Michael Hillerband
„Pharmasklaven“ – Menschen als billiges Versuchsmaterial der Medizin, Pharmazie und…
Es ist kein neues Problem: schon seit langem werden arme, rechtlose und machtlose Menschen für die Gesundheit der Herrschenden im wahrsten und im übertragenen Sinne „zur Ader gelassen“.
Wir greifen nur ein Beispiel von 1796 aus England auf – es ist sicherlich nicht das älteste. Es ging damals um die Entwicklung einer wirksamen Behandlungsmethode gegen die Pocken (oder „Blattern“) beim Menschen. Das ist eine heute erfreulicherweise (fast) ausgerottete, durch Ansteckung übertragbare Krankheit, die bei etwa 30% der Betroffenen tödlich verläuft. Wer sie überlebt, ist allerdings bis an sein Lebensende immun gegen eine Neuansteckung, weil sein Körper Abwehrstoffe gebildet hat – nur: sein Äußeres ist durch die Blattern entstellt.
In der Vergangenheit war die Krankheit sehr verbreitet. Wissenschaftler und Mediziner machten sich daher auf die Suche nach Schutz- und Heilmethoden. Es wurde auch eine Methode gefunden, doch den Weg zur Lösung finden wir abscheulich:
Pockenerkrankungen gibt es nicht nur beim Menschen. Zum Beispiel bei Rindern (lat. vacca = die Kuh, s.u.) gibt es einen Pocken-Typ, an dem Menschen zwar auch erkranken können, den ihr Körper aber besiegt. Ein Landarzt aus England (den Namen nennen wir nicht, er hätte damals eher auf einen Steckbrief gehört) vermutete nun, dass eine Infektion des Menschen mit Kuhpocken dazu führen könne, dass dessen Abwehrsystem die Antikörper gegen den für den Menschen gefährlichen Pocken-Virus bildet. Das halten wir für einen guten Gedanken, aber was machte der „Arzt“, um das zu überprüfen? Er schnappte sich den achtjährigen Sohn seines von ihm abhängigen Gärtners und verpasste dem eine Injektion mit aus Kuh-Blattern gewonnenen lebenden Kuhpocken-Viren. Das so medizinisch vergewaltigte Kind erkrankte, erholte sich aber wieder. Damit war es aber für den Jungen nicht zu Ende, sondern das Eigentliche kam jetzt erst: Der „Arzt“ (verpflichtet dem Eid des Hyppokrates!) injizierte seinem Opfer nun die echten Menschenpocken-Viren und nahm dabei die Blatter-Erkrankung und sogar den Tod des Jungen in Kauf. Er (und der Junge) hatte(n) Glück: Der Junge war immun gegen die Erreger geworden. Die Methode wird heute bei notwendigen Pocken-Impfungen angewendet und als “Vakzination” bezeichnet, abgeleitet vom lateinischen Wort für “Kuh”. Der „Arzt“ hat sich damit ein Verdienst in der Geschichte der Medizin erworben – aber eigentlich gehört dieses Verdienst dem Jungen, deshalb nennen wir nun auch seinen Namen: James Phipps.
Ein weiteres Beispiel aus der Vergangenheit: Ende des 19. Jahrhundert suchte der an der Christian-Albrecht-Universität Kiel arbeitende Albert Neisser nach einem Serum gegen die Geschlechtskrankheit Syphilis. Er infizierte dazu im Jahr 1892 Krankenhauspatienten (!) mit dem Syphilis-Erreger, indem er 8 jungen Frauen bzw. Mädchen Blutserum von an Syphilis erkrankten Menschen injizierte – vier von ihnen erkrankten.
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Alles Vergangenheit?
„Long ago, far away – things like that don’t happen no more nowaday!“ – so der Refrain eines Spott-Protestliedes aus den USA. Auf Deutsch: Lange her, weit weg – Dinge wie diese passieren heute nicht mehr!
Ach nein, wirklich nicht?
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Erstveröffentlichung heute oder vor wenigen Tagen in Arbeit Zukunft online. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers.
Bilder und Bildunterschriften wurden komplett oder zum Teil von der Redaktion AmericanRebel hinzu gefügt.
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