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70 Jahre Israel

Fiete Jensen
„Des einem Freud ist des anderen Leid“ lautet ein deutsches Sprichwort, das wie die Faust auf’s Auge auf das Verhältnis von Israel und Palästina passt. 70 Jahre ist es nun her das in Palästina der Staat Israel gegen jede Vernunft gegründet wurde. Jede Freude, der nach einer Heimat und Sicherheit suchenden Juden, musste mit einem Leid des palästinensischen Volkes bezahlt werden.
Gestern am 70. Nakba-Gedenktag und am Tag davor, wurden erneut 109 Palästinenser in Jerusalem, im Gazastreifen und im Westjordanlandvon von der israelischen Armee ermordet! Israels Präsident Netanjahu spricht arrogant von einem »glorreichem Tag« – Im Westjordanland antworteten die Palästinenser mit einem Generalstreik!

Trauer um die Toten: Bis heute stieg die Zahl der Ermordeten auf 109
Foto: Mahmoud Ajour/APA Images via ZUMA Wire/dpa
Der Apartheidstaat Israel, getragen von der nationalistisch/zionistischen Ideologie und einem brutalen kapitalistischen Unterdrückerstaat wurde errichtet und wird am Leben erhalten durch das vergossene Blut von tausenden von Palästinensern. Da gibt es nichts zu feiern! Im Boden verkriechen sollten sich all diejenigen die die brutale Vertreibung, Ermordung und Unterdrückung von Palästinensern auf ihrem Land angeordnet, vollzogen und geduldet haben. Ja, auch ein großer Teil der Bevölkerung Israels ist mitschuldig, weil sie nichts gegen die Vertreibungen, die Vernichtungen ganzer Ortschaften und die agressive Siedlungspolitik auf besetztem Land unternommen haben und ihren Wohlstand auf dem Rücken, der geschundenen und gedemütigten Palästinensern aufbauten und heute noch aufbauen.
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Die Redaktion AmericanRebel wird, beginnend mit den nachfolgenden Artikeln, im Laufe diese Jahres Artikel veröffentlichen, die sich mit der Existenz Israels und dem mutigen Kampf der Palästinenser für ihre Selbstbestimmung befassen. Aber auch der demokratischen Kampf gegen das Apartheidsystem, der Widerstand gegen das kapitalistische Unterdrückerregime und die Gängelung des israelischen und palästinensischen Volkes durch die rassistische Regierung in Israel, wir beleuchtet.
Es werden neue Artikel sein aber auch ältere „Grundsatzartikel“ die bestimmte Erscheinungsformen und Verhältnisse erklären. Einige Artikel werden erheblich länger sein als unsere Leser/innen es von uns gewohnt sind, doch komplexe Sachverhalte erfordern auch ihren Platz bei der journalistischen Betrachtung. Es wird für jede/n etwas dabei sein und wir bitten unsere Autoren/-innen ihre Texte mit Unterüberschriften gut zu Gliedern. Wem das noch nicht genügend Informationen sind, stehen die Literaturhinweise und Links unserer Autoren/-innen und der Redaktion zur Verfügung.
Auch die Leser und Leserinnen von AmericanRebel bitten wir zur Vervollständigung dieser Artikelsammlung um ihre Hilfe. Sendet uns eure eigenen Artikel, weist uns auf gute Artikel hin und nutzt die Möglichkeit Kommentare an diese Seite anzuhängen!
Wenn neue Artikel dieser Sammlung hinzugefügt werden, wird dieses wie gewohnt in der Facebookgruppe angekündigt. ihr findet sie dann immer unter diesem Text also immer ganz oben in der Artikelsammlung.
Fiete Jensen, 15. Mai 2018
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Inhalt
Tsafrir Cohen | Gegen den Strom – was bewegt israelische Aktivistinnen anno 2018? |
Reut Michaeli | Profit auf dem Rücken von Arbeitsmigrant*innen – Die Methode der Ausbeutung |
Julius Jamal | Israel-Preisträgern fordern Anklage wegen kriminellem Massaker |
Tsafrir Cohen | Die andauernde Nakba |
Arn Strohmeyer | 70 Jahre Israel – 70 Jahre Siedlerkolonialismus und Krieg gegen Palästinenser |
Rolf Verleger | Besetztes Land |
Julius Jamal | 69 Jahre Nakba – Zeit, das Schweigen zu brechen |
Jensen/Todenhöfer | Wem gehört das Land? |
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Tsafrir Cohen
Gegen den Strom – was bewegt israelische Aktivistinnen anno 2018?

