Redaktion RoterMorgen – 25. November 2021
Die “Ampel“ schaltet auf grün fürs Kapital
Weiter mit: Sozialabbau, Abschiebungen, Staatsaufrüstung und Militarismus
Berlin: Die „Ampel“ aus SPD, FDP und Grünen hat sich gestern geeinigt und einen Koalitionsvertrag vorgestellt. Neben wenigen konkreten Verbesserungen beinhaltet er viele Maßnahmen, die wir nicht hinnehmen können!
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Kampfansage an die arbeitende Bevölkerung
Verpackt in blumige Phrasen über Modernisierung, Transformation, Klimaschutz und Zusammenhalt, ist das Koalitionsprogramm der Ampel eine Kampfansage an die arbeitende Bevölkerung und ein Bekenntnis zum Militarismus. Hier haben sich drei Parteien zusammengefunden, die in reiner Form die Interessen der Konzerne und Banken, der wohlhabenden Mittelklasse und des kapitalistischen Staates vertreten. Nach seiner Verabschiedung durch die zuständigen Parteigremien dürfte damit der Wahl einer neuen Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) nichts mehr im Wege stehen.
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Jubel beim Kapital
Laut oberstem Kapital-Vertreter Rainer Dulger weise vieles in die „richtige Richtung“. Unter anderem lobte der Präsident des „Bundesverbands der deutschen Arbeitgeberverbände“ (BDA) den Verzicht der Ampel auf Steuererhöhungen und das Festhalten an der Schuldenbremse. „Im Bereich Arbeit und Soziales ist der neue Koalitionsvertrag sogar deutlich besser als der letzte Koalitionsvertrag der Großen Koalition“, betonte zudem Stefan Wolf vom Kapitalverband „Gesamtmetall“.
Umgekehrt „begrüßt“ auch der „Deutsche Gewerkschaftsbund“ (DGB) die neue Regierung und meint, dass „viele Themen in Richtung eines sozial-ökologischen Wandels richtig adressiert“ würden. Auch viele LGBTI+-Verbände zeigten sich erfreut, das digitalpolitische Nachrichtenportal Netzpolitik.org spricht von einer „Stärkung digitaler Grundrechte“. Für den Sozialverband „Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband“ ist das „Glas mindestens halbvoll“.
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Vollversagen in der Corona-Politik
Am deutlichsten zeigt die Corona-Politik den Klassencharakter der neuen Regierung. Am selben Tag, an dem die Ampel in Berlin ihren Koalitionsvertrag vorstellte, überstieg die offizielle Zahl der Todesopfer die Schwelle von 100.000. Die Zahl der Infizierten erreichte mit 67.000 einen neuen Tagesrekord. In weiten Teilen des Landes ist die Pandemie mit Sieben-Tage-Inzidenzen weit über 1000, vollständig außer Kontrolle.
Die Ampel trägt schon heute für diese Katastrophe eine direkte Mitverantwortung, und das nicht nur, weil die SPD seit acht Jahren in der Regierung sitzt. Erst vor sechs Tagen beschlossen SPD, Grüne und FDP mit ihrer Mehrheit im Bundestag, die Corona-Notlage am 25. November auslaufen zu lassen. Damit gibt es keine gesetzliche Grundlage mehr, Lockdowns und ähnliche Maßnahmen zu verhängen, die zur Eindämmung der Pandemie unerlässlich sind.
Scholz konnte zwar die Pandemie auf der Pressekonferenz nicht ignorieren, kündigte aber keine neuen Maßnahmen an. Er rief lediglich zur Ausweitung der Impfkampagne auf und versprach die Einrichtung eines ständigen Krisenstabs und einer Expertengruppe im Kanzleramt, sowie einen einmaligen Bonus für die überarbeiteten Pflegekräfte. Dabei warnen Wissenschaftler seit langem, dass nur eine Kombination aller verfügbaren Maßnahmen eine noch größere Katastrophe verhindern kann.
Doch die Ampel ist entschlossen, die mörderische „Profite-vor-Leben-Politik“ der Großen Koalition fortzusetzen. Sie nimmt lieber zehntausende Tote und die Durchseuchung der Jugend in Kauf, als die Profite der Wirtschaft zu gefährden.
