Der Hauptfeind steht im eigenen Land

Redaktion – 30. Januar 2025

Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler durch Reichspräsident Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt. Wie es danach weiterging, ist allseits bekannt. Am 29. Januar dieses Jahres versuchte die rechtsbürgerliche Partei CDU mit Hilfe der faschistischen AfD, ein widerwärtiges, rassistisches Gesetz auf den Weg zu bringen. Ein Anlass für viele Bürger, sich über diese Schweinerei zu empören und den symbolischen Schulterschluss beider Parteien als große Bedrohung anzusehen.
Für uns ist das Grund genug, einmal eindeutig und klar festzustellen, wer der Hauptfeind des deutschen Volkes ist.

Der Hauptfeind steht im eigenen Land. So und nicht anders gehen Marxisten-Leninisten an die Frage imperialistischer Kriege heran. Sie erklären diesem Krieg, entschieden den Kampf, stimmen gegen Kriegskredite und beginnen mit der Organisierung illegaler Strukturen, ohne die ein kriegsbedingtes letztes Gefecht sinnlos wäre.

Wir dürfen niemals Lenins Hinweis außer Acht lassen, dass es extrem schwierig ist, einen Krieg richtig zu analysieren. Der Satz, dass der Hauptfeind im eigenen Land steht, wurde im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg auf einem Flugblatt von Karl Liebknecht im Mai 1915 geprägt. Der von allen imperialistischen Ländern seit Langem geheim vorbereitetete Erste Weltkrieg war ein Krieg um die Neuaufteilung der Welt und der Einflusssphären. Schuld daran hatten alle Imperialisten. Deshalb ist es, wie bei allen imperialistischen Kriegen, gar nicht notwendig zu fragen, wer den Krieg begonnen hat. Im am 28. Juni 1920 in Kraft getretenen „Versailler Vertrag“ stand dann jedoch das Gegenteil: „Die Alleinschuld hat Deutschland“.

Friedrich Engels skizzierte am 15. Dezember 1887 in London in einer Einleitung zu Borgheims Broschüre Zur Erinnerung für die deutschen Mordspatrioten einen imperialistischen Weltkrieg:

„Und endlich ist kein anderer Krieg für Preußen-Deutschland mehr möglich als ein Weltkrieg, und zwar ein Weltkrieg von einer bisher nie geahnten Ausdehnung und Heftigkeit. Acht bis zehn Millionen Soldaten werden sich untereinander abwürgen und dabei ganz Europa so kahlfressen wie noch nie ein Heuschreckenschwarm. Die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges zusammengedrängt in drei bis vier Jahre und über den ganzen Kontinent verbreitet; Hungersnot, Seuchen, allgemeine, durch akute Not hervorgerufene Verwilderung der Heere wie der Volksmassen; rettungslose Verwirrung unseres künstlichen Getriebes in Handel, Industrie und Kredit, endend im allgemeinen Bankerott; Zusammenbruch der alten Staaten und ihrer traditionellen Staatsweisheit, derart, dass die Kronen zu Dutzenden über das Straßenpflaster rollen und niemand sich findet, der sie aufhebt; absolute Unmöglichkeit vorherzusehen, wie das alles enden und wer als Sieger aus dem Kampf hervorgehen wird; nur ein Resultat ist absolut sicher: die allgemeine Erschöpfung und die Herstellung der Bedingungen des schließlichen Sieges der Arbeiterklasse.1

Es wurde einleitend vom Hauptfeind gesprochen. Dieser Hauptfeind, im Kern das Finanzkapital, scheint auf den ersten Blick im Faschismus offener sichtbar zu sein als in der bürgerlich-parlamentarischen, sprich demokratischen Republik, in der nach Engels der Reichtum indirekter, aber umso sicherer herrscht.2 Steht im Faschismus der bürgerliche Klassenfeind, da er nun sein ihm stets innewohnendes hässliches Haupt des Despotismus erhoben hat, nicht offener vor uns als in einer demokratischen Republik, in der das Parlament als Tarnung für die eigentlichen Machtzentren dient, in denen die wesentliche Unterdrückungspolitik gegen das Proletariat betrieben wird? Man könnte dies annehmen, doch es ist darauf hinzuweisen, dass sich die bürgerliche Minderheit sowohl in der demokratischen Republik als auch im Faschismus als volksnah tarnen muss. Dabei handelt es sich um zwei unterschiedliche Formen der Tarnung: Auf dem Vorhang des Faschismus prangt in goldenen Lettern das Wort Volksgemeinschaft.

