Julius Jamal
Für das Recht umzuziehen, nicht die Pflicht
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Der Artikel des Springerblattes „Die Welt“ wartet mit vermeintlich beeindruckenden Zahlen auf. So sind 60 Prozent der erwerbslosen Italienerinnen und Italiener unter 35 nicht bereit für eine Stelle umzuziehen. In den Niederlanden und Dänemark ist der Anteil noch höher, doch der Autor fokussiert sich auf Italien. Anscheinend ist es besonders die italienische Jugend, unter denen er sehr viele „Muttersöhnchen“ vermutet.
Gelobt wird dagegen die spanische Jugend, unter denen sich fast die Hälfte vorstellen kann, für einen Arbeitsplatz ins Ausland zu ziehen. Der Autor suggeriert in dem Artikel, es sei die Pflicht eines jungen Menschen für einen Arbeitsplatz in ein anderes Land zu ziehen und nicht die Pflicht der Politik und Wirtschaft, im eigenen Land für Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätze zu kämpfen.
Die europäische Jugend leidet unter der neoliberalen Politik der letzten Jahre, die insbesondere in den Staaten Südeuropas zu einer Zerschlagung des öffentlichen Arbeitsmarkts und einem massiven Stellenabbau geführt hat. In Griechenland stieg die Jugendarbeitslosigkeit von 22 Prozent im Jahr 2007 auf 44 Prozent im vergangenen Jahr. Auch in Spanien verdoppelte sie sich von 18,1 auf 38,5 Prozent. In Italien ist sie um mehr als 16 Prozentpunkte auf 36,5 Prozent gestiegen. Nun fordert das Springerblatt angesichts dieser Entwicklung, dass die Jugend umziehen und sich woanders einen Job suchen solle.
Dabei wäre die „Welt“ eine der ersten Zeitungen, die sich empören würde, wenn Millionen jugendlicher Erwerbsloser aus Südeuropa nach Deutschland zögen. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Tageszeitung eine strikte politische Linie der Heroisierung deutscher Austeritätspolitik predigt und den neoliberalen Kurs der EU verteidigt, versucht sie ein weiteres Mal, die eigentlichen Opfer dieser verheerenden Politik in die Schuldrolle zu drängen.
Die Ursachen liegen eindeutig woanders: Nicht die heute erwerbslose Jugend ist schuld an ihrer Situation, sondern die Austeritätspolitik der Europäischen Union. Diese Politik sogenannter Sparmaßnahmen wird maßgeblich von der deutschen Bundesregierung vorangetrieben. Ebendiese hat überall im Süden Europas zu einer massiven Rezession geführt, für die die Krisenstaaten auch noch abfällig als „PIIGS“-Staaten bezeichnet wurden, weil sie nicht schnell genug die von Deutschland und Frankreich geforderte Politik umsetzten.
Statt eine Umfrage zu machen, die die Bereitschaft junger Menschen abfragt, ihr Heimatland zu verlassen, nur um diese dann – bei fehlender Bereitschaft, abfällig zu behandeln, bedarf es einer Perspektive gegen Jugendarbeitslosigkeit. Grundlegend dafür ist ein Ende der sogenannten Sparpolitik und stattdessen der Kampf für mehr Ausbildungsplätze und Arbeitszeitverkürzungen. Nötig ist zudem ein massives Investitionsprogramm, das zukunftsfähige Arbeitsplätze in den jetzigen Krisenländern schafft. Ohne einen radikalen Kurswechsel wird es bei der hohen Jugendarbeitslosigkeit bleiben. Diese zu beenden ist entscheidend. Ob Menschen migrieren oder nicht, sollte ihre Entscheidung bleiben.
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Erstveröffentlichung in „Die Freiheitsliebe“ vor wenigen Tagen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und des Autors Jules El-Khatib, Jugendpolitischer Sprecher der PdL in NRW. Mit Unterstützung von Igor Gvozden, Kreissprecher der PdL Aachen und Fotis Matentzoglou vom Kreisvorstand der PdL Recklinghausen.
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Über den Autor: Julius Jamal hat 2009 aus dem Wunsch, einen Ort zu schaffen, wo es keine Grenzen gibt zwischen Menschen, den Blog „Die Freiheitsliebe“ gegründet. Einen Ort an dem man sich mitteilen kann, unabhängig von Religion, Herkunft, sexuelle Orientierung und Geschlecht. Freiheit bedeutet immer die Freiheit von Ausbeutung. Als Autor dieser Webseite streitet er für eine Gesellschaft, in der nicht mehr die Mehrheit der Menschen das Umsetzen muss, was nur dem Wohlstand einiger Weniger dient.
Der Beitrag ist nicht gut durchdacht. Wenn Julius Jamal schreibt, dass die Zeitung “Die Welt“ sich als Erste darüber aufregen würde, wenn “Millionen jugendliche Erwerbslose aus Südeuropa nach Deutschland zögen“, so nicht vorstellbar, dass der Journalist des Artikels einen solchen Unsinn geschrieben oder angedeutet haben könnte. Vielmehr erscheint, dass Julius Jamal einem schwerwiegenden Denkfehler unterliegt. Die Jugendlichen müssten in ihrem Land die deutsche Sprache erlernen, um in Deutschland um Arbeit nachsuchen zu können. Sie können erst nach Deutschland umziehen, wenn sie Arbeit in Deutschland haben.
Wenn Julius Jamal sich dann der Ursache für die Erwerbslosigkeit der jungen Menschen zuwendet und diese in der Austeritätspolitik meint gefunden zu haben, so ist ihm dabei nicht zu folgen. Er ließ unbeachtet, dass die Ursache eine besondere Art der Bedingung ist. Eine Bedingung ist dann Ursache einer Erscheinung, wenn sie der Wirkung zeitlich vorausgeht, diese mit Notwendigkeit hervorbringt, das wesentliche Moment bei der Entstehung der Erscheinung ist und zur Wirkung wird. Nun ist die Jugendarbeitslosigkeit nicht erst mit der Austeritätspolitik entstanden, sondern existierte weit vor der Sparpolitik. Dass die Austeritätspolitik die Jugendarbeitslosigkeit weiter verschärfte, wird nicht bestritten; aber gerade deshalb ist sie nicht die Ursache der Jugendarbeitslosigkeit. Die Ursache der Arbeitslosigkeit – dabei ist unbedeutend, ob es sich um Jugendliche oder um alle anderen Arbeitslose handelt – ist die kapitalistische Gesellschaftsordnung. Die Arbeitslosigkeit ist immanenter Bestandteil dieser Gesellschaftsordnung. Die Unternehmen brauchen nicht den Menschen, sondern sie brauchen die Arbeitskraft des Menschen. Die ständig steigende Mechanisierung und Automatisierung reduziert den Bedarf an menschlicher Arbeitskraft. Deshalb sind diese Forderungen wie Ende der Sparpolitik, Kampf für mehr Ausbildungsplätze und Arbeitszeitverkürzungen zwar theoretisch gut, jedoch praktisch kaum zu verwirklichen. Diese Forderungen nagen am Gewinn der Unternehmen. Was gewinnschädlich für die Unternehmen ist, kann auch die Politik kaum durchzusetzen. Und sie will es auch nicht!! Wer spendete der CDU zum Wahlkampf 2017 und spendet darüberhinaus jährlich die Millionen Euro? Es waren nicht die 40 Millionen Bundesbürger (hier Kinder, nicht arbeitende Bevölkerung, Arbeitslose etc. nicht mitgerechnet), sondern die großen Unternehmen.
Wenig verständlich ist der Hinweis zu einem massiven Investitionsprogramm.