Max Bryan
G20-Krawalle: Umfassende Analyse wirft neue Fragen auf
Aussagen der Polizeiführung im Innenausschuss stimmen nicht überein mit den Aussagen der Kommandoführung vor Ort
Seit Anbeginn der Debatte zur Aufarbeitung der G20-Krawalle stand die Frage im Raum, warum die Polizei am Abend des 7. Juli nicht früher gegen die Randalierer und Plünderer im Hamburger Schanzenviertel vorging. Eine umfassende Analyse der Vorgänge wirft neue Fragen zur bisherigen, offiziellen Darstellung des Einsatzgeschehens auf.
So behaupten die Einsatzführer gegenüber dem Innenausschuss am 19. Juli, man konnte nicht früher eingreifen, weil das betreffende SEK noch „eingegraben“ war, sprich an andere Stelle im Einsatz war und erst einmal „ausgegraben“ werden musste. Zudem habe es im Vorfeld des Anrufs beim SEK wohl eine Art „Befehlsverweigerung“ (formellen Protest) gegeben, wonach der für den Abschnitt Schanzenviertel zuständige Einsatzleiter Normen Großmann Bedenken dahingehend äußerte, mit seinen Leuten in das Viertel reinzugehen. „Zu gefährlich“, für die Beamten seiner Einheit, so die bisherige Darstellung.
Die Einsatzführer und der Hamburger Senat stehen dem Innenausschuß der Hamburger Bürgerschaft Rede und Antwort zum Einsatzgeschehen während der G20-Gipfeltage. Verlesen wurde unter anderem ein Bericht zu den Ereignissen vom Abend des 7. Juli, wo Gewalttätern unterstellt wurde, im Hamburger Schanzenviertel einen Hinterhalt gelegt zu haben, um gezielt das Leben der Einsatzkräften zu gefährden. Diese Darstellung muss nun möglicherweise korrigiert werden.
So behaupten die Einsatzführer gegenüber dem Innenausschuss am 19. Juli, man konnte nicht früher eingreifen, weil das betreffende SEK noch „eingegraben“ war, sprich an andere Stelle im Einsatz war und erst einmal „ausgegraben“ werden musste. Zudem habe es im Vorfeld des Anrufs beim SEK wohl eine Art „Befehlsverweigerung“ (formellen Protest) gegeben, wonach der für den Abschnitt Schanzenviertel zuständige Einsatzleiter Normen Großmann Bedenken dahingehend äußerte, mit seinen Leuten in das Viertel reinzugehen. „Zu gefährlich“, für die Beamten seiner Einheit, so die bisherige Darstellung.
Grund der Zurückhaltung waren eigenen Angaben zu Folge diverse Personengruppen auf weiteren Dächern entlang des Schulterblattes, so wie beispielsweise in Höhe von Schulterblatt 72 bis 76. Auf einer der Wärmebild-Aufnahmen der Hubschrauber-Kamera ist zu sehen, wie eine Person etwas vom Dach wirft. Unklar bleibt jedoch, warum das geschah. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich kaum Menschen, geschweige denn Polizei auf der Straße. Auch das zeigt die Kamera. Wem also hätten die Täter damit verletzen wollen? Und könnte es nicht auch ein Böller gewesen sein?
Auffällig ist auch die Uhrzeit im Clip „0:12 Uhr am 8. Juli“ – ein Zeitpunkt, wo das SEK bereits im Einsatz war. Die Dächer da vorn am Schulterblatt 76 wurden vom SEK aber nicht mal kontrolliert. War die Gefahr dann doch nicht so groß?
Es war insoweit auch der einzige Wurf vom Dach eines Hauses, den die Polizei am 19. Juli zusätzlich zu dem schon bekannten Material vom Schulterblatt 1 präsentierte und es wurde auch zugegeben, dass nicht unterscheidbar gewesen sei, ob es sich bei den dortigen Personen um „Schaulustige, Anwohner oder Gewalttäter handele“, so Normen Großmann, Leiter der Bundespolizei-Inspektion Hamburg, der an dem Abend auch das Kommando in der Schanze hatte.
Verdeckte Beamte – sogenannte „Aufklärer“, hätten lediglich berichtet, dass die Schanze zu einer Art „Festung ausgebaut“ sei. Von „1500 zu allem bereite Personen“ war die Rede. Beweise für diese Zahlen gibt es allerdings nicht. Auf vielen Videos, die am Abend gemacht wurden, sieht man vor allem Gaffer und Schaulustige, wie auch an jedem 1. Mai dieser Orts.
Großmann verteidigte das Vorgehen der Polizei dennoch und entschieden: „Die Polizei habe mit Angriffen von zahlreichen Dächern rechnen müssen“.
Und dennoch, wo waren denn die gefährlichen Wurfgeschosse von den Dächern? Sind die sichergestellt worden? Weder Senat noch Polizeiführung haben am 19. Juli entsprechendes Bildmaterial von einem der Dächer präsentieren können und seltsam ist auch, dass nicht ein einziges Handy-Video von einem der Gaffer oder Schaulustigen existiert, auf dem erkennbar wäre, das größere Dinge wie „Gehwegplatten“ oder Molotow-Cocktails vom Dach geworfen wurden. Ich meine da sind tausende Menschen in der Schanze und es existiert nicht ein einziges Video, dass die Straftäter in Aktion zeigt? Wie kann das sein?
Michael Zorn, der Leiter des für die Spezialkräfte zuständigen Einsatzabschnitts erklärte gegenüber dem Innenausschuss am 19. Juli – Zitat: „Wir sind dann um 23:37 Uhr mit zunächst 24 SEK-Beamten auf das Gebäude am Schulterblatt 1 vorgerückt“ und seien dabei „von der rechten Dach- und Gerüstseite mit Eisenstangen, Steinen und Holzpaletten beworfen worden“. Da seine Kräfte „keine Demo-Ausstattung“ hätten, bestand somit auch eine „unmittelbare Lebensgefahr“ für seine unterstützenden Kräfte, so Zorn. Man habe dann in Reaktion darauf „40-Millimeter-Gummigeschosse auf die Dachkante gefeuert“, denn man habe mindestens Schwerstverletzte oder Tote befürchten müssen, so Zorn gegenüber dem Innenausschuss.
Seltsam dabei ist allerdings, dass der tatsächlich vor Ort eingesetzt Kommandoführer Sven Mewes (57) gegenüber dem Spiegel eine etwas andere Geschichte erzählt. Auf die Frage hin, ob das vor Ort eingesetzte SEK auf Widerstand stoß, antwortet Mewes – Zitat: „Es hat überhaupt keine Gegenwehr gegeben. Wir haben in den ersten beiden Gebäuden auf dem Dach Straftäter stellen können, die sich, als sie uns sahen, sofort ergeben haben. Insgesamt haben wir sechs oder sieben Häuser durchsucht. Es gab nach meiner Erinnerung 13 Festnahmen“ – Zitat Ende.