Tsafrir Cohen
Das Streben nach Gleichberechtigung verbindet uns jenseits der partikulären Identität miteinander“. Im heruntergekommenen Süd-Tel Aviv stellt sich Shula Keshet an die Seite der Schwächsten der Gesellschaft & leistet Widerstand gegen zunehmende Gentrifizierung & Ausländerfeindlichkeit. Ihre Vision besteht darin, im verarmten Süden der Stadt gemeinsam mit Alteingesessen & Geflüchteten eine bessere Zukunft aufzubauen. Aus der Interviewreihe des Rosa Luxemurg Stiftung – Israel Office zu 70 Jahre Israel“. Nachfolgend findet ihr die vollständugen Interviews.
Frauen verändern die Welt – auch in Israel! Bei den Kämpfen äthiopischer Juden und Jüdinnen gegen Polizeigewalt oder in progressiver Aufklärungsarbeit innerhalb der russischsprachigen Community, in der Bewegung für ein Ende der Besatzung oder für die Rechte Geflüchteter übernehmen Frauen eine führende Rolle. In den folgenden Interviews teilen fünf israelische Aktivistinnen ihre Erfahrungen mit Rassismus und Sexismus, berichten über ihre politische Arbeit und erzählen von der ambivalenten Beziehung zum Staat und von ihren Hoffnungen für die Zukunft.
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Zuerst erschienen am 27. April 2118 bei RLS Israel office
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers
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Reut Michaeli
Profit auf dem Rücken von Arbeitsmigranten/-innen – Die Methode der Ausbeutung

Reut Michaeli
Die Beschäftigung von Arbeitsmigranten/-innen in Israel unterliegt einem Regime von Arbeitsgenehmigungen und Quoten – von dem viele profitieren, außer der Arbeiter/innen.
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Historischer Hintergrund
Das Phänomen der Arbeitsmigration gibt es schon sehr lange: Männer und Frauen verlassen ihre Heimatländer, in denen sie ihren Lebensunterhalt nicht oder nur schlecht bestreiten können. Und so suchen sie nach einem anderen Land, um zu überleben und/oder um ihren Lebensstandard zu verbessern. Bisweilen unterstützen sie auf diese Weise auch ihre Familien finanziell, die sie zurückgelassen haben. Israel ist ebenfalls ein Ziel für Arbeitsmigranten/-innen geworden und insofern unterscheidet es sich nicht von anderen Ländern.

Protest von ArbeitsmigrnatInnen, Tel Aviv, 2014, (Foto: Activestills)
Bis zu Beginn der 1990er Jahre waren in Israel palästinensische Arbeiter/innen aus den besetzten Gebieten in der Westbank und im Gazastreifen beschäftigt. Infolge der Abriegelungs- und Trennungspolitik der israelischen Regierung gegenüber den Palästinenser/innen in den besetzten Gebieten mangelte es an Arbeitskräften im Baugewerbe, in der Industrie und der Landwirtschaft. Daraufhin ergriff die israelische Regierung Maßnahmen, um die palästinensischen Arbeiter/innen in diesen Branchen durch Arbeitsmigranten/-innen (die von den Behörden als „fremde/ausländische Arbeiter“ bezeichnet werden) zu ersetzen. Im Zuge der Privatisierung des Gesundheitswesens in Israel wurden Arbeitsmigranten/-innen überdies dazu „eingeladen“, auch im Pflegebereich zu arbeiten. Dies geschah, nachdem sich israelische Arbeitskräfte geweigert hatten, unter den branchenüblichen Bedingungen (sehr schwere Arbeit rund um die Uhr zu schlechten Konditionen und niedrigen Löhnen) zu arbeiten.
