Franz Pöschl
Das „demokratische“ Kasperltheater von Thüringen

Franz Pöschl

Die deutsche Parteiaristokratie hat ein System entwickelt, welches die vollkommene Ignoranz des Wählerwillens ermöglicht. Alles wurde getan, um den Einfluß der Menschen auf die Politik so gering wie möglich zu halten. Längst zugegeben in einer verräterischen Rede von Angela Merkel schon im Jahre 2010, in dem sie von dem „Primat der Politik“ sprach.

Die Unterschiede zwischen den „staatstragenden“ politischen Parteien sind so groß wie in etwa die Strömungen in der KP Chinas. Seit 1990 eher noch kleiner, denn die gewaltigen Veränderungen, welche China in den letzten 30 Jahren durchgemacht hat, erscheinen in Deutschland eher unmöglich. Nun passiert, was irgendeinmal passieren mußte, das System wird gegen die Parteienaristokratie selbst angewandt und schon ist das Gekreische laut. Was nicht gefällt, soll passend gemacht werden. Neuwahlen, Misstrauensvotum was auch immer. Hauptsache nicht DAS.

Wahlergebnissse der Landtagswahlen in Thüringen im Oktober 2019. Quelle: Landeswahlleiter

Nun schreien alle laut: „Ruck nach rechts“ oder „Tabubruch“. Aber niemand kommt auf die Idee, zu hinterfragen, warum es zu solchen überraschenden Wendungen kommen kann, und inwieweit das denn die Meinung der Wähler widerspiegeln könnte. Genau genommen wird der „Wählerwillen“ immer nur von jeder Seite als Argument benutzt, aber nie wirklich beachtet. Und niemand wagt es, die Wurzeln der Probleme anzusprechen.

Nach der Ernennung der ehemaligen Verteidigungsministerin von der Leyenzur EU-Chefin, obwohl sie nie auf irgendeinen EU-Wahlzettel stand, und vor der Wahl in keinem Kommentar auch nur ansatzweise als Kandidatin erwähnt worden war, sieht der Wähler nun erneut, welchen Wert seine Wahlaussage hat. Nämlich absolut keinen. Wir wählen in Deutschland nämlich NUR Parteien. Parteien bestimmen die Listenkandidaten und die Direktkandidaten. In sicheren Wahlkreisen ernennt daher die Partei den Abgeordneten. Die Wahl ist nur nochFormsache. Und was die Listenkandidaten angeht, geht es nur darum, bis zu welchem Listenplatz denn nun die Kandidaten in den Bundestag kommen oder nicht. Der Wähler darf nur noch abnicken. Und innerhalb der Parteien ist es eine Gruppe von wenigen tausend (manche reduzieren die Zahl auf wenige hundert) einflußreichen Parteimitgliedern, die so entscheiden, wer denn Abgeordneter wird oder nicht.

Die Wähler dürfen ausschließlich zwischen Parteien wählen. Da die sich aber in ihrem Grundkonsens so wenig unterscheiden wie die Strömungen innerhalb der Einheitsparteien anderer Staaten ist das Ergebnis vorhersehbar. Dann wird im Parlament zwischen den Parteien eine Regierung ausgemauschelt. Das heißt, das Parlament setzt die Regierung ein. Das hat aber nichts mehr mit dem Geist der Gewaltenteilung zu tun, von dem immer wieder als Grundvoraussetzung für Demokratie geredet wird. Denn wie soll das Parlament glaubhaft etwas kontrollieren im Auftrag und im Sinn der Wähler, was es selbstinstalliert hat? Wie soll ein Minister, der selbst Abgeordneter ist, seine Regierung hinterfragen und kontrollieren?
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Sind Abgeordnete gespaltene Persönlichkeiten?

Man kann sagen, nein, sie sind keine gespaltenen Persönlichkeiten, sondern nicken Entscheidungen über Krieg und Frieden eben in einer Viertelstunde ab.

Noch etwas: Die Idee der Gewaltenteilung, resultierend aus den Erfahrungen mit der absolutistischen Monarchie, sieht vor, daß nicht die Regierung die Gesetze macht, weil dann die Tendenz besteht, die Gesetze so zu verfassen, daß sie durch die Regierung leichtestmöglich durchgesetzt werden können. Das gilt aber in Deutschland nicht. Und als Ergebnis sehen wir, wie im Laufe der Jahrzehnte das Grundgesetz durch Gesetze, welche die jeweiligenRegierungen eingebracht haben.weil ihnen die Beschränkungen des Grundgesetzes nicht paßten, vom ursprünglichen Geist entleert wurde. Das Grundgesetz dient den staatstragenden Parteien heute lediglich als Werkzeug, um jeden möglichen Angriff auf die Macht derParteien abzuwehren. Wie sähe denn ein System aus, das der Demokratie näher kommen würde?