Ich finde da ist eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem, was am 19. Juli gegenüber dem Innenausschuss berichtet wurde und dem, was zuvor in Interviews gegenüber den Medien von den tatsächlich vor Ort eingesetzten Beamten geschildert wurde. Quelle: Spiegel Online
Frage daher: Wie groß war das Gewaltpotential seitens der Personen auf dem Dach und dem Gerüst am Schulterblatt 1 tatsächlich? Und gab es nun eine Gegenwehr per Bewurf der SEK-Kräfte mit „Steinen, Eisenstangen und Holzpaletten“ oder gab es diesen Bewurf nicht? Ich finde das ist eine wichtige Frage, die man unbedingt klären sollte. Im Zweifel auch durch Befragung weiterer Zeugen.
Michael Zorn fügte seinen Ausführungen dann noch hinzu: „(…) man sah ja, dass sogar Spezialeinheiten bedroht werden, das hatte etwas von sich abzeichnenden Unruhen“. Und die Frage ist, ob diese Darstellung tatsächlich so zutrifft oder ja möglicherweise nur eine besonders überzogene Zuspitzung der tatsächlichen Ereignisse vom 7. Juli ist. Eine vielleicht aufgebauschte Dramatisierung, um das zu späte Eingreifen der Beamten gegenüber der Bevölkerung zu rechtfertigen. Was wirklich in den Abendstunden des 7. Juli geschah, wissen vor allem diejenigen, die persönlich auch vor Ort waren.
SEK-Kommandoführer Sven Mewes (57) sagte dem SPIEGEL: „Wir haben in den ersten beiden Gebäuden auf dem Dach Straftäter stellen können, die sich, als sie uns sahen, sofort ergeben haben.“ Von Bewurf mit Steinen, Eisenstangen und Holzpaletten war in dem Statement des vor Ort eingesetzten Kommandoführers keine Rede und wäre dem so gewesen, hätte Mewes das sicherlich erwähnt. Warum hätte er ein so wichtiges Detail verschweigen sollen?
Auch wurden dem Innenausschuss am 19. Juli keinerlei Beweise für die angeführten „Eisenstangen, Holzpaletten oder Gehwegplatten auf Dächern“ präsentiert. Keine Wärmebilder der Kameras vom Hubschrauber und nicht ein einziges Handy-Video der Anwohner konnte diese bisherige Darstellung des Senats belegen.
Bislang keine Beweise für einen gefährlichen Hinterhalt
Definition Hinterhalt: „Als Hinterhalt wird eine militärische Taktik bezeichnet, bei der eine Partei aus dem Verborgenen einer Deckung heraus einem Gegner auflauert und diesen bekämpft. Hierbei spielt die Überraschung durch Tarnung eine wesentliche Rolle“ (Quelle: wikipedia.de)
Nun, der Überraschungsmoment war wohl kaum gegeben. Kreiste doch seit den frühen Abendstunden ein Helikopter über dem Viertel, der so ziemlich jede Bewegung möglicher Straftäter live und am Bildschirm mit verfolgen konnte, wonach die vor Ort eingesetzten BFE-Beamten bestens im Bilde gewesen waren, was die Damen und Herren auf den Dächern da so trieben.
Genügend Zeit war also durchaus, etwaige Vorkehrungen zu treffen, wie zum Beispiel ein SEK schon mal in Bereitschaft zu versetzen – auch lange vor 22 Uhr schon. Ich meine, wenn man weiß, dass man für den Fall der Fälle weder Willens, noch fähig ist das Problem selbst zu lösen, sollte man vorsorgen. Diese Vorausschau fehlte an diesem Tag.
Für die Zeit danach, als die Lage schon am eskalieren war, gab Abschnittsleiter Normen Großmann gegenüber dem Innenausschuss am 19. Juli zu Protokoll, dass er „mindestens mit Schwerstverletzten“ oder sogar „Toten“ hätte rechnen müssen, wenn er zum Zeitpunkt der Plünderungen (ab ca. 21:30 Uhr) in die Schanze vorgerückt wäre und habe für diesen Fall auch „Schusswaffengebrauch“ nicht mehr ausschließen können. Aus diesem Grunde wurde dann lt. Protokoll um 22:07 Uhr das SEK gerufen. Das aber war nicht sofort startbereit, weil alle Kräfte entweder gebunden oder sich in Ruhephase befanden. 23:10 Uhr habe man dann schließlich den Einsatzort erreicht und um 23:47 Uhr begann der Einsatz der SEK-Kräfte, der bis 1:24 Uhr am 8. Juli andauerte.
Ungereimtheit
Auffällig daran ist folgende Äußerung, die der Leiter der Spezialkräfte Michael Zorn gegenüber dem Innenausschuss am 19. Juli tätigte (und er las dabei ab) – Zitat: „Als unsere Kräfte – auch unter dem Schutz der Kräfte von Herrn Großmann – die Haustür, bzw. das Gerüst am Gebäude Schulterblatt 1 erreicht hatten, sind sie von der rechten Dachseite und von der rechten Gerüstseite mit Eisenstangen, Steinen und Holzpaletten beworfen worden“.
Das Augenmerk liegt hier auf der Formulierung „auch unter dem Schutz der Kräfte von Herrn Großmann“. Das bedeutet, die dem Einsatzleiter Normen Großmann unterstellten Beamten sind MIT VORGERÜCKT – zusammen mit den Kräften des SEK´s und das führt unweigerlich zu der Frage: Wenn Großmann´s Kräfte seit 19 Uhr vor Ort waren und diese vor 23:37 Uhr das Gebäude am Schulterblatt 1 nicht haben betreten wollen, weil sie fürchteten, dass ihnen Gehwegplatten und Ähnliches auf den Kopf fallen könnten, warum sind Großmann´s Leute dann doch noch im Schlepptau des SEK um 23:37 Uhr bis mit vor die Haustür des Schulterblatt 1 vorgerückt? Hätte ihnen da nicht auch was auf den Kopf fallen können? Was war um 23:37 Uhr anders als um 21 oder 22 Uhr, wo Großmann´s Leute selbst und ohne dem SEK das Gebäude hätten längst sichern können?
Eine Gehwegplatte vom Dach geworfen um 22 Uhr ist doch die selbe Gefahrenlage wie eine Gehwegplatte um 23:37 Uhr, oder etwa nicht? Im Grunde ist das ein Widerspruch!