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Zum Schein es allen recht machen und nun doch keine Steuer für Reiche
Tatsächlich scheint es der Koalitionsvertrag an vielen Stellen „allen recht machen“ zu wollen. Dazu ist jedoch festzuhalten, dass zum einen die Finanzierungsfrage von fast allen Punkten noch ungeklärt ist. So soll die Schuldenbremse eingehalten werden, aber von der von SPD und Grünen vollmundig versprochenen Steuer für Reiche ist nichts mehr übrig geblieben. Das Geld könnte also entweder durch parlamentarisch nicht kontrollierte „Fonds“ reingeholt werden, die Schulden aufnehmen, oder aber auch durch Sozialabbau.
Zum anderen stehen viele der ekeligsten Angriffe auf die Lebensbedingungen der Arbeiter/innenklasse meist gar nicht im Koalitionsvertrag drin. So war zum Beispiel auch die „Agenda 2010“ – ein schwerer Angriff auf Löhne und arbeitslose Menschen – die von Gerhard Schröder unter Rot-Grün umgesetzt wurde, vorher so nicht im Koalitionsvertrag beschrieben worden.
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Schuldenbremse und massive Subventionen für die Großbetriebe
Eine wichtige Entscheidung im Koalitionsvertrag ist die Übergabe des Finanzministeriums an die FDP. Obwohl die Minister erst in den kommenden Tagen benannt werden, gilt es als sicher, dass FDP-Chef Christian Lindner dieses Amt übernehmen wird. Lindner hat sich als vehementer Verfechter einer Austeritätspolitik, Gegner jeder Steuererhöhung für die Reichen und Vertreter von Wirtschaftsinteressen einen Namen gemacht.
Der Koalitionsvertrag hält dementsprechend fest, dass die Schuldenbremse, die die staatliche Neuverschuldung strikt beschränkt, ab 2023 wieder uneingeschränkt in Kraft tritt. Auch in Europa soll Deutschland „als Stabilitätsanker weiterhin seiner Vorreiterrolle gerecht werden“ und für die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sorgen, der die Schulden der EU-Mitglieder deckelt. „Finanzielle Solidarität und der sparsame Umgang mit Steuergeld“ seien „Grundsätze unserer Haushalts- und Finanzpolitik“.
Angesichts gewaltiger Subventionen für die klimagerechte Transformation der Konzerne, einer massiven Steigerung der Rüstungsausgaben und der geplanten Rückzahlung der Corona-Schulden, kann dies nur durch drastische Sozialkürzungen finanziert werden. Dafür ist die SPD zuständig. Die FDP, der kleinste der drei Koalitionspartner, erhält neben dem Finanz- auch das Justiz-, das Verkehrs- und das Bildungsministerium.
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Die Grünen auf dem Höhepunkt ihrer Karriere als Stütze des Kapitals
Die Grünen übernehmen das Wirtschaftsministerium, das um den Bereich Klimaschutz erweitert wird, sowie das Außen-, das Familien-, das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium. Es wird erwartet, dass Annalena Baerbock Außenministerin, Robert Habeck Vizekanzler und Cem Özdemir Agrarminister wird.
Baerbock ist für ihre Feindschaft gegen Russland und China bekannt. Entsprechend bezeichnet der Koalitionsvertrag die „transatlantische Partnerschaft und die Freundschaft mit den USA“ als „ein zentraler Pfeiler unseres internationalen Handelns“. Die China-Politik soll „transatlantisch abgestimmt“, eine Kooperation mit China nur „auf der Grundlage der Menschenrechte“ angestrebt werden.
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Mit der Ampel weiter auf dem Weg der globalen Weltmachtpolitik
Wie schon die derzeitige Regierung strebt auch die Ampel eine globale Weltmachtpolitik an. Unter der Überschrift „Deutschlands Verantwortung für Europa und die Welt“ werden Osteuropa, die Ukraine, die Türkei, der Nahe Osten, Afrika und selbst der Indo-Pazifik als deutsche Interessengebiete definiert. „Wir wissen um die globale Verantwortung, die Deutschland als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt dafür trägt.“
Um das Gewicht Deutschlands zur Geltung zu bringen, soll die Europäische Union gestärkt werden. Eine „handlungsfähige und strategisch souveräne EU“ sei „die Grundlage für unseren Frieden und Wohlstand“. „Als größter Mitgliedstaat werden wir unsere besondere Verantwortung … für die EU als Ganzes wahrnehmen.“
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Erstveröffentlichung am 25. November 2021 auf »RoterMorgen«. Bilder und Bilduntertexte wurden ganz oder zum Teil von der Redaktion »RoterMorgen« hinzugefügt.
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