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Redaktion – 14. Januar 2025
Der hier vorliegende Artikel aus der albanischen Zeitung Zëri i Popullit von 1978 analysiert die wirtschaftlichen und geopolitischen Spannungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA während des Kalten Krieges. Im Kontext des globalen imperialistischen Machtkampfes zeigt der Text, wie Westdeutschland nach dem wirtschaftlichen Aufstieg der Nachkriegsjahre zunehmend eigene Interessen verfolgte – oft auch gegen die Strategie Washingtons. Besonders brisant waren Fragen der Rüstung, der wirtschaftlichen Expansion und der geopolitischen Einflusszonen.
Warum ist das heute relevant? Die globalen Machtverhältnisse haben sich zwar verändert, doch wirtschaftliche Abhängigkeiten, militärische Bündnisse und geopolitische Spannungen prägen auch die heutige Weltordnung. Die damaligen Konflikte zwischen den westlichen Verbündeten liefern wichtige Einsichten in die Mechanismen wirtschaftlicher und militärischer Interessenpolitik – ein Thema, das auch in der aktuellen globalen Lage, insbesondere nach der Machterteilung Donald Trumps von Bedeutung ist.
„WEITERE VERTIEFUNG DER ZWISCHENIMPERIALISTISCHEN
WIDERSPRÜCHE ZWISCHEN BONN UND WASHINGTON
Schon in den ersten Nachkriegsjahren konnte Bonn seine Produktivkräfte relativ schnell entwickeln und nicht nur eine im Vergleich zu den anderen kapitalistischen Ländern starke, sondern auch auf eine moderne Technologie gestützte kapitalistische Wirtschaft aufbauen. Besonders schnell entwickelte sich in Westdeutschland die Elektronik-, der Flugzeugbau- und die Rüstungsindustrie; das Kapital wurde ungeheuer konzentriert und gleichzeitig die Produktion auf den Export ausgerichtet. Heute arbeitet jeder dritte deutsche Arbeiter für den Export. 26 Prozent des Gesamtprodukts der deutschen Bundesrepublik, nach den USA die zweitgrößte Handelsmacht der Welt, werden exportiert. Sehr bald begann man in vielen Ländern Afrikas und Lateinamerikas zu investieren – bis im letzten Jahr waren es 49,6 Milliarden Mark – und die reaktionären Regime zu unterstützen. Westdeutschland gilt heute als « einer der Industriemotoren » in der kapitalistischen Welt. Es gibt sogar seinen Partnern Kredite und Anleihen und kommt für 33,2 Prozent der Gesamtproduktion der EWG auf; seine Währung ist relativ stabiler als die der anderen; es hat in der Politik der NATO-Länder etwas zu sagen, spricht mit den beiden imperialistischen Supermächten von privilegierten Positionen aus und versucht, sich als Sprecher Westeuropas hervorzutun. Es ist mit seinem aggressiven Militärpotenzial die zweitgrößte Militärmacht der westlichen Welt. All das zeigt, dass die deutsche Bundesrepublik ein mächtiger imperialistischer Staat mit den ihm eigenen räuberischen Ansprüchen ist.
Logischerweise musste der Tag kommen, an dem diese Ansprüche mit denen der anderen imperialistischen Mächte zusammenprallen mussten, in erster Linie mit denen der Vereinigten Staaten von Amerika selbst. Bekannt sind beispielsweise die Streitigkeiten zwischen den USA und deren Partnern in der NATO im Zusammenhang mit der Waffenstandardisierung, den Ausgaben für den Unterhalt der amerikanischen Truppen in Westeuropa usw. Bei diesen Streitereien ist die deutsche Bundesrepublik stets bemüht, eine im Verhältnis zu den jeweils wechselnden Situationen stets günstige Position zu wahren. Während sie oft unmittelbar Sprachrohr der amerikanischen NATO-Politik war, sprach sie sich in Augenblicken der Zuspitzung des Verhältnisses zu Washington vorbehaltlos gegen die schwere Last aus, die Washington ihr mit dem Unterhalt starker amerikanischer Streitkräfte auf westdeutschem Boden aufbürden will. Die Verschärfung bzw. Abmilderung dieser Gegensätze ist stets mit einer Reihe anderer Fragen im Verhältnis der beiden Staaten zueinander verbunden.
