Gastbeitrag
Der Technofaschismus schreitet voran
Die Digitalisierung sollte eigentlich Fortschritt bedeuten und das Leben der Menschen erleichtern. Zunehmend jedoch, unter den Bedingungen der zur Zeit allmächtigen kapitalistischen Klassenherrschaft, wird die Digitalisierung zum Schreckgespenst, das die Freiheit der Menschen bedroht.
Die Betrachtung der „sozialen“ Medien ist allerweil zweischneidig. Denn die Gegenöffentlichkeit, die die Internetkonzerne nun teilweise radikal und selbstherrlich zensieren, haben sie vorher mit möglich gemacht: Auch Facebook, Google und YouTube haben einen Anteil daran, dass im Weltnetz eine Medienlandschaft jenseits der etablierten Konzernmedien entstehen konnte. Nun bilden aber gerade die vorübergehend hilfreichen Technokonzerne eine potentielle Gefahr für diese Meinungsfreiheiten. Auch zur Digitalisierung sei prinzipiell gesagt: Die rasante Entwicklung kann viele praktische und möglicherweise positive Neuerungen für den Alltag beinhalten. Aber die negativen Auswüchse im digitalen Raum – sowohl der privaten Zensur, als auch der staatlichen digitalen Kontrolle – müssen trotzdem immer wieder angeprangert werden. Hier folgt darum eine subjektive und unvollständige Auswahl der ganz aktuellen, Teil hochproblematischen Tendenzen.

Die Staatliche Zensur des Internets greift um sich. Bild: YouTube
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Staatliche Überwachung
Nach aktuellen Plänen des Bundesinnenministeriums (BMI) sollen sich die Bürger künftig identifizieren müssen, wenn sie online über Messengerdienste, Audio-, Videochats oder auch per E-Mailkommunizieren möchten. So will das BMI bei den Verhandlungen zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) kurzfristig noch Änderungen mit weitreichenden Folgen für alle Internetnutzer durchsetzen, wie Medien berichten. „Posteo“ berichtet, dass das BMI etwa fordere, dass die Bürger ihren Namen, die Anschrift sowie ihr Geburtsdatum zwingend bei den Anbietern hinterlegen, die diese Angaben (z.B. mit Personalausweis oder Ident-Diensten) verifizieren müssten. Das Medium stellt fest:
„Die Identifizierungspflicht würde die Art und Weise, wie Menschen hierzulande Online-Dienste nutzen, grundlegend ändern.“
Die Daten der Nutzer sollen demnach zum Zweck einer möglichen künftigen Strafverfolgung flächendeckend gespeichert werden: Das sei nichts anderes als eine Personen-Vorratsdatenspeicherung. Die gesellschaftlichen Konsequenzenwären laut den Berichten enorm: Etwa bei der Teilhabe von Personen ohne Ausweis (Kinder, Flüchtlinge) oder von Menschen, die aus Sicherheitsbedenken ihre Daten online nicht überall angeben möchten. Das vertrauliche Hilfesuchen und Konsultieren von Beratungsangeboten würde genauso erschwert wie die Arbeit von Journalisten. Außerdem würden die Datensammlungen hochattraktiv für Datendiebe und vermehrt Ziel von Angriffen. Datenschutzrechtliche Grundsätze würden übergangen. Die „Wunschliste“ des BMI enthält noch zahlreiche weitere fragwürdige Aspekte.

Zensur hat einen Namen: 451. Internetseiten, die wegen staatlicher Eingriffe blockiert sind, werden künftig mit dem Hinweis „451 Unavailable For Legal Reasons“ gekennzeichnet. Bislang gaben Webserver in solchen Fällen den Code „403 Forbidden“ aus. Code 451 soll Surfern nun explizit anzeigen, dass Inhalte aus rechtlichen oder politischen Gründen blockiert wurden.
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Private Zensur des Internets
Neben solchen staatliche Bestrebungen zu mehr Überwachung im Internet gibt es private Tendenzen zur Zensur im digitalen Raum. Die Versuche großer Internet-Konzerne, gezielt auf die Meinungen der Nutzer Einfluß zu nehmen oder sie von bestimmten Inhalten gezielt abzuschirmen, nehmen rasant zu. Ein drastisches Beispiel war die Sperrung der Accounts von Ex-US-Präsident Donald Trump. Da diesen Sperrungen keine transparenten Entscheidungen, etwa von Gerichten, zugrundeliegen, sind sie eine fragwürdige Form der privaten Zensur. Und Ausdruck der Willkür einer kleinen, mit den Löschungen betreuten Gruppe. Ein aktuelles Beispiel dieser Willkür war etwa die Zensur der Live-Übertragung einer Trump-Rede durch RT auf Youtube. Youtube hat dem Sender dafür eine Verwarnung erteilt und das Video gelöscht.
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