Nico Diener
Filmbesprechung: „Tannbach – Schicksal eines Dorfes“
Antikommunistische Hetze geschickt verpackt in einem Sammelsurium von Wahrheiten, Legenden und Lügen
Die Serie „Tannbach – Schicksal eines Dorfes“ ist eine deutsch-tschechische Koproduktion. Die Regie führte Alexander Dierbach, fünf verschiedene Regisseure machten sich bisher in sechs Folgen an die Inszenierung des Stoffes. Am 11. Januar strahlte das ZDF die sechste und bisher letzte Folge mit dem Titel „Traum vom Frühling“ aus.
Leider konnte ich die Folge, die meine erste Begegnung mit dieser Serie, von der es bisher zwei Staffeln gibt, nicht von Anfang an sehen. Ich spürte aber gleich diese Feindlichkeit gegenüber den gesellschaftlichen Bedingungen in der DDR. Man merke eindeutig die feindselige Haltung gegenüber allen staatlichen Anordnungen und Bestrebungen. Heute hat mich meine Neugierde dazu gebracht mich mit dem Film näher zu beschäftigen und ich fand dazu unter dem Titel „Antikommunistische Offensive im deutschen Fernsehen: „Tannbach“ – Neue Folgen (Jan. 2018, ZDF)“ bei www.Arbeit-Zukunft.de eine Filmkritik des Genossen A. N., die auch meine Eindrücke wieder gibt und darüber hinaus eine gründliche Filmbesprechung aus linker Sicht darstellt. Bitte lest selber:
„Kürzlich liefen drei neue Teile der 2015 gestarteten, erfolgreichen Reihe „Tannbach – Schicksal eines Dorfes“ auf ZDF. Der Spielfilm handelt vom Leben der Einwohner eines kleinen Dorfes namens „Tannbach“, an der oberfränkisch-thüringischen Grenze. Als Vorlage dient das real existierende Dorf namens „Mödlareuth“, dessen Bach „Tannbach“ heißt. Berühmt wurde der Ort dadurch, dass er ähnlich wie Berlin nach dem zweiten Weltkrieg entlang der Sektorengrenze geteilt worden ist – deswegen auch gerne „Little Berlin“ genannt
Die ersten Teile (gezeigt 2015) spielten in der Zeit vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die 50er Jahre. Man bediente sich dabei kräftig antikommunistischer/antisowjetischer Ressentiments und zeigte auf der einen Seite die „guten“ und „fürsorglichen“ Besatzer, die US-Armee, und auf der anderen die „wilden“, „unzivilisierten“ und Frauen vergewaltigenden Rotarmisten. Die Bodenreform und Enteignung adligen Großgrundbesitzes („Junkerland in Bauernhand!“) wird als Unrecht, als „Diebstahl“ gebrandmarkt, obwohl der Eigentümer des Gutshofs im Film auch noch ein verbrecherischer, wenn auch desertierter, Wehrmachtsoffizier war. Seine Tochter Anna von Striesow entwickelt sich, trotz ihrer Herkunft und anfänglichen Zweifeln, nach ihrer Heirat mit dem jungen Friedrich, einem Jungkommunisten, zu einer überzeugten Genossin. Sie werden Neubauern und bauen sich auf dem neu verteilten Land in der DDR eine Existenz auf. Später, in den neuen Teilen ab 1960, wird sie sogar LPG-Vorsitzende mit Auszeichnung. Ihr Vater hat sich inzwischen in den Westteil des Dorfes abgesetzt und arbeitet mit Amerikanern und BND am Aufbau einer NATO-Geheimarmee. Immerhin: An dieser und anderen Stellen erscheint der neue Dreiteiler etwas „kritischer“ als die ersten Filme. Als ein paar Kinder aus dem Dorf im Wald spielen, entdecken sie versteckte Granaten und es kommt zu einem tödlichen Unfall. Dieser wird von BND und Polizei gezielt vertuscht und öffentlich behauptet, dass es sich um alte Wehrmachtsgranaten gehandelt habe. Ein kritischer Journalist, der von der Geheimarmee erfährt, wird eingeschüchtert und erleidet einen Autounfall, da seine Bremsen manipuliert wurden. Sein eigener Bruder vom BND (ein ehemaliger SS-Mann) hat ihm gedroht, ihn umzubringen. Immer hin wird in weiteren Sequenzen auch die damals katastrophale Lage der Frauen in der BRD (Arbeitsplatzverlust nach Scheidung, bei Kontoeröffnung Zustimmung des Ehemannes erforderlich etc.) sowie die der Homosexuellen (Verhaftung durch Sittenpolizei) herausgearbeitet. Zur Erinnerung: Die Frauen waren in der DDR absolut gleichberechtigt und Homosexualität in den 60ern längst legal!