Denn in der Pressekonferenz am 9.7. wurde den dort versammelten Journalisten mitgeteilt, dass Zitat: „man erst auf die BEREINIGUNG DER LAGE DURCH DAS SEK WARTEN WOLLTE“, eben weil Gefahr für Leib und Leben der BFE-Beamten (Großmann´s Leute) bestand und man sie dieser Gefahr nicht aussetzen wollte. Um 23:37 Uhr aber setzte man eben diese Beamten sehr wohl der Gefahr für Leib und Leben aus, indem man das SEK – Kommando bis an die Tür des Gebäudes am Schulterblatt 1 begleitete, wo ihnen jederzeit eine Gehwegplatte hätte auf den Kopf fallen können. Frage: Wie passt das zusammen?
Ich finde das passt gar nicht zusammen und alle diese Vorgänge gehören lückenlos untersucht. Am besten durch einen „parlamentarischen Untersuchungsausschuss“ – kurz „PUA“, nur der ermöglicht das Einfordern von Beweisen, respektive unumstößlichen Belegen für all die Behauptungen, die lt. Wortprotokoll des Innenausschusses vom 19. Juli gegenüber den Abgeordneten gemacht wurden.
Aufzuklären wäre auch, wie es zu den unterschiedlichen Darstellungen der Ereignisse vom 7. Juli kommen konnte. Warum ein Michael Zorn aus der Ferne eine wesentliche dramatischer Geschichte schildert, als der tatsächlich vor Ort eingesetzte Kommandoführer Sven Mewes. Und warum Normen Großmann mit seinen Leuten erst auf das SEK wartete und nicht selbst eingriff, wo er sich um 23:47 doch mit dranhing und das SEK bis vor die Haustür des Schulterblatt 1 begleitete. Warum ging Großmann mit seinen Leuten dann nicht auch früher schon rein und tat das, was er kurz vor Mitternacht als Unterstützungseinheit des SEK´s auch tat? Hätte man den Bereich denn nicht auch früher schon selbst sichern und die Geschäfte vor Plünderungen schützen können? Die Gefahr vom Dach – wenn sie denn existierte – war um 23.47 Uhr doch die selbe wie um 22 Uhr, oder nicht?
Nicht alle Dächer am Schulterblatt kontrolliert
Im Innenausschuss am Mittwoch wurde zudem bestätigt, dass die Häuser entlang des Schulterblatts 72 bis 76 nachher – als das SEK eintraf, vom Selbigen nicht mal kontrolliert wurden. Angeblich, weil sich zum späteren Zeitpunkt und nach Eintreffen des SEK keine Menschen auf den Dächern dort mehr befunden hätten, weshalb es überflüssig gewesen sei, diese Dächer seitens des SEK zu kontrollieren.
Kontrolliert wurde lediglich Schulterblatt 1, 3, 7, 9, 10, 11, 13 und 15. In einem der letzten Häuser habe sich zudem ein Sanitätsteam befunden, dass eine schwer verletzte Person behandelte. Das SEK rief daraufhin den Rettungswagen.
Nur 13 Festnahmen
Am Ende bilanziert das SEK 13 Festnahmen aus den Bereichen Dächer und Gerüst am Schulterblatt 1. An den übrigen 8 Hausnummern – Schulterblatt 3 bis 15 wurde demnach keine Personen festgenommen und auch die Straftäter vom Schulterblatt 1 sind inzwischen wieder auf freiem Fuß. Man habe ihnen nichts nachweisen können. Eine sofortige Tatort-Sicherung habe ebenfalls nicht stattgefunden. Die wurde erst „Tage später“ gemacht und bei allem Respekt vor der Arbeit der Beamten, diese Einsatzbeschreibung klingt (für Laien) wie ein schlechter Witz!
Keine Fingerabdrücke?
Wenn von dem Dach und dem Gerüst des Gebäudes am Schulterblatt 1 tatsächlich gefährliche Gegenstände geworfen worden wären, müssten sich auf diesen Gegenständen auch Fingerabdrücke befinden. Die hätte man mit den Fingerabdrücken der 13 festgenommenen Personen auf Übereinstimmung abgleichen können und die Frage ist, ob dies geschehen ist? Und wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Konnte man denn wenigstens eines der Wurfgeschosse mit einem der 13 Täter in Verbindung bringen? Oder hat auch das nicht geklappt?
Harmlose Touristen
13 offenbar harmlose Personen hatten es also geschafft, ganze 6 Hundertschaften davon abzuhalten die Schanze zwischen 20 Uhr und Mitternacht zu räumen. Darunter 4 Russen, zu denen Senat und Polizeiführung (trotz Nachfrage eines Abgeordneten) im Innenausschuss am 19. Juli keinerlei Angaben hinsichtlich Vorstrafen und/oder sonstige Vorgeschichte machen konnten. Auch das ist merkwürdig. Wo doch 7 Tage zuvor schon in diversen Medien die Identität der Russen im geoutet wurde, wie die Veröffentlichung dieser ARD-Sendung auch belegt: www.daserste.de
In dem – wohlgemerkt schon am 11. Juli – also 8 Tage vor der 1. Sondersitzung des Innenausschusses vom 19.7. – veröffentlichten Filmbeitrag handelt es sich bei den 4 festgenommenen Russen um harmlose Touristen, die lediglich vor hatten das Geschehen vom Gerüst aus zu filmen, dennoch aber wie „Terroristen“ behandelt wurden. Frage: Warum wurde das am 19.7. dem Innenausschuss der Hamburger Bürgerschaft nicht mitgeteilt? Warum gab man an, keine Informationen zu diesen 4 Russen zu haben? Vielleicht weil es peinlich ist, keine echten Straftäter präsentieren zu können?
Der Mann vom Gerüst
Auch dieser Herr hier machte eher einen harmlosen Eindruck, wie der SPIEGEL zu berichten weiß. Quelle: www.spiegel.de
Auch von ihm ging augenscheinlich keine sichtbare Gefahr aus und damit schon Nummer 5 von 13 festgenommenen Personen am Gebäude Schulterblatt Nummer 1, die nicht das hielten was sie nach Einschätzung der Beamten vor Ort „versprachen“.
Tobias Marquardt, 30 Jahre alt, war aus dem Harz angereist und kletterte auf das Gerüst, um sich ein besseres Bild der Lage am Boden zu verschaffen. Wurde dann aber in Gewahrsam genommen und durch das volle Programm der Mühlen der Justiz gedreht. Dabei existiert nicht ein einziger Beweis dafür, dass er Dinge vom Dach geworfen hat. Auch wurde seitens der Kripo keine sofortige Beweissicherung auf dem Dach durchgeführt. Ein Unding (für Außenstehende).
