten im Zeichen ewiger Freundschaft, sondern in einer anderen Qualität, vorübergehend. Die US-imperialistischen Soldaten müssen in Europa totgeknüppelt werden, und die russische Regierung ist in einer Frontposition gegen unseren Hauptfeind. So fällt dann der Würfel.

Die tonangebenden Kader der MLPD, wie so oft von allen guten Geistern des Marxismus-Leninismus verlassen, verurteilen alle drei Imperialismen unisono und verhalten sich wohltemperiert und als Gutmenschen neutral. Sind wir nicht klasse Menschen aus einer einmalig guten Sekte? Das mag sein, aber sie verhalten sich auf kleinbürgerliche Art, nicht als proletarische Klassenmenschen, als Töchter und Söhne der Arbeiterklasse. Vor allem haben sie nicht Lenins Brief an die amerikanischen Arbeiter studiert. Also darf man nicht in einem Sektensumpf unfruchtbare Kreise drehen, sondern muss statt Däumchen drehen als praktischer Materialist den Krieg, diese glitschige Materie, praktisch anfassen gemäß Lenins Anweisungen. Im Brief an die amerikanischen Arbeiter gibt er durch ein Beispiel folgende: Als der deutsche Imperialismus seine Truppen 1918 gegen das wehrlose Russland warf, das seine Armee, im Grunde eine Bauernarmee, demobilisiert hatte, zögerte ich keinen Augenblick, mit einem französischen Monarchisten, dem Offizier de Lubersac, einem Sprengstoffexperten, zusammenzuarbeiten. Beide wollten wir uns eigentlich an die Gurgel, aber unsere Interessen fielen vorübergehend zusammen.  Dadurch machten die Bolschewiki von der in jedem Krieg absolut gesetzmäßigen und obligatorischen Methode Gebrauch, zu manövrieren, zu lavieren und sich schnell zurückzuziehen.  Lenin erklärte sich, ohne eine Sekunde zu schwanken auch bereit, ein Übereinkommen mit deutschen imperialistischen Räubern zu schließen, wenn das ein Angriff englischer oder französischer Truppen auf Russland erforderte.

Eigentlich wollen sich die russischen Oligarchen und die proletarischen Revolutionärinnen und Revolutionäre gegenseitig an die Gurgel, aber die gegenwärtige Weltlage hat die Hauptaufgabe vorgegeben: So oder so auf die völlige Vernichtung des US-Imperialismus hinzuwirken, das heißt eben auch, den Oligarchen zeitweise die Hand reichen, so blutig, korrupt und schmutzig sie auch ist. Man kann nicht neutral bleiben, man kann spezifisch in einem imperialistischen Krieg nicht neutral bleiben, schon gar nicht als Dialektiker, kann nicht durch Däumchen drehen seine Hände in Unschuld waschen und politisch fruchtlose Kreise drehen. Ein Beispiel aus dem 20. Jahrhundert: Die Todfeinde Nazideutschland und Sowjetrussland, haben sich durch Ribbentrop und Molotow, sowohl in Moskau als auch in Berlin, die Hand gereicht und Dokumente der Zusammenarbeit unterschrieben, weil die politische Weltlage und die militärische Großwetterlage sie dazu zwang.

Der Krieg ist gewiss die bitterste Sache der Welt. Am meisten sterben Unschuldige. Aber der Krieg reißt die Menschen auch aus ihrem subjektiven Sumpf heraus, schult auch die unterdrückten Lohnsklavinnen und Lohnsklaven im Waffengebrauch, zwingt sie, sich über den Hauptfeind Gedanken zu machen, zwingt sie, umzudenken, das Gewehr umzudrehen.  Der Krieg trägt eine große Schrift, er kann nicht der Boden des Glücks sein. Hegel sprach vom Weltgeist als von einer großen Gestalt, die da einherschreitet, er gehe über alle besonderen Berechtigungen, manche unschuldige Blume müsse zertreten werden.  Da die MLPD nichts vom Krieg versteht, wie jetzt im aktuellen um die Ukraine, sich den bequemsten, arbeiteraristokratischen Weg ausgesucht hat, nicht versteht, zu manövrieren, zu lavieren und sich schnell zurückzuziehen, steht sie der Weltrevolution im Weg und wird als unschuldige Blume weißer Friedensengel zertreten werden. Sie geht mit einer überholten Schablone an den Krieg heran, der aber eine kunterbunte Sache ist. Wir wiederholen: Objektiv erweist sich die neutral bleibende MLPD als Helfershelfer des US-Imperialismus, den sie selbst als “weltweit Kriegstreiber Nr. 1“ bezeichnet. Es ist immer wieder eine Frage der Dialektik: Originalton Broschüre: “Nur der proletarische Standpunkt hilft als Kompass“ (S. 56). Streng genommen ist der Ausdruck ‘Standpunkt‘ kein dialektischer. Erst wenn die MLPD es gelernt hat, statt ‘Standpunkt‘ die Formulierung: >>Das sich ständig weiterentwickelnde Klassenbewusstsein, wobei Rückschläge möglich sind<< in Anwendung zu bringen und wenn sie ihren Denkweiseschnuller aus dem Mund gelegt hat, dann kann sie sich eventuell noch vor dem historischen Untergang in der Endphase des Imperialismus retten. Hier liegt die ganze Krankheit der Dickhutschule vor uns.

