Nico Diener
John Heartfield
Zum 50. Todestag von John Heartfield
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„Ja, was soll den Arbeitern die Kunst?
Haben die Maler ihren Bildern die Inhalte gegeben,
die dem Befreiungskampf der arbeitenden Menschen entsprechen,
die sie lehren sich zu befreien
aus dem Joch tausendjähriger Unterdrückung?!
Sie haben die Welt trotz all dieser Schande
im beruhigenden Lichte gemalt.“ (John Heartfield)
Morgen vor 50 Jahren, am 24. April 1968, verstarb der kommunistische Fotograf, Grafiker und Verleger John Heartfield. »www.zersetzer.com |||| ||| freie grafik« hat ihm schon 2013 mit einer „Ikone zum anfassen“ geehrt und schrieb dazu:
Die Wahrheit setzt sich aus Fakten zusammen. Die Anordnung der Fakten, ihre Betrachtungsweise entscheidet über die Wahrnehmung von Wahrheit. So könnte das philosophisch-politische Konzept der Fotomontage von John Heartfield beschrieben werden. Er gilt als der große Könner und Erfinder der gesellschaftskritischen Fotomontage/-kollage. Fakten sind hier Teile der Wirklichkeit, fotografisch dokumentiert; die anschließend neue Kontextualisierung entspricht dem Aufmachen einer neuen Perspektive, einer anderen Wirklichkeit.
Aufgrund der Bedeutung des Fotos als Abbild der Realität war die Fotomontage ein höchst geeignetes Mittel politischer Agitation und ethischer Erziehung. Die Fotografie war erste Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, dementsprechend aufsehenderregend waren somit auch die fotografischen Kompositionen Heartfields.
Hinzu kam die populäre Veröffentlichung in Form einer Illustrierten. Die Arbeiter Illustrierte Zeitung [AIZ] war in den Jahren des aufkommenden Faschismus das für Heartfield zentrale Veröffentlichungsmedium.
Vor dem I. Weltkrieg durchlief Heartfield eine Buchhändlerlehre und die Kunstgewerbeschule in München, wo er sich auch als Werbegrafiker verdingte. Noch 1912 ging er nach Berlin an die Kunst- und Handwerkerschule in Charlottenburg. 1915 wurde er zum Krieg eingezogen und lernte George Grosz kennen. Ab 1916 nannte sich der eigentlich unter dem Namen Helmut Herzfeld geborene aus Protest gegen den starken deutschen Nationalismus fortan John Heartfield und gründete noch 1916 mit seinem Bruder Wieland Herzfelde den Malik-Verlag. Zusammen mit George Grosz stand er im Zentrum der kunst-politisch experimentellen DaDa-Bewegung in Berlin.
Schon sein Beitritt zur neu gegründeten KPD 1919 zeigte auf, dass Heartfield umwälzende politische Ideen verfolgte. Er begann Buchumschläge zu entwerfen und ab 1924 begann er die für ihn typischen politischen Fotomontagen umzusetzen; auch Plakate für die KPD gehörten zu seinem Repertoire.
Mit der Arbeit an der AIZ ab 1930 setzte Heartfield Maßstäbe in der Bildsprache der Fotomontage. Bis 1938 – noch aus dem Prager Exil – lieferte Heartfield regelmäßig in der von Willi Münzenberg herausgegebenen Illustrierten – die ab 1936 später Volks-Illustrierte hieß – unzählige Montagen.
1933 stürmten die Faschisten seine Wohnung, 1934 wurde er aus Deutschland ausgebürgert. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits im Prager Exil und ging nach der Besetzung der Tschechoslowakei nach London.