Frage daher: Wo sind die gefährlichen Gehwegplatten geblieben? Wo die Molotow-Cocktails? Im Innenausschuss am 19. Juli konnte die Polizei nicht einen einzigen Bildbeweis dahingehend liefern, was im Einzelnen sich auf dem Dach an Gegenständen befunden hat. Keine Gehwegplatten, keine Eisenspeere, keine Holzpaletten und auch keine Molotow-Cocktails. Gäbe es diese Bilder, wären sie am 19. Juli sicher vorgelegt worden.
Auch über die übrigen festgenommenen 8 Personen vom Dach am Schulterblatt 1 konnte oder wollte die Polizei am 19. Juli keine näheren Angaben zur Person oder deren Vorgeschichte machen. Ich finde das seltsam. Ein Untersuchungsausschuss sollte diesen Fragen nachgehen und letzte Gewissheit einholen.
Gefährlicher Hinterhalt?
Auf diesem Bild der Wärmekamera vom Hubschrauber sieht man, wie eine Person einen Gegenstand vom Dach wirft. Möglicherweise ein Stein.
Auf einem weiteren Bild sieht man, wie eine der Personen auf diesem Dach einen augenscheinlich zuvor angezündeten weiteren Gegenstand vom Dach wirft. Hartmut Dudde – Gesamteinsatzleiter während des G20 will darin einen Molotow-Cocktail erkannt haben. Hier anschauen: www.youtube.com
Dudde erklärte dazu am 9. Juli in der Pressekonferenz gegenüber Journalisten – Zitat: „Sein Molotow-Cocktail zündet und jetzt wird er ganz gepflegt auf den Wasserwerfer geworfen“. Doch woher weiß Dudde, dass es sich um einen Molotow-Cocktail handelt? Woher stammt diese Information? Und wer hat sie in Umlauf gebracht? Gibt es unabhängige Augenzeugen, die beschwören, dass es sich dabei um einen Molotow-Cocktail handelt? Kann es nicht auch ein „Bengalo“ oder „Böller“ gewesen sein? Ist das Bild einer Wärmebild-Kamera denn überhaupt Beweis genug, um die Art und Beschaffenheit eines Wurfgeschosses zu identifizieren?
Experten bezweifeln die offizielle Darstellung der Polizei. Der anerkannte juristische Sachverständige und Fachingenieur für Wärmebildtechnik Georg Dittié jedenfalls behauptet, dass dies kein Molotow-Cocktail war. Seiner Einschätzung zu Folge handelt es sich um einen „Böller“ oder dergleichen.
Zitat: „Die Infrarot-Emission auf dem Bild ist nur geringfügig höher als die der Personen“ und „ein brennender Stofflappen wie bei einem Molotow-Cocktail müsste eine viel höhere Infrarot-Emission abgeben. Die Kamera würde in die Sättigung gehen, das Bild wäre überstrahlt“, teilt der Sachverständnis im Interview mit (Quelle: www.mopo.de).
Auch eine „Bengalfackel“ oder sonstiges pyrotechnisches Material könnte in Frage kommen. Theoretisch kann das alles gewesen sein, nur kein Molotow-Cocktail, der nämlich wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beim Aufprall am Boden explodiert. Zitat Dittié: „Ein benzingetränkter Lappen entflammt sofort“.
Gruppenführer dementiert
Was auch immer da vom Dach flog, muss nicht zwingend ein Molotow-Cocktail gewesen sein. Etwas derartiges wurde auch von unabhängigen Beobachtern nicht gesehen. Ein Gruppenführer der Polizei, der zu dieser Zeit mit seiner Einheit am Boden stand, erinnert sich nicht daran, dass ein Molotow-Cocktail herabgefallen, zersprungen, aber nicht in Flammen aufgegangen ist. Spuren hiervon seien am Boden „nicht gesichert worden“. (Quelle: Süddeutsche Zeitung).
N24 berichtete Live
Nicht einmal der erfahrene Fernseh-Reporter Christoph Wanner konnte bestätigen, dass Molotow-Cocktails oder dergleichen vom Dach geworfen wurden. Zitat aus seinem Fernseh-Bericht bei N24:
„Wir haben gesehen, wie sich radikale Demonstranten diesen Polizeikräften regelrecht ergeben haben und ihnen dann auch entgegen gegangen sind und da gab es dann überhaupt keine Gegenwehr mehr“ und auch er habe weder Holzpaletten, Gehwegplatten, noch Eisenstangen vom Dach oder Gerüst fliegen sehen. Wäre dem so gewesen, hätte er es mit Sicherheit im Bericht erwähnt. Der Kollege sendet live.
Ein Polizeisprecher habe Wanner gegenüber dann erklärt, dass die Demonstranten mit Molotow-Cocktails ausgerüstet seien oder auch Steinplatten auf den Dächern deponiert haben „KÖNNTEN“. Doch das seien alles Dinge, die der Reporter selbst so nicht gesehen hat. Zitat aus seinem Bericht, der auf N24 lief: „Selbst haben wir keine Molotow-Cocktails gesehen“, man habe Feuerwerk und Pyrothechnik gesehen und „auch Demonstranten, die Steine und Flaschen warfen“, aber Molotow-Cocktails habe er persönlich „nicht gesehen“, so Wanner in seinem Fernsehbericht, der allerdings auch nur am Boden stand und nicht auf dem Dach oder dem Gerüst. Frage daher an den Hamburger Senat: Wo waren diese gefährlichen Wurfgeschosse? UND haben sie je existiert – auf diesem Dach am Schulterblatt 1?
Diese Frage ist deshalb so wichtig, weil dies der Hauptgrund dafür war, die Schanze vor Eintreffen des SEK´s nicht räumen zu wollen und Selbige damit den Plünderern und Gewalttätern am Boden zu überlassen, die dann ungehindert und stundenlang das Viertel auseinander nehmen konnten. Allein das ist ein Skandal, wenn sich am Ende herausstellt, dass es den Grund der Zurückhaltung nie gegeben hat, dass der Wurf eines Molotow-Cocktails vom Dach des Schulterblatt 1 nie wirklich stattgefunden hat.
Öffentliche Umfrage
Nicht besonders repräsentativ, aber immerhin eine mögliche Spur zu dem vermeintlichen Molotow-Cocktail, der lt. Angaben der Polizeu angeblich vom Dach am Schulterblatt 1 geworfen wurde. Vielleicht gibt es ja Augenzeugen auch unter denen, die am 7. Juli in der Schanze waren. Frage also: Hat irgendwer die Tat beobachtet? Stand zufällig jemand daneben, als der besagte Gegenstand vom Dach fiel? Hat Jemand gehört oder gesehen, wie die Flasche des angeblichen Molotow-Cocktails auf dem Dach des Wasserwerfers zerschellte und gibt es Bilder davon? Hier meine Umfrage:
Gegenüber dem Innenausschuss am 19. Juli erklärte Michael Zorn – Leiter der Spezialkräfte – dazu, Zitat: „Als unsere Kräfte unter dem Schutz der Kräfte von Herrn Großmann die Haustür, bzw. das Gerüst am Gebäude Schulterblatt 1 erreicht hatten, sind unser Kräfte von der rechten Dachseite und von der rechten Gerüstseite mit Eisenstangen, Steinen und Holzpaletten beworfen worden“ und die Frage ist, ob das ausser der Polizei sonst noch Jemand gesehen hat. Ein Anwohner zum Beispiel oder ein Schaulustiger, der das vermeintliche Tatgeschehen mit beobachtet hat?