Betrachten wir den Parteinamen des deutschen Faschismus ab dem 24. Februar 1920: NSDAP. Bis zu diesem Datum hieß die Partei Deutsche Arbeiterpartei (DAP). Auf Drängen Hitlers wurden die Begriffe „national“ und „sozialistisch“ hinzugefügt. Begriffe wie Sozialismus und Arbeit wurden von den Faschisten bewusst demagogisch genutzt. Arbeit war ein zentraler Begriff in der bürgerlichen Gesellschaft. Hegel definierte Arbeit als „gehemmte Begierde, aufgehaltenes Verschwinden“. Die Faschisten instrumentalisierten diesen Begriff und schrieben über das Konzentrationslager Auschwitz den Satz: Arbeit macht frei. Hier wurden fast eine Million Menschen, vorwiegend jüdischer und polnischer Herkunft, ermordet. Im aufstrebenden Bürgertum wurde Arbeit noch mit Bildung und sozialem Aufstieg verbunden, im dekadenten Kapitalismus hingegen mit Vernichtung. Vernichtung durch Arbeit war faschistisches Programm. Die Faschisten stellten den reaktionärsten und arbeiterfeindlichsten Teil der imperialistischen Bourgeoisie dar.

Die Partei des Proletariats kann auf zwei Formen der bürgerlichen Herrschaft treffen: die pseudodemokratische bürgerlich-liberale parlamentarische Variante, die die Bourgeoisie als ungeeignet für eine Kriegsvorbereitung ansieht, oder die faschistisch-terroristische Variante, die durch unbewältigte Krisen begünstigt wird. Die faschistische Herrschaftsform wird vom Kapital bevorzugt, insbesondere bei wachsender Weltkriegsgefahr. Alle kleinbürgerlichen und bürgerlichen Parteien, innerhalb und außerhalb der Parlamente, bewegen sich in diese Richtung. Die Wahl Trumps hat, bisher kaum betont, die Gefahr rechter Militärputsche in Mittel- und Südamerika erhöht. Die faschistische Diktatur ist die Herrschaft der reaktionärsten, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Kapitalismus in Gestalt einer faschistischen Partei, die die Nation mit Hilfe des Sozialdemokratismus kriegstüchtig verhetzt. Schon jetzt wird unter dem parlamentarischen Regime, das die Warenproduktion schützt, eine propagandistische Vorbereitung auf einen neuen imperialistischen Krieg getroffen. Der Dritte Weltkrieg wird, sollte er ausbrechen, ein Krieg um die Neuaufteilung der Welt sein.

Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch, warnte Bertolt Brecht nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit wachsender innerer und äußerer Krisen- und Kriegsgefahr wird die Finanzbourgeoisie vom „demokratischen“ Kurs auf den offen-militant-faschistischen umschwenken. Dieser Weg ist für sie sicherer. Die noch vorhandenen bürgerlichen Freiheiten könnten ihr gefährlich werden, da sie der Arbeiterklasse politischen Spielraum bieten. Der Ablauf faschistischer Machtergreifungen ist ähnlich: Zerstörung der bürgerlichen Freiheiten, Auflösung der Parlamente, Eliminierung eines internationalistischen Weltbildes und seine Ersetzung durch einen nationalistischen Rassismus. In Deutschland wurde dies durch den Versailler Vertrag begünstigt, der die revanchistischen Stimmungen des Kleinbürgertums anheizte. Diese politisch verblendeten Kleinbürger bildeten die Massenbasis des deutschen Faschismus. „Dabei halfen ihr die Verräter der Arbeiterklasse, die Führer der deutschen Sozialdemokratie, die durch ihre Paktiererpolitik dem Faschismus den Weg ebneten.“3

1932 verzehnfachten die Nazis ihre Sitze im Reichstag, am 5. März 1933 verfügten sie über 45 % der Stimmen. Die SS und die SA hatten 1931 bereits 100.000 Mann. Am 20. Juli 1932 stürzte Papen mit der Unterschrift Hindenburgs in der Hand, gemäß Artikel 48 der Weimarer Verfassung, die preußische sozialdemokratische Regierung. Diese hatte 100.000 Mann verfassungstreue Polizei und das Reichsbanner hinter sich, doch es geschah – nichts Praktisches, lediglich ein Appell an das Reichsgericht, das nach Gumbel der alte Beschützer der Nazis war4.