Die Beschäftigung von Arbeitsmigranten/-innen in Israel unterliegt einem Regime von Arbeitsgenehmigungen und Quoten (nur im Pflegebereich gibt es keine Beschäftigungsquoten für AArbeitsmigranten/-innen). Die Anzahl der Genehmigungen ist seit Beginn dieser Praxis Anfang der 1990er Jahre stetig gewachsen: Während im Jahr 1993 weniger als 20.000 solcher Genehmigungen erteilt wurden, war ihre Zahl 1996 bereits auf 106.161 gestiegen. Israel kletterte bald an die Spitze der Liste westlicher Länder, die Arbeitsmigranten/-innen „importieren“: Im Jahr 2001 befanden sich in Israel circa 250.000 Arbeitsmigranten/-innen.

Thailändische Arbeiter*innen bei einem Treffen mit der Organisation KavLaOved, die sich für die Arbeitsrechte von Arbeitsmigrant*innen einsetzt, Moschaw Achituv, Israel, 13.7.2013. (Foto: Activestills)
Seit Mitte der 1990er Jahre versuchte die israelische Regierung, ihre Anzahl durch Verhaftungen und Abschiebungen zu reduzieren. Zehntausende Arbeitsmigranten/-innen wurden aus Israel abgeschoben oder verließen das Land „freiwillig“ angesichts der Androhung von Inhaftierung oder Abschiebung ihrer Familienmitglieder. Im Jahr 2002, im Zuge der Zweiten Intifada und der anschließenden Wirtschaftskrise, beschloss der damalige Premierminister Ariel Scharon die Massenabschiebung von ausländischen Arbeiter*innen und die Einrichtung der „Behörde für Migration“, einem Exekutivorgan, das dafür zuständig ist, „illegale Ausländer“ festzunehmen und abzuschieben. Die eigens eingerichtete Behörde ging in den Jahren 2002 bis 2004 in einer groß angelegten Operation gegen Arbeitsmigrant*innen ohne Aufenthaltsgenehmigung vor. Menschen wurden bei der Arbeit verhaftet, auf der Straße und im Bus. Verhaftungen fanden in Wohnungen statt, meist in der Nacht, und oft unter Anwendung von Gewalt. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum mehr als 100.000 Arbeitsmigrant*innen aus Israel abgeschoben oder dazu gebracht, das Land zu verlassen.
Anmerkungen
[1] Vgl. Bevölkerungs- und Einwanderungsbehörde: Daten über Ausländer in Israel, 1. Quartal 2016.
[2] Genaue Zahlen liegen zu dieser Frage nicht vor. Über die Anträge entscheidet ein spezieller Ausschuss. In den allermeisten Fällen werden sie abgelehnt, und selbst bei positiven Entscheidungen werden in der Regel lediglich befristete Aufenthaltsgenehmigungen erteilt.
[3] Zur Organisation siehe (Website gelöscht).
[4] Zur Organisation siehe (Website gelöscht).
[5] Zur Organisation The Association for Civil Rights in Israel (ACRI).
[6] Vgl. High Court of Justice (HCJ), 11437/05, 13.4.2011, Urteil von Richterin A. Proccacia.
[7] Kav LaOved, Hotline für Flüchtlinge und Migrant*innen, ACRI, Ärzte für Menschenrechte – Israel
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Zuerst erschienen am 21. September 2116 bei RLS Israel office
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers
Julius Jamal
Israel-Preisträgern fordern Anklage wegen kriminellem Massaker

Julius Jamal
Das Massaker am vergangenen Montag in Gaza kostete mehr als 60 Menschen das Leben und verletzte über 2000 schwer, die Welt zeigte sich angesicht der massiven Gewalt schockiert. Israels Regierung und die Armee stellen es als Verteidigung hin, doch dagegen regt sich Widerstand, so demonstrierten israelweit Linke und Friedensaktivisten gegen die massive Gewalt. Nun haben auch prominente Israelis in einem Brief die internationale Gemeinschaft aufgefordert klar Stellung zu beziehen gegen die Gewalt.
