Max Bryan

Hamburger Polizei: Sind das unsere Helden?

44 Ermittlungsverfahren auch gegen Polizisten nach G-20-Einsatz
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Max Bryan

„Die Hamburger Polizei hat heldenhafte Arbeit geleistet“, erklärte Olaf Scholz gegenüber dem NDR am 8. Juli und an zahlreichen Terminen danach. Viele der Anwohner im Schanzenviertel sehen das allerdings anders. „Wir fühlten uns allein und im Stich gelassen“, berichten Augenzeugen. Stundenlang wütet der Mob in den Straßen am Abend des 7. Juli´s und niemand griff ein. Angeblich weil es „Hinweise auf einen Hinterhalt“ gab.

Foto: Max Bryan

Gemeint waren die Personen auf dem Gerüst am Schulterblatt 1 und die Straftäter auf dem Dach am Schulterblatt 11 / 13 in der Nacht zum 8. Juli. Dort hatten sich jeweils eine Hand voll Gewalttäter Zugang verschafft und bewarfen die Polizisten vom Dach und Gerüst aus. Die Polizei argumentiert, dass es zu gefährlich sei, über diese Route in die Schanze hin einzudringen und das Areal zu sichern.

Kritiker jedoch bemängeln, dass der Zugang auch über andere Straßen, wie die Susannenstraße und die Juliusstraße oder die Altonaer Straße hätte erfolgen können. Warum das nicht geschehen sei, konnte die Polizeiführung in ihrer Pressekonferenz am 9. Juli nicht hinreichend erklären. Gesagt wurde lediglich, man habe befürchtet, dass es weitere Hinterhalte auch anderen Ortes in der Schanze gäbe, einen Beweis hierfür blieb die Einsatzleitung aber schuldig.

Zwar befanden sich auch in Höhe der HASPA am Schulterblatt Menschen auf dem Dach, allerdings und augenscheinlich nur Schaulustige und Fotografen und über die Wärmebildkameras des Hubschraubers hätte die Polizei bequem auch erkennen können, ob von diesem Personenkreis eine Gefahr ausgeht oder nicht, respektive Dinge vom Dach fliegen oder nicht. Dem war offensichtlich nicht so. Andernfalls hätte die Polizei in ihren zahlreichen Erklärungen das längst angeführt.
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Fadenscheinige Begründung

Schlussendlich argumentierte die Polizeiführung dann damit, dass ein Zwillenbeschuss auch aus Fenstern der umliegenden Gebäude hätte erfolgen können und man sich deshalb nicht ins Viertel traute. Das aber kann bestenfalls nur eine schlechte Ausrede sein, denn diese Möglichkeit des Zwillenbeschusses bestand auch am Tag darauf und schon am Samstag, den 8.7. – nur einen Tag nach den Krawallen, agierte die Polizei sehr wohl auch im Viertel rund um die Susannen- und Juliusstraße und am Schulterblatt Höhe Rote Flora.

Da schien die Angst plötzlich verflogen zu sein. Wohl auch deshalb, weil dort zumeist nur harmlose Partygänger unterwegs waren und diese offenbar leichter anzugreifen waren, als schwarz vermummte Autonome am Abend davor. Dieser Eindruck entstand bei vielen Beobachtern, die fassungslos zusahen, wie rigoros die Polizei am Samstag Abend gegen Personen und Gruppen dort vorging.

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Hochgerüstete Feiglinge?

Schaut man sich die Ausrüstung allein der BFE-Beamten so an, gelangt man schnell zum Schluss, dass keine reale Gefahr für Leib und Leben der Beamten bestand. Und das auch trotz möglichen Beschusses aus der Luft.

Zitat aus Wukipedia:
„Die Ausrüstung der Beamten bei den BFE ist für ein hohes Gewaltpotential und Störeraufkommen ausgelegt und unterscheidet sich daher von der Ausrüstung der Beamten im Streifendienst oder der Einsatzhundertschaft teilweise erheblich.“

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Darin aufgeführt: „Besondere Einsatzmittel“ sind u.a.

Schwere Körperschutzausstattung
Unterziehschutzwesten
Ballistische Schutzwesten Schutzklasse II und III
Flammschutz oder -hemmende Kleidung (Overall, Flammschutzhaube)
Oberschenkelholster (für normale Dienstwaffe)
Einsatzmehrzweckstock (EMS) (Tonfa)/Mehrzweckeinsatzstock (MES)/Einsatzstock-Kurz-Ausziehbar (EKA) (nur bestimmte Bundesländer)
Eindringwerkzeuge wie Ramme, Brechstange, Kuhfuß, Dietrich und anderes Kleinwerkzeug
Abschussgeräte/Pistolen für Tränengas oder Blendgranaten (je nach Bundesland)
Tragbare Feuerlöscher
Maschinenpistolen
Pistolen (als Dienstwaffe)
Reizstoffsprühgerät (Pfefferspray 20 ml sowie 400 ml)
Konspirative Hör-/Sprechgarnitur

Selbst einen Beschuss durch Handfeuerwaffen halten diese Schutzwesten stand und Dudde & Co. wollen uns weiß machen, dass die Beamten in Lebensgefahr waren? Wegen ein paar Störern auf dem Dach des Schulterblatt 11/13? Entschuldigung, aber das ist lächerlich und im Übrigen auch inakzeptabel! Die Beamten – insbesondere die der BFE-Einheiten wurden für Fälle wie diese ausgebildet.