Falls nicht, bleibt die Frage, woher diese Information stammt und ob es sich dabei nicht um eine nachträgliche Dramatisierung der tatsächlichen Ereignisse handelt. Vielleicht um das zu späte Anrufen und Eingreifen des SEK-Kräfte zu rechtfertigen. Wie auch das stundenlange Abwarten der 600 Polizisten vor Ort – die nicht eingriffen, weil deren Aussage zu Folge die Möglichkeit bestand mit Gehwegplatten und Molotow-Cocktails vom Dach aus beworfen zu werden. Interessant wäre zu erfahren, von wem im Einzelnen diese Information stammt, dass angeblich Gehwegplatten und Molotow-Cocktails auf Dächer gebracht wurden. Wer vor Ort die Aufkärung dazu betrieben hat und wer das verantwortet. Auch das könnte ein Untersuchungsausschuss gut in Erfahrung bringen.
Testreihe
Darüber hinaus könnte man einen Test machen und auf abgelegenen Gelände die Szene nachstellen. Beispielsweise zehn Versuche unternehmen, einen brennenden Molotow-Cocktail von einem Hochhaus 10 Meter in die Tiefe fallen zu lassen und dann zu schauen, was passiert. Wie oft also so ein „Cocktail“ am Boden dann tatschlich explodiert – oder eben nicht.
In dem von der Polizei bei der Pressekonferenz am 9. Juli vorgeführten Video ist der angebliche Molotow-Cocktail bei Auftreffen auf dem Dach des Wasserwerfers ja ausdrücklich NICHT explodiert. „Das hat nur was mit Glück oder Zufall zu tun“, meinte Hartmut Dudde zur Erklärung. Frage bleibt dennoch, wie oft so etwas passiert? Ein Test – durchgeführt von einem entsprechenden Sachverständigen – könnte letzte Gewissheit darüber bringen, in welcher Regelmäßigkeit solche Molotow-Cocktails am Boden auch explodieren, wenn sie erstmal brennend vom Dach eines fünfstöckigen Gebäudes geworfen werden. Auch das könnte ein etwaiger Untersuchungsausschuss in Erfahrung bringen.
Wärmebilder
Hartmut Dudde – der Gesamteinsatzleiter schwärmte im Vorfeld des Gipfels davon, dass die Polizei zum G20 das „modernste Equipment“, was die Polizei derzeit zu bieten hat, zum Einsatz bringt. Nun, da könnte man eigentlich erwarten, dass auch die Hubschrauber-Ausstattung wenigstens über eine handelsübliche Kompakt-Kamera verfügt, mit der man aus der Luft bequem hätte gestochen scharfe HD-Aufnahmen vom Geschehen UND DEM DORT BEFINDLICHEN WURFMATERIAL hätte machen können.
Frage: Ist das geschehen? Und wenn ja, wo sind diese Bilder?
Ich meine der Scheinwerfer am Helikopter hätte das Dach komplett ausleuchten und die Bordkamera gute Aufnahmen liefern können. So hätte man gesehen, ob dort Steinplatten, Molotow-Cocktails oder sonstiges Geschoß in Stellung gebracht war. Wurde das gemacht? Gibt es derartige Bilder? Und wenn nein, warum nicht?
Nicht existierende Bilder dieser Art könnten Kritiker glauben lassen, man habe bewußt keine hochauflösenden (gut ausgeleuchteten) Bilder aufgenommen, um die Wahrheit nicht zeigen zu müssen, die ja durchaus darin bestehen könnte, dass ausser Steinen und ein paar Böllern auf dem Dach nichts zu finden war und so das Argument, man habe mit Gehwegplatten vom Dach fallend rechnen müssen, nicht länger haltbar wäre.
Falsche Signale?
Fakt ist, die Polizei weigerte sich ins Viertel reinzugehen, weil die theoretische Möglichkeit bestand, mit „Gehwegplatten und Molotow-Cocktails“ von Dächern aus beworfen zu werden. So hatte es der Polizeisprecher Timo Zill gegenüber N24 am Abend des 7. Juli mitgeteilt. Am Ende stellte sich jedoch heraus, dass von den 13 auf dem Dach gestellten Personen mindestens mal die Hälfte harmlos waren. Frage: Was für Signale gehen davon aus?
Im Grunde eine Kapitulationserklärung in Richtung all derer, die am 7. Juli die Schanze vom Boden verwüsteten. Denn es erweckt den Eindruck, dass man lediglich eine Hand voll Leute auf Dächern platzieren müsse, die dann irgendwas Undefinierbares vom Dach herunter werfen und schon hält die Polizei sich aus dem Viertel raus. Weigert sich gegen die Straftäter am Boden vorzugehen. Wonach die dann in aller Seelenruhe die Läden plündern, Barrikaden bauen und Autos anzünden können. Ist das jetzt jenes „Schaufenster moderner Polizeiarbeit“, von der Andy Grote im Vorfeld des Gipfels sprach? Oder ist es eher ein Zeugnis des Versagens, der Fehleinschätzung, der Kapitulation?
Sechs Hundertschaften hochgerüsteter BFE waren über Stunden nicht in der Lage die Schanze zu räumen – das ist das was bleibt.
Die Bürger und Bürgerinnen des Schanzenviertels dürfte das kaum zufrieden stellen. Sind sie es doch, die jeden 1. Mai mit Verlusten am eigenen Hab und Gut zu rechnen haben und jetzt vielleicht noch mehr. Wo man doch sehen konnte, wie leicht es ist, sich die Hamburger Polizei vom Hals zu halten. Eine Besorgnis erregende Entwicklung, wie ich finde, dass keiner der sonst so hart agierenden BFE-Beamten (siehe 6. Juli) Held genug war die Schanze vor Randale zu schützen. Das muss einfach mal gesagt werden!
Verklärter Heldenstatus?