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Wir dokumentieren den offenen Brief:
„Wir, israelische Bürger, die wünschen, dass unser Land sicher und gerecht ist, sind entsetzt und erschrocken über das massive Töten unbewaffneter palästinensischer Demonstranten in Gaza.
Keiner der Demonstranten stellte eine unmittelbare Gefahr für den Staat Israel oder seine Bürger dar. Die Tötung von 60 Demonstranten und die Tausenden weiterer Verwundeter erinnern an das Massaker von Sharpeville im Jahr 1960 in Südafrika. Die Welt handelte dann.

Gaza Gedenken (Pic: Guy Smallman)
Wir appellieren an aufrichtige Mitglieder der internationalen Gemeinschaft, zu handeln. Wir fordern, dass diejenigen, die Schießbefehle erteilten, untersucht und vor Gericht gestellt werden. Die derzeitigen Mitglieder der israelischen Regierung sind für das kriminelle Vorgehen verantwortlich, auf unbewaffnete Demonstranten zu schießen. Die Welt muss eingreifen, um das laufende Töten zu stoppen.“
Avraham Burg, ehemaliger Sprecher der Knesset und Vorsitzender der Jewish Agency
Prof. Nurit Peled Elhanan, Ko-Preisträger des Sacharow-Preises 2001
Prof. David Harel, Vizepräsident der Israelischen Akademie der Wissenschaften und Preisträger des Israel-Preises 2004
Danny Karavan, Preisträger des Israel-Preises 1977
Prof. Yehoshua Kolodny, Preisträger des Israel-Preises 2010
Alex Levac, Fotograf und Preisträger des Israel-Preises 2005
Prof. Judd Ne’eman, Direktor und Preisträger des Israel-Preises 2009
Prof. Zeev Sternhell, Historiker und Preisträger des Israel-Preises 2008
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Erstveröffentlichung in „Die Freiheitsliebe“ vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors.
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Tsafrir Cohen
Die andauernde Nakba

Tsafrir Cohen
Für die Palästinenser*innen war die Gründung des Staates Israel vor 70 Jahren eine Katastrophe. Während bei Protesten in Gaza mehr als 50 Palästinenser*innen starben, feierte die Ablehnungsfront gegen die palästinensische Selbstbestimmung in Jerusalem die Eröffnung der US-Botschaft.
In dieser Woche gedenken über zehn Millionen Palästinenser*innen der Nakba, der massenhaften Flucht und Vertreibung in der Folge der Staatsgründung Israels 1948. Doch die Nakba endete damals nicht, sondern ist Teil eines fortwährenden Enteignungsprozesses. Die Welt scheint sich damit zu arrangieren, dass es die Zweistaatenlösung höchstens dem Namen nach geben wird.
Den Palästinenser*innen verbleiben nicht einmal jene 22 Prozent des historischen Palästinas, auf dem ihr Staat entstehen sollte, denn sie werden im Westjordanland Schritt für Schritt in dichtbevölkerte Enklaven verdrängt. Wie es dort künftig aussieht, verrät ein Blick in den Gazastreifen: Hier leben zwei Millionen Menschen in freiluftgefängnisähnlichen Verhältnissen auf einem Gebiet der Größe Westberlins – keine Aussicht auf Besserung. In der Folge zerrinnt jedes emanzipatorische Potenzial der palästinensischen Gesellschaft, während Israel seine demokratischen Züge immer weiter verliert.
Die Zementierung solcher Verhältnisse wird anlässlich der Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem gefeiert. Dort versammelte sich gestern die Ablehnungsfront gegen die palästinensische Selbstbestimmung: die Großmacht USA, vertreten durch Ivanka Trump und deren Mann Jared Kushner, die Fundamentalisten des Westens, vertreten durch den evangelikalen Priester Robert Jeffress – und europäische Rechtsaußenregierungen in Ungarn und Österreich, die einen geschlossenen europäischen Boykott der Feier durch demonstrative Anwesenheit ihrer Botschafter verhindern. Dazu kommen jauchzende israelische Nationalist*innen, angeführt von einem am Zenit seiner Macht stehenden Premier Netanjahu.
