Sascha
Jacek Śleziona: Erinnerungen eines polnischen Lehrers

Sascha
Wie vielen Polen im oberschlesischen Gebiet mag es ähnlich ergangen sein, wie dem Kommunisten und Lehrer Jacek Śleziona. Was sollte man unter den damaligen Verhältnissen eines zerteilten Landes über die Freiheit des Volkes auch sagen, wenn zwei Drittel der Polen im tiefsten Elend lebten und keine Möglichkeit hatten aus dieser „Freiheit“ irgendeinen Nutzen zu ziehen.
Die Not vertrieb viele Oberschlesier aus ihrer Heimat. Sie gingen in die Welt, um Arbeit zu suchen, in die Kohlegruben und Hüttenwerke des Ruhrgebiets, zogen nach den Industriebezirken Nordfrankreichs und Elsaß-Lothringens…
Hier nahmen sie mit der organisierten Arbeiterbewegung Verbindung auf, kämpften in den Gewerkschaften und Parteiorganisationen der marxistischen Arbeiterbewegung. Woher nahmen die Polen ihre Widerstandskraft gegen die faschistisch-deutschen Okkupanten? Von nirgends anders als aus dem lebendigen Kontakt mit der kommunistischen Arbeiterbewegung seit ihren Anfängen in Deutschland und Polen – seit der Veröffentlichung des Kommunistischen Manifests von Karl Marx.
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Jacek Śleziona schreibt:

Jacek Śleziona
„Ich wurde am 1. Februar 1918 geboren, wenige Monate vor der Beendigung des furchtbaren ersten Weltkrieges. Meine Eltern Jan und Aniela bearbeiteten ein Hektar eigenes und anderthalb Hektar Pachtland vom Besitztum des Grafen von Strachwitz. Daß die deutschen Imperialisten den ersten Weltkrieg verloren hatten, war für Tausende einheimischer Polen im Oppelner Bezirk Morgenröte, die uns nationale Befreiung ankündigte. Doch der Schacher der internationalen Imperialisten mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Wilson, an der Spitze und die verräterische Haltung der Piłsudski-Regierung verwandelten die Abstimmungsergebnisse in Oberschlesien, die zugunsten Polens ausgefallen waren, ins Gegenteil. Deshalb griffen die Oberschlesier zum dritten Male zu den Waffen. Polen – ob jung oder alt – kämpften um ihr Recht und um die nationale Befreiung.
Das Jahr 1932 brachte eine entscheidende Wende in meinem Leben. Meine Eltern hatten es sich schon lange vorgenommen – koste es, was es wolle –, mich auf eine polnische Schule zu schicken. Dies geschah im Jahre 1932, wo ich nach dem Ablegen der Aufnahmeprüfung in das „Adam-Mickiewicz-Gymnasium“ in Lubliniec aufgenommen wurde.
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Die Machtübertragung an Hitler
Im Januar 1933 wurde Hitler von den deutschen Imperialisten an die Macht geschoben und zum Reichskanzler ernannt. Im November 1933 fand noch die feierliche Eröffnung des ersten polnischen Gymnasiums auf dem Gebiet des „Dritten Reiches“, in Beuthen, statt. Der jahrelange Kampf, wenigstens nur eine einzige Mittelschule für uns Polen in Deutschland zu erhalten, wurde gerade in dem Augenblick erfolgreich beendet, als in Deutschland durch das Naziregime die letzten Überreste demokratischer Freiheiten beseitigt wurden.
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Anwerbungsversuche durch die Gestapo
Damals erfuhr ich auch, daß der „Ortsgruppenleiter“ der NSDAP, Geier, meine Eltern veranlassen wollte, mich vom polnischen Gymnasium herunterzunehmen. Es wurde ihnen versprochen, daß ich kostenlos ein deutsches Gymnasium besuchen, ja, daß ich dort in einem Internat unentgeltlich untergebracht werden könnte. Dem Vater wurde eine Anleihe aus der sogenannten „Osthilfe“ in Aussicht gestellt, um unser baufälliges Wohnhaus auszubauen usw. Später stellte sich heraus, daß der „Herr aus Oppeln“ ein Angehöriger der Gestapo war, der den Auftrag hatte, meine Eltern so lange unter Druck zu setzen, bis sie mich vom polnischen Gymnasium herunternähmen und Vater aus dem „Verband der Polen in Deutschland“ seinen Austritt erklärte.