Eine heikle Angelegenheit in den Beziehungen Washington-Bonn ist die Rolle, die Bonn in der amerikanischen Politik gegenüber der anderen Supermacht, der Sowjetunion, spielt. In Bonn ist man sich der Bedeutung Westdeutschlands als Druckmittel Washingtons in der sowjetisch-amerikanischen Rivalität wohl bewusst, also will man dafür so viel wie möglich belohnt werden. Vor nicht allzu langer Zeit wurde diese Belohnung in Form der Neutronenbombe präsentiert. Als die Administration Carter den Beschluss über die Serienproduktion der Neutronenbombe gefasst hatte, war auch geplant, dass diese auf dem Gebiet der BRD stationiert werden sollte. Im Kreml führte dieser Plan zu einer heftigen Reaktion hinsichtlich des Wettrüstens zwischen den beiden Supermächten, während die Bonner Politiker nicht ihre Freude darüber verhehlten, denn das wäre für sie eine gute Gelegenheit gewesen, sich noch mehr als Schlüsselstaat Westeuropas nicht nur auf dem wirtschaftlichen und politischen Gebiet, sondern auch auf dem militärischen Gebiet bestätigt zu sehen. Es war aber nur eine vorübergehende Freude, denn später wurde bekannt, dass die USA beschlossen hatten, die Produktion dieser Bombe zu verschieben. Dem Wunsch Bonns, diese Bombe zu besitzen, kamen die sowjetisch-amerikanische Rivalität, die fortwährenden sowjetisch- amerikanischen Schachereien in den Weg, die als solche auch gegenseitige Zugeständnisse nicht ausschließen. Infolgedessen wurde in Bonn ein großes Geschrei über die « amerikanische Treulosigkeit » erhoben.
Die zwischenimperialistischen Widersprüche machten sich in letzter Zeit auch in den Wirtschaftsbeziehungen bemerkbar. Bekanntlich wurden im vorigen Jahr bei dem Treffen der wichtigsten kapitalistischen Länder, besonders von Seiten der USA, Westdeutschlands und Japans, Verpflichtungen übernommen, Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Beilegung der Widersprüche im Austausch untereinander zu ergreifen, dass sie Übel wie die Inflation, den Produktionsrückgang und die Arbeitslosigkeit « bekämpfen ». In der bürgerlichen Presse wurde dieses Treffen großspurig als « rettend » gepriesen. Doch kaum ein Monat später zeigte sich deutlich, dass die Schwierigkeiten nicht nur nicht überwunden wurden, sondern noch zunahmen, was zur weiteren Zuspitzung der zwischenimperialistischen Widersprüche führte. Das Zeichen dafür wurde in der Wall Street gegeben. Der amerikanische Dollar fiel rasend auf überaus niedrige Werte, die amerikanischen Exporte nach Europa und Japan nahmen sehr zu, während die Exporte der westeuropäischen Länder und Japans in die USA auffallend zurückgingen. In dieser Situation erhob die deutsche Bundesrepublik als erste ihre Stimme und stellte sich gegen die Vereinigten Staaten von Amerika. Und das hatte seinen Grund. Die westdeutsche Mark hatte stärkere Positionen und wurde durch den Kurssturz des Dollars unmittelbar bedroht. Die deutsche Bundesrepublik versuchte daher, dies durch finanzielle Machenschaften zur Konsolidierung ihrer führenden Rolle in der EG auszunutzen, keineswegs aber um den Dollar zu stützen, denn Kanzler Schmidt hatte dazu erklärt, dass « Amerika selbst auf dieses Problem reagieren muss, wenn es die führende Finanzmacht der westlichen Welt bleiben will ». Dies traf natürlich in Washington nicht auf Wohlgefallen.
Ein weiterer Punkt, bei dem zwischenimperialistische Widersprüche zwischen Washington und Bonn zum Vorschein kommen, ist die Frage des Vorstoßens in verschiedene Länder Asiens, Afrikas und Lateinamerikas. Die EWG erkennt, dass es für sie immer schwieriger wird, in diesen Ländern den Finger in den Honigtopf zu stecken, da sich die beiden Supermächte dort immer mehr einmischen. Darum tritt Bonn, das sich dafür « verantwortlich » fühlt, immer offener in der Rolle des Sprechers der westeuropäischen Länder auf, denn ein immer stärkeres Eindringen der Supermächte in Afrika stellt eine Bedrohung für die Interessen der EWG dar. Diese Sorge hat es Washington gegenüber deutlich zum Ausdruck gebracht und ihm zu verstehen gegeben, dass es bei den Beziehungen in dieser Frage eine Sonderbehandlung verlangt.
Diese und ähnliche Widersprüche wollen die USA vertuschen und zu ihren Gunsten lösen. Sie geben auf der einen Seite, um auf der anderen zu nehmen. Außerdem lassen sie es nicht zu, dass diese Widersprüche allzu heftige Formen annehmen, denn die Mitglieder der EWG, darunter auch die deutsche Bundesrepublik, sind auch Mitglieder der vom amerikanischen Imperialismus geleiteten und manipulierten NATO.
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