Der erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) wird in diesem Zusammenhang auch nicht müde die Einsatzkräfte des G20 als „Helden“ zu feiern. Das mag in mancher Hinsicht stimmen, was geleistete Arbeitsstunden und Entbehrungen bei Verpflegung und Unterbringung anbelangt. Hinsichtlich Mut und Aufopferungswillen haben aber zumindeste diese 600 Beamten in der Schanze am 7. Juli nebst zuständigen Einsatzleiter keinen wirklichen Orden verdient. Bedeutet Held sein doch auch, sich für Andere aufzuopfern und das ist am 7. Juli nun bei weitem nicht geschehen.
Helden wären diese 600 Beamten gewesen, wenn Sie vor 23 Uhr das Haus gesichert und die Läden in der Schanze geschützt hätten. Doch stattdessen wartete man bis 23:10 Uhr auf das SEK, das wo genau noch mal war? Stimmt – auf Fahrrädern und Mopeds in der Stadt verteilt, mit Jeans und T-Shirts bekleidet – völlig unauffällig – um etwaige Attentäter dingfest zu machen, die es wo gab? Wie wichtig war die eigene Bevölkerung im Vergleich zur imaginären Bedrohungslage durch Terroristen in der Stadt? Gab es die überhaupt? Etwaige Terrorwarnungen?
Olaf Scholz hat stets bestritten, dass der Schutz der Staatsgäste Vorrang vor dem Schutz der eigenen Bevölkerung hatte. Wenn dem tatsächlich so wäre, hätte man wenigstens mal FRÜHZEITIG ein SEK Kommando auch Richtung Schanze abstellen können, wo man doch wusste, dass dort jeden 1. Mai regelmäßig die Läden zu Bruch gehen. Da muss es doch logisch gewesen sein, dass dies im größeren Ausmaße auch zum G20 passiert. Wer das nicht weiß oder ahnt, gehört abgesetzt, respektive ersetzt! Hier bitte lesen: https://www.welt.de/regionales/hamburg/article166935135/Das-verstoesst-gegen-die-Verfassung.html
Anderes Klientel
Frage bleibt auch, ob es mit den vorhandenen rund 600 Kräfte vor Ort nicht früher schon möglich gewesen wäre, die Schanze zu sichern. Auf dem Gerüst standen anfangs nur harmlose Party-People. Wie jenes unbekannte Pärchen, das ein Video beim einvernehmlichen Sex zeigt. Auch sie waren auf dem Gerüst am Schulterblatt 1. Jenes Gerüst, dass von der Hamburger Polizei später als Ort eines „gefährlichen Hinterhalts“ bezeichnet wurde.
Das Video kursierte in den Tagen nach den Krawallen bei Whatsapp und wurde von vielen Usern gesehen und geteilt. Es tauchte allerdings in keiner Polizeimeldung auf. Auch nicht in den offiziellen Berichten des Senats vom 19. Juli. Gemacht hat das Video offenbar ein Herr, der ebenfalls auf dem Gerüst stand. Hier im Screenshot nur mit einem Ellenbogen zu sehen.
Ich finde das zeichnet ein etwas anderes Bild von dem Klientel auf dem Gerüst. Videos oder Bilder von schweren Straftätern, die gerichtsverwertbar erkennbare „Gehwegplatten, Molotow-Cocktails oder Holzpaletten auf Dächer schleppen und/oder von Dach und Gerüst dann wieder herunter werfen, wurden bislang nämlich nicht gefunden.
Man habe weder einen Bericht über die Sicherstellung entsprechender Gegenstände gefunden, noch irgendein Bild, das die vermeintlichen Brandsätze oder Reste von Wurfgeschossen zeigt, so die Hamburger Polizei (Stand: 19. Juli).
Dennoch aber reichte allein die VERMUTUNG aus, es könne eine derartige Gefahr von Dächern drohen. um das Viertel komplett und stundenlang dem Mob zu überlassen. Für die Anwohner ist das sicherlich auch im Nachhinein nur schwer zu ertragen.
Anwohner berichten
So hatten die Plünderer in aller Ruhe die Geschäfte ausräumen und ihre Beute in Sicherheit bringen können. Nachdem sie das Diebesgut im Park dann deponiert hatten, „kehrten sie in die Schanze zurück und machten da weiter, wo sie aufgehört hatten“ – berichtet Steffen A., der unerkannt bleiben will (Name geändert). Von ihm stammen auch zahlreiche Erklär-Videos, wie er die Situation am Abend des 7. Juli wahrnahm. „Die Polizei hatte NICHTS gemacht“ und „die hätten von den Seitenstraßen bequem mit dem Wasserwerfer hier reinkommen und das Viertel räumen können“, erklärt der Mann, der die Straßen rund um das Schanzenviertel gut kennt und dort auch wohnt. „Wenn die hier mit dem Wasserwerfer rein wären, hauen die eh alle ab“, so der 51-Jährige, der so gar nicht verstehen kann, warum die Polizei nicht eingriff.
Die Polizei hingegen behauptet, man habe zwar versucht, unter anderem auch von der Altonaer Strasse ins Viertel vorzurücken, sei aber massiv unter Beschuß geraten. Von Flaschen und Steinen ist die Rede, woraufhin man sich habe zurück ziehen müssen. „Man wolle keine neue Lage schaffen“, weil es anderen Orts schon zu viele Einsätze gab.
Diese Aussage ist deshalb interessant, weil sie sich mit den Aussagen zahlreicher Bewohner des Schanzenviertels deckt. Eine weitere Anwohnerin analysiert die Situation nämlich wie folgt:
„Man hat die Vermummten hier randalieren lassen, damit die nicht in andere Bezirke ziehen, so wie an die Elbvororte. Man hat die hier machen lassen, damit die Staatschefs in aller Ruhe in der Elphilharmonie sitzen und anschließend in Ruhe nach Hause fahren können. Die Polizei stand da vorne überall, aber sie durften nicht eingreifen. Und als der letzte Staatsgast zu Hause war, hieß es dann: ‚Bitte jetzt die Schanze räumen'“, erklärt eine Anwohnerin gegenüber „MVmedial Leipzig“.
Diese Einschätzung ist zwar nur eine Meinung – eine persönliche Einschätzung dessen, was die Dame glaubt zu wissen, aber sie ist nicht ganz so abwegig, wie es auf den ersten Blick scheint. Im Grunde ist das die vielleicht sogar einzige plausible Erklärung dafür, warum die 600 Polizisten vor Ort stundenlang nicht eingriffen. Frage nämlich bleibt, warum das SEK nicht früher gerufen wurde. Hartmut Dudde – der Gesamteinsatzleiter tat dies erst um 22:07 Uhr und die Frage ist, warum nicht schon davor? Die Leute auf dem Gerüst standen da schon länger – als es noch hell war und einen angeblichen Hinterhalt habe man sicher nicht erst seit 22:07 Uhr befürchtet, sondern auch vorher schon. Insofern bleibt die Frage, warum das SEK nicht früher schon gerufen wurde, respektive es nicht früher schon bereit stand und da wiederum landet man bei Aussagen wie „alle Kräfte waren gebunden“.
