Rui Filipe Gutschmidt
Portugiesische Abgeordnete:
„Die Rechten ins Loch der Geschichte verbannen,
in das sie gehören“
Mariana Mortagua ist Abgeordnete für den Linken Block (Bloco Esquerda – BE) in Portugals Parlament. Bisher galt ihr Kampf eher den schamlosen „Bankstern“, doch die Wahlen für das EU-Parlament haben die Portugiesen daran erinnert, dass in anderen EU-Staaten der Extremismus an Boden gewinnt. Dabei sind die Rechtspopulisten mit ihren Hasstiraden und ihrer spaltenden Ideologie, mehr oder weniger unfreiwillige Helfer des Systems.
Wer Mariana Mortágua vom Linken Block kennt, der weiß genau wie enthusiastisch die Politikerin gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt kämpft. Dabei geht ihre Partei den Weg des Friedens, der Solidarität, der Aufklärung und der Bildung. In einem Meinungsartikel zeigt die Powerfrau, dass die EU nicht obsolet ist, sondern ein gutes Projekt von schlechten Politikern ans Großkapital verkauft wurde. Der Weg, den die Nationalisten anbieten, ist laut Mariana, der Weg in den Untergang:
„Die extreme Rechte gewinnt in einer außer Kontrolle geratenen Europäischen Union an Boden, und es bleibt keine Zeit mehr für Experimente. Die Interpretation, die wir jetzt machen, wird diktieren, ob wir eine Strategie und daraus entstehende Bündnisse entwickeln können, die die Rechten in das Loch der Geschichte verbannen, in das sie gehören.“
Mit diesen harschen Worten beginnt Mariana „Der Bankerschreck“ ihren Artikel und erläutert zugleich:
„Es ist daher nützlich, sich an diese Geschichte zu erinnern. Die Friedenszeit, die Europa erlebt hat, beruht nicht auf der Tatsache, dass die Länder an eine Art Slogan namens Europäische Union gebunden sind. Was den Frieden bewahrte, war der Gesellschaftsvertrag, der aus den verheerenden Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise und des Zweiten Weltkriegs hervorging. Dieser Vertrag hatte konkrete Klauseln: den Aufbau eines universellen Sozialstaates; Schutz der Arbeitnehmerrechte, wobei die Gewerkschaften eine enorme Rolle spielen; Kontrolle der Banken- und internationalen Spekulationsbewegungen mit dem Bretton Woods-Abkommen; öffentliche Investitionen, mit dem New Deal. Der Gesellschaftsvertrag, der im letzten Jahrhundert den Rechtsextremismus auslöschte, war ein fortschreitendes Bündnis unter Demokraten, die verstanden, dass Hass durch Armut, Unsicherheit und Demütigung angeheizt wird. Und deshalb kann Frieden nur mit Stabilität, Rechten und Würde garantiert werden.“
Mit dem Zusammenbruch der totalitären kommunistischen Regime, deren Führung Wasser predigte und Wein trank, hatten die Kapitalisten keinen Grund mehr sich an den erwähnten Gesellschaftsvertrag zu halten, was man vor allem in Europa zu spüren bekam.
„In den achtziger und neunziger Jahren wurde dieser fortschrittliche europäische Vertrag geschwächt. Privatisierungen, finanzielle Deregulierung und die Erosion der gewonnenen Rechte haben seine Grundlagen zerstört, da einige seiner Gründer – die Sozialdemokratie – mit den Neoliberalen verbündet waren. In den 2000er Jahren erreichten finanzielle Gewinne Rekordhöhen, hinterließen jedoch einen bitteren Beigeschmack bei denen, die sahen, dass das Leben prekärer wurde und der Abstand zur Spitze zunahm.“
„Die Krise von 2007 war die Folge dieses Prozesses. Der eigentliche Schwung des sozialen Nachkriegsvertrags war jedoch die Sparpolitik und das damit einhergehende liberale Programm. Die Armut, die Ungleichheit und die Demütigung, die sie verursacht hat, sind heute, wie im Nachkriegszeitalter, Spuren der extremen Rechten.“
Abschließend macht die progressiv-linke Politikerin Angaben zum Rezept, welches die Viren des Extremismus am besten im Zaum hält:
„Um auf die extreme Rechte zu reagieren, muss ein Sozialvertrag mit einem öffentlichen Investitionsplan gegen den Klimawandel, mit einem starken Sozialstaat, mit Arbeitsrechten und dem Schutz der Menschenrechte überarbeitet und geschlossen werden.“ (…)
Die Mitterechtsparteien und ihre Austeritätspolitik im Bündnis mit der Hochfinanzmafia ist für den Aufstieg Neonationalistischer Parteien und ihrer Rassenideologie verantwortlich…
„Die gleiche Rechte, die demütigende Sanktionen verteidigte und verhängte. Die gleiche Rechte, die das Mittelmeer in ein Massengrab verwandelt hat. Diese bizarre Allianz hat nichts Fortschrittliches. Diese Allianz ist ein Fehler von der Größe unserer Geschichte.“
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Mariana Mortagua, Mitglied des Linken Blocks (BE):
Zu den Konsequenzen eines nationalistischen „Europa der Nationen“, wollte ich aber auch noch etwas hinzufügen.
Ich kann – als jemand, der zwischen zwei Kulturen lebt und Familie sowie auch Freunde in Portugal und Deutschland hat – vieles nachvollziehen was sich in Deutschland und anderen Industriestaaten der EU abspielt. Aber „das System“ trampelt auf Deutsche genauso rum wie auf nicht aus Deutschland stammende „Arbeiter“ – vor allem auf denen die ohne Arbeit sind. Ärzte und Ingenieure aus Osteuropa gehen in Deutschland putzen. Wenn Deutsche in Billiglohnländern produzieren lassen und die Menschen dort ausbeuten dann denkt man dort nicht dass alle Deutschen so sind. Warum unterstellen so viele Deutsche dann jedem Flüchtling unlautere Absichten? Weil Parteien wie die AfD genauso von Angst und dem daraus resultierenden Hass leben, wie die Islamisten oder eben die Nationalsozialisten in den 20er bis Mitte 40er Jahre. Teil des Systems ist es ja schließlich, uns gegenseitig aufzustacheln, zu hetzen und ein „WIR oder DIE“-Gefühl zu erschaffen.
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Wir sind Menschen (!) – DIE sind irgendwas anderes!
Homo Kapitalista oder so? Selbst eingebunden in ihrem System, leben die oberen 0,1 Prozent in einem Paralleluniversum. Sie interessiert nur, ob sie in der nächsten Ausgabe der „Forbs“ wieder ein paar Plätze gestiegen, ein paar Millionen reicher sind. Schon die Römer wussten wie man sich an den Zitzen der Wölfin (die römische Republik) ein schönes Leben macht.
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Erstveröffentlichung heute in unserer Partnerzeitung INFO-WELT.
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