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Das Parlament

Nun beginnen wir mit dem Parlament, dem Bundestag. Er soll ja angeblichdie Vertretung des deutschen Volkes sein. Also müßten hier auch die Interessen so vertreten werden, wie sie in der Gesellschaftvorhanden sind. Tatsächlich aber herrschen Juristen und Beamte oder Menschen aus beamtenähnlichen Positionen vor. Mal abgesehen von den ungelernten Berufspolitikern. Die Gründe sind mannigfach. Von Gesetzen und Klassenverhältnissen, die es Beamten wesentlich einfacher machen zu kandidieren als einem Nebenerwerbslandwirt oder einer allein erziehenden Mutter, bis zu einen weiteren Grund: Die Parteienaristokratie.

Die Parlamente als Schwatzbude. Hier das EU-Parlament in Brüssel
bei einem ihrer Auftritte im TV. Bild: Youtube

Wie kann ein solches Parlament ein Spiegel des deutschen Volkes sein? Aber gehen wir davon aus, daß Regelungen geschaffen werden, die sicherstellen, daß die „Volksvertreter“ auch tatsächlich einen Spiegel der Bevölkerung darstellen. In dem Fall würden die Wähler dann ihre Vertreter in den Bundestag wählen. Die wiederum müßten nun in Gesetzen die Regeln festlegen, welche die Regierung bei der Ausübung ihrer Arbeit zu beachten hat. Dabei müssen sie natürlich Kompromisse eingehen, natürlich Minderheitsmeinungen berücksichtigen usw. Aber es muß das PARLAMENT sein, was die Regeln festlegt, nach denen die Exekutive agieren darf.
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Die Regierung

Kommen wir nun zur Regierung. Natürlich muß diese direkt vom Wähler bestimmt werden. Nur wenn der Wähler die Regierung direkt wählt, gibt es die Möglichkeit einer Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung. Mit anderen Worten: Der Wähler wählt den Bundeskanzler in direkter Wahl. Und in den Ländern eben den Ministerpräsidenten. Dieser wird Chef der Exekutive. Also er sieht zu, daß die Gesetze so exekutiert werden, wie das Parlament sich das ausdenkt.
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Was ist die Kommmune? Die Schmetterlinge

Diesese ist nichts neues. Schon die Pariser Kommune berief sich 1871
auf diese Werte. Wer könnte es besser erklären als die Schmetterlinge!
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Mit anderen Worten aus der Wirtschaft erklärt: In einer Aktiengesellschaft gibt es Aktionäre. Vergleichen wir sie mit den Wählern. Die Wähler bestimmen den Aufsichtsrat, das ist dasParlament. Nun kommt der Unterschied. Nicht der Aufsichtsrat bestimmt den Vorstand oder Geschäftsführer, sondern die Aktionäre, also die Wähler selbst. Der heutige bourgeoise Bundestag der BRD ist nicht einmal so demokratisch wie eine Aktiengesellschaft.Insofern sind für den Bundeskanzler ganz andere Wahlgründe entscheidend.

Während man von den Abgeordneten erwartet, daß sie Visionen für die bestmögliche Vertretung der eigenen Interessen in das Parlament einbringt, muß der Regierungschef vor allen Dingen ein Top-Organisator und Verwalter sein, der loyal gegenüber dem Willen des Parlaments, diesen umsetzt. Die Wähler müssen ihm oder ihr vertrauen, daß die Gesetze und Beschlüsse des Parlaments auch wirklich in dessen Sinn umgesetzt werden. Und damit das auch wirklich sicher gestellt ist, muß natürlich ein Verfahren möglich sein, einen Bundeskanzler auch während der Amtszeit durch ein Volksbegehren abberufen zu können. Wer würde einen Geschäftsführer noch für zwei Jahre weiter arbeiten lassen, wenn er gegen den ausdrücklichen Entscheid der Aktionäre gehandelt hätte? Das sind nicht einmal revolutionäre Vorschläge, sondern einfach demokratische.
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Die Justiz

