F.-B. Habel

Durch die Biergasse

Was würde Yvonne dazu sagen? Eine Ausstellung über die Olsenbande in Potsdam

F.-B. Habel

Die Kunsthalle Rostock hatte die Idee zuerst, die Dänen haben sie in Viborg aufgegriffen, zu wahrer Größe kam die Ausstellung im Potsdamer Filmmuseum »Mächtig gewaltig! – Die Olsenbande …« heißt die Sonderausstellung. Zur Eröffnung Anfang Juli kam die Olsenbande höchstpersönlich, zumindest die stolzen Reste. Benny (Morten Grunwald) und Børge (Jes Holtsø) sind die beiden aus der Kernmannschaft, die nach dem Ableben von Yvonne (1987), Kjeld (1998) und Egon (2004) das Winkelement der Ganoven hochhalten.

Morten Grunwald hat im Frühjahr noch an der Berliner Volksbühne gastiert, sich aber schweren Herzens entschieden, das Theaterspielen aufzugeben. »Vielleicht übernehme ich noch mal eine kleine Filmrolle«, sagte er gegenüber jW. »Das ist weniger strapaziös als wochenlange Proben und Aufführungen.«

Der einst tänzelnde Benny wird in diesem Jahr 84 und ist nicht mehr gut zu Fuß. Die gelben Socken hatte ihm Kostümbildnerin Lotte Dandanell ausgesucht, die auch nach Potsdam gekommen war. Ohne ihr Wirken hätten die Filme nicht das typische Flair gehabt. Vor allem Yvonnes Kleider mit den vielbewunderten Dekolletés waren Meisterstücke, aber auch eine Herausforderung. »Kirsten Walter fehlte etwas Oberweite, und es brauchte Fingerspitzengefühl, das durch die Kostüme auszugleichen«, erzählte Dandanell, die seit einigen Jahren mit Entwürfen von Stoffcollagen international Erfolg hat.
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»Zwölf Millionen, Egon!« (Blick in die Gasse)
Foto: Filmmuseum Potsdam

Der kleine Børge ist ein reifer Herr mit weißem Bart geworden, aber das will nichts heißen. Jes Holtsø, wie er wirklich heißt, arbeitete nach der Olsenbande – die sieben Jahre in der auch in der DDR beliebten Serie »Oh, diese Mieter« nicht zu vergessen – in sozialen Berufen. Mit Anfang 50 ist er noch mal durchgestartet – in die Endrunde der dänischen Fassung von »Das Supertalent«. Seitdem tourt er als Frontmann einer Band. Zur Ausstellungseröffnung in Potsdam setzte er sich ans Klavier, spielte und sang Blues. Mit seinem Partner Morten Wittrock wird er demnächst Auftritte in Dresden, Stralsund und Zittau bestreiten, das Konzert im Potsdamer Filmmuseum im Oktober war so schnell ausverkauft, dass ein zweiter Termin angesetzt wurde.

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Holtsø war von der Ausstellung ebenso begeistert wie Grunwald. Dandanell bekam zunächst einen Schreck, als sie Yvonnes Kostüme sah. Die gefielen ihr gar nicht, stammten sie doch nicht von ihr, sondern aus dem ersten deutschen Olsenbanden-Theaterstück »Die Olsenbande dreht durch«, das 1997 in Cottbus uraufgeführt wurde. In der Ausstellung waren dann doch viele Arbeiten der Grande Dame des dänischen Films zu entdecken, darunter Kostüme von Egon und Kjeld – sie war versöhnt.

Die Schau wäre zwar auch faszinierend, aber nicht komplett, würden nur die 14 Filme mittels Ausschnitten am Monitor, Fotos und Plakaten präsentiert, nicht auch das Umfeld. Das wird in großen Räumen gegenwärtig, etwa angesichts von Fotos aus »Die Olsenbande leistet sich was«, einem Distel-Sketch, den Egons Synchronsprecher Karl Heinz Oppel 1985 geschrieben hatte, der darin aber den Benny spielte. Dem war er ähnlicher. Hinweise auf Reverenzen der Olsenbande-Autoren an große Vorbilder wie Chaplin, Hitchcock, Tati machen ein Stück Filmgeschichte lebendig.

Originellerweise sind die Räume durch eine von hochgetürmten Bierkästen gesäumte Gasse verbunden – natürlich Tuborg, das Bier der dänischen Arbeiter, Lieblingsmarke der Olsenbande. Ein Bierkasten fällt aus dem Rahmen: Sternburg. Das hätten die Helden wahrscheinlich getrunken, wenn sie in der DDR tätig gewesen wären.

Grunwald erzählt gern, wie Ove Sprogøe (Egon), Poul Bundgaard (Kjeld) und er gemeinsam in die DDR reisten und schon an der Grenze aufgehalten wurden, weil alle vom Zoll zusammenkamen, um die Olsenbande zu sehen. In Berlin/DDR wurden sie überall von normalen Leuten eingeladen; als sie die Grenze nach Westberlin passierten, um im Schillertheater Samuel Beckett zu treffen, nahm niemand mehr Notiz von ihnen.
Die Ausstellungsmacher gaben den einzelnen Räumen Überschriften wie »Was würde Yvonne dazu sagen?« Das war immer die Grundfrage, wenn sich die Autoren Erik Balling (auch Regisseur) und Henning Bahs (auch Szenenbildner) zusammensetzten, um den nächsten Film zu schreiben.

Eine andere Überschrift stammt aus dem elften Film »Die Olsenbande ergibt sich nie«, in dem Egon sagt: »Dieses Land ist zu klein für mich – macht damit, was ihr wollt!« Diesen Satz sollen viele DDR-Fans verinnerlicht und einige Jahre später eine kleine Invasion in Dänemark veranstaltet haben. Ein überlebensgroßes Graffito lässt Kjeld mit weit aufgerissenen Augen ängstlich ausrufen: »Zwölf Millionen, Egon!« Der gelungenen, kurzweiligen Sonderschau zum 50. Jahrestag der dänischen Premiere des ersten Olsenbande-Films sind denn auch mindestens 12 Millionen Besucher zu wünschen!


.Bis 17. Februar, Di. bis So., 10–18 Uhr, Filmmuseum Potsdam, Marstall.
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Dieser Artikel erschien vor ein paar Tagen in Junge Welt. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.
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