Ansonsten überwiegt das übliche antikommunistische Narrativ:
• Ein Bauer zündet seinen Hof an, weil er in die LPG „gedrängt“ wird und Land abgeben soll
• Neubauer Friedrich nimmt daraufhin eine zunehmend schwankende Haltung ein, gerät in Konflikt mit Bürokraten und setzt auf Überzeugungsarbeit (an sich positiv)
• Er versucht letztlich den Bauern zu retten und kommt selbst in den Flammen um.Pikant: Plötzlich stehen westliche Grenzpolizisten mit einem Löschgerät am Zaun und wollen Wasser „rüberschießen“. Die DDR-Grenzbeamten lehnen ab.
Westliche Beamte dabei meist als Individuen, Helden, Menschen dargestellt, DDR-Grenzbeamte (bis auf einen, der früher Nazi gewesen sein soll) meist anonyme Masse.
Alternative Deutung: Letztere könnten in dieser fiktiven Szene theoretisch nicht gewusst haben, ob Westler nicht einen Sabotageversuch beabsichtigen (Brandbeschleuniger statt Wasser)…
Unabhängig davon ist es wohl eher unwahrscheinlich, dass sich so eine Szene jemals in der Realität abgespielt hat. Dem BRD-Grenzschutz hätte es wohl eher weniger interessiert, ob in der verhassten „Zone“ eine Hütte abfackelt. Reine Spekulation!
Die junge Anna, jetzt Witwe, bleibt dem (noch) sozialistischen Aufbau aber trotzdem weiterhin treu und verteidigt alle (teilweise fragwürdigen) Maßnahmen der SED, sogar den Mauerbau.
Es kommt aber zu immer mehr Konflikten zwischen ihr und den zunehmend bürokratisch denkenden Mitarbeitern der LPG-Verwaltung. Unter anderem auch deswegen, weil sie trotz ihrer Führungsposition und Parteimitgliedschaft weiterhin in die Kirche geht und ihre Kinder taufen lässt. Außerdem will ihr Sohn desertieren, nachdem er angeblich von einer Mobilmachung gegen Prag 1968 erfährt. Er wird erwischt und verhaftet. Langsam entwickelt sie so eine schwankende Haltung. Damit endet der Film, vorerst.
Wahrscheinlich werden weitere Teile gedreht. Die Reihe soll hohe Einschaltquoten haben. Sie hat ja auch einen gewissen Unterhaltungswert.
Die beabsichtigte Wirkung des Films ist aber klar. Durch die geschickte Einbindung kritischer Szenen (die man sich heute „leisten“ kann, da es die DDR ja nicht mehr gibt) gibt er sich einen scheinbar „ausgewogenen“ Anstrich, um nur umso effizienter beim Zuschauer eine ablehnende Haltung zum Sozialismus hervorzurufen, der man sich bei dem Machwerk nur schwer erwehren kann. Schließlich gab es einige der gezeigten negativen Erscheinungen wirklich, auch schon zu Beginn. Diese werden aber dramatisch zugespitzt und als eherne und unveränderbare Makel des sozialistischen Systems dargestellt, während die negativen Erscheinungen in der BRD als nicht systemimanent, sondern als reformierbar dargestellt werden. Nach dem Motto: „Die Unterdrückung der Frau gab es in der BRD zwar, aber heute eben nicht mehr. Und dass diese Sache in der DDR besser war, stimmt zwar, zählt im Grunde aber nicht, weil alles andere so schlimm war.“
Leider fallen nicht wenige Zuschauer darauf herein. Wenn man sich aber die nüchterne Realität anschaut, dann hat sich z.B. die Lage der Frauen in der BRD zwar verbessert, aber den Standard der ehemaligen DDR in dieser Frage nie erreicht.
Ach ja, nicht zu vergessen der peinlichste Makel: Was hat das ZDF geritten, die Einwohner von „Tannbach“ einen eindeutig südbayerischen Dialekt sprechen zu lassen?! Das ist ja mal so was von falsch!
Die Filme sind noch in der ZDF-Mediathek abrufbar, aber mittlerweile auch auf DVD verfügbar.“