Rui Filipe Gutschmidt
Tierschutz in Portugal: Für das Aussetzen von Tieren – selbst vor dem Tierheim – gibt es Gefängnisstrafen
Rui Filipe Gutschmidt
Verschiedene Gesetzentwürfe in Portugals Parlament, bei dem die Strafen für töten oder misshandeln von Tieren verschärft werden sollen, konnten teilweise eine große Mehrheit unter den Abgeordneten zusammenbekommen. Der Tierschutz in Portugal soll gestärkt werden. Doch der Teufel liegt im Detail.
Die sozialdemokratische „Partido Socialista“ (PS), die konservativ-neoliberale „Partido Socialdemocrata“ (PSD), die Tier- und Naturschützer der „Pessoas, Animais e Natureza“ (PAN) und die Linksprogressiven vom Linken Block „Bloco Esquerda“ (BE), sind sich einig darin, dass die Rechte der Tiere gestärkt werden müssen. Es besteht ein allgemeiner Konsens darüber, dass Tierschutz auch dem Wohlbefinden der Menschen dient. Dabei gibt es nur leichte Unterschiede bei der Interpretation davon, was man als Misshandlung bezeichnen kann und was nicht.
Stierkampf in Portugal, die jetzt zu beschliessende Gesetzesänderung schliesst diese Praxis nicht ein – Bild v Lajourmard – Flickr.com CC BY 2.0
So fordert die PAN härtere Strafen bei Verbrechen gegen Haustiere (Hunde, Katzen, Hamster, Frätchen usw.) und eine Ausweitung der Kriminalisierung von Misshandlung und Mord auf alle empfindungsfähigen Wirbeltiere. Dabei soll die Unterscheidung zwischen „Kuscheltier“ (animal de estimação) und „Nutztier“ verschwinden. Ebenfalls soll das Aussetzen eines Tieres vor dem Tierheim oder einer privaten Auffangstation mit einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren bedacht werden. Dabei wird die PAN für ihre relativ radikalen Vorschläge kritisiert, die so nie im Parlament eine Mehrheit finden.
Die PSD greift die Vorschläge verschiedener Organisationen auf und fordert eine Strafe von bis zu drei Jahren für die ungerechtfertigte Tötung von Haustieren, wobei schon der (Mord)Versuch bestraft werden soll. hier geht es weiter »
Die regierende PS ist eher an einer Ausbesserung und Klarstellung der bestehenden Gesetzgebung interessiert, da sich in den 5 Jahren der bestehenden Tierschutzgesetze, „einige Probleme in der praktischen Umsetzung“ ergeben hätten. Unter anderem soll klargestellt werden, was als „aussetzen“ zu bewerten ist und welche Rechte die Tiere haben, die nicht registriert sind und/oder auf der Straße leben.
Der Gesetzentwurf des Linken Blocks (BE) ist eine weitere Initiative, die im Parlament diskutiert wird. Der BE sieht auch auch die Notwendigkeit einer Anpassung der Gesetze an die Realität, um für Rechtssicherheit zu sorgen.
BE argumentiert, dass Verbrechen im Zusammenhang mit Misshandlungen „nicht nur Haustiere, sondern auch alle empfindungsfähigen Tiere umfassen, deren Leben mit Menschen verbunden ist, unabhängig von der Rolle, die sie spielen“.
Als vorbeugende Maßnahme während eines Gerichtsverfahrens schlägt der BE vor, dass das Tier vorübergehend seinem gesetzlichen Inhaber entzogen werden kann, wenn ihm die Misshandlung desselben oder anderer Tiere vorgeworfen wird.
Der Gesetzentwurf des BE fordert auch ein Haltungsverbot für Verurteilte im Rahmen der Tierschutzgesetzgebung. Wer ein Tier misshandelt, darf keine Tiere mehr halten – zumindest für bis zu zehn Jahre. Auch Zoohandlungen oder Züchter können von so einem Verbot betroffen sein.
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Die Kirche im Dorf lassen? Ja, aber frisch renoviert…
Wenn man sich ansieht, wie manche Städte ihre Tierheime verkommen lassen oder keine Maßnahmen ergreifen, um Tiere von der Straße zu holen, dann merkt man wie viel Gegenwehr bestimmte Lobbys dem vor 5 Jahren eingeführten Tierschutzgesetzen, das mit der Anerkennung von Persönlichkeitsrechten einherging, entgegenbringen. Man muss sich gerade was die großen Fleischfabriken betrifft, schrittweise dem Problem nähern und erst einmal „Nutztiere“ von „Haustieren“ trennen. Unabhängig davon, dass alle Tiere ein Recht auf ein Leben ohne Qual haben, wird die Agroindustrie nur schrittweise ihre Produktionsmethoden ändern.
Unterdessen kann man aber für mehr Empathie bei Hund und Katze sorgen, was auch langfristig die Mentalität ändert, die vor allem in ländlichen Gebieten Tiere als „Objekt“ sieht. Dabei sind es oft moderne Bio-Bauern, die sich vorgenommen haben etwas zu ändern. Wenn Portugal jetzt die Strafen verschärft, gleichzeitig mehr Geld in öffentliche Tierheime investiert die den Wandel vom Tier-KZ zum echten Heim für Tiere aktiv und nachweislich vollziehen und Tierschutz sich lohnt während Tierquälerei schwer bestraft wird, dann hat Portugal einen weiteren Schritt in Richtung „moderne progressive Gesellschaft“ vollzogen. Das dies nicht jedem passt, konnte man an den Reaktionen der konservativen CDS sehen. Ihre Stierkampflobby und ihre Unterstützer von der Agroindustrie stehen aber langfristig auf verlorenem Posten. Wenn der Gesetzestext veröffentlicht wird, plane ich die Änderungen in einem Artikel zusammenzufassen.
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Erstveröffentlichung am 6. März 2020 in unserer Partnerzeitung INFO-WELT.
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