Rui Filipe Gutschmidt
Portugals linker Gewerkschaftsbund CGTP begeht den 1. Mai – vom Ausnahmezustand zum (sozialen) Notstand
Rui Filipe Gutschmidt
Der Gewerkschaftsbund CGTP, der den linken Parteien PCP, PEV, PCTP/MRPP und BE nahe steht, wird Reden an 23 Orten halten, fordert jedoch nicht zur Teilnahme auf. In Portugal ist der 1. Mai der Tag der ARBEITER – nicht der ARBEIT, wie in Deutschland.
Der Ausnahmezustand wird ab dem 4. Mai zum Notstand heruntergestuft und eine schrittweise Öffnung des öffentlichen Lebens bringt neue Herausforderungen. Der soziale Notstand aber, braucht eine starke Arbeitnehmervertretung. Was bringt da eine Veranstaltung zum ersten Mai?
CGTP-Video, 1. Mai 2020. YouTube
Laut der Nachrichtenagentur Lusa sagte Ana Pires vom Exekutivkomitee des Gewerkschaftsbundes CGTP in Bezug auf die Feierlichkeiten vom 1. Mai nach einem Treffen mit der Polizei bezüglich der vorbeugenden Maßnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie: „In diesem Jahr rufen wir nicht zur Beteiligung der Bevölkerung auf. Unsere Strukturen mobilisieren sehr gezielt, weil wir den Sicherheitsabstand gewährleisten müssen“.
Vorgesehen sind Reden in „Parkanlagen, Plätzen und großen Alleen“, in Lissabon, Porto und an 21 anderen Orten. Laut Agência Lusa „besteht die Idee darin, dass Gewerkschaftsführer und Aktivisten auf die Straße gehen und alle Arbeiter vertreten, um deren Forderungen zu bekräftigen“. „Die »Intersindical« (CGTP) hat dafür gesorgt, dass es an diesem Tag nicht die üblichen Paraden oder Versammlungen gibt“.
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„Das Ziel ist es, Menschen an den ausgewählten Orten zu haben, um ein so wichtiges Datum wie den Tag der Arbeiter zu begehen und auf die Verletzungen der Arbeitnehmerrechte aufmerksam zu machen, die mit der Entschuldigung der Pandemie begangen wurden“, so Ana Pires.
Eine Gruppe nationaler CGTP-Berater, die dem Linken Block zugewiesen waren, argumentiert jedoch, dass die Feierlichkeiten vom 1. Mai diesen Jahres „in der symbolischen Dimension und in der Präsenz in den sozialen Netzwerken verstärkt werden sollten“, um die Gelegenheit zu nutzen, „neue Formate und neue Formen des Kontakts mit allen Arbeitnehmern und zwischen ihnen und ihren repräsentativen Organisationen zu proben“.
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Das (Über-)Leben in Portugal – Beispiel für den Rest der Welt?
Die Portugiesen haben die Regeln des Ausnahmezustands größtenteils befolgt und die Neuinfektionen, die schweren Fälle in den Krankenhäusern und auch die Todesfälle (1.007) sind Rückläufig. Daher gilt Portugal, mit einem RT (Ansteckungsrate) von 0,9 und Tendenz zu weiterhin sinkenden Zahlen, als ein Vorbild im Kampf gegen den Virus.
Doch mit dem (Teil-)Sieg über das Virus kommt ein neues Problem auf. Die Wirtschaft liegt am Boden und vor allem die kleinen Läden, Cafés usw. haben Probleme beim Erhalt von Arbeitsplätzen und allgemein beim Überleben. Die Wiedereröffnung der Wirtschaft, zwischen den 4., 18. Mai und dem 1. Juni ist aber weiterhin an eine ganze Reihe von Bedingungen geknüpft, um eine erneute Steigerung der Infektionen zu verhindern. Dazu zählt die Maskenpflicht und desinfektion aller Oberflächen.
Aber es ist unvermeidlich, dass man die Menschen wieder arbeiten und Geld verdienen lässt. Dabei kommt eine klare Warnung von den Gewerkschaften, sei es von CGTP sei es von der UGT, die Union der Mitte-Rechts Gewerkschaften, die den 1. Mai nur im Internet begangen haben. Die Rechte der Arbeitnehmer sind UNANTASTBAR! Der Linke Block fordert „keine staatliche Hilfe“ an Unternehmen zu zahlen die sich diverser Steuerparadiese bedienen oder in Zeiten wie diesen noch großzügig Dividende auszahlen. Auch darf es nicht sein, dass Unternehmen die Krise nutzen um Arbeiter zu entlassen, ihnen zusätzlich unbezahlte Überstunden aufzwingen oder in sonst einer Form die Angst vor der Zukunft nutzen, um die Rechte der Arbeiter immer weiter einzuschränken.
In Portugal versucht die Regierung von Premierminister António Costa (PS) ein Mindestmaß an staatlicher Hilfe zu gewährleisten. Doch angesichts der katastrophalen Konjunkturlage kommt auch Costa nicht drumherum den Gürtel enger schnallen zu lassen. Damit der Arbeiter am Ende nicht wie üblich die Zeche zahlt, braucht es starke Arbeitnehmervertreter und die CGTP hat demonstrativ ihre Stärke zur Schau gestellt. Ob das in der Praxis reicht, wird auf jeden Einzelnen ankommen. Nur gemeinsam können wir eine Ausnutzung der Pandemie durch die neoliberalen Kräfte verhindern und der 1. Mai soll uns daran erinnern, dass vor uns Millionen im Kampf für eine bessere Welt Blut, Schweiß und Tränen vergossen haben.
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Die Rede von Ana Pires
Für den Inhalt dieses Artikels ist der Autor bzw. die Autorin verantwortlich.
Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.
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