Jeder aufrichtige, fleißige und ehrliche Mensch macht sich heute Gedanken, wie er den aus allen Himmelsrichtungen kommenden und um sein Haus im Dezembernebel herumschleichenden 3. Weltkrieg verhindern kann? Die große Schwierigkeit besteht darin, dass unter den Bedingungen der kapitalistischen Warenproduktion das von menschlichen Gehirnen Vorgedachte und von menschlichen Händen Produzierte den Produzenten als fremde Macht gegenübertritt. Was kann ich als kleiner Spielball fremder Mächte schon gegen einen Weltkrieg der ganz Großen ausrichten?
Rousseau hatte 1762 in seinem Gesellschaftsvertrag geschrieben, dass im gesellschaftlichen Leben die Grenzen weniger eng sind als wir meinen, es sind unsere Vorurteile und Laster, die sie verengen. Erbärmliche Sklaven lachen spöttisch bei dem Wort ‘Freiheit‘, verächtliche Kreaturen glauben nicht an die Heraufkunft großer Männer. Wollen wir als erbärmliche Sklaven unser Dasein fristen, die bei dem Wort ‘Freiheit‘ spöttisch lächeln? Zunächst sind Informationen, Weiterbildung, Verfolgung des Verlaufs des Krieges um die Ukraine und wissenschaftliche Aufklärung gefragt. Nicht alle, die wissenschaftliche Aufklärung versprechen, können dieses Versprechen halten. Wir dürfen nicht in die Fußstapfen der bürgerlichen Aufklärung geraten, wenn wir den Krieg gegen den drohenden Weltkrieg nicht wie ein Einzelkämpfer führen wollen. Was bedeutet es in diesem Zusammenhang, wenn Marx in der neunten Feuerbachthese ausführt: “Das Höchste, wozu der anschauende Materialismus kommt, d.h. der Materialismus, der die Sinnlichkeit nicht als praktische Tätigkeit begreift, ist die Anschauung der einzelnen Individuen und der bürgerlichen Gesellschaft“ (Karl Marx, Thesen über Feuerbach, Werke, Band 3, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 7). Gerade daraus folgt der erste Gedanke.
‘Sapere aude’, so lautet ein italienisches Sprichwort und bedeutet so viel wie: Wage es, weise zu sein! Das war in der Version Kants aus dem Jahr 1784: ‘Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen!‘ der Schlachtruf der bürgerlichen Aufklärung. Diese war von Anfang an auf einen kleinen Zirkel des Volkes beschränkt, auf die wenigen Bürgerinnen und Bürger, die lesen und schreiben konnten. Um die Analphabeten, die Masse des Volkes, die durch ihren Mut historische Entscheidungen herbeiführt, kümmerte man sich so gut wie nicht. Auch Kant wandte sich scharf von ihnen ab. Die bürgerlichen Aufklärer wollten alles mit dem Verstand regeln, nichts mit der Waffe in der Hand. Wenn wir hinschauen, an wen sich Kant in seiner Aufklärungskonzeption wendet, dann erkennen wir die inferiore Anlage des Spießerhaften: Wenn der Bürger Missstände im Getriebe der Staatsverwaltung entdeckt, dann solle er sich abends nach Dienstschluss hinsetzen, Papier und Feder zur Hand nehmen, um einen Verbesserungsvorschlag zu Papier zu bringen, diesen in einer Zeitung oder Zeitschrift veröffentlichen lassen, um ihn zur allgemeinen Diskussion zu unterbreiten. Der einsichtsvolle Monarch wird das stärkste Argument in seine Erwägungen berücksichtigen. Das ist leider nicht nur typisch deutsche Aufklärung, das ist typisch deutsch: Nach unten treten, nach oben Buckeln. Ich will mit diesem Artikel keineswegs Olaf Scholz ins Gewissen reden. Bürgerliche Aufklärung war immer nur Missbrauch des Volkes. Dieses, das im robusten Vandalismus des Bauernkrieges gezeigt hatte, zu welchen radikalen, für alle unproduktiven Klassen gefährlichen Volkserhebungen es fähig war, wurde immer nur in einem Rahmen des Zulässigen aufgeklärt: Die Volksmassen waren ein Spielball in den Händen der Bourgeoisie, sie durften nur wissen, was dieser ökonomisch nützt und militärisch, wie man den Adel im Sinne des Bürgertums niederhält. Kant sah im Menschen ein “Thier“, dass, wenn es unter anderen seiner Gattung lebt, einen Herrn über sich nötig hat. Wozu brauchen Tiere das Alphabet?
