Redaktion RoterMorgen und Gruppe RotePublisher – 21. März 2022
Über den Kampf um den Frieden
In der vergangenen Woche haben einige Genossen und Genossinnen in den Sozialen Medien einen Button gepostet, der indirekt dazu aufruft, sich von Kontakten, die ein militärisches Vorgehen der russischen Imperialisten zur Wahrung ihrer Interessen und wie einige User/innen meinen, zur Wahrung der Interessen der ukrainischen Bevölkerung befürworten. „Aufhänger“ war die Verbreitung eines Symboles das für die Kriegsverherrlichung durch die imperialistische russische Armee steht, das „Z“. Einige User/innen haben dieses Symbol sogar zu ihrem neuen Erkennungszeichen gekürt und outen sich somit unmissverständlich.
Zuvor hatte der Genosse Heinrich Schreiber eine Volkskorrespondenz über diese Symbolik verfasst, die Aufschluss über Entstehung und Verwendung dieses Zeichens gibt.
In Folge der Veröffentlichung entwickelte sich eine Onlinediskussion, die vorwiegend von User/innen geführt wurde, die sich als Marxisten-Leninisten bezeichnen. Diese Genossen/innen vertraten neben vielen anderen Teilansichten die These, dass es erforderlich ist, die schwächste imperialistische Macht zu unterstützen oder in andere Weise mit ihr zu kooperieren, um eine „Stärkere“ zu bekämpfen. Sie haben anscheinen mit dem »“Z“-Symbol« keine Probleme. Zur Begründung wird u. a. die Zusammenarbeit Lenins mit der kaiserlichen Heeresleitung und der
Nichtangriffsvertrag zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjetunion von 1939. Doch dabei wird übersehen:
- Welche Klassen den Krieg führen und welchen Klassencharakter der Krieg hat.
- Dass die deutsche Regierung im Sinne der herrschenden Imperialisten am Krieg beteiligt ist, also selber Kriegspartei ist und so der Kampf gegen diesen Feind im eigenen Land an erster Stelle stehen muss.
- Dass die Umwandlung des imperialistischen Krieges in einen Bürgerkrieg nicht »gemacht werden« kann, denn “sie wächst heraus aus einer ganzen Reihe von mannigfaltigen Erscheinungen, Seiten, Momenten, Charakterzügen und Folgen des imperialistischen Krieges“ (vergl. Lenin, Über die Niederlage der eigenen Regierung im imperialistischen Kriege, LW 18, s. 221ff.)
- Das Gefühle durchbrechen, insbesondere werden die Menschen durch die Gräuel des Krieges anfällig für Religion und für die Einschätzung das ein böser, durchgeknallter Staatscheff mit seiner unangemessenen Machtbefugnis an allem Schuld ist.
Die umfangreiche Diskussion bewirkte, das sich die Redaktionskonferenz der RoterMorgen-Onlineredaktion am vergangenen Wochenende damit beschäftigte und zwei Beschlüsse fasste. Zum Einem berichten wir in einem gesonderten Beitrag in den Publikationen der »Gruppe RoterPublisher“ über die Thematik (das ist dieser Artikel). Des Weiteren werden wir eine kommentierte Broschüre mit 16 militärischen Aufsätzen und Artikeln von W. I. Lenin veröffentlichen, die aus der Sicht der Marxisten-Leninisten mehr Klarheit zu diesem Thema schaffen soll. »W. I: LENIN – Über den Kampf um den Frieden, (Kleine Sammlung)«, wird mit knapp 140 Seiten im April 2022 erscheinen. Die Genossen, die den oben gezeigten Button bei Twitter und Facebook gepostet haben, werden dort die Kommentarfunktion sperren und auf die Kommentarmöglichkeit unter diesem Artikel hinweisen. Letzteres ist notwendig, weil sich unter den Kritikern Personen gemischt haben, die nicht in der Lage sind, solidarisch oder zumindest unter Einhaltung der grundlegendsten Höflichkeitsregeln ihr Anliegen vor zu bringen. An deren Äußerungen haben wir kein Interesse. Einige der lesenswerten Kommentare haben wir unter diesem Artikel platziert und freuen uns über weitere Meinungen und eine lebhafte solidarische Diskussion.
