Rui Filipe Gutschmidt

Urteilsbegründung – “Ehebrecherinnen wurden gesteinigt”

Rui Filipe Gutschmidt

Manchen Richtern steigt ihre Macht zu Kopf. Wenn es sich dann noch um einen Richter handelt, dessen Weltbild nicht in die jeweilige Gesellschaft passt, und wenn dieser seine Entscheidungen dementsprechend fällt, dann müssen die zuständigen Behörden handeln. Aber der Disziplinarausschuss tat sich schwer.

Der Disziplinarausschuss der Magistratur in Portugal hatte einen schwierigen Fall zu verhandeln. Es ging um ein Urteil eines Richters, der zwei Männern, die ihre Ex-Frau und Ex-Liebhaberin misshandelt hatten, dass extrem milde ausfiel und dessen Urteilsbegründung ganz Portugal auf die Barrikaden brachte. Nicht nur Frauenrechtler gingen vor über einem Jahr auf die Straße, sondern auch Opferverbände und die Zivilgesellschaft an sich demonstrierten gegen die Frauenfeindlichkeit und Rückständigkeit des Richters.

Nochmal zur Erinnerung, aus meinem Beitrag vom 24. Oktober 2017:
„Als wäre das Opfer die Angeklagte und die Täter einfach nur im falschem Land oder Zeitalter. Eine Frau aus Felgueiras hatte eine außereheliche Beziehung und entschloss sich dazu ihren Ehemann zu verlassen. Doch als sie sich auch von ihrem neuem Partner trennen wollte wurde sie von diesem entführt und gefangen gehalten. Der Liebhaber rief den Ehegatten, um mit diesem gemeinsam die Frau „zur Rede zu stellen“. Dieser brachte aber einen mit Nägeln bestückten Knüppel zur „Unterredung“ mit und das Resultat war ein längerer Krankenhausaufenthalt der Frau. Doch die Strafe belief sich auf eine geringe Geldsumme und Bewährung. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde abgelehnt und die Begründung hierfür ist der Auslöser für Proteste in ganz Portugal.

Gewalt gegen Frauen – Mentalitäten ändern – Pixabay.com CC 0

Der ehrenwerte Richter meinte, dass „der Ehebruch eine schwere Depression“ beim Täter verursacht habe und diese „äußerst unmoralische, zutiefst kränkende und beleidigende Tat (der Frau) die Reaktion des Ehegatten rechtfertigen“ würde. Dazu meinte der Richter noch, dass man „diese Ehebrecherin in anderen Kulturen steinigen würde“ und dass „in der Bibel steht, dass eine Ehebrecherin die Todesstrafe verdient“. Des weiteren wird ein Gesetz von 1886 zitiert, bei dem „mildernde Umstände“ beim Mord an einer untreuen Ehefrau geltend gemacht werden können.“

Von den 17 Ratsmitgliedern erschienen nur 15 und diese entschieden sich mit 8 zu 7 gegen die vorgeschlagene Archivierung. Jetzt muss ein neuer Vorschlag gemacht werden, mit einer Disziplinarmaßnahme zur Abstimmung gebracht wird. Hierzu muss man wissen, dass die Ausschussmitglieder nicht etwa mit Richter Joaquim Neto de Moura sympathisieren. Die Richter und Repräsentanten des Parlaments und des Präsidenten haben eher ein Problem damit, dass sie die Unabhängigkeit der Justiz in Frage stellen. Sie wollten keinen Präzedenzfall schaffen, indem sie gewissermaßen über ein unabhängiges Urteil urteilen.

Doch ein Richter hat sein Urteil innerhalb der bestehenden Gesetze zu treffen und die gesellschaftlichen Gepflogenheiten des Landes zu berücksichtigen. Er kann nicht einfach willkürlich seine persönlichen Überzeugungen geltend machen oder das Gesetzbuch durch die Bibel ersetzen. Natürlich fließt immer auch die eigene Persönlichkeit mit in ein Urteil ein, aber dieser Richter hat klar den Beruf verfehlt.

Es kann ja jeder seine ganz private Meinung haben und wenn sie in den Augen anderer noch so radikal, verrückt oder unrealistisch sein mag. Ein Richter darf seine Meinung, seine Weltanschauung jedenfalls nicht anderen aufzwingen.
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