Die französische Aufklärung, die als radikaler als die deutsche galt, war auch nicht viel besser, kam doch nie ein namhafter bürgerliche Aufklärer auf die Idee einer blutigen Revolution der Volksmassen. Die französische Aufklärung versteifte sich auf die Prinzenerziehung. Es wurde als Glückfall angesehen, dass der der Richtung des Sensualismus zugeneigte Aufklärer Condillac in Italien zum Erzieher des Prinzen von Parma, eines Enkels des französischen Königs, ausgewählt worden war. Über unmittelbare Einflussnahme auf Herrscherpersönlichkeiten sollte für die Verbreitung und Wirksamkeit der Ideen der Aufklärung gesorgt werden. Das war typisch Französisch. Der Materialist Holbach sah durch den Wechsel von einem absoluten Monarchen zu einem aufgeklärten die Gesellschaft auf einen guten Weg voranschreiten. Man sieht, selbst die radikalste bürgerliche Aufklärung in Europa hatte Angst vor den Volksmassen. Mit dieser überholten Art von Aufklärung können wir den Ausbruch eines dritten Weltkrieges nicht verhindern. Nein, diese Aufklärung soll sich in die Rumpelkammer der Geschichte verflüchtigen.
Wir gehen nicht auf Kant, Condillac und Holbach zurück, sondern auf Marx, Engels, Lenin und Stalin. Marx und Engels hatten gegen die kritischen linkshegelianischen Kritiker, die die Massen verachteten und bloße Schreibtischrevoluzzer waren, in ihrem Frühwerk von 1845 ‘Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik, Gegen Bruno Bauer und Konsorten‘ angeschrieben, dass die Massen, das Volk, die wahren Schöpfer der Geschichte der Menschheit seien. Wir brauchen den wissenschaftlichen Sozialismus zur Massenaufklärung und zur Volksbildung wie die Luft zum Atmen. In der BRD gibt es knapp unter 7 Millionen Analphabeten. Der Kleinbürger sagt: ‘Ich reiße an mich, was ich kann, alles andere ist mir schnuppe‘. Die Bundesregierung reißt an sich, was sie kann, die knapp 7 Millionen Analphabeten sind ihr schnuppe.
Nun sagt Engels: Alles, was die Menschen in Bewegung setzt, muss durch ihren Kopf hindurch (Vergleiche Friedrich Engels, Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie, Werke, Band 21, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 298). Das weiß auch der Klassenfeind. Es finden weltweit rund um die Uhr Klassenkriege um die Köpfe von Milliarden Menschen statt. Ohne den Kompass des Schlachtschiffes Marxismus-Leninismus würde das Schiff der Revolution in dem Ozean der imperialistischen Haifische von Flutwelle zu Flutwelle geschleudert werden und rasch untergehen. In der chinesischen Kulturrevolution skandierten die jungen Roten Garden: ‚Wer sich in den Ozean der Revolution stürzt, braucht einen Steuermann‘. In der Phase des Imperialismus im 21. Jahrhundert kann unser Steuermann nur Lenin heißen und Mao hätte gut daran getan, diesen anzuerkennen, statt größenwahnsinnig zu werden. Im Vergleich zu Lenins hinterlassenen Werken ist Maos theoretische Hinterlassenschaft Schmalhans Koch. Was für ein Idiotismus, Jugendliche mit einer Zitatensammlung durch die Gassen der Städte zu hetzen. Gerade das ist nicht Marxismus, der wissenschaftliche Sozialismus ist kreativ und keine Kompilation. Ich schreibe dies, weil die MLPD in der letzten Ausgabe ihrer Roten Fahne vom 28. Oktober 2022 wieder einmal am Mao Kult herumbastelt.
Wer den dritten Weltkrieg verhindern will, muss sich daran erinnern, wie Russland aus dem ersten Weltkrieg ausschied, nicht durch die bürgerliche Februarrevolution, die den imperialistischen Krieg des Zaren fortsetzte, sondern durch die Oktoberrevolution. Es ist immer wieder gut und nützlich, sich gerade mit dieser Revolution auseinanderzusetzen. Sie lehrt uns Volksmassen: Wir dürfen bürgerlichen Politschranzen kein Vertrauen schenken. Sie führen uns nach außen mit Worten des Friedens auf Schlachtfelder, auf denen sich die Leichenberge nur so rapide stapeln und nach innen in unsagbares soziales Elend. In den zerbombten Großstädten wird es nur so von Kriegskrüppeln wimmeln.