SEK zu beschäftigt?
Michael Zorn, der Leiter der Spezialkräfte gegenüber dem Innenausschuss am 19. Juli: „Wir hatten starke Kräfte in den Schutzmaßnahmen, weil die Prozedur in der Elbphilharmonie noch lief“, will heißen, die nun wirklich umfangreichen Schutzmaßnahmen rund um die Elbphilharmonie banden viele Kräfte und auch an den Hotels der Schutzpersonen (wie Putin & Co.) „wurden viele Kräfte benötigt, weil deren Rückkehr aus der Elbphilharmonie erwartet worden war“, so Zorn gegenüber dem Innenausschuss am 19. Juli und weiter: „Wir hatten Interventionskräfte für die Begleitung der Schutzkolonnen in den Gefährdungsstufen 1 und 2. Wir hatten Kräfte bereits in der Ruhephase, die tagsüber den gesamten Komplex Messehallen geschützt haben“, erklärte Zorn am 19. Juli.
Nun stelle man sich vor, die Polizei hätte die Schanze um 21 Uhr schon geräumt. Das hätte a) mehr Nachschub-Kräfte für die Schanze bedeutet – (die man vor 23 Uhr nicht hatte, weil diese bis 23 Uhr zum Schutz der Staatsgäste abgestellt waren) und b) hätte die Gefahr dann bestanden, dass die Randalierer in andere Bezirke abwandern, dort, wo man sie – aus verständlichen Gründen – nicht haben wollte.
„Deshalb hat die Polizei hier in der Schanze nicht eingegriffen und die Leute konnte hier alles kaputt machen. Die Staatsgäste konnten anderen Orts sicher nach Hause fahren“, analysiert die Dame aus dem Video von soeben.
Schanze absichtlich geopfert?
Der für die Schanze zuständige Einsatzleiter Normen Großmann teilte dem Innenausschuss am 19. Juli mit – Zitat: „Wenn wir da rein gegangen wären, dann hätten wir eine zusätzliche Lage geschaffen und eine solche wollten wir im Schanzenviertel nicht erzeugen“. Das klingt exakt nach dem, was diese Anwohnerin wie eben genannt analysiert hat und die Frage bleibt, warum wollte man keine zusätzliche Lage schaffen? Vielleicht weil es zutrifft, dass man die Gewalttäter im Viertel halten wollte, indem man sie dort auch ungestört machen ließ?
Eine etwaige frühere Intervention hätte die Straftäter ja möglicherweise vertrieben und sie wären dann anderen Orts vor 23 Uhr tätig geworden. Es wäre nur logisch, das verhindern zu wollen, um die Staatsgäste anderen Orts nicht zu gefährden. Aus diesem Grunde könnte die Einschätzung diverser Beobachter durchaus zutreffen.
Gefahr vom Dach nur konstruiert?
Es wäre natürlich ein Novum, wenn das irgendjemand der hohen Herren zugeben würde, dass es genau so war. Oder ein „PUA“ (parlamentarischer Untersuchungsausschuss) genau das zu Tage fördert, was hier schon beschrieben steht. Ich persönlich könnte mir gut vorstellen, dass dem so wird, aber ich kann mich auch täuschen. Vielleicht taucht doch noch im Nachhinein ein Beweis oder ein Foto auf, wie linke Extremisten Gehwegplatten auf Dächer schleppen und/oder von da aus wieder runterwerfen. Ausschließen kann man dieser Tag gar nichts, zumal die Hamburger Polizei angeblich noch Waschkörbe weise ungesichtete Berichte vorenthält.
Bislang gesichert ist nur die bisherige Darstellung des Senats zu den Vorfällen am 7. Juli, wonach 6 Hundertschaften Polizei angeblich nicht in der Lage waren die Schanze zu räumen, so wie das vergleichsweise auch jeden 1. Mai geschieht. Und das nur, wegen ein paar fraglicher Momente auf den Dächern der Schanze? Für Laien: Man hätte doch den Helikopter so nah an das betreffende Hausdach heranbringen können, dass das Anzünden eines Molotow-Cocktails von dort aus unmöglich wird. Jedes Feuerzeug würde unter dem Luftdruck der Rotorblätter streiken „und schon wäre die Gefahr vom Dach des Schulterblatt 1 gebannt gewesen“, wissen auch Insider zu berichten. Parallel dazu hätte man am Boden mit einem Panzerwagen und den Wasserwerfern (ohne Beamte am Boden) vorrücken können und sich so mit Luftunterstützung Haus für Haus vorarbeiten können. Ich bin sicher, dass die Schanze dann auch vor 22 Uhr ganz schnell leer gewesen wäre, so wie das jedes mal am 1. Mai auch passiert und vielleicht wären die Läden dann ja heile geblieben. Aber dazu sah sich die Polizei nicht im Stande. „Wir waren nicht mal bis Rote Flora vorgedrungen“, hieß es im Innenausschuss am 19. Juli.
Alternativen ignoriert?
Wo wir beim Thema wären. Denn ein weiterer, nicht unwesentlicher Aspekt der Geschichte ist die Frage, warum man nicht früher und vor 22 Uhr mit den vorhandenen 6 Hundertschaften über die anderen Zuwegungen in die Schanze vorgerückt ist, wie das bequem über die Juliussstrasse, die Susannenstrasse und auch die Altonaer Strasse hätte geschehen können. Die Polizeiführung arugmentiert aber, das habe man zwar „versucht“, aber man sei quasi „abgeprallt“ und „durch Steinwürfe und andere Dinge zurückgeworfen worden“.
Kann das stimmen?
Ich meine JEDEN 1. Mai riegelt die Polizei das Viertel weiträumig ab. Keiner kommt mehr rein oder raus. Frage: Warum ist das am 7.7. nicht geschehen?
Die Polizei argumentiert, dass wenn man über Altonaer Strasse kommend weit in die Schanze vorgerückt wäre, die Gefahr bestand von Dächern aus mit Steinen und ähnlichem Material beschossen zu werden und das Risiko wollte man nicht eingehen. Deshalb kein Vorrücken in der Schanze bevor nicht das SEK da ist.
Kritiker entgegnen aber, dass es sehr wohl alternative Zugänge zur Schanze gegeben hat. „Alle Straßen waren offen und frei zugänglich und „bei ähnlichen Ereignissen“ haben man auch schon mal „Hubschrauber in eine Höhe von 3 bis 4 Metern über das Gebäude gebracht, wodurch es quasi unmöglich wird einen Brandsatz, Molotow-Cocktail oder dergleichen anzuzünden oder auch nur einen Stein zu werfen“. Der Druck des Rotors mache das einfach „unmöglich“ – berichtet ein weiterer Experte der Szene und genau so sehe ich das auch. Peinlich ist daran eigentlich nur, dass einfache Bürger der Hamburger Polizei erklären müssen, wie sie ihren Job zu machen hat. Wirklich schade drum!