Aber die Broschüre hat auch starke Seiten, fruchtbare Keime. Diese treten auf den Seiten 58 und 59 besonders hervor: Eine revolutionäre Weltkrise ist ab dem 24.2. im Anmarsch (S. 58), alle Widersprüche des Imperialismus verschärfen sich sprunghaft, alle Krisen bündeln sich zu einer großen Weltkrise, die Aufgabenstellung des revolutionären Klassenkampfes habe sich schlagartig verändert.  Aber was bedeutet das für die MLPD selbst? Die Gesamttätigkeit der Partei muss sich grundlegend verändern, sie kann nicht im alten Trott der Friedenszeit das Geschäft der Weltrevolution betreiben. Davon kein Wort. Die Weltgeschichte hat der Menschheit im Jahr 2022 nur zwei Wege offengelassen: Weltkrieg oder internationale proletarische Revolution. Das ist sehr zutreffend. Das ist der Kern der heutigen Weltpolitik, um den sich alles dreht. Der Krieg erweist sich wieder einmal als Beschleuniger der Geschichte hin zu einer offenen Weltkrise, die die Broschüre an 11 Punkten festmacht. (S. 58 – 60). An zweiter Stelle werden die ökonomischen Belange gesetzt und sehr kurz abgefasst, was außerhalb des marxistischen Kontextes steht, in dem die Ökonomie alles gründet, auch Grundlage der politischen ist, die hier an erster Stelle stehen. Der elfte Punkt lautet: “Der Grundwiderspruch unserer Epoche zwischen Kapitalismus und Sozialismus drängt im internationalen Maßstab akut zur Lösung. Das ist die objektive Grundlage des Übergangs zum Klassenkampf im eigentlichen Sinn“. (S. 60). Hier ist es angebrachter zu formulieren: Übergang vom sich mehr und mehr zuspitzenden Klassenkampf zum KLASSENKRIEG. Der Übergang von der nichtrevolutionären Situation zur revolutionären wird viel zu milde dargestellt. Die Aufmerksamkeit der Arbeiterinnen und Arbeiter, die der Bauern und Bäuerinnen werden nicht in Richtung bewaffneter Aufstand gelenkt. Dass der Hauptfeind im eigenen Land steht, verblasst förmlich. Das war der Schlüsselsatz des Spartakisten Karl Liebknecht, ihm wird ein Satz von August Bebel angehängt: “Diesem System keinen Mann und keinen Groschen“ (S. 55).