Alldem sieht das Friedenslager tatenlos zu, und nicht einmal die Dutzenden Toten im Gazastreifen vermögen es, sie aus ihrer Lethargie zu befreien. Es bleiben keine Akteure, die sich gegen die Verdrängungsprozesse stellen und damit beiden Gesellschaften die Möglichkeit eröffnen, ihre emanzipatorischen Potentiale zu entdecken.
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Zuerst am 15. Mai 2018 in der tageszeitung (www.taz.de) erschienen
danach am 16. Mai 2101 bei RLS Israel office
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers
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Weiterführende Links:
Israel zum Siebzigsten: http://www.rosalux.org.il/israel-zum-siebzigsten/
Dossier: 50 Jahre Besatzung: http://www.rosalux.org.il/dossier-50-jahre-besatzung/
Tsafrir Cohen, Lösungsmöglichkeiten aus heutiger Sicht: http://www.rosalux.org.il/losungsmoglichkeiten-aus-heutiger-sicht/
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Arn Strohmeyer
70 Jahre Israel – 70 Jahre Siedlerkolonialismus und Krieg gegen Palästinenser

Arn Strohmeyer
Israel feiert sich selbst anlässlich des 70. Geburtsages des Staates, und die westlichen Staaten stimmen in den Jubelchor ein und schicken hochrangige Regierungsdelegationen zu den Feierlichkeiten der selbst ernannten „einzigen Demokratie im Nahen Osten“, bei denen man die „gemeinsamen Werte“ beschwören wird. Aber eigentlich gibt es keinen Anlass zu feiern, denn dieser Staat verdankt seine Existenz der Vertreibung und Unterdrückung eines anderen Volkes, dessen Land er sich angeeignet hat. Das zionistische siedlerkolonialistische Israel führt seit über 70 Jahren einen grausamen Krieg gegen die Palästinenser, der ihn aber in eine ausweglose Lage gebracht hat, an der das ganze zionistische Unternehmen nun zu scheitern droht.
Die israelische Politik, der die Ideologie des Zionismus zu Grunde liegt, ist eigentlich nur mit dem Begriff des Tragischen zu verstehen, wobei man in diesem Zusammenhang natürlich an die griechische Tragödie denken muss. Sie thematisiert die Verstrickung des Protagonisten, der sich in eine so ausweglose Lage bringt, dass er das Verhängnis durch jedwedes Handeln nicht mehr abwenden kann und schuldig werden muss. Sein Scheitern ist unausweichlich. Die herannahende Katastrophe lässt sich nicht mehr abwenden. Der Keim der Tragödie ist, dass der Protagonist der Hybris – der Arroganz, dem Hochmut und der Selbstverblendung – verfällt. Die Übereinstimmung mit der Situation Israels liegt auf der Hand. Nur eines gibt es in der der israelisch-jüdischen Tragödie nicht: Die griechische Tragödie sollte einen Sinneswandel bei den Beteiligten hervorrufen – eine Reinigung oder Katharsis. Das Durchleben von Jammer und Rührung, die das Drama hervorrief, sollte zu einer seelischen und moralischen Läuterung führen, davon kann in der israelisch-jüdischen Tragödie keine Rede sein. Es gibt keinerlei Empathie.
Der Gedanke, die Situation Israels, seine Geschichte und seine heutige Politik mit einer Tragödie in Verbindung zu bringen, ist keineswegs neu. In der Bildung eines jüdischen Nationalstaates sah schon der jüdische Publizist Isaac Deutscher (1907 – 1967) „eine weitere jüdische Tragödie.“ Der Schriftsteller Erich Fried, ebenfalls ein Jude, hat immer wieder von der „Tragödie“ geschrieben, die Israel im Nahen Osten angerichtet habe. Und der deutsch-jüdische Historiker Fritz Stern (1926 – 2016), der in den USA lebte und lehrte, sagte in dem längeren Gespräch, das er mit Helmut Schmidt führte, auf die Frage des Ex-Kanzlers, was die Israelis tun könnten: „Das ist eine ganz große Tragödie. Ich mache mir große Sorgen um die Zukunft Israels, wenn ich an seine Politik denke.“
(Dieser Text stammt aus dem Buch von Arn Strohmeyer: Die israelische jüdische Tragödie. Von Auschwitz zum Besatzungs- und Apartheidstaat. Das Ende der Verklärung, Gabriele Schäfer Verlag Herne, 2017).
