Ilga Röder
Mein Festival Max Ophüls Preis 2017
38. Festival für Jungfilmer/innen in Saarbrücken
Zum 38. Mal eröffnete das Festival für Jungfilmer unter der Leitung der Berliner Medienwissenschaftlerin Svenja Böttger, die dieses Jahr ihren Einstand gab, in Saarbrücken.
Für die Festivalzeit wurde ein leerstehendes Kaufhaus in »Lola’s Bistro« verwandelt. Durch die großen Schaufensterscheiben konnten Interessierte und Neugierige auf des Geschehen blicken, wo zur „Blauen Stunde“ Gespräche mit Filmemacherinnen und Filmemacher auf dem Programm standen.
Bis zum 29. Januar wurden 150 Filme in den bewährten Kategorien Spielfilm, Mittellanger Film, Kurzfilm und Dokumentarfilm gezeigt. Dazu kam die neue Reihe MOP Shortlist, Watchlist und Doku, sowie ein Gastprogramm des Film Festivals Cottbus.
Eine Retrospektive auf den in Saarbrücken geborenenen Regisseur Wolfgang Staudte mit dem Film »Leuchtfeuer« (1954), war als eine Hommage an den Namensgeber des Festivals Max Ophüls, der heute in Frankreich noch sehr gefeiert wird.
Dieses Jahr reiste, wie in den Jahren zuvor, sein Sohn Marcel Ophüls, der selber in Frankreich ein erfolgreicher Regisseur und Dokumentarfilmer ist, von Paris nach Saarbrücken, um mit mit dem Regisseur Michael Verhoeven im Anschluß an dessen Film »Der Unbekannte Soldat« (2006) zu diskutieren. Für mich stand fest, dass dieses Gespräch mein persönliches Highlight sein würde. Der fast 90-jährige Marcel Ophüls moderierte mit Michael Verhoeven eine Stunde lang über ihre mehr als 50-jährige Freundschaft, über gemeinsame Projekte und das Filmschaffen im allgemeinen. Der offizielle Moderator hatte sich bereits zu Anfang mit der Bemerkung zurückgezogen, die beiden Freunde würden das großartig machen. Es kam keine Langeweile auf, als sich die zwei Filmemacher die sprachlichen Bälle zuwarfen und parierten, lebendig und humorvoll.
Nach angeregten Gesprächen im Hof des Filmhauses trat ich auf die Schauspielerin Senta Berger und bat sie um ein Autogramm in ihre Biographie mit dem Namen »Ich habe ja gewusst; dass ich fliegen kann«; bevor sie mit ihrem Mann Michael Verhoeven zum nächsten Werkstattgespräch aufbrach. Diesaml spielte auch das Wetter mit – trocken und kalt und kein Schneematsch wie in den vergangenen Jahren, so dass man bequem zwischen den vier Festspielkinos wechseln konnte.
Aus dem Langfilmprogramm hatte ich mir folgende Filme im Großkino Cinestar ausgewählt:
- »Die Königin von Niendorf«: Die Heranwachsende Lea wird nach diversen Mutproben in die Jungenbande ihres Dorfes aufgenommen, die einem Ex-Musiker und Außenseiter mit ungewöhnlichen Mitteln auf die Beine zu helfen versuchen.
- »Rakete Perelman«: Der Filmemacher verarbeitet sein Leben als junger Schauspieler in einer Künsterkolonie vom Zusammenleben bis zum, wie er selbst im Gespräch sagte, „fulminanten“ Ende.
- »Strassenkaiser«: Eine Geschichte aus dem Kleinkrimellenmilieu, zum Teil in Berlin-Kreuzberg mit viel Lokalkolorit gedreht.
In meinem Lieblingsprogrammkino »81/2« lief der Kinderfilm, »Auf Augenhöhe«, der bereits auf anderen Festivals erfolgreich gezeigt wurde: Michi lernt seinen kleinwüchsigen Vater kennen und akzeptieren, sie sind z. B. beim Schwimmen im Wasser auf Augenhöhe. Der Film, der auch Erwachsene in seinen Bann zieht, endet nach einigen Verwirrungen ganz unerwartet-spannend.
Die neue Serie MOP Doku zog mich dann ins Filmhaus: Dort wurden vier Filme gezeigt:
- Eine Doku über ein Teheran Derby (Fussball)
- Ein Film über Stahlrecycling ganz ohne Personen
- Ein Film über einen Tag eines pensionierten Fischers auf seinem Kutter durch die manchmal rauhe See, um oft nur karge Beute mit nach Hause zu bringen.
Der Film, der mich am meisten fesselte war »Der Garten des Herrn Vong«, eines pensionierten vietnamesischen Einwanderers, der, um mit dem Verlust der Heimat klarzukommen, im Ruhrgebiet, in seinem Schrebergarten ein kleines Paradies mit asiatischen Kräutern angelegt hat.
Last, but not least, interessierte ich mich als Saarländerin für die hiesigen Filmgewächse und besuchte die Reihen »Alles grober Unfug« (Kurzfilme) und Schicksale (mittellange Filme). In dem Film »Spielzeugland« gibt eine Mutter einen jüdischen Jungen als ihren eigenen aus und bewahrt ihn vor dem Abtransport in Konzentrationslager Auschwitz.
Danach wurden Lebensborn Schicksale in Dialogform von zwei betroffenen Zeitzeugen aufgearbeitet. Besonders beeindruckt hat mich der Bericht über die Schriftstellerin Edith Aron (geb. 1923 in Homburg/Saar), die 1934 vor der Saarabstimmung aus persönlichen Gründen mit ihrer Mutter nach Argentinien auswanderte, und nach verschiedenen Stationen ihres Lebens, nun in London wohnt, wo sie heute noch erstaunlich aktiv ist.
Gewonnen haben unter anderem zwei österreichiche Erstlingswerke. Den Max Ophüls Preis bekam der Film »Siebzehn« (Regie: Monja Art) (erste Liebe und das Austesten der Möglichkeiten), den Publikumspreis erhielt »Migranten« (Regie: Arman T. Riahi), ein Film über zwei integrierte Wiener, die von der Vergangenheit eingeholt werden.
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