Nach der Februarrevolution lag 1917 noch keine proletarisch-revolutionäre Situation in Russland vor. Viele Menschen befanden sich in Auflösung, auch Bolschewiki waren orientierungslos. Mit Lenins Aprilthesen wurde ein leuchtender roter Stern der Revolution am Horizont sichtbar. Die Kommunistinnen und Kommunisten hatten keine Mehrheit, weder in der Duma noch in den Sowjets. Lenin warnte in dieser Situation davor, mit dem Aufstand zu spielen. Es begann von revolutionärer und von konterrevolutionärer Seite ein Kampf um die Köpfe.
Heute liegt ein ähnlicher Kampf vor. Unter den Trommelschlägen und Märschen imperialistischer Armeen gibt es im Untergrund eine große, unsichtbare Commune, die ans Licht der Weltgeschichte geführt werden muss, wobei die besten Elemente zu einer bolschewistischen Bankraub- und Bürgerkriegspartei zusammengeschweißt werden müssen. Kleinbürgerliche Theoretiker schrecken vor einem Bankraub zurück.
Wer gewinnt den Wettlauf um die Köpfe? Ohne Zweifel haben die Imperialisten aus kommunikationstechnischer Hinsicht die besseren Karten, sie haben die besseren Waffen der Propaganda und geschultes und spezialisiertes Personal. Ich darf in diesem Zusammengang an eine Begebenheit aus dem letzten Jahrhundert erinnern, über 50 Jahre ist es jetzt her. Zu Beginn des zweiten Vietnamkrieges hielten die große Mehrzahl der westlichen Militärexperten einen Sieg des Vietcongs für völlig absurd. Unsere Stärke ist, dass ein Weltkrieg jeden elementar interessiert. Sagte Napoleon noch, er sei auf dem Schlachtfeld 100 000 Mann wert, so sagen wir heute: Milliarden und Abermilliarden Menschen wollen keinen Weltkrieg. Diesen wollen nur eine Handvoll perverser, Geldgier kranker Imperialisten. Das ist unser Pfund, unser Pfund, aber nur, wenn die revolutionäre Wachsamkeit nicht nachlässt. Der Feind steht nicht wie ein monolithischer Block vor uns, er ist zu unserem Vorteil gespalten, und zu seinem Nachtteil können wir auch den schwächeren Imperialismus gegen den stärkeren unterstützen.
Wir sind heute in einem Höhlensystem aufklärende guerillamäßig operierende Vietcongs. Der Vietcong setzte sich zu großen Teilen aus Bauernguerillas zusammen, man lese nur die Schriften Hos. Auch wir dürfen den Bauern nicht übersehen. In welche Richtung geht unsere Aufklärung: Richtung Wochenendseminar im Sinne von Weiterbildung, so wie man zu einem Wochenendseminar pilgert, um, sagen wir, die Tantra Massage zu erlernen oder klären wir auf in Richtung zur Bewaffnung der Massen gegen die braun angefärbten Kriegshetzer im eigenen Land? In diesem Kontext schließt proletarische Aufklärung eine militärische Aufklärung im Sinne des Erlernens der revolutionären Kriegführung mit ein. Bücher leihen wir uns aus den Universitätsbibliotheken aus, Waffen eignen wir uns aus den Kasernen der Bundeswehr an zur permanenten terroristischen Volksbewaffnung um die eigene Bourgeoisie, den Hauptfeind im eigenen Land, dem gleichen Arbeitszwang für alle zu unterwerfen. Das ist auch so eine Manipulierung durch die bürgerlichen Massenmedien, die Waffen in den Armeekasernen würden nicht der großen Mehrheit des Volkes gehören, sondern der hauchdünnen Schicht von Regierungs- und Militärspezialisten. Das ist eine optische Täuschung. Ginge es nach dem Willen der Volksfeinde, sollen wir diese Waffen gegen unsere proletarischen Klassenbrüder richten. Das Gegenteil ist angesagt. DER HAUPTFEIND STEHT IM EIGENEN LAND! DREHT DIE GEWEHRE UM!
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Über den Autor:
Heinz Ahlreip, geb. am 28.2.1952 in Hildesheim. Von 1975 bis 1983 Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover, Magisterabschluss mit der Arbeit »Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes«. Forschungschwerpunkte: Französische Aufklärung, Jakobinismus, Französische Revolution, die politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus-Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse. Ahlreip arbeitete als Lagerarbeiter u. a. bei Continental in Hannover und bis zum Rentenbeginn als Gärtner für Museumsstätten und Friedhöfe.
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