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Wir danken der Onlinezeitung Der Semit für die freundliche Genehmigung der Veröffentlichung
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Buchempfehlung
Arn Strohmeyer, Die israelisch-jüdische Tragödie – Von Auschwitz zum Besatzungs- und Apartheidstaat Israel. Das Ende der Verklärung
Seit 50 Jahren hält Israel völkerrechtswidrig palästinensische Gebiete besetzt und ein Ende – und damit eine Friedenslösung – ist nicht in Sicht. Um diesen Zustand zu zementieren, hat Israel apartheidähnliche Zustände geschaffen: In Israel selbst unterliegen die Palästinenser großer Diskriminierung, im Westjordanland und im Gazastreifen werden sie hinter Mauern und Zäunen – sozusagen in Reservaten oder Bantustans – weggesperrt. Rund 4,5 Millionen Menschen müssen dort inzwischen ohne politische und bürgerliche Rechte leben, die Menschenrechtslage ist verheerend. Die israelische Politik hat sich so aber selbst ausmanövriert: Die Zwei-Staaten-Lösung ist wegen des Siedlungsbaus auf palästinensischem Land nicht mehr möglich, eine Ein-Staaten-Lösung würden die Palästinenser mit ihrer Mehrheit dominieren. Eine ausweglose Situation, die nur noch mit dem Begriff des Tragischen zu verstehen ist: Der handelnde Protagonist (Israel) gefährdet durch seine kompromisslose Politik des Hochmuts und der Hybris die eigene staatliche Existenz. Als Zukunftsmodell bietet sich nur noch die Apartheid-„Lösung“ an, die auf der weiteren Unterdrückung eines ganzen Volkes beruht und deshalb keine Überlebenschance hat. Das Scheitern und damit eine Ende des Zionismus scheint so absehbar.
ISBN 9783944487571, Englisch-Broschur, 13×20 cm, 280 Seiten, Bestellung
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(AmericanRebel von 22.12.2017)
Rolf Verleger
Besetztes Land
Vor 100 Jahren versprach Großbritannien den Juden das Land der Palästinenser
(AmericanRebel von 15.05.2017)
Julius Jamal
69 Jahre Nakba – Zeit, das Schweigen zu brechen
Die Staatsgründung Israels vor 69 Jahren ging mit der Nakba einher!
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Julius Jamal
Heute findet weltweit der Nakba-Gedenktag statt. In Deutschland wie in ganz Europa ist die Nakba allerdings nahezu unbekannt, dabei ist die Vertreibung von 700.000 Palästinensern und die Ermordung von mindestens 13.000 eines der entscheidendsten Hindernisse für Frieden im Nahen Osten. Das Rückkehrrecht der Vertriebenen steht bei allen Verhandlungen auf der Tagesordnung, auch wenn die israelische Rechtsregierung sich immernoch weigert, dieses Verbrechen anzuerkennen.
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700.000 PalästinenserInnen, rund 80 Prozent der arabischen Bevölkerung im Gebiet des heutigen Israels, wurden 1948 vertrieben. By mr hanini, licensed under CC BY-SA 3.0 (edited).
Im Zuge der Nakba wurde das komplette Leben der Palästinenser im Gebiet des heutigen Israels zerstört, so wurden nicht nur 700.000 Menschen vertrieben, sondern auch ein Großteil ihrer Ortschaften zerstört. Historiker gehen davon aus, dass die von zionistischen Milizen durchgeführten Aktionen die Zerstörung von 531 Dörfern und Städten zur Folge hatten.
In den jüdisch-palästinensischen Orten wurden die Häuser der vertriebenen Palästinenser enteignet und an Neuankommende übergeben. Für diese Enteignung wurde sich bis heute weder entschuldigt, geschweige denn eine Entschädigung gezahlt, da Israel dieses Verbrechen immer noch leugnet.
