Rui Filipe Gutschmidt
Unrechtsstaat USA – Hinrichtung schlug fehl und zeigt die Grausamkeit der Rachejustiz
Das biblische „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ ist feter Bestandteil in der Rachejustiz. Während wir Europäer uns über die Sharia (Islamisches Recht) mokieren und gegenüber der Brutalität der Justiz in Ländern wie China, den Philippinen, dem Iran und so weiter oder über die Brutalität in russischen, lateinamerikanischen, afrikanischen und asiatischen Gefängnissen die Nase rümpfen, dürfen unsere US-amerikanischen Verbündeten fast alles.
Doyle Hamm wurde 1987 wegen Mordes zum Tode verurteilt. Nach über 30 Jahren im Todestrakt (!) sollte Hamm per Giftspritze hingerichtet werden. Doch die Ärzte (die dadurch gegen den hippokratischen Eid verstoßen) waren nicht in der Lage das Urteil des US-Bundesstaates Alabama auszuführen. Beim 61-jährigen Verurteilten fand man aber selbst nach über zwei Stunden herumgestochere keine Vene, um den tödlichen Cocktail verabreichen zu können.
Die Hinrichtung des Krebskranken Hamm, der 1987 bei einem bewaffneten Raubüberfall einem anderem Menschen das Leben nahm, entwickelte sich zum Desaster. Hamms Anwalt, Bernard Harcourt, sagte gegenüber dem „The Guardian“: „Es war eine blutige, misslungene Hinrichtung“. Das Gericht wurde schon im Vorfeld darauf hingewiesen, dass durch die Jahre der Chemotherapie und intravenöser Medikation, kaum noch eine Vene zu finden wäre, um die giftige Injektion zu verabreichen.
„Doyle Hamm hat einige Hämatome nachdem er 12 mal gestochen wurde und er humpelt jetzt.“ Doch sein Anwalt, der seit der Krebsdiagnose 2014 um das Leben seines Klienten kämpft, vergisst wohl, dass Doyle immerhin noch am Leben ist, obwohl er schon Tot sein sollte. Was sind da schon ein paar Hämatome. Aber da muss man doch noch mal nachfragen, wie ein „Rechtsstaat“, eine Demokratie, überhaupt noch eine Todesstrafe verhängen kann.
Wer in einem Land wie den USA aufgewachsen ist, der wird nach dem Prinzip der Rachejustiz erzogen. Das ein Staat, der einem (mutmaßlichem) Mörder das Leben nimmt, um dadurch den Angehörigen, Freunden und Bekannten Genugtuung zu verschaffen, deutet aber nur auf die Rückständigkeit dieser Gesellschaft hin. Ein solches Rechtssystem dient nicht der Abschreckung, sondern ist eher ein Anlass zu größerer Gewalt. Wer nichts zu verlieren hat, der schreckt auch nicht davor zurück einen zweiten (dritten und so weiter) Mord zu begehen.
In den USA ist jeweils einer von neun Erwachsenen inhaftiert oder vorbestraft. Jugendbesserungsanstalten und Drogenreha sind auch lukrative „Geschäftszweige. Vor allem im Süden sind die Gefängnisse gnadenlos überfüllt und die Haftbedingungen sind unmenschlich. Wer aus dieser Hölle wieder frei kommt, der trägt einen Hass gegen die Gesellschaft, das System und insbesondere gegen Polizei und Justizapparat mit nach draußen. Zu allem Übel ist der Strafvollzug immer öfter in privater Hand. So ist sogar hier der Neoliberalismus eingezogen und statt Rehabilitierung werden tickende Zeitbomben geschaffen.
Doch der Staat USA tötet nicht nur Mörder und wird dadurch selbst zum Verbrecher, sondern auch unschuldige Kinder, Frauen, Greise – Zivilisten eben – werden zu Opfern der Angriffs- und Stellvertreterkriege der Amerikaner. Im Interesse der Wirtschaftsbosse wird getötet, verletzt, zerstört. Im Namen der nach Rohstoffen gierenden Spekulanten, im Namen der geopolitischen Machtziele und des Militärisch-Industriellen Komplexes, wird der Staat USA also selbst zum Mörder. Wo ist da die Rachejustiz? Wie kann eine rechtliche Grauzone wie Guantanamo existieren und, zu guter Letzt, wie kann ein solcher Unrechtsstaat sich auch noch als Weltpolizei aufspielen und wie kann es sein, dass viele Staaten – je nach Interessen ihrer jeweiligen Führungsriege – diesen Verbrecherstaat als Sheriff akzeptieren?
Die Todesstrafe an sich ist schon falsch, aber ein Staat wie die USA entpuppt sich jedesmal aufs Neue als heuchlerisch, wenn wieder einmal ein Todesurteil vollstreckt wird.
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Dieser Artikel erschien auch auf unserer Partnerseite INFO-WELT
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