Julius Jamal
Shishabars vor Hanau ein Stück Heimat
Samstagabend wir machen uns fertig, wollen feiern gehen. Das Hemd sitzt, die Glatze glänzt, der Bart frisch getrimmt. Auf geht’s zum ersten Club, schon von weitem signalisiert man uns: ihr kommt hier nicht rein. Club Nr 2 der gleiche Ablauf. Ein letzter Versuch auch hier wird’s nichts, was jetzt? Ab in die Shishabar, hier sind wir willkommen, hier sind wir zuhause, hier sind wir unter uns, nicht weil wir es sein wollen, aber vor allem weil wir es sind die um 1 Uhr nachts nirgendwo reinkommen.
Mit Hanau hat sich das ganze geändert. Die Shishabar war für uns nicht einfach ein Ort, an dem man mal eine Pfeife raucht und Tee trinkt, es war die einzige Abendbeschäftigung, wo wir immer willkommen waren. Der faschistische Terroranschlag hat das geändert, er war ein gezielter Angriff auf ein Stück migrantische Kultur in Deutschland, er war ein Angriff auf uns. Ein Angriff, der uns die Sicherheit genommen hat, dass man trotz Alltagsrasssismus, trotz der Abweisung an der Clubtür und trotz Ablehnung auch in linken Strukturen einen Ort hat, an den man sich zurückziehen kann. Hanau hat viel verändert, es hat nicht nur endgültig für die Mehrheitsgesellschaft sichtbar gemacht, dass es in Deutschland Rassismus gibt, es hat auch die ohnehin schon eingeschränkten Freiheiten weiter minimiert.
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Zwischen Reul und Hickel
Jahrzehnte lang hat es niemand interessiert, was in Shishabars passiert, es war egal, ob ein paar Kanaken zum Schwarztee ihre Zitroneminze oder Doppelapfel rauchen. In den letzten Jahren hat sich das geändert, wir sind ins Visier gerückt, über Debatten um Clankriminalität, wurden alle Shishabarbesitzer zu Kriminellen, die Besucher zu integrationsunwilligen Machos. Ein Bild, dass auch in linken Stukturen Einzug gehalten hat. Wer nach der Sitzung kein Bock hatte auf ein Bier, wer lieber ins Cafe ging mit seinen Brüdern und manchmal auch Schwestern, der musste sich rechtfertigen. Rechtfertigen fürs Rauchen, rechtfertigen warum nur Männer dabei waren, rechtfertigen warum Frauen mit Kopftuch dabei waren, rechtfertigen warum man denn nicht mit allen anderen in der Kneipe um die Ecke des linken Büros war und wieder in der Shishabar abhing.