Wer sich allerdings für Frieden im Nahen Osten einsetzt, der muss die Nakba anerkennen und die damit einhergehende Situation der Palästinenserinnen und Palästinenser im Exil als Problem verstehen, das nur im Zusammenhang mit der Staatsgründung Israels gesehen werden kann.
Die große Katastrophe, so die Bedeutung des Worts Nakba, kann nicht verdrängt oder als Mythos dargestellt werden, doch der Schmerz der durch sie entstanden ist, kann gelindert werden, wenn den Menschen endlich die Rückkehr in ihre Heimat gestattet und ihr Leid anerkannt wird.
Deutschland trägt eine besondere Verantwortung für die Situation im Nahen Osten, dieser wird es nicht gerecht, wenn es die Nakba weiterhin ignoriert und Ausstellungen, die das Theman aufarbeiten wollen, verboten werden. Wenn die deutsche Regierung ihrer Verantwortung gerecht werden will, muss sie sich dafür einsetzen, dass die Nakba nicht in Vergessenheit gerät und die Vertriebenen ihre Heimat wiedersehen dürfen.
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Palästinensische Araber werden 1948 von israelischen Soldaten mit Waffengewalt aus ihren Häusern in Haifa im heutigen Israel vertrieben.
By SlimVirgin, published under public domain.
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In Haifa wird die Nakba 1948 als „Haifa Liberation“ interpretiert und ihr gedacht. Geschichtsrevisionismus in besonders perfider Art und Weise.
Foto von Jakob Reimann, licensed under CC BY-SA 2.0.
Über den Autor: Ich habe 2009 die Freiheitsliebe gegründet aus dem Wunsch, einen Ort zu schaffen, wo es keine Grenzen gibt zwischen Menschen. Einen Ort an dem man sich mitteilen kann, unabhängig von Religion, Herkunft, sexuelle Orientierung und Geschlecht. Freiheit bedeutet immer die Freiheit von Ausbeutung. Als Autor dieser Webseite streite ich für eine Gesellschaft, in der nicht mehr die Mehrheit der Menschen das Umsetzen muss, was nur dem Wohlstand einiger Weniger dient.
Ihr findet mich auf: Facebook.
Fiete Jensen
Wem gehört das Land?
Illegaler Siedlungsbau im Westjordanland nimmt kein Ende

Fiete Jensen
Wem gehört das Land? Sicher nicht den israelischen Besatzern und ethnischen Säuberern, sondern den vertriebenen und besetzten Ureinwohnern Palästinas, den Palästinensern.
Das ist mir seit langem bekannt und in Anbetracht, dass wir heute viel über die Kriege in und um Syrien und über die Neubesetzung der führenden Clownrolle in den USA diskutieren, möchte ich daran erinnern, dass sich in Palästina nichts geändert hat. Der rassistische, profaschistische Apartheidsstaat Israel waltet und schaltet dort, fast unbehelligt von der Weltöffentlichkeit wie er will.
Als Konsequenz der Brände im Herbst vergangenen Jahres, riefen der israelische Politiker und Vorsitzender der Partei HaBajit haJehudi („jüdisches Heim“) Naftali Bennett, sowie sein rechtsradikaler Kollege, der Außenminister Avigdor Lieberman, dazu auf, den Siedlungsbau auf besetztem Land zu expandieren und prompt wurden auch 500 neue Siedlungseinheiten genehmigt! Mit dem illegalen Siedlungsbau verbunden sind tägliche Angriffe und repressive Maßnahmen, Verhaftungen und die anhaltende Zerstörung von Häusern sowie Felder und Olivenhaine von Palästinensern im Westjordanland. Kürzlich setzten israelische Soldaten am Abend einen Olivenhain unweit der illegalen Siedlung Kiryat Arba (Hebron) in Brand. Der von Anwohnern gerufenen Feuerwehr wurde von israelischen Soldaten der Zugang zu dem Feuer verweigert. Unweit des Ortes Jaaba (Hebron) zerstörten israelische Soldaten mehrere Wohnhäuser, Wirtschaftsgebäude sowie einen Brunnen. Ein Sprecher der zuständigen israelischen Behörde (COGAT) erklärte, die Gebäude seien »ohne Genehmigung« errichtet worden.