Zitat aus Wikipedia: „Typische Einsatzbereiche der BFE sind Großveranstaltungen, bei denen gewalttätige Auseinandersetzungen zu erwarten sind (Fußballspiele, Demonstrationen, Unruhen), oder auch Observationen im Rahmen der Drogenkriminalität oder sonstiger Straftaten von öffentlichem Interesse. Ein weiterer Einsatzbereich ist das Vorbereiten und Durchführen von Razzien.“

Und zu Razzien gehört in der Regel auch das Eindringen in Gebäude – wie es pflichtbewusst am Abend des 7.7. hätte geschehen müssen, doch ein solches Vorgehen blieb aus. „Zu gefährlich“ argumentiert die Polizei. Man bräuchte dafür ein Spezialkommando – wertvolle Zeit verstrich. Indes konnten die Straftäter in aller Ruhe das Viertel in Trümmer legen. Im Grunde ist das ein Riesen-Skandal – diese unterlassene Hilfeleistung durch die Beamten.
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Keine Helden?

Helden sind Menschen, die in brennende Häuser laufen und kleine Baby´s vor den Flammen retten, wie jeder Feuerwehrmann das pflichtbewusst tun würde, wenn es die Notwendigkeit erfordert. In diesem Fall brannten ein paar Straßen, ein paar Autos und das halbe Schanzenviertel ging zu Bruch, kein Grund also den Helden zu spielen und sich da einzumischen?

Foto: Max Bryan

Hätte die Polizei ihr MÖGLICHSTES getan, wie das von Scholz stets behauptet wird, sähe die Schanze nicht so aus wie in der Nacht nach dem 8.7. Entweder waren die Prioritäten falsch gesetzt oder es gab andere Gründe den Zugriff zu verweigern. Vielleicht war es tatsächlich wichtiger, Politiker beim Musikhören zu beschützen, als sich schützend vor die eigene Bevölkerung zu stellen. Schon das hätte trotz Gefahrenlage geschehen müssen.
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Andere Zuwegung ignoriert

Und selbst wenn dem so wäre, dass ein Betreten des Hauses am Schulterblatt 1 und 11/13 zu gefährlich war, hätte man die Örtlichkeiten dort auch großräumig absperren können, so dass etwaige Geschosse vom Dach niemanden am Boden hätten mehr verletzen können. Der Zugang dafür hätte über den neuen Pferdemarkt von der einen Seite und über die Susannen – und Juliusstraße von der anderen Seite her erfolgen können. So wären die Anwohner und Geschäfte am Schulterblatt geschützt und möglicherweise unversehrt geblieben. War das keine Option?

„Wir hatten genügend Einsatzkräfte vor Ort“, erklärte Olaf Scholz gegenüber dem NDR am 8.7. und angeblich habe man schweren Herzens zuschauen müssen, wie die Krawallos das Viertel auseinander nehmen. Dabei hätte die Polizeiführung genau das verhindern können, wenn man nur mal ein bisschen mehr Mut gezeigt hätte, da auch reinzugehen und dem Spuk ein Ende zu setzen.

Viele Polizisten fragten sich, warum man nicht eingreife, warum es keinen Befehl für den Zugriff gab. Eine gute Frage, wie ich finde.

Eine dermaßen hochgerüstete BFE, mit Schutzkleidung, die so ziemlich jeden Angriff standhält war nicht in der Lage mit der Situation vor Ort fertig zu werden? Wie kann das sein?
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Parallelen zum 21.12.2013

So ziemlich jeden 1. Mai geht es ähnlich heiß her wie am 7. und 8. Juli diesen Jahres und im Dezember 2013 waren sogar mehr Autonome von der Polizei am Schulterblatt eingekesselt als dieser Tage und damals ist die Polizei mit der Situation auch fertig geworden, warum ist sie dieses mal gescheitert?

Lag es vielleicht doch daran, dass anders als angegeben, eben nicht genügend erfahrene Einsatzkräfte vor Ort waren? Möglicherweise ja Einheiten aus anderen Bundesländern, die das Areal rund um die Schanze gar nicht kennen und sich schon deshalb fürchteten, da reinzugehen?
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Vizepräsidentin fordert Untersuchungsausschuss

War es wichtiger die Politiker und Staatsgäste an der Elbphilharmonie zu schützen? Allein 6000 Kräfte sollen dort im Einsatz gewesen sein. Bleiben noch rund 14.000 Kräfte über, die angeblich überall anderswo in der Stadt zu tun hatten – überall – nur nicht dort, wo die Straßen brannten und sie am Nötigsten gebraucht wurden.