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Um den gegenwärtigen Krieg in der Ukraine besser einschätzen zu können, hat sich das RoterMorgen-Redaktionskolektiv mit Lenins Aufsätze und Reden aus den Jahren 1915 bis 1922 näher befasst. Es geht um die Schriften, in denen Lenin das verbrecherische Wesen des Imperialismus aufschlüsselt. Wir können in ihnen verfolgen, wie Lenin den Kampf um den Frieden in der imperialistischen Kriegsepoche vorzeichnet. Seine Kernthese lautet: Es gibt kein anderes Entrinnen aus dieser Kriegshölle als durch die bolschewistische Revolution1. Das ist hochaktuell, denn die Imperialisten aller Länder bereiten heute kriegslüstern in der Absicht einer Weltbeherrschung ein Weltgemetzel mit der Atombombe im Gepäck vor.
Ohne die Kenntnis und ohne das Durchdenken dieser Aufsätze und Reden läuft man leicht Gefahr, über das Wesen des imperialistischen Krieges im Unklaren zu bleiben. Jede Revolutionärin, jeder Revolutionär muss in der Lage sein, das Wesen der verschiedenen Kriege lesen zu können. Es ist eine sehr schwierige Sache, einen Krieg richtig zu lesen, denn jeder Krieg wird in einem Geheimnis geboren. Gerade der im Februar 2022 ausgebrochene Krieg um die Ukraine zwischen dem imperialistischen hochaggressiven NATO-Pakt mit dem US-Imperialismus an der Spitze, den Lenin auf dem VI. Sowjetkongress 1918 eine “vollgefressene Bestie“ nannte, der diesen Krieg seit Jahren vorbereitet hat, der aber offiziell vorgibt, ganz unschuldig zu sein, sich rauszuhalten, und dem russischen Imperialismus, der vorgibt, keinen Krieg zu führen, der von einem solchen nichts weiß, ja der russische Bürger bestraft, wenn sie das Wort »Krieg« überhaupt in den Mund nehmen, weist nach, dass man nicht schlechthin von einem Krieg sprechen darf und dass man sich hüten muss, Pauschalierungen vorzunehmen. Es ist zunächst immer zu fragen, welche Klassen führen den Krieg und welchen Klassencharakter trägt er demzufolge. Imperialistische Kriege sind immer von langer Hand vorbereitete Kriege der mit dem Finanzkapital verwobenen Regierungen, man muss das Studium nicht mit dem Ausbruch des Krieges beginnen, sondern mit seiner Vorgeschichte. Imperialistische Kriege sind trotz allgemeiner Wehrpflicht niemals Volkskriege.
Alle Augen und alle Ohren richten sich gegenwärtig auf die Ukraine, wie Lenin sagt: “Wenn die Raben zusammenfliegen, so heißt das, dass es nach Aas stinkt“2. Dieser Krieg ist von seiner Ausgangskonstellation relativ leicht zu lesen, es ist ein eindeutig imperialistischer Krieg. Darf man in Moskau das Wort Krieg nicht anwenden, so in Berlin nicht das Wort vom ‘imperialistischen Krieg‘. Ideologisch hat Hegel den aggressiven Charakter des deutschen Imperialismus vorformuliert, indem er schrieb, dass es das Leben des Geistes sei, sich nicht vor dem Tode zu scheuen und sich nicht vor der Verwüstung reinzubewahren, dass der Geist den Tod zu ertragen und sich in ihm zu erhalten habe.
Im Wirrwarr der bürgerlichen, unwissenschaftlich vorgehenden Massenmedien, die viel Wirbel um die Frage machen, wer den Krieg angezettelt habe, und die einseitig gegen den russischen Imperialismus Front machen, bleibt es den Kommunistinnen und Kommunisten in der Arbeiterklasse vorbehalten, zu verkünden, dass Lenin die Frage nach dem Aggressor für sekundär hält, beide imperialistische Kriegsparteien sind gleichermaßen schuldig als Räuber und Kriegsverbrecher. Sie haben weiter gegen die einseitige bürgerliche Volksverdummung zu verkünden, dass es neben chauvinistisch aufgeladenen imperialistischen, vor allem ungerechten Kriegen auch gerechte Kriege gibt. Solche waren zum Beispiel die von der Bourgeoisie selbst geführten Jakobinerkriege gegen die feudalen Mächte Europas. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war die Bourgeoisie durchaus eine progressive Klasse, heute weiß sie nichts mehr von progressiven Kriegen, die einen gesellschaftlichen Fortschritt mit sich brachten und bringen oder will von ihnen nichts wissen, sodass es heute Marxisten-Leninisten sind, die den bürgerlichen Fortschritt gegen die mittlerweile reaktionäre Bourgeoisie verteidigen. Diese muss im faulenden Alter ihre Jugendzeit regelrecht verdrängen.