In der Machtabgabe an den Faschismus zeigt sich deutlich die Schwäche der Bourgeoisie, ihr eigenes Herrschaftsinstrument, den scheinbar pazifistischen Parlamentarismus, aufzugeben, um stattdessen Terror zur Regierungsmethode zu erheben. Dies beinhaltete die Außerkraftsetzung der Verfassung, die Auflösung des Parlaments und die Vernichtung bürgerlich-demokratischer Freiheiten: Parteienverbot, Verhaftung von Kommunisten, die sogenannte „Endlösung“, die Errichtung von Folter- und Vernichtungslagern, den Austritt aus dem Völkerbund. Auch Italien und Japan folgten diesem Weg, was zu einer Hochrüstung und offenen Kriegsvorbereitungen führte. Die Faschisten regierten ab dem 28. Februar 1933 unter faktischer Außerkraftsetzung der Verfassung mit einer Verordnung „zum Schutz von Volk und Staat“. Am 27. Februar 1933 brannte der Reichstag – angeblich von Kommunisten und Sozialdemokraten angezündet. Zwölf Jahre später lagen ganze Städte, nicht nur in Deutschland, in Schutt und Asche. Auch heute wieder ist eine massive und offene Kriegsvorbereitung erkennbar. Die Bundeswehr wird noch als Parlamentsarmee dargestellt, also getarnt. Sie ist keine Volksarmee, sondern eine der Ausbeuter, insbesondere der Finanzkapitalisten, Großindustriellen und Großagrarier. Sie ist eine Armee der Reichen, doch die Dialektik der Geschichte zwingt volksfeindliche Armeen dazu, sich als Volksarmeen zu verkleiden. Im Ersten Weltkrieg beispielsweise richteten die Kerenskis während der russischen Doppelherrschaft 1917 Arbeitergruppen in den Kriegsindustriekomitees ein. Dadurch sollte es so aussehen, als würden Arbeiter den imperialistischen Krieg nicht nur befürworten, sondern ihn auch aktiv unterstützen.

Der konservative Historiker Ulrich Herbert, emeritierter Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im Breisgau, räumt in seinem Buch aus dem Jahr 2021 „Das Dritte Reich – Geschichte einer Diktatur“ ein, dass der kommunistische Widerstand gegen den Faschismus in der bundesrepublikanischen Geschichtsschreibung zu kurz kommt. Stattdessen wird bevorzugt, den Widerstand in national-konservativer Färbung stärker zu gewichten, beispielsweise den bürgerlich-christlich geprägten Kreisauer Kreis mit seinen ständisch-föderalistischen Ambitionen, der ab 1940 aktiv war. Nach der Verhaftung Moltkes im Januar 1944 schloss sich dieser Kreis militärisch-oppositionellen Gruppen um Graf Stauffenberg an. Man könnte hier von Reform-Nazis sprechen, denn ihr Ziel war es, Frieden mit den Westalliierten zu schließen, um den Vernichtungsfeldzug gegen die Sowjetunion zur Zerschlagung des Kommunismus mit dem bestehenden Nazi-Wehrmachtsapparat noch radikaler fortzusetzen.

Nach wie vor stellen die parteiorganisierten, disziplinierten Kommunisten die größte Gefahr für den Bestand des kapitalistischen Ausbeutungssystems dar. Ulrich Herbert bestätigt in seinem Buch, dass Kommunisten am schärfsten verfolgt wurden – massenhaft ermordet, in Konzentrationslagern gequält und nach ihrer Freilassung weiterhin in Zuchthäusern misshandelt. Auch nach seiner Auffassung waren die Kommunisten die entschlossenste und aktivste Widerstandsgruppe gegen die nationalsozialistische Terrorherrschaft und wurden im gesamten fortschrittlichen Europa geachtet5.

Im kommunistischen Manifest heißt es, dass die Kommunisten der fortschrittlichste Teil der Arbeiterparteien aller Länder sind6. Das kämpfende Proletariat eines jeden Landes muss sich zuerst mit seiner eigenen Bourgeoisie auseinandersetzen7. Diese theoretische Grundbestimmung besagt, dass der Hauptfeind im eigenen Land steht – eine Erkenntnis, die im Dezember 1847 und Januar 1848, als das Manifest verfasst wurde, formuliert wurde. Heute, 177 Jahre später, bedeutet dies, dass imperialistische Kriege in Bürgerkriege umgewandelt werden müssen, dass einfache Arbeiter, Soldaten, Matrosen und Bauernmilizen die Waffen gegen ihre eigenen Unterdrücker richten müssen. Der einzige Ausweg aus der Hölle des imperialistischen Krieges ist die proletarische Revolution, da dieser Krieg direkt aus dem Privateigentum resultiert, das nur die Kommunisten abschaffen wollen. Dies ist das entscheidende Unterscheidungsmerkmal zwischen falschen und wahren Volksfreunden, zwischen Kriegstreibern und Friedensverfechtern. Dass die deutsche Novemberrevolution 1918 Überlegungen zur Wahl der Offiziere durch die Mannschaften enthielt, ist heute weitgehend verdrängt und selbst in der Bundeswehr nahezu unbekannt. Genau das soll nach dem Willen der Offiziere auch so bleiben.