Nicht wenige glauben daher auch an Taktik – dass dies genau so gewollt war – man hab das Viertel der Politik geopfert, wolle zeigen, wie gefährlich die Autonomen im Umfeld der Roten Flora agieren um anschließend härtere Gesetze und den Abriss der Roten Flora zu fordern. Genau das ist dieser Tage geschehen (Medien berichteten).

„All diese Vorgänge müssen aufgearbeitet werden“, fordert die Vizepräsidentin der Hamburger Bürgerschaft Christiane Schneider. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss sei „notwendig“, so die Fachsprecherin für Verfassungspolitik in der Hamburger Bürgerschaft.
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Polizisten im Stich gelassen

Bei aller Schelte dieser Tage gegen die Einsatzkräfte der Polizei muss man zu Gute halten, dass ein Großteil der Beamten selbst auch zum Spielball der Politik wurde. Man denke da besonders an die vielen Polizisten und Polizistinnen, die mehr als 48 Stunden Dienst schoben und während dessen nicht mal angemessen untergebracht waren.

Wie Obdachlosen mussten sie zum Teil auf dem blanken Boden schlafen. Der Hamburg Senat hatte nicht hinreichend Sorge dafür getragen, alle Beamten entsprechend auch unterbringen zu können. Ein Chaos sondergleichen, wie es wohl beispiellos in der Geschichte dieser Stadt bleiben wird.
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Harmut Dudde hat uns „verheizt“

„Manchmal hatten wir das Gefühl, die einzigen Kräfte zu sein, die in Hamburg unterwegs waren“, kritisiert ein Polizei-Hauptkommissar. „Wir sind nur eine Nummer für Dudde“, sagt ein anderer. Gemeint ist Einsatzleiter Hartmut Dudde. Vorherrschende Meinung in der Hundertschaft: „Es ist schwer zu verstehen, warum nicht ausreichend Kollegen verfügbar waren.“ … und weiter:

„Aus meiner Sicht sind wir in der Tat von der Politik verheizt worden“, meint der Polizei-Hauptkommissar. „Offensichtlich wurde die Situation vor dem Gipfel komplett falsch eingeschätzt.“ Anders sei es nicht zu erklären, warum er am Morgen des Freitags mit seinem Zug in Altona auf verlorenem Posten stand. Verstärkung kam erst, als es zu spät war. (Quelle: Abendblatt)

Um so versöhnlicher die Bilder vom Abend des 8.7. auf St. Pauli, als regelrechte Verbrüderungs-Szenen zwischen Polizei und Demonstranten beobachtet wurden. Ein Demonstrant umarmte einen Polizisten und bekam zum Dank Zwiebelwurst in der Dose – mit waschechtem Polizei-Logo darauf.

„Wir sind alles nur Menschen“, hieß es zur Begründung.
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Rechte Gesinnung?

Der ehemalige Ausbilder von Hartmut Dudde – der die Gesamteinsatzleitung zum G20 in Hamburg hatte, schreibt über seinen ehemaligen Schützling folgendes – Zitat:

„Ich habe die gesamte Führung, auch Hartmut Dudde, im Verfassungsrecht, auch dem Versammlungsgrundrecht, ausgebildet. Natürlich bin ich nicht so naiv zu glauben, dass das, was sie von der Rechtsseite mitbekommen haben, in der Praxis eine Rolle spielt.

Überrascht bin ich deswegen, weil ich feststelle, wie sehr das Amt doch die Menschen verändert. Ich kann mich noch sehr gut an die relativ jungen Hauptkommissare erinnern, die auf dem Weg in den höheren Dienst waren. Dass aus ihnen solche Hardliner werden könnten, hätte ich nicht prognostiziert.

(…)

„Neben diesen unprofessionellen Umgang mit dem Versammlungsrecht wäre es eine eigene Untersuchung wert, ob die Amtsperiode von Ronald Schill in der Polizei personelle Spuren hinterlassen hat.“ – Zitat Ende.

Und das schreibt immerhin ein ehemaliger Ausbilder von Dudde – Prof. Hans Alberts, Klein Jasedow – in einem Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung und bestätigt nur das, was was viele schon wissen. Nämlich dass die Hamburger Polizeiführung die Linken Aktivisten nicht besonders gerne mag und deshalb mit einer NULL TOLERANZ LINIE gegen Demos dieser Gruppen vorgeht.

Auch gegen Friedliche, wie die am Morgen des 7. Juli´s an den Hamburger Landungsbrücken, wo zahlreiche friedliche Demonstranten „zusammen geknüppelt und mit Pfefferspray malträtiert wurden“ (Zeugin Christiane Schneider), die an dem Morgen als parlamentarische Beobachterin mit dabei war.

Das alles gehört rückhaltlos aufgeklärt.

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Über den Autor: Der Hanburger Max Bryan ist Blogger & Bürgerreporter im Ressort Gesellschaft & Soziales bei der Huffington Post

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Erstveröffentlichung: HUFFPOST vom 14. Juli 2017. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.

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