Der aktive Widerstand gegen den heraufziehenden dritten Weltkrieg wird auf Sparflamme gehalten. Es wird zunächst nur von einem Drängen zu selbständigem historischem Handeln der Massen gesprochen. (S. 61), vage von einer Verhinderung des Krieges durch die Stärkung der Kräfte des Sozialismus (S. 73), von einem proletarischen Internationalismus der Tat. Den Übergang von einer nichtrevolutionären zu einer revolutionären Situation stellt sich die Partei als Übergang von einem politischen zu einem revolutionären Gärungsprozess als Ausdruck eines sich entwickelnden Klassenbewusstsein des Industrieproletariats vor, sie spricht unter Verweis auf Clausewitz, dass die Wechselwirkung des Krieges bis zum Äußersten treibt, von einer Entfaltung einer revolutionären Weltkrise. Selbst bei einer Beendigung der Kampfhandlungen gäbe es kein Zurück in die Zeit vor dem Ukrainekrieg. “Die Marxisten-Leninisten auf der ganzen Welt müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um die offene Krise des imperialistischen Weltsystems für eine Revolutionierung des internationalen Industrieproletariats zu nutzen“ (S. 63). Im Kapitel ‚Strategie und Taktik des aktiven Widerstandes‘ fehlt völlig der Hinweis auf die Notwendigkeit der illegalen Aktion: “… schließlich Erläuterung der einzig möglichen Kampfweise gegen den Krieg, nämlich Aufrechterhaltung und Bildung einer illegalen Organisation zur langwährenden Antikriegsarbeit aller am Krieg teilnehmenden Revolutionäre …“. 11 In der Geschichte gibt es Perioden, die von einem Sozialisten den Bruch der Legalität erfordern. Es sollen Widerstandsgruppen gebildet werden, wobei offenbleibt, ob bewaffnet oder unbewaffnet, es wird nichts zum Kampf in den Kasernen, nichts zur systematischen revolutionären Propaganda im Heer geschrieben, weil in diesem Bereich die Arbeiteraristokratie gewohnheitsmäßig schwach auf der Brust ist, wie gesagt, dies alles sehr seicht gehalten, nicht kernig und nicht knackig, nichts, was an das Wort von Engels anklingen lässt, der von der urwüchsigen Primitivität der Volksmassen schwärmte. In dieser müssen die faschistischen Offizierskorps der bürgerlichen Republiken mit Feuer und Schwert ausgerottet werden. Die MLPD erhebt sich hier über die Massen, meint, mit ihren matten und saftlosen Predigerweisheiten diese anleiten und revolutionäre Massenkämpfe fördern zu können, erfasst aber in der Frage der Gewalt nicht den gesunden Klassenhass der Massen, ihren Instinkt, der auf die völlige Vernichtung der Bourgeoisie drängt, also auf die Erfüllung der von Lenin gestellten Aufgabe der völligen Vernichtung der Bourgeoisie.12 Wie Recht hatte doch Lenin, unser aller Lehrer, die Massen sind oft weiter als die Partei! Nichts atmet in der Broschüre den Geist völliger Vernichtung. Eine proletarische Weltrevolution ist ohne Tausende und Abertausende, wenn nicht Millionen toter Bourgeois heute gar nicht mehr möglich. Man muss jedoch nicht in allen Fällen töten.13 Nicht in allen Fällen töten – das ist unbedingt zu beachten. Von 100 Marxistinnen und Marxisten sind 90 gedanklich viel zu oberflächlich, alltäglichem Kleinkram zugewandt, um sich in eine Weltrevolution hineindenken zu können. Die revolutionäre Trias wird folglich auch in der Broschüre der MLPD verfehlt: Ein klares Feindbild zu vermitteln, einen gesunden Klassenhass, eine ständige fanatische Gewalt- und Vernichtungsbereitschaft dem bürgerlichen Staat gegenüber. Dazu passt, dass das Wort ‘Bauer‘ auf 74 Seiten nicht vorkommt (wie bei den Menschewiki). Eine Arbeiter- und Bauernregierung kommt nicht zur Sprache. Auf Seite 68 sollte es statt: “Der aktive Widerstand erfordert die Weiterentwicklung der Fähigkeit der Marxisten-Leninisten, unmittelbar Massen zu bewegen und zu führen“ >>> “Der aktive Widerstand erfordert die Weiterentwicklung der Fähigkeit der Marxisten-Leninisten unmittelbar Massen zu bewegen und zu führen und die Weiterentwicklung des Marxismus-Leninismus selbst“ heißen. Hier kommt der Bauer wieder ins Spiel: Man kann den Marxismus-Leninismus nicht weiterentwickeln, wenn man nicht die Revolution der Arbeiter und Bauern vorbereitet und umgekehrt: Man kann die Revolution der Arbeiter und Bauern nicht vorbereiten, wenn man nicht den Marxismus-Leninismus weiterentwickelt!
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  1. Lenin, »Notizen zur Frage der Aufgaben unserer Delegation im Haag«, Lenin, Über den Kampf um den Frieden – Teil 1, Roter Morgen Arbeitsgruppe-‚Der Weg zur Partei‘. Hamburg, 2022, Seite 172. BESTELLUNG
  2. (a. a. O.)
  3. (a. a. O.).
  4. Lenin, »Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, Werke, Band 22, Dietz Verlag Berlin, 1960, 1974). BESTELLUNG
  5. Lenin, »Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa“, Lenin, Über den Kampf um den Frieden – Teil 1, Roter Morgen Arbeitsgruppe-‚Der Weg zur Partei‘. Hamburg, 2022, Seite 12. und Werke, Band 21, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 344f. BESTELLUNG
  6. Suitbert Cechura, »Inflation, Krieg, Spekulation«, TELEPOLIS 8.4.2022. siehe
  7. »Globale Militärausgaben auf Rekordhoch« sipri org., 25.4.2022. siehe
  8. »Hiroshima mahnt«, herausgegeben vom Deutschen Komitee für die Kämpfer des Friedens, 1950, Seite 35. BESTELLUNG
  9. Lenin, »Brief an die amerikanischen Arbeiter“, Lenin, Über den Kampf um den Frieden – Teil 1, Roter Morgen Arbeitsgruppe-‚Der Weg zur Partei‘. Hamburg, 2022, Seite 172. BESTELLUNG
  10. Lenin, »Prinzipielles zur Militärfrage, Werke, Band 23, Dietz Verlag Berlin“, 1960, Seite 152. BESTELLUNG
  11. Lenin, »Notizen zur Frage der Aufgaben unserer Delegation im Haag«, Lenin, Über den Kampf um den Frieden – Teil 1, Roter Morgen Arbeitsgruppe-‚Der Weg zur Partei‘. Hamburg, 2022, Seite 172. BESTELLUNG
  12. Lenin, ”Staat und Revolution«, Werke, Band 25, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 425. BESTELLUNG
  13. Lenin, ”Prinzipielles zur Militärfrage«, Werke, Band 23, Dietz Verlag Berlin, 1960 Seite 157. BESTELLUNG

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