Was, wenn es zum Streit zwischen Regierung und Parlament oder sogar dem Volk, den Wählern direkt kommt? Nun dann benötigt man einen Schiedsrichter. Man benötigt eine unabhängige Justiz. Die gibt es in Deutschland nicht, wie ein ehemaliger Richter ausführlich auf seiner Internetseite www.gewaltenteilung.de dargelegt hat. Und wie sogar der Europarat schon vor vielen Jahren monierte. Und weshalb zum Beispiel von deutschen Staatsanwälten keine internationalen Haftbefehle mehr akzeptiert werden. Also sollte man das doch dringend ändern? Nicht wenn man der Logik des Parteienkonsens folgt. Wohl aber, wenn man der Logik der Menschen folgt, die sich gegen eine Regierung oder ein Parlament mit der Justiz auseinander setzen müssen.

Um eine unabhängige Justiz zu erhalten, muß diese natürlich eineigenes Finanzbudget erhalten, unabhängig von den Justiz- oder Finanzministern. Erscheint logisch. Und die Ernennung von Richtern darf natürlich nicht von denen vorgenommen werden, welche einmal von diesen Richtern verurteilt werden könnten. Natürlich müßten die höchsten Richterämter von den Wählern bestimmt werden. Und natürlich dürften sie keine politischen Ämter oder Funktionen ausgefüllt haben. Oder würde vor Gericht ein Gutachter als unbefangen angesehen werden, wenn dieser 30 Jahre für einUnternehmen gearbeitet hat, gegen das er nun ein Gutachten erstellen soll?

So geht Gewaltenteilung. Und was den Einfluß des Wählers angeht, müssen natürlich Politiker, welche nicht tun, was sie dem Wähler vor der Wahl an Entscheidungen zugesagt haben, über ein Mißtrauensvotum abgelöst werden können. Können, nicht müssen. Aber er muß seine Gründe transparent darlegen und den Wähler überzeugen.

Fotomontage, Urheber unbekannt, Quelle: YouTube

Die Medien

Es gibt noch eine vierte Säule der Gewaltenteilung, die Medien. Im Moment ist dies keine separate Säule, da die öffentlich rechtlichen Medien durch die Parteien kontrolliert werden, während die privaten Medien zwar potentiell Kontrolle ausüben könnten, das aber nicht wirklich tun, weil die Ziele der Politik mit denen der privaten Herrscher dieser Medienkonzerne übereinstimmen. Demokratie ist aber nur dann möglich, wenn den Subjekten, welche Entscheidungen fällen sollen, die Informationen zur Verfügung stehen, um diese fällen zu können. Damit das aber nicht eintritt, werden die von den politischen Parteien kontrollierten Medien gestärkt, die politischen PR-Abteilungen der politischen Parteien, genannt politische Stiftungen, mit demnächst fast 1 Milliarde Steuergeldern ausgestattet, und den privaten Medien, so lange die Zielsetzung die gleiche ist, mit Subventionen geholfen, während freie Informationsverbreitung durch unkontrollierte Kanäle immer stärker behindert wird. Zunächst durch Propaganda, aber zunehmend auch durch gesetzliche Regelungen.
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Die Verfassung

Kommen wir zur Grundlage der Gewaltenteilung und des Staates allgemein, dieVerfassung. Bei der Gründung der Bundesrepublik erhielten wir das Grundgesetz als Provisorium. Deshalb heißt es auch Grundgesetz und nicht Verfassung. Es wurde uns laut § 146 Grundgesetz versprochen, daß sich das deutsche Volk im Fall der Wiedervereinigung eineVerfassung geben darf. Dieses Versprechen wurde frech durch den Konsens der deutschen Parteienaristokratie gebrochen. Natürlich würde eine verfassungsgebende Versammlung vom Grundgesetz ausgehen, dieses in die moderne Zeit übersetzen und plötzlich würde man feststellen, daß sein Geist längst ausgehöhlt und zunichte gemacht wurde. Außerdem hätte die Gefahr bestanden, daß die in Jahrzehnten mühevoll ausgebaute Macht der Parteien in Gefahr geraten könnte.Aber genau das ist der Grund, warum wir eine neue Verfassung benötigen. KPD/ML, DKP u. a. hatten dies 1989 gefordert.

