Noel Nascimento

Die Politik der USA spaltet Lateinamerika

Das US-Kapital zieht wie jeher die Fäden

Noel Nascimento

Es herrscht in fast ganz Lateinamerika eine bürgerkriegsähnliche Stimmung. Eine schleichende Politik der Einmischung durch Einfluss der Börsenspekulanten und Banken in die Politik bringt die Länder in soziale Spaltung wie vor 50 Jahren.

Einige können vielleicht behaupten, es handelt sich nur um lokale Umstände an denen alle Länder südlich der USA immer gelitten haben, wie Korruption und Verschwendung. Sie spielen selbstverständlich ihre Rolle wie in allen Ländern der Welt, einschließlich in den USA. Sie schaffen jedoch nicht die Umstände der Politik die sich eindeutig nach Interessen von außen richtet; solche wie Erdöl, Großplantagen von Soja, Mais, Hopfen, Wasser Reservoirs, Kupfer, Gold, Silber und Diamanten.

In den sechzigern und siebziger Jahren waren viele der mittel- und südamerikanischen Länder dabei, ihre Sozialpolitik durch Agrarreformen, Besserungen der Sozialsysteme durchzuführen, was auch eine Kontrolle der Überweisung der Großunternehmen ins Ausland mit sich zog. Es folgten Militärputsche in ganz Lateinamerika. Die Gefahr des Kommunismus war die allgemeine Rechtfertigung und dass die USA kein neues Kuba in ihrer Nähe tolerieren würden. Brasilien, Argentinien, Chile, Uruguay, Paraguay und Bolivien kamen unter die härtesten Diktaturen, die hunderttausenden Menschen das Leben kostete. Ausnahmezustände, Verhaftungen ohne richterlichen Erlass, Folter von Erwachsenen und Kindern, waren an der Tagesordnung. Nach dem Ende dieser Periode zählte Brasilien ungefähr zwanzigtausend Vermisste, Chile sechzig tausend und Argentinien dreißig tausend. Aber schon im Jahre 1963 hatte die US Marine einen Flugzeugträger vor die Küste Brasiliens gebracht, und wartete auf einen Befehl vom Pentagon. In Brasilia setzten innere politische Kräfte den Präsidenten João Goulart unter Druck und eine parlamentarische Demokratie wurde ausgerufen, womit eine US Invasion vermieden wurde. Der Putsch geschah dann ein Jahr später.

Heinrich Böll Stifftung, Die wichtigsten Rohstoffindustrien
und Exporte in Lateinamerika – Flick.com CC BY-SA 2.0

Als die Welle des Kampfes für Demokratie und Menschenrechte Südamerika erreichte und die Länder wieder im Stande waren, neue demokratische Regierungen auszurufen, war eine zwanzigjährige Generation nicht mehr an demokratische Vorgänge gewohnt. So geschah es in fast allen Ländern Südamerikas. Nur Venezuela wurde verschont, da das Interesse am Erdöl die USA zu einer sanften Politik dort bewegt hatte. Anders als einige Menschen noch behaupten, dass es zur Zeit der Militärs keine Korruption gab, hatten ihre größten Schützlinge freie Hand, um alles tun zu dürfen. Man hörte bloß nichts davon, und wenn mal Skandale gelüftet wurden, war es aufgrund davon, dass die Privilegierten die das Land unter sich teilten, Streitigkeiten unter sich hatten und so ließ der stärkere Part den anderen in Missgunst fallen.

Nach mehreren Jahren, ohne Armutsbekämpfung, schwachen Sozialgesetzen, kontrollierter Presse und Meinungsfreiheit der Individuen, gewannen die Menschen allmählich wieder das Bewusstsein ihrer individuellen Rechte in den Ländern mit katastrophalen sozialen Umständen, die in den eisernen Jahren der Militärs sich mehrmals verschlimmerten, mit gestiegenen Armut und größeren noch krasseren Unterschieden. Es war auch ein großes Experiment. Die ärmeren zogen aus dem Land in die Städte, dehnten den Umfang der Favelas aus und bildeten eine Menge von rechtlosen billigen Arbeitern, was als das „wirtschaftliche Wunder“ dieser Länder verkauft wurde.

Jahrzehnte vergingen und es gab Bestrebungen sozialer Kräfte, die sich dafür politisch einsetzten, etwas sozialen Ausgleich zu erzielen. Die Gehälter stiegen und somit die Kaufkraft der unteren Schichten. Jedoch schaffte keine der progressiven Parteien sich von der endemischen Korruption zu befreien. Als hätte es so etwas noch nie zuvor gegeben, riefen dann die Stimmen der neoliberalen, denen die soziale Politik nicht passt, dass es noch nie so viel Korruption gegeben hat!

In Argentinien gehen inzwischen Menschen auf die Straße und blockieren in Konfrontation mit der Polizei den Zugang der Parlamentarier zur Casa Rosada und verhindern die Abstimmung zur „Modernisierung“ der Renten – und Sozialversicherungen. Es herrscht ein kriegsähnlicher Zustand. In Brasilien, nach dem Sturz von Präsidentin Dilma Rousseff kauft sich der eingesetzte Michel Temer von Korruptionsvorwürfen frei, bereitet den Weg für die Ausrottung der Wälder durch Latifundien im Amazonasgebiet und schenkt den Multinationalen Steuerbefreiungen im Wert von fast einer Billiarde Dollar. Der normale Bürger darf weiter für sein PKW, für das Benzin, für seine Wohnung und für das tägliche Brot die einbezogenen Steuer zahlen, ein schlechteres öffentliches Gesundheitssystem benutzen oder eine wesentlich teurere private Krankenversicherung zahlen. Die Ärmeren können abkratzen.

Da jetzt die Stimmen lauter werden die die Klage gegen die Absurditäten erheben, melden sich die ewigen Gorillas in grüner Uniform und sagen, dass sie keine Sozialisten und Kommunisten mehr ertragen, weil diese die verantwortlichen für die Situation der Länder seien. Ob Gorillas die Fähigkeit besitzen, sich selbst in einem Spiegel zu erkennen, kann man nicht mit Sicherheit sagen, insofern es sich um die vom Aussterben bedrohte Spezies handelt. Bei grün uniformierten kann man nicht sicher sein, ob der IQ dafür ausreicht.

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Erstveröffentlichung am 18.12.2017 in INFO-WELT, Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.

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