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Medien Mosaik
– Gsponer/Buresch/Pacht: „Jugend ohne Gott“
– Danielle Willert: „Hans Moser in seinen schönsten Filmen“
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Kann man Ödön von Horvath acht Jahrzehnte nach seinem Tod noch vom Blatt verfilmen? Michael Knofs getreue Adaption „Jugend ohne Gott“ vom Beginn der neunziger Jahre wirkt heute trotz guter Schauspieler altbacken. Der aus der Schweiz stammende Regisseur Alain Gsponer und seine Szenaristen Alex Buresch und Matthias Pacht gingen einen anderen Weg. Sie verlegten die Auseinandersetzungen eines Lehrers und seiner Schüler in die nahe Zukunft. Das Individuum zählt nur noch so viel, wie es allen nützlich sein kann. Mitmenschlichkeit ist zum großen Teil verloren gegangen. Eliten werden an Privatschulen herangezüchtet, wer nicht spurt, fällt durch den Rost, quält sich an der Regelschule. Freundschaften können sich nicht mehr entwickeln. Soziales Gespür wird nicht verlangt. Was bei Horvath noch die Warnung vor Faschismus war, ist jetzt die Vision eines neoliberalen Überwachungsstaats. Die düstere Utopie erzählen die Filmemacher aus dreierlei Blickwinkeln hintereinander, so dass sich stets neue Details erschließen. Dabei wird das Gewicht der Handlung auf den sensiblen Schüler Zach (Jannis Niewöhner) verlagert. Ob die Besetzung des Lehrers mit dem türkischstämmigen Fahri Yardim glücklich ist, sei dahingestellt. Durch sein deutliches Anderssein verkörpert er nicht mehr die von Horvath angestrebte Durchschnittlichkeit. Trotzdem ein Film, der weit über den Durchschnitt herausragt.
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Jugend ohne Gott, Regie Alain Gsponer, Verleih: Constantin Film, ab 31. August in zahlreichen Kinos.
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Hans Moser (der 1931 den Zauberkönig in der Uraufführung von Horvaths „Geschichten aus dem Wiener Wald“ spielte) ist eine so einmalige Legende des österreichischen Theaters und Films, dass seine Filme fast täglich in einem der vielen deutschsprachigen Sender laufen und seine oft für ihn geschriebenen Wiener Lieder häufig in den Spartenprogrammen des Rundfunks laufen. Er war bis ins hohe Alter ein Kassenmagnet, und blieb es auch mehr als 50 Jahre nach seinem Tod. Darum kommen auch immer wieder neue Bücher mit ihm und über ihn heraus. Das neueste ist ein Bildband von Danielle Willert, die zuvor mit einem Peter-Alexander-Buch Erfolg hatte. Sie durfte im Filmarchiv Austria stöbern und hat einige schöne teils schwarzweiße, teils farbige Fotos und Programmhefte gefunden, wobei die versprochenen Plakate mit zwei an der Zahl nicht nennenswert sind.
In bescheidenem Maße gibt die Autorin Angaben zur Biografie, wobei sie auf Mosers Zeit im Nationalsozialismus eingeht, dem er als durch und durch unpolitischer Mensch hilflos gegenüberstand. Immerhin gelang es ihm, seine jüdische Frau zu retten.
Die Bildunterschriften sind mitunter ergänzungsbedürftig, fehlen doch die Namen seiner Partner nicht selten, seien es Hans Adalbert Schlettow, Heinz Salfner, Margarethe Slezak oder Arno Paulsen. Die Bemerkung, „Das Ferienkind“ von 1943 sei Mosers Lieblingsfilm gewesen, ist schwer zu widerlegen. Andere Autoren berichten glaubhaft, es wäre das Tier-Melodram „Herrn Josefs letzte Liebe“ (1959), an dessen Drehbuch der Hundefreund Moser maßgeblich beteiligt war. Auch die Behauptung, „Kaiser Josef und die Bahnwärterstochter“ sei 1963 sein letzter Film gewesen, trifft nicht zu, da dem 1961 gedrehten Fernsehfilm noch ein Kinostreifen mit Conny Froboess und die Schnitzler-Adaption fürs Fernsehen „Leutnant Gustl“ mit der wirklich letzten Rolle folgten. Ein schönes Blätterbuch für den Interessierten, aber nicht mit Akribie verfasst!
Danielle Willert: Hans Moser in seinen schönsten Filmen. Sutton Verlag, Erfurt 2017, 128 Seiten, rund 150 Abbildungen, 20,00 Euro.
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Aus Das Blättchen, Nr. 18, vom 31.7.2017, mit freundlicher Genehmigung des Autors
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Medien-Mosaik früherer Monate
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