Auch wenn dies noch keine proletarische Demokratie darstellt, es hätte den Spielraum des Volkes und der Arbeiterklasse enorm erweitert. Und in dieser Verfassung muß dann auch festgelegt werden, daß Verstöße gegensie durch entsprechende Regelungen im Strafrecht abgedeckt sind. Denn das hat die Parteienaristokratie „vergessen“. Egal wie sehr die Politik gegen das Grundgesetz verstößt, es hat keine strafrechtlichen Konsequenzen. Nicht nur, weil es keine unabhängige Justiz gibt, welche Anklage erheben würde, sondern auch, weil es an entsprechenden Regelungen im Strafrecht mangelt. Als die KPD-Abgeordneten Reimann und Renner damals dem Grundgesetz die Unterschrift versagten, begründete das Max Reimann mit folgenden Worten: „Sie, meine Damen und Herren haben diesem Grundgesetz, mit dem die Spaltung Deutschlands festgelegt ist, zugestimmt. Wir unterschreiben das nicht. Es wird jedoch der Tag kommen, da wir Kommunisten dieses Grundgesetz gegen die verteidigen, die es angenommen haben.“
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Thüringen

Kommen wir endlich zurück zur Ministerpräsidentenwahl in Thüringen. Hier hat sich nun also das System des Parteienkonsens gegen die herrschenden Parteien selbst gerichtet. Ein frecher FDP-Landesverband mit einer winzigen Vertretung im Parlament nutzte die Stunde der Gunst und sicherte sich mit ausgegrenzten, aber demokratisch und fair gewählten Abgeordneten den Posten des Ministerpräsidenten. Wäre dieser tatsächlich nur der „Geschäftsführer“, welcher die Gesetze und Entscheidungen des Parlaments bestmöglich umsetzen soll, gäbe es überhaupt keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Ebensowenig, wenn die Wähler die Möglichkeit hätten, eine Regierung über ein Volksbegehren auch außerhalb von Legislaturperioden abzuwählen. Aber was macht der Parteienkonsens? Er versucht durch die vorhandenen Druckmittel im Rahmen der Parteien, ein legal einwandfrei zustande gekommenes Ergebnis zu kippen. Und so wird auch dieses Beispiel der Auswüchse dieser Parteien-Aristokratie bald vergessen sein, und der Wähler weiter in einer elitaristischen Scheindemokratie verwaltet werden, statt selbst gestalten zu dürfen.

Übrigens: Was ist einer der wichtigen Unterschiede zwischen einer Rätedemokratie und einer „Repräsentativen Demokratie“ oder freien Mandat? In ersterer ist der Abgeordnete an die Entscheidungen der Wähler gebunden, und wird abberufen, wenn er sich dagegen ausspricht. In der repräsentativen Demokratie ist der Abgeordnetenur seinem „Gewissen“ (Geldbeutel?) gegenüber rechenschaftspflichtig. Die Frage ist, ob sich das „freie Mandat“,insbesondere unter dem Eindruck der fehlenden Gewaltenteilung, tatsächlich im Sinne der Wähler bewährt hat. Oder ob es nicht Zeit wäre, dieses „freie Mandat“ zu überdenken.
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Reminiszenzen der Monarchie

Wer über den Hinweis am Anfang, daß die Gewaltenteilung aus der Lehre der absolutistischen Monarchie entstanden war, gelacht hat, dem könnte das Lachen im Rachen stecken bleiben, wenn er nun liest, wies ich unsere Monarchin, Entschuldigung, Bundeskanzlerin Angela Merkel, in einer Pressekonferenz dafür aussprach, daß „die Wahlrückgängig gemacht“ werden müsse. Wäre alles so gelaufen, wie es eigentlich im Parteienkonsens bzw. der modernen neuen Aristokratie vereinbart ist, wäre natürlich die Wahl vollkommen in Ordnung gewesen. Die Strategen der Kapitalistenklasse bevorzugen Schwarz-Grün, nicht Schwarz-Gelb-Blau. Es wird Zeit, die Monarchie und Macht der Aristokratie zu beenden. Jede Unterdrückerklasse, auch die Bourgeoise, wird „absolutistisch“, „aristokratisch“ und terroristisch, wenn sie in der Krise steckt.

Aber es wird eines Tages zum Gewaltausbruch (Revolution) des unterdrückten Volkes und der Arbeiterklasse kommen, die sich das nicht mehr gefallen läßt.
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Erstveröffentlichung in ROTER MORGEN-Info vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors. Bilder, das Video und Bildunterschriften wurden von der Redaktion American Rebel hinzugefügt.

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