Parallelen zu 2013
Zudem – und das sei an dieser Stelle auch mal angemerkt – gab es auch früher schon wesentlich heftigere Angriffe von Gewalttätern auf die Polizei an exakt der selben Stelle. Ich denke da nur an den 21. Dezember 2013, als rund 4000 gewaltbereite, vermummte Personen von der Polizei in der Schanze eingekesselt wurden und Schritt für Schritt bekämpft wurden. Und das waren wohlbemerkt gut 2000 Leute mehr als am 7. Juli diesen Jahres. Hier bitte schauen:
Auch damals sprach man von „noch nie dagewesenen Zuständen“ und es ist doch einigermaßen verwunderlich, dass anders als heute sich die Polizei den Straftätern damals stellte und das auch ohne SEK und trotz des massiven Bewurfs mit Steinen, Flaschen, Tischen und Partybänken und allem, was man sonst noch in die Finger bekam.
Und das war mit Sicherheit ein wesentlich heftigerer Bewurf als der vom Abend des 7. Juli. Damals (2013) hat dieses imense Gewaltpotential die Hamburger Polizei auch nicht abgehalten in die Schanze vorzurücken. Wie auch – die Beamten sind ja dermaßen hochgerüstet, dass die Räumung auch unter diesen Bedingungen machbar ist.
Zitat Hartmut Dudde im Vorfeld des Gipfels: „Wir werden das gesamte deutsche Polizeiequipment in Hamburg sehen. Wenn’s geht, möglichst zurückhaltend, wenn wir es komplett brauchen, packen wir eben alles aus“, erklärte Dudde damals großspurig gegenüber Journalisten und jetzt plötzlich wird diese Armada hochgerüsteter Polizisten durch ein paar Steinwürfe in die Flucht geschlagen? Never ever! Wenn, dann weil sie genau das wollten – weil sie sich freiwillig zurück ziehen und das Viertel im Stich lassen wollten. Möglicherweise, aus den schon genannten – wie soeben beschriebenen Gründen.
Insofern – und so leid es mir tut dies sagen zu müssen – wirken die Ausführungen der Verantwortlichen vom 7. Juli für meinen Geschmack deutlich überkonstruiert – aufgebauscht – dramatisiert. Als wolle man im Nachhinein (und für 2017) eine völlig neue, gefährliche, nicht lösbare Lage herbeireden, um die Dinge am Ende sich so zurechtbiegen zu können, wie man sie für die eigene, offizielle Darstellung braucht. Jeder soll glauben, dass es keiner mit so schlimmen Ausschreitungen gerechnet hat und es deshalb auch keine andere Möglichkeit gab, als das SEK einzusetzen. Ob dem tatsächlich so war, wird sich erst noch zeigen müssen. Belastbare Beweise dafür existieren bis dato nämlich keine.
Keine Stahlseile in der Schanze gefunden
Die „Stahlseile“ zum Beispiel, die von den Straftätern angeblich zum Aufstoppen von Räumfahrzeugen in der Schanze benutzt werden sollten, fand man gar nicht in der Schanze, sondern anderen Orts in Altona bei einer ganz anderen Aktion. Die vom Morgen des 7. Juli´s, als eine maskierte Bande auf die Polizei los ging. Stolz drappierte man anschließend das sichergestellte Material. Darunter unzählige Skimasken und eben auch diese Stahlseile, die man später der Schanze zugeordnet hatte.
„PUA“ dringend erforderlich
In einem ersten Statement der Linksfraktion zur 1. Sondersitzung des Innenauschusses vom 19. Juli schreibt Christiane Schneider – Zitat: „Ein Sonderausschuss (wie der vom 19.7. – Anm. d. Redaktion), der keinerlei Rechte hat, z.B. Personen zu laden und Dokumente einzufordern, die freiwillige niemals herausgerückt werden, wird uns der Aufklärung des Gesamtgeschehens nicht viel näher bringen. Wir brauchen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss und vor allem brauchen wir außerparlamentarisch Aufklärung und außerparlamentarischen Aufklärungsdruck, erklärt Christiane Schneider von der Linksfraktion der Hamburger Bürgerschaft und Recht hat sie. So ein „PUA“ (parlamentarischer Untersuchungsausschuss) wäre dringend von Nöten, um Dinge vollends zu klären. Sonst versteckt man sich nur wieder hinter geheimen „Quelleninformationen“, die nie belegt werden – und schon deshalb reine Erfindung sein könnten, um das eigene Versäumen zu rechtfertigen und / oder zu vertuschen.
Die heutige Sondersitzung des Innenausschusses zu #G20 war ungewöhnlich. Die Regierungsfraktionen stimmten einen – von…
Posted by Christiane Schneider on Mittwoch, 19. Juli 2017
Rolle der V-Leute
Auffällig oft nämlich, wurden in der Sitzung am 19. Juli immer dann „Quelleninformationen“ genannt, wenn es um die wirklich wichtigen, heiklen Fragen ging. Wie zum Beispiel die Info, dass auf dem Dach am Schulterblatt 1 angeblich „Gehwegplatten“ zum Bewurf auf die Beamten bereit lägen. Frage: Woher kam diese Info? Waren neben herkömmlichen „Aufklärern“ (Tat-Beobachter aus Beweissicherungs- und Festnahme-Einheiten) auch V-Leute anderer Dienste beteiligt? In der Sitzung hieß es dazu nur: „Einer Quelleninformation zu Folge …“ und das kann nun wirklich alles sein – auch eine Erfindung. Solange keine gerichtlich belastbaren Beweise dafür gezeigt werden, WER WANN WAS kommuniziert hat und WER im Einzelnen hinter diesen Informationen steht, kann der Senat quasi alles behaupten, nur um seine eigene Haut zu retten, respektive das eigene Image reinzuwaschen. So wälzt man die Verantwortung auf Geheimdienste und sogenannte „Aufklärer“ ab und keiner kann je nachprüfen, ob es diese Quelleninfo tatsächlich so gab und/oder ob sie in der kommunizierten Form so auch korrekt war.
Schon deshalb wäre ein PUA meines Erachtens dringend erforderlich. Nur dann können die Verantwortlichen auch vorgeladen werden und unter Eid ihre Aussage wiederholen.
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Über den Autor: Der Hamburger Max Bryan ist Blogger & Bürgerreporter im Ressort Gesellschaft & Soziales bei der Huffington Post
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Erstveröffentlichung: HUFFPOST vom 28. Juli 2017. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.
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