Auf der Suche nach neuen Fakten stolperte ich über den nachfolgenden Text von Jürgen Todenhöfer, den ich hier nicht vollständig wiedergeben möchte, ohne mich auch bei Jürgen Todenhöfer für seine hervorragende Arbeit zu bedanken.
„Liebe Freunde, Netanjahu bereitet die totale Annexion des Westjordanlandes vor. Schon jetzt ist es mit völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen übersät. Wissenschaftsminister Akunin triumphierte: „Das ganze Land gehört uns. Dieses Recht ist ewig und kann nicht angefochten werden“ „Nein, Herr Wissenschaftsminister. Das Westjordanland gehört nicht Ihnen. Nicht ein Quadratmeter. Es gehört den Palästinensern!“.
Netanjahu will nun sogar ‚illegale‘ israelische Siedlungen im Westjordanland nachträglich legalisieren. Jedem willkürlichen Landraub wäre damit Tür und Tor geöffnet. Deutlicher kann Netanjahu nicht zeigen, dass er das ganze Westjordanland will. Und auf die Zwei-Staaten-Lösung pfeift.
Jeder andere Staat, der derart offen gegen Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats verstößt, würde mit Sanktionen überzogen. Für Israel aber gibt es nur milde Ermahnungen. So wie nach dem Gaza-Krieg 2014, als die USA Israel zur Zurückhaltung bei ihren Bombardements aufforderten und anschließend deren Waffenlager wieder mit Bomben auffüllten. Oder als Deutschland von der israelischen Regierung Angemessenheit ihrer Reaktionen forderte und ihr – trotz maßloser Angriffe auf Zivilisten – anschließend mehrere Kriegsschiffe zu Schleuderpreisen lieferte.
Die Welt ist feige. Und deshalb läuft alles auf eine Einstaatenlösung zu. Auf einen Apartheid-Staat. Falls die Palästinenser nicht ganz davongejagt werden. In die Wüste, auf den unfruchtbaren Sinai, ins sterbende Gaza oder in den von Flüchtlingen überschwemmten Libanon.
Dagegen müssen wir unsere Stimme erheben. Ohne jedes anti-jüdische Ressentiment. Ich habe mich immer für das Existenzrecht Israels und gegen Antisemitismus eingesetzt. Aber für israelisches Unrecht werde ich mich nie einsetzen. Eine Zwei-Staaten-Lösung ist Israels letzte Chance zu einem friedlichen Miteinander mit den Palästinensern. Jetzt steuert alles auf eine Konfrontation zu. Die katastrophal enden könnte. Man kann Menschen nicht unbegrenzt demütigen.
Illegaler Siedlungsbau in der Nähe von Jerusalem,
Bild: ReutersFührende israelische Politiker und Juristen sehen Netanjahus Politik ähnlich kritisch wie ich: Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit erklärte, das neue Gesetz verstoße gegen israelisches und internationales Recht und liefere Munition für Klagen gegen Israelis vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.
Viele reden in diesen Tagen von der Notwendigkeit eines starken Europas. Der Versuch Netanjahus, die Zwei-Staaten-Lösung ein für allemal abzuschießen, wäre für Europa eine gute Gelegenheit, Haltung zu zeigen. Und Netanjahu klar zu machen, dass Europa mit ihm nur zusammen arbeiten wird, wenn er Entscheidungen des UN-Sicherheitsrats respektiert und endlich einem konkreten Zeitplan zur Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung zustimmt.“
Ich denke es ist an der Zeit über "die Tragödie" Palestinas 70 Jahre später ein Buch heraus zu geben. Nach der Befreiung vom Faschismus hatten große Teile der befreiten europäischen Juden Hoffnung in den neuen Staat. Durch Churchils Rede in Fulton begann jedoch der kalte Krieg und der junge Staat Israel wurde zum Spielball der Systemauseinandersetzung. Dadurch wurden dann auch die legetimen Interessen des palestinensischen Volkes mit Bomben und Granaten zerstört.