Das Manifest enthält auch die zentralen Gedanken von Marx und Engels über die Auflösung des Klassengegensatzes: „In dem Maße, wie die Exploitation des einen Individuums durch das andere aufgehoben wird, wird die Exploitation einer Nation durch die andere aufgehoben. Mit dem Gegensatz der Klassen im Innern der Nation fällt die feindliche Stellung der Nationen gegeneinander“8. Es besteht also ein enger Zusammenhang zwischen der nationalen und internationalen Emanzipation des Proletariats. Wenn der Hauptfeind im eigenen Land steht, so existieren weitere Nebenfeinde in anderen Ländern. Internationale Bündnisse mit Arbeitern und Kleinbauern anderer Länder sind notwendig. Da Kommunisten jede revolutionäre Bewegung gegen bestehende gesellschaftliche und politische Zustände unterstützen, sind die Bourgeoisien aller Länder Nebenfeinde, die ebenfalls gestürzt werden müssen. Doch in erster Linie müssen die deutschen Kommunisten ihre eigene Bourgeoisie bekämpfen, auch wenn sie dabei auf internationale Unterstützung angewiesen sind. Ein rein nationaler Klassenkampf existierte nie und kann es auch nicht geben.

Der Faschismus entwickelte sich von einer Randbewegung zu einer globalen Okkupationsmacht mit der größten Militärmaschine der Welt. Diese Entwicklung wurde durch die Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1933 ermöglicht, von der 24 Millionen Menschen betroffen waren. Ende 1932 gab es in Deutschland fast sechs Millionen Arbeitslose. Auf dem XVI. Parteitag am 26. Juni 1930 sagte Stalin zwei Dinge über den bürgerlichen Ausweg aus der Krise voraus: 1. Die Krise führe zur faschistischen Herrschaft. 2. Faschismus bedeute Krieg, insbesondere gegen schwächer geschützte Länder9.

Der Zweite Weltkrieg begann 1932 in Asien. Japan nutzte die durch die Krise abgelenkte Aufmerksamkeit der westlichen Imperialisten und überfiel ohne Kriegserklärung China, zunächst die Mandschurei. 1935 überfiel das faschistische Italien Abessinien, um die Seewege Englands nach Asien zu kontrollieren10. 1936 griffen deutsche und italienische Faschisten in den Spanischen Bürgerkrieg ein. 1937 besetzte Japan Peking und Shanghai und sicherte sich damit den chinesischen Handel. 1938 annektierte Deutschland Österreich und die Tschechoslowakei, 1939 folgte der Überfall auf Polen. Die westlichen Demokratien tolerierten die Faschisten als Werkzeuge gegen emanzipatorische Bewegungen11. Der Traum der deutschen Faschisten, Moskau auszulöschen, erfüllte sich nicht. Nach der Wende von Stalingrad wehte am 2. Mai 1945 die rote Fahne auf dem Reichstag – als Symbol des Sieges über den Faschismus.

Quellenverweise:

  1. Friedrich Engels: Einleitung zu Borkheims ‘Zur Erinnerung für die deutschen Mordspatrioten‘, Werke, Band 21, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 350f.).
  2.  Lenin, Staat und Revolution, Werke, Band 25, Dietz Verlag Berlin, 1960,404).
  3. Zentralkomitees der KPdSU: „Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki) Kurzer Lehrgang“, Der Weg zur Partei Nr. 9, Hamburg, 2024,Seite 376).
  4.  Gumbel: Vom Fememord zur Reichskanzlei, Verlag Lambert Schneider, Heidelberg, 1962, Seite 8O).
  5.  Ulrich Herbert: Das Dritte Reich – Geschichte einer Diktatur, Beck Verlag, München, 2021, Seite 116ff.).
  6.  Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960, 474).
  7.  a.a.O., Seite 473).
  8. (a.a.O., Seite 479).
  9. Zentralkomitees der KPdSU: „Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki) Kurzer Lehrgang“, Der Weg zur Partei Nr. 9, Hamburg, 2024, S. 375).
  10.  a.a.O., Seite 413).
  11.  a.a.O., Seite 416).

 

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