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Die Umfrageergebnisse:
CHEGA (es reicht) – Rechtspopulisten, Neofaschisten 9%
Typischer Rechtspopulismus, der sich einzig auf die Figur des Vorsetzenden André Ventura konzentriert. CHEGA ist zu einem großen Teil für den Stimmenverlust der konservativen Mitterechtsparteien (CDS/PP, PSD/PPD) verantwortlich. Die anderen Parteien lehnen eine Koalition mit CHEGA kategorisch ab.
IL (Liberale Initiative) – Neoliberal 3,7%
Die Partei der Banker, Unternehmer und Anwälte vergleicht sich mit der deutschen FDP oder den britischen Liberals. In der Kampagne verherrlichen sie den Neoliberalismus der EU und der USA. Ihrer These nach, steigt der Lebensstandard ganz von allein, wenn man nur den Unternehmen genug „Spielraum“ gibt. Wachstum um jeden Preis? „Der Markt reguliert sich selbst“? Millionen von Menschen mit Niedriglöhnen und ohne Arbeitnehmerrechte widersprechen dieser These allerdings.
CDS (Sozialdemokratisches Zentrum) – Christdemokraten, Konservative 1,8%
Der ehemalige „kleine Koalitionspartner“ der „Troikaregierung“, auch bekannt als „Schäubles Lakaien“, (PSD/CDS – Passos Coelho/Paulo Portas), kämpft ums überleben. Altfaschisten wählen CHEGA und die alten Seilschaften haben sich „abgeseilt“. Der Partei machen die Korruptionsskandale und Mauscheleien aus ihrer letzten Regierungsbeteiligung zu schaffen. Echte Christdemokraten sind kaum noch in der Partei und Wähler bevorzugen eher die PSD.
PSD (Sozialdemokratische Partei) – Mitterechts, Konservativ, Neoliberale Züge 28,5%
Der „Herausforderer“ von Premierminister Costa, Rui Rio, hat den internen Zwist mit dem ehemaligen EU-Abgeordneten Carlos Moedas zunächst einmal beigelegt und ist bemüht die gesamte Wählerschaft des Rechtsspektrums und die (wenigen) enttäuschten Wähler der Regierungspartei PS hinter sich zu vereinen. Daher macht er nur wage Aussagen zu seinen eigenen Plänen und kritisiert dafür lieber die Regierungsarbeit und die „Linksextremisten“. „Wer Wirtschaftswachstum und einen ausgeglichenen Haushalt will, der muss PSD wählen“, so die Aussage Rios. Dabei hofft der Ex-Bürgermeister von Porto, dass die Wähler ein kurzes Gedächtnis haben. Denn der Haushalt 2019 (vor COVID) konnte erstmals in der Geschichte der Demokratie in Portugal einen Überschuss verzeichnen. Natürlich ging das zu Lasten der Arbeitnehmerrechte, der Rentner und des Sozialstaats, was der Mitterechtspartei aber egal ist, wie sie in der Zeit der Troika 2011-2015 klar bewiesen haben.
PAN (Personen, Tiere und Natur) – Mitterechts, Umwelt- und Tierschutz 2,1%
Die Tierschützer waren 2019 zum ersten mal im Parlament vertreten und schafften es gleich 4 Sitze zu ergattern. Sie haben eine teils radikale Agenda, geben sich aber ganz offen als kompromissbereite Verhandlungs- und mögliche Koalitionspartner für alle außer CHEGA.
Livre (Freie) – Linksprogressiv, Ökologie ca. 1,2%
Die Partei, die eine Abspaltung vom Linken Block ist, konnte 2019 eine Abgeordnete ins Parlament entsenden. Doch diese verwarf sich mit ihren Genossen und machte ihr eigenes Ding. Diesmal tritt der Gründer Rui Tavares erneut als Spitzenkandidat an und versucht Stimmen aus dem Mittelinkslager zu bekommen.
PS (Sozialistische Partei) – Sozialdemokraten, Mittelinks, Progressiv 38,1%
Der Regierungschef António Costa will die absolute Mehrheit für die Partido Socialista (PS), doch es sieht nicht danach aus, dass ihm dies gelingen könnte. Die Portugiesen sind nicht bereit einer einzelnen Partei so viel Macht zu geben. Der Wahlsieg, also stärkste Partei zu werden, wird den Sozialisten zwar gelingen, aber Costa wird auch dieses mal auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen sein, um eine Regierung zu bilden. Dabei gibt er, wie schon nach den letzten beiden Wahlen, den Parteien zu seiner Linken den Vorzug, auch wenn er dies derzeit nicht klar aussprechen will. Costa hat schließlich seine gesamte Strategie darauf ausgerichtet dem Linken Block und der PCP die Schuld für das Scheitern seiner Regierung (nicht Annahme des Haushaltsplans) zuzuweisen. Doch am Ende entscheidet der Wähler darüber wer wie mit wem regiert. Das Linksbündnis, das 2015 als „Geringonça“ bekannt wurde, kommt laut aktuellen Umfragen, auf 51-53 Prozent. Diesmal wird die PS allerdings nicht um eine schriftliche Vereinbarung drum herum kommen.
CDU (Unitarisch-Demokratische Koalition) = PCP+PEV (Kommunistische Partei Portugals+Ökologische Parte „die Grünen“ – Kommunisten + Linksökologische Umweltschutzpartei 4,8%
Die CDU – Bündnis zwischen der Kommunistischen Partei PCP und den Linksgrünen PEV – arbeiten auf eine Neuauflage der „Geringonça“ hin. Dabei ist das Ziel der CDU auch möglichst viele Sitze im Parlament zu erringen, um Costa eine schriftliche Vereinbarung abzuringen und um dem Arbeiternehmern ihre Rechte wieder zu geben, die ihnen die Mitterechtsregierung der Troika 2011-2015 genommen hat.
BE (Linker Block) – Linksprogressive, Sozialisten 7,4%
Die Partei die mit der Vorsitzenden Catarina Martins eine starke Führerin hat, die sich für die Rechte der Arbeitnehmer, Rentner und all jenen einsetzt die im neoliberalen System vergessen, ausgebeutet oder diskriminiert werden, kämpft ebenfalls für eine Neuauflage der „Geringonça“ mit einem verstärkten Stimmanteil. Die Kampagne lief bisher gut für die Linksprogressiven, denen Anfangs „die Schuld für das Scheitern der Regierung“, die „ihre Arbeit gut macht“ angelastet wurde. Inzwischen haben viele begriffen, dass es vor allem an Premierminister Costa lag, der in Fragen wie der Mindestlohnerhöhung und Wiederherstellung der Arbeitnehmerrechte nicht verhandeln wollte, um dadurch die absolute Mehrheit bei Neuwahlen einfordern zu können.
(Nochmals weise ich alle Leser/innen auf meine Parteizugehörigkeit hin. Als Parteimitglied beim Bloco Esquerda ist meine Analyse zu diesem Thema nicht unvoreingenommen. Es spiegelt sich demnach meine persönliche Meinung und politische Einstellung in diesem Artikel wieder.)
Der Wahlkampf geht in seine Endphase und am 30. Januar wählen die Portugiesen ein neues Parlament. An diesem Tag spielen alle Umfrageergebnisse keine Rolle mehr und all die Manipulationen, gegenseitigen Vorwürfe, Versprechen, Propagandatricks und Lügen sind Wertlos. Das Volk entscheidet wer sie im Parlament vertritt.
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Erstveröffentlichung am 20. Dezember 2021 auf »Info-Welt« . Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
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