Rui Filipe Gutschmidt
Brasilien hat gewählt: Jaír Bolsonaro, der südamerikanische Trump?!
Jaír Bolsonaro hat die Wahlen in Brasilien gewonnen und bereitet sich vor, um die Präsidentschaft in Brasilia anzutreten. Der in aller Welt als rechtsradikal eingestufte Ex-Hauptmann der brasilianischen Armee gilt als Gefahr für die Demokratie. Er selbst gab sich bei der Siegesrede gemäßigt.
Es war ein Wahlkampf der Extreme. Auf der einen Seite haben wir die Anhänger der PT – Arbeiterpartei – die eineinhalb Jahrzehnte an der Macht waren und dessen ursprünglicher Präsidentschaftskandidat, Lula da Silva, noch während der Präkampagne zu 12½ Jahren Haft verurteilt und in Haft gekommen ist. Auf der anderen Seite Jair Bolsonaro von der rechtsextremen PSL mit seinem populistischem Diskurs, der den Nerv des Wählers genau traf.
Nach offiziellen Angaben wurde Jair Messias Bolsonaro mit 57.765.131 Stimmen (55,15%) zum Präsidenten der Föderativen Republik Brasilien gewählt, während Fernando Haddad von der linkspopulistischen Arbeiterpartei (PT), in diesem zweiten Wahlgang nur 46.969.763 Stimmen (44,85%) bekam. Die beinahe endgültigen Ergebnisse wurden vom Obersten Wahlgericht gegen 21.00 Uhr Ortszeit (01:00 Uhr MEZ), zwei Stunden nach Schließung der letzten Wahlurnen, veröffentlicht.
.
Jaír Bolsonaro folgt Michel Temer als 38er Präsident Brasiliens
Pensionierter Hauptmann der Armee und Verfechter der Militärdiktatur – das Regime, dass Brasilien zwischen 1964 und 1985 regiert hat – wurde Jair Messias Bolsonaro am 21. März 1955 geboren (63 Jahre alt) und begann seine politische Karriere als eher belächelte Figur, die mit extremen und aggressiven Positionen zur Verteidigung der Autorität des Staates und der Werte der christlichen Familie von sich reden machte.
Genannt „Mythos“ und „Held“ von seinen Anhängern und „Gefahr für die Demokratie“ von Kritikern und Gegnern, ist Jair Bolsonaro in der brasilianischen Politik seit 28 Jahren und wurde sieben Mal hintereinander ins Abgeordnetenhaus gewählt, aber ohne jemals einen wichtigen Posten im Parlament vertreten zu haben.
Bolsonaro erlangte Bekanntheit in den letzten Jahren und wurde zu einem Führer, der in der Lage war Tausende von enttäuschten Wählern zu mobilisieren, die von der schwersten Wirtschaftskrise in der Geschichte Brasiliens, die zwischen den Jahren 2015 und 2016 ausbrach betroffen sind, während die traditionellen politischen Führer an Korruptionsskandalen beteiligt sind.
Dennoch hat der neue Präsident vor allem von der Niederlage und der Anti-PT Stimmung profitiert. Sein Vorbild, so gab er selbst verstehen, ist Donald Trump. Auch Israelfahnen waren bei den Feierlichkeiten zu sehen und seine aggressiven Aussagen, die vom erschießen der Banditen, das Säubern des Landes von der Roten Plage und (Linke) und von einem von Gott gewollten Sieg sprechen, lassen Menschen nachdenklich werden.
Es wird eine Politik der Gewalt erwartet. Schwerbewaffnete Soldaten, die in dicht besiedelten den Favelas Krieg gegen die Drogenmafia führen, Repression gegen Journalisten, politische Gegner und Kritiker, religiöser Einfluss in die Gesetzgebung die ein Ende der Toleranz gegen über Homosexuelle, Frauenrechte oder Religionsfreiheit beschneiden wird. Rassismus, Rechte der Ureinwohner und Sozialpolitik sind ebenfalls gefährdet.
Die Anhänger des Berufssoldaten, der die Luftwaffe (Fallschirmjäger) gegen die Politik eintauschte, sehen in ihm einen „Mann aus dem Volk“. Das er seit 28 Jahren im Abgeordnetenhaus sitzt und das „Spiel“ der Politik bestens kennt und auch spielt, einen Sohn als Senator (São Paulo) und einen als Abgeordneten in Rio de Janeiro hat. „Einer von Ihnen“? Einer, der weiß wie man Stimmen kauft wohl eher. So übersehen die begeisterten Moralisten wohl auch den Finanzminister Paulo Guedes, der in unsauberen Machenschaften verwickelt ist. Korruption in Höhe von über einer Milliarde Reais, ist seine Erfahrung…. Also es geht doch nichts über jemanden, der sich mit Korruption auskennt (Sarkasmus Ende).
Schon lange fordern gewisse Teile der Gesellschaft eine Militärintervention. Das Militär wurde jetzt demokratisch in die Regierung gewählt. Schon lange dort, sind die Evangelisten. Es sind sektenartige Freikirchen, die 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Wie bei religiösen Fanatikern zu erwarten, sind Andersdenkende unerwünscht und werden gerne als „Agenten des Teufels“ gesehen. Die Siegesrede begann mit einem Gebet und dem Satz: „Brasilien über alle, Gott über allem!“
Als „Göttliche Mission“ bezeichnet Bolsonaro sein Mandat indem er plant, den Unternehmern freie Hand zu lassen, vom Amazonas bis in den Süden. Umweltschutz oder der Schutz von Minderheiten haben keine Priorität und die USA, besonders die Administration unter Donald Trump, gelten als Vorbild für den Nationalisten und Ultrakonservativen Bolsonaro. Aber noch handelt es sich um Spekulationen. Wie weit die bestehenden Strukturen Brasiliens Bolsonaro „bändigen“ können oder wie weit Bolsonaro die korrupten Struckturen wirklich beseitigen kann – oder will – ist noch ungewiss. Trump kann nur teilweise ausgebremst werden und die Gewalt in den USA nimmt mit seinem hasserfüllten Twitterauftritten noch zu!
Der südamerikanische Trump aber hat eine andere Grundlage. Brasilien ist ein Land mit extrem niedriger Hemmschwelle für Gewalt und das nicht nur bei den Verbrechern. Die Siegesrede war in einem gemäßigtem Ton, für den man ihn loben muss. Doch beim Vorlesen der Rede sah man schon, dass diese nicht aus seiner Feder stammte. Wie Trump, so bevorzugt auch Bolsonaro die sozialen Netzwerke. Facebook wird in der nächsten Zeit zeigen, ob der Hass weiter geschürt wird (ist zu erwarten) und dann wird sich zeigen wie weit rechts die Politik des Militaristen in der Praxis sein wird.
.
Dieser Artikel erschien auch auf unserer Partnerseite INFO-WELT
Weitere Artikel von Rui Filipe Gutschmidt
.
Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung –
Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz.Auch linker Journalismus ist nicht kostenlos
und auch kleine Spenden können helfen Großes zu veröffentlichen!