Lenin sieht in imperialistischen Kriegen bei Einigkeit des unter Führung ihrer klassenbewusstesten, in einer marxistisch ausgerichteten Partei konzentrierten Elemente stehenden Proletariats, das politisch klassenkämpferisch im Bündnis mit den armen Bauern vorgeht, die Möglichkeit, den imperialistischen Krieg umzuwandeln in einen Bürgerkrieg für einen im Zeichen der Volksbewaffnung stehenden Sozialismus. Auf diesen Erkenntnisfortschritt, dass der Hauptfeind im eigenen Land steht, arbeitete Lenin, wie in Deutschland auch Karl Liebknecht unentwegt hin, alle seine Schriften gegen den imperialistischen Krieg sind Aufklärungsschriften. Das Proletariat und die arme Bauernschaft werden mit der Zeit erkennen, dass das imperialistische Vaterland nicht das ihrige ist. Schon im ‘Kommunistischen Manifest‘ hatten Marx und Engels 1847 geschrieben, dass das Proletariat kein Vaterland habe, man kann ihm nicht nehmen, was es nicht hat.
Besonderen Wert legte Lenin auf die historische Notwendigkeit des bewaffneten Aufstandes gegen die Bourgeoisie und ihrer stehenden Heere, den er als höchste Kunst betrachtete, dieser Aufstand sei hundertmal schwieriger als ein beliebiger Nationalkrieg. Alle Kriegsaktivitäten des Proletariats konzentrieren sich unter der Parole ‘Auf zum letzten Gefecht – Die Internationale erkämpft das Menschenrecht!‘ – auf den bewaffneten Aufstand.
Welches Interesse hat das internationale Proletariat am gegenwärtigen Krieg um die Ukraine? Es hat sich vor allem gegen die Dollarimperialisten zu kehren, es hat vor allem das Interesse, die US-Barbaren, diese Knüppelträger der finstersten imperialistischen Macht auf Erden, die seit 1898 andere Länder ausplündert, die im ersten Weltkrieg zum Hauptfinanzier der kriegführenden Mächte in Europa wurde, die im zweiten Weltkrieg die kriegführenden europäischen Länder untereinander ausbluten ließ, vom europäischen Kontinent zu vertreiben, das heißt aber nicht, dass es einseitig Partei für die ebenfalls reaktionären Kriegstreiber, die mafiaähnlich organisierten Oligarchen, die belegen, was für Bestien der Revisionismus im 20. Und 21. Jahrhundert aus Menschen gemacht hat, in Moskau ergreift, vielmehr zeigt uns Lenin in den vorliegenden Texten, wie man die Spaltungen der Imperialisten untereinander ausnutzen kann zum Fortschritt für die proletarische Weltbewegung.
Die MLPD distanziert sich von allen drei imperialistischen Zentren: Washington, Moskau und Peking und behält sich eine reine proletarische Denkweise vor. Hätte Lenin auf diese ekle Reinheit bestanden, hätte er im April 1917 nicht den deutschen Generalstab, damals sicherlich eine der kriminellsten Vereinigungen der Welt, wenn nicht die verbrecherischste, ausgenutzt. Immerhin bezeichnet Lenin in seiner Rede über den Frieden am 26. Oktober (8. November) 1917 den imperialistischen Krieg als “das größte Verbrechen an der Menschheit“3.