1950 kam er in die DDR zurück, wurde mit dem Professorentitel geehrt und starb 1968 in Berlin. In der Akademie der Künste in Berlin wurde nach seinem Tod ein Archiv seines Lebenswerks eingerichtet.Informationen
Wikipedia | John Heartfield
John Heartfield Haus | Waldsieversdorf
Photobibliothek Schweiz | zahlreiche WerkeBuchtipps:
Montage: John Heartfield – vom Club Dada zur Arbeiterillustrierten Zeitung | Eckhard Siepmann| ElefantenPress | 1977
Geschichte der Arbeiter-Illustrierten Zeitung 1921-1938 | Heinz Willmann| Dietz Verlag | 1975
John Heartfield: ZEITausSCHNITTE | Fotomontagen 1918 bis 1938 | Freya Mülhaupt| Hatje Cantz Verlag | 2009
John Heartfield Dokumentation | Reaktionen auf eine ungewöhnliche Ausstellung | Archiv der Akademie der Künste Berlin | DuMont Buchverlag Köln | 1994
Der Schnitt entlang der Zeit. Selbstzeugnisse. Erinnerungen. Interpretationen | John Heartfield, Roland März, Gertrud Heartfield | Verlag der Kunst | 1981
Weimarer Republik | Kunstamt Kreuzberg und Institut für Theaterwissenschaften der Universität Köln | ElefantenPress | 1977
Dada, Kunst und Antikunst. Der Beitrag Dadas zur Kunst des 20. Jahrhunderts | Hans Richter | DuMont Reiseverlag | 1993Filmtipps:
John Heartfield Fotomonteur | Montage-Film | Helmut Herbst | 1977
DaDa Manifest | Ein Alphabet des deutschen Dadaismus | Dokumentarfilm | Helmut Herbst | 1969
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Vielen Dank.
Erinnern heißt, dass J. Heartfield nicht im Strudel der Geschichte verloren gehen kann, weil man weiß wie wichtig und wertvoll, insbesondere die Geschichte der revolutionären Arbeiterbewegung, mit all ihren Fehlern und Widersprüchen, wo die Kunst eine ebenso revolutionäre Rolle eingenommen hat, bleiben wird. Ein Erbe welches beschützt, behütet und unvergessen ist, wie ich hier erkenne. Danke auch für die Informationen.
John Heartfield…super gut, hat die politischen Collagen entwickelt und Inhalte auf den richtigen Punkt gebracht. Für mich ist er ein großes Vorbild!
Das Zitat, mit dem der Beitrag eingeleitet wird, ist etwas seltsam. Denn betrachtet man sein Leben und Schaffen, dann ist kaum zu verstehen, wann er dies und aus welchem Anlass äußerte.
Er, der 1891 geboren wurde, 1907 mit dem Studium in München begann, wird doch wohl Bilder der Maler von beispielsweise Käthe Kollwitz, Otto Dix, Eric Johnson, Heinrich Zille u. a. kennengelernt haben. Sie gaben ihren Bildern den Inhalt, der dem Befreiungs¬kampf der arbeitenden Men¬schen entsprach und ihnen lehrte sich aus dem Joch tausend¬jähriger Unterdrückung zu befreien. Sie malten nicht die Welt im beruhigenden Licht.
Wenn in dem Beitrag darauf hingewiesen wird, dass er 1915 George Groz kennenlernte, so wäre vollständigkeitshalber darauf hinzuweisen, dass George Groz 1919 der KPD beitrat aber später zum Renegaten wurde. John Heartfield, trat 1918 der KPD bei.
1950 kehrte er aus der Emigration zurück nach Deutschland, in den Teil der DDR. Auch George Groz kehrte 1959 aus den USA zurück nach Deutschland; er ließ sich in Westberlin, das auf dem Territorium der DDR lag, nieder.
Der letzte Lebensabschnitt von John Heartfield wird fasst vollständig in dem Beitrag ausgeblendet, was meines Erachtens unverständlich ist. Er wurde 1956 Mitglied der Deutschen Akademie der Künste. 1960 wurde er mit dem Professorentitel geehrt wie im Beitrag dargelegt. Seine Auszeichnungen wie der Nationalpreis 1957, der Vaterländische Verdienstorden 1961 und der Karl-Marx-Orden 1967 widerspiegeln seine großen Leistungen, die er in der DDR, für die DDR und darüber hinaus vollbrachte.