Andreas Habicht, Málaga
Schwierige Regierungsbildung in Spanien
Nur noch wenige Tage bleiben Zeit, um in Spanien eine Übereinkunft einer Regierungsbildung zu erzielen. Jedoch sieht alles danach aus, als ob es die derzeit im Amt befindliche Regierung auf Neuwahlen anlegt.
Bereits am 28. April diesen Jahres fanden in Spanien vorgezogene Neuwahlen statt. Aus Diesen gingen die sogenannten Sozialisten der PSOE (Sozialdemokraten) unter der bisherigen Minderheitsregierung, des Ministerpräsidenten (Anmerkung: dieses Amt entspricht in etwa dem der Bundeskanzlers/In), Pedro Sánchez, mit 123 Parlamentssitzen als stärkste politische Kraft, jedoch weitab der absoluten Mehrheit, von 176 Sitzen, hervor. Außerdem hielten bei dieser Wahl, erstmals seit dem Tod des faschistischen Diktators, Francisco Franco (im Jahre 1975) wieder bekennende Faschisten der VOX- Partei, Einzug ins Parlament.
Es folgten schwierige Verhandlungen mit verschiedenen im Parlament vertretenen Parteien, mit der Zielsetzung, eine handlungsfähige Regierung bilden zu können, die leider bis dato nicht von Erfolg gekrönt sind. Den reaktionär-konservativen Kräften, gehen die Zugeständnisse, die sie machen müssten viel zu weit – so forderten zum Beispiel die “Sozialisten”, dass große Teile der Arbeitsmarktreform der Vorgängerregierung von Mariano Rajoy, die vor etwas mehr als einem Jahr durch ein Misstrauensvotum gestürzt wurde, wieder rückgängig gemacht werden, auch soll den Wuchermieten in Großstädten, wo das Mietniveau, bei – im allgemeinen niedrigeren Gehalt – durchaus das hohe Niveau deutscher Metropolen erreicht, Einhalt geboten werden.
Für das Linksbündnis UNIDAS PODEMOS (“gemeinsam können wir”, Doppelspitze Pablo Iglesias und Alberto Garzón), bestehend aus PODEMOS (“wir können” – die Partei von Pablo Iglesias) und IZQUIERDA UNIDA (“vereinigte Linke”, mit dem Vorsitzenden Alberto Garzón), der auch die Kommunisten der PCE (Kommunistische Partei Spaniens) angehören, sind diese Punkte natürlich durchaus wichtig, da sie der Entlastung des grössten Teils der spanischen Bevölkerung dienen und eine Abkehr der Austeritätspolitik darstellen würden.
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Sozialdemokraten lehnen Regierungsbeteiligung der Linksparteien ab
Der “Schönheitsfehler” liegt allerdings im Detail begründet, dass die Sozialdemokraten eine Minderheitsregierung bilden möchten, die von UNIDAS PODEMOS zwar geduldet wird, aber diese Partei daran nicht beteiligt würde.
Im Sommer fand unter den Mitgliedern, der an UNIDAS PODEMOS beteiligten Parteien eine basisdemokratische Abstimmung statt, in der mehr als 70% der Teilnehmer, dafür stimmten, dass sie eine Koalition mit der PSOE eingehen, für den Fall, dass darüber eine Übereinkunft erzielt werden kann. Bisher sperren sich allerdings die Sozialdemokraten, dagegen, dass Personen der Linksparteien, Teilhabe an der Regierung haben.
Es wäre übrigens das erste Mal seit dem leider unrühmlichen Ende, der 2. Spanischen Republik (1931 bis 1939), dass Linke an der Regierung beteiligt würden. Ich halte zwar absolut nichts davon, Verschwörungstheorien aufzustellen, allerdings drängt sich mir der starke Verdacht auf, dass Sánchez letztendlich in diesem Bezug nicht frei handeln kann, erhält doch die PSOE, wie auch die beiden reaktionär-konservativen Parteien (Populares “Volkspartei”, politisch irgendwo zwischen CSU und AfD angesiedelt und Ciudadanos “Bürgerpartei”, mit der FDP vergleichbar), Spenden von finanzstarken Unternehmen. Ich persönlich denke, dass es genau diese Unternehmen sind, die Druck auf Pedro Sánchez und seine derzeit im Amt befindliche Übergangsregierung ausüben in dem sie ihm eine Beteiligung der Linksparteien an der neuen Regierung quasi verbieten.
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Kommt es zu Neuwahlen?
Der Maßnahmenkatalog, in dem es um nicht weniger, als 370 Punkte geht, die Spanien modernisieren sollen, enthält zwar durchaus sehr viele Punkte, die für Linke, ja sogar für uns Kommunisten, tragbar und entgegenkommend wären, allerdings wissen wir auch aus eigener Erfahrung, dass “linke Parolen”, wenn sie aus der Feder oder dem Mund von Sozialdemokraten stammen, in dem Moment nichts mehr wert sind, wenn sie an der Regierung sind und linke Parteien nicht die Möglichkeit haben, direkten Einfluss auf deren Politik zu nehmen, um sich um die tatsächliche Umsetzung zu kümmern.
Am Montag 9. September, sowie am Dienstag 10. September, wird es weitere Verhandlungen der PSOE mit UNIDAS PODEMOS, sowie POPULARES und CIUDADANOS mit dem Ziel, doch noch eine Übereinkunft zu erzielen, geben. Der letzte Termin, den die spanische Verfassung für eine Regierungsbildung vorsieht, wäre der 23. September. Danach muss der König Neuwahlen ausrufen, die in diesem Falle, mit größter Wahrscheinlichkeit, auf den 10. November festgesetzt würden.
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