Zum Schluss dieser Rede geht Lenin auf den Unterschied zwischen dem bürgerlichen Verständnis von polit-militärischer Stärke und dem proletarischen Verständnis dieser Stärke ein: “Nach bürgerlichen Begriffen kann dann von Stärke gesprochen werden, wenn die Massen den Befehlen der imperialistischen Regierungen gehorchen und blindlings zur Schlachtbank gehen. Die Bourgeoisie hält nur dann einen Staat für stark, wenn er mit der ganzen Macht des Regierungsapparates die Massen dorthin zu dirigieren vermag, wohin es die bürgerlichen Machthaber wollen. Unser Begriff von Stärke ist ein anderer. Nach unseren Begriffen ist es die Bewusstheit der Massen, die den Staat stark machen. Er ist dann stark, wenn die Massen alles wissen, über alles urteilen können und alles bewusst tun“. Das ist ein Satz, der als Schlusswort bestens passen würde, aber die Eigenheit des gegenwärtigen Krieges bringt es mit sich, dass noch auf die Thematik der Annexionen eingegangen werden muss. Nicht jede Verletzung des Status quo ist eine Annexion, das zu glauben wäre nach Lenin reaktionär und verstieße gegen die Grundbegriffe der Geschichtswissenschaft. “Nicht jede Angliederung eines Landes durch Kriegsgewalt ist Annexion, denn die Sozialisten können nicht Gewaltanwendung und Kriege, die im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung geführt werden, grundsätzlich ablehnen“4.
Lenin geht auch besonders auf den Pazifismus ein, der zwar wohl schmeckt, aber die Arbeiterklasse in die Irre schickt. Die Weltgeschichte hält nun einmal keine leckeren Gerichte bereit, schon gar nicht für die armen Arbeiter und Bauern, die die imperialistische Habsucht und Geldgier auszubluten haben. Alle Imperialisten treten heute als Verteidiger des Friedens auf, aber imperialistische Regierungen sagen nicht alles, was sie denken. Hinter den weißen und reinen Friedensengeln bereiten die Imperialisten in den Dunkelkammern der Geheimdienste blutige und schmutzige Kriege vor. Den Pazifisten diktiert Lenin, dass derjenige, der sich nach einem ewigen Frieden sehnt, mit dem Bajonett gegen den Imperialismus kämpfen muss, er muss das Bajonett in den mit unheilvollsten Kriegen schwanger gehenden Mutterbauch des Imperialismus rammen. “Die Frage der imperialistischen Kriege, jener heute in der ganzen Welt vorherrschenden internationalen Politik des Finanzkapitals, welche unvermeidlich neue imperialistische Kriege zeugt, unvermeidlich eine unerhörte Verstärkung der nationalen Unterdrückung, der Plünderung, der Ausraubung, Erdrosselung der schwachen, rückständigen und kleinen Völkerschaften durch eine Handvoll ‘fortgeschrittener‘ Mächte mit sich bringt – diese Frage ist seit 1914 zum Eckstein der gesamten Politik aller Länder geworden. Sie ist für Dutzende von Millionen Menschen eine Frage von Leben und Tod“5. Wo liegt die Wurzel dieses auch 2022 gültigen Ecksteins der Weltpolitik? Lenin gibt uns die auch heute und in naher Zukunft richtige Antwort, wenn er vom imperialistischen Krieg spricht: “Der Krieg ist kein Widerspruch zu den Grundlagen des Privateigentums, sondern er ist das direkte und unvermeidliche Entwicklungsergebnis dieser Grundlagen6. Die Existenz des Privateigentums aber beruht auf der Konkurrenz der Arbeiter untereinander. Deshalb ist mit dem Zuruf des Kommunistischen Manifests zu enden:
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PROLETARIER ALLER LÄNDER, VEREINGT EUCH!“
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1 Lenin, Zum 4. Jahrestag der Oktoberrevolution, in: Lenin, Ausgewählte Werke, Progress Verlag, Moskau, 1975, Seite 712
2 Lenin, Der streitbare Militarismus und die antimilitaristische Taktik der Sozialdemokratie, in: ‘Proletari‘ Nr. 35, 5. August 1908
3 Lenin, Schlusswort zur Rede über den Frieden, in: Werke in zwei Bänden, Band II, Berlin, 1955, Seite 257
4 Lenin, Vorschläge des Zentralkomitees der SDAPR an die zweite sozialistische Konferenz, Werke, Band 22, Seite 157ff
5 Lenin, Zum 4. Jahrestag der Oktoberrevolution, in: Lenin, Ausgewählte Werke, Progress Verlag, Moskau, 1975, S. 711f
6 Lenin, Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa, Ausgewählte Werke, Band 2, Berlin, 1955, Seite 753